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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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können sich mit Marien berathen, um vielleicht
alle Mißverständnisse aus dem Wege zu räumen,
aus denen der Freiherr Gift saugt!"

"Also bloß darum?" fragte ich schmerzlich.
Aber Antonie lächelte freundlich, und erwiederte,
ich möge in ihren Mittheilungen ihr Vertrauen
ehren, und das Lebensglück ihrer Freundin nicht stöh¬
ren, welches allein sie zu den heutigen unangenehmen
Erörterungen geführt. "Heute Nachmittag," fuhr
sie fort, und sah sich um, ob etwa ein unberufener
Lauscher zu befürchten sei, "heute Nachmittag
besucht mich Marie. Sie kennen unsere Wohnung;
mit meiner Mutter rede ich sogleich, und Sie
mögen dann um fünf Uhr erscheinen. Aber ja
nicht früher! Wir wollen noch eine Vorsicht an¬
wenden ; Sie wissen vielleicht, daß wir hinter
unserm Wohnhause einen Garten besitzen; er
liegt so, daß der Eintretende nicht bemerkt werden
kann; und es mögte wohl rathsam sein, wenn
Sie auf diese Weise durch den Garten in unser
Haus gelangten. Also um fünf Uhr finden Sie
sich an der grünen Gartenpforte ein. Aber auch
nun kein Wort mehr, ich eile zu meiner Mutter!"

Antonie reichte mir ihre Hand, die ich an
meine Lippen drückte, und ließ mich mit meinen

koͤnnen ſich mit Marien berathen, um vielleicht
alle Mißverſtaͤndniſſe aus dem Wege zu raͤumen,
aus denen der Freiherr Gift ſaugt!“

„Alſo bloß darum?“ fragte ich ſchmerzlich.
Aber Antonie laͤchelte freundlich, und erwiederte,
ich moͤge in ihren Mittheilungen ihr Vertrauen
ehren, und das Lebensgluͤck ihrer Freundin nicht ſtoͤh¬
ren, welches allein ſie zu den heutigen unangenehmen
Eroͤrterungen gefuͤhrt. „Heute Nachmittag,“ fuhr
ſie fort, und ſah ſich um, ob etwa ein unberufener
Lauſcher zu befuͤrchten ſei, „heute Nachmittag
beſucht mich Marie. Sie kennen unſere Wohnung;
mit meiner Mutter rede ich ſogleich, und Sie
moͤgen dann um fuͤnf Uhr erſcheinen. Aber ja
nicht fruͤher! Wir wollen noch eine Vorſicht an¬
wenden ; Sie wiſſen vielleicht, daß wir hinter
unſerm Wohnhauſe einen Garten beſitzen; er
liegt ſo, daß der Eintretende nicht bemerkt werden
kann; und es moͤgte wohl rathſam ſein, wenn
Sie auf dieſe Weiſe durch den Garten in unſer
Haus gelangten. Alſo um fuͤnf Uhr finden Sie
ſich an der gruͤnen Gartenpforte ein. Aber auch
nun kein Wort mehr, ich eile zu meiner Mutter!“

Antonie reichte mir ihre Hand, die ich an
meine Lippen druͤckte, und ließ mich mit meinen

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[144/0150] koͤnnen ſich mit Marien berathen, um vielleicht alle Mißverſtaͤndniſſe aus dem Wege zu raͤumen, aus denen der Freiherr Gift ſaugt!“ „Alſo bloß darum?“ fragte ich ſchmerzlich. Aber Antonie laͤchelte freundlich, und erwiederte, ich moͤge in ihren Mittheilungen ihr Vertrauen ehren, und das Lebensgluͤck ihrer Freundin nicht ſtoͤh¬ ren, welches allein ſie zu den heutigen unangenehmen Eroͤrterungen gefuͤhrt. „Heute Nachmittag,“ fuhr ſie fort, und ſah ſich um, ob etwa ein unberufener Lauſcher zu befuͤrchten ſei, „heute Nachmittag beſucht mich Marie. Sie kennen unſere Wohnung; mit meiner Mutter rede ich ſogleich, und Sie moͤgen dann um fuͤnf Uhr erſcheinen. Aber ja nicht fruͤher! Wir wollen noch eine Vorſicht an¬ wenden ; Sie wiſſen vielleicht, daß wir hinter unſerm Wohnhauſe einen Garten beſitzen; er liegt ſo, daß der Eintretende nicht bemerkt werden kann; und es moͤgte wohl rathſam ſein, wenn Sie auf dieſe Weiſe durch den Garten in unſer Haus gelangten. Alſo um fuͤnf Uhr finden Sie ſich an der gruͤnen Gartenpforte ein. Aber auch nun kein Wort mehr, ich eile zu meiner Mutter!“ Antonie reichte mir ihre Hand, die ich an meine Lippen druͤckte, und ließ mich mit meinen

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/150>, abgerufen am 18.05.2024.