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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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"Mit Deinen verdammten Fällen!" rief Hein¬
rich ärgerlich. "Meinst Du mit Deinen unvor¬
hergesehenen Fällen etwa einen Karren Schaafs¬
felle, welche um eine Ecke biegen, wie Staberle?" *)

"Gott, lieber Oncle," sagte Tina und kehrte
das verdrießliche Gesichtchen nach der andern
Seite, "nur jetzt nicht diese faden Witze!"

Oncle Heinrich holte aus der Wagentasche
eine dickleibige Meerschaumpfeife, und lud sie mit
feinem holländischen Kanaster, der ihm von Blauen¬
stein zum Geschenk gemacht war; aber Tinchen
wickelte sich in ihren warmen Shawl, und küm¬
merte sich nicht viel um des Oncles vorüberschwe¬
bende Dampfwolken.

Wiesenbrunn war erreicht. Tina schickte sich
an, ihr Lieblingswäldchen am See aufzusuchen,
und Heinrich ging an sein Geschäft. Die ganze
Geschichte mit Blauenstein und Staunitz ging
ihm im Kopfe herum. Daß Tina etwas auf
dem Herzen hatte, was sie nicht sagen mogte,
bezweifelte er nicht. Aber was das eigentlich

*) Staberles Reiseabentheuer etc., eine bekannte Posse.

„Mit Deinen verdammten Faͤllen!“ rief Hein¬
rich aͤrgerlich. „Meinſt Du mit Deinen unvor¬
hergeſehenen Faͤllen etwa einen Karren Schaafs¬
felle, welche um eine Ecke biegen, wie Staberle?“ *)

„Gott, lieber Oncle,“ ſagte Tina und kehrte
das verdrießliche Geſichtchen nach der andern
Seite, „nur jetzt nicht dieſe faden Witze!“

Oncle Heinrich holte aus der Wagentaſche
eine dickleibige Meerſchaumpfeife, und lud ſie mit
feinem hollaͤndiſchen Kanaſter, der ihm von Blauen¬
ſtein zum Geſchenk gemacht war; aber Tinchen
wickelte ſich in ihren warmen Shawl, und kuͤm¬
merte ſich nicht viel um des Oncles voruͤberſchwe¬
bende Dampfwolken.

Wieſenbrunn war erreicht. Tina ſchickte ſich
an, ihr Lieblingswaͤldchen am See aufzuſuchen,
und Heinrich ging an ſein Geſchaͤft. Die ganze
Geſchichte mit Blauenſtein und Staunitz ging
ihm im Kopfe herum. Daß Tina etwas auf
dem Herzen hatte, was ſie nicht ſagen mogte,
bezweifelte er nicht. Aber was das eigentlich

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[96/0102] „Mit Deinen verdammten Faͤllen!“ rief Hein¬ rich aͤrgerlich. „Meinſt Du mit Deinen unvor¬ hergeſehenen Faͤllen etwa einen Karren Schaafs¬ felle, welche um eine Ecke biegen, wie Staberle?“ *) „Gott, lieber Oncle,“ ſagte Tina und kehrte das verdrießliche Geſichtchen nach der andern Seite, „nur jetzt nicht dieſe faden Witze!“ Oncle Heinrich holte aus der Wagentaſche eine dickleibige Meerſchaumpfeife, und lud ſie mit feinem hollaͤndiſchen Kanaſter, der ihm von Blauen¬ ſtein zum Geſchenk gemacht war; aber Tinchen wickelte ſich in ihren warmen Shawl, und kuͤm¬ merte ſich nicht viel um des Oncles voruͤberſchwe¬ bende Dampfwolken. Wieſenbrunn war erreicht. Tina ſchickte ſich an, ihr Lieblingswaͤldchen am See aufzuſuchen, und Heinrich ging an ſein Geſchaͤft. Die ganze Geſchichte mit Blauenſtein und Staunitz ging ihm im Kopfe herum. Daß Tina etwas auf dem Herzen hatte, was ſie nicht ſagen mogte, bezweifelte er nicht. Aber was das eigentlich *) Staberles Reiſeabentheuer ꝛc., eine bekannte Poſſe.

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/102>, abgerufen am 22.11.2024.