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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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was Ihnen schmerzlich sein, was Sie für einige
Zeit der heitern Sphäre Ihres Lebens entziehn
muß. Meine Albertine fragt mich täglich mit
einer gewissen Besorgniß, wie es komme, daß Sie
nichts von sich hören ließen. Sie kennen die
Ängstlichkeit des schönen Geschlechts, besonders
in einem solchen Falle, wie der gegenwärtige;
der liebenswerthe Lebensretter meines künftigen
Schwiegervaters hat sich zu sehr unsere Anhäng¬
lichkeit erworben, als daß wir für ihn nicht besorgt
sein sollten. Wie dem auch sei; Sie kennen die
Veränderlichkeit des Geschicks; daher mögten
Sie auch in unserm Kreise Manches verändert
finden, und eine Nachricht über Ihr Wohlbefinden,
am meisten über Ihren höchst angenehmen Be¬
such wäre für mich, uns Alle, hauptsächlich für
jemand erwünscht, den Sie selbst mit Ihrem ge¬
wöhnlichen Scharfsinn errathen mögen. Meine
Braut weiß zwar nicht, daß ich schreibe, und ich
kann demnach keine Grüße von ihr bringen; aber
sein Sie ihres herzlichen Wohlwollens gewiß.
Wie wäre auch der freundliche, holdselige Engel
einer Verstellung fähig? Also nochmals, kommen
Sie bald hieher; begrüßen Sie den Lenz mit
uns, oder schreiben Sie bald

Ihrem treuergebenen
Staunitz."

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was Ihnen ſchmerzlich ſein, was Sie fuͤr einige
Zeit der heitern Sphaͤre Ihres Lebens entziehn
muß. Meine Albertine fragt mich taͤglich mit
einer gewiſſen Beſorgniß, wie es komme, daß Sie
nichts von ſich hoͤren ließen. Sie kennen die
Ängſtlichkeit des ſchoͤnen Geſchlechts, beſonders
in einem ſolchen Falle, wie der gegenwaͤrtige;
der liebenswerthe Lebensretter meines kuͤnftigen
Schwiegervaters hat ſich zu ſehr unſere Anhaͤng¬
lichkeit erworben, als daß wir fuͤr ihn nicht beſorgt
ſein ſollten. Wie dem auch ſei; Sie kennen die
Veraͤnderlichkeit des Geſchicks; daher moͤgten
Sie auch in unſerm Kreiſe Manches veraͤndert
finden, und eine Nachricht uͤber Ihr Wohlbefinden,
am meiſten uͤber Ihren hoͤchſt angenehmen Be¬
ſuch waͤre fuͤr mich, uns Alle, hauptſaͤchlich fuͤr
jemand erwuͤnſcht, den Sie ſelbſt mit Ihrem ge¬
woͤhnlichen Scharfſinn errathen moͤgen. Meine
Braut weiß zwar nicht, daß ich ſchreibe, und ich
kann demnach keine Gruͤße von ihr bringen; aber
ſein Sie ihres herzlichen Wohlwollens gewiß.
Wie waͤre auch der freundliche, holdſelige Engel
einer Verſtellung faͤhig? Alſo nochmals, kommen
Sie bald hieher; begruͤßen Sie den Lenz mit
uns, oder ſchreiben Sie bald

Ihrem treuergebenen
Staunitz.“

11
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[161/0167] was Ihnen ſchmerzlich ſein, was Sie fuͤr einige Zeit der heitern Sphaͤre Ihres Lebens entziehn muß. Meine Albertine fragt mich taͤglich mit einer gewiſſen Beſorgniß, wie es komme, daß Sie nichts von ſich hoͤren ließen. Sie kennen die Ängſtlichkeit des ſchoͤnen Geſchlechts, beſonders in einem ſolchen Falle, wie der gegenwaͤrtige; der liebenswerthe Lebensretter meines kuͤnftigen Schwiegervaters hat ſich zu ſehr unſere Anhaͤng¬ lichkeit erworben, als daß wir fuͤr ihn nicht beſorgt ſein ſollten. Wie dem auch ſei; Sie kennen die Veraͤnderlichkeit des Geſchicks; daher moͤgten Sie auch in unſerm Kreiſe Manches veraͤndert finden, und eine Nachricht uͤber Ihr Wohlbefinden, am meiſten uͤber Ihren hoͤchſt angenehmen Be¬ ſuch waͤre fuͤr mich, uns Alle, hauptſaͤchlich fuͤr jemand erwuͤnſcht, den Sie ſelbſt mit Ihrem ge¬ woͤhnlichen Scharfſinn errathen moͤgen. Meine Braut weiß zwar nicht, daß ich ſchreibe, und ich kann demnach keine Gruͤße von ihr bringen; aber ſein Sie ihres herzlichen Wohlwollens gewiß. Wie waͤre auch der freundliche, holdſelige Engel einer Verſtellung faͤhig? Alſo nochmals, kommen Sie bald hieher; begruͤßen Sie den Lenz mit uns, oder ſchreiben Sie bald Ihrem treuergebenen Staunitz.“ 11

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/167>, abgerufen am 26.05.2024.