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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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v. d. Zusammenhange d. Begebenh. etc.
sich würcksam zu erzeigen; und daß also da nur ge-
meine Umstände zu supponiren sind. (§. 7.)
Wenn aber iemand eine böse That zum ersten
mahle
unternimmt: so wird die Gelegenheit, und
besonders wie er durch seine besondere Gedenckart
dazu verleitet worden, (§. 17.) zu untersuchen
seyn. Wenn ein Dieb schon mehrmahl in Ver-
dacht einer solchen That, oder gar in Inquisition
gewesen; so verlangt man, wenn er wieder ertappt
wird, nicht die Ursache zu wissen; man begreifft sie
von selbst. Wenn aber ein Achan sich, des stren-
gen Verbots ungeachtet, zu einer Entwendung
verleiten lässet, oder ein Gelippus, der, als ein La-
cedemonier, keinen Gedancken nach Golde haben
sollte, Betrug mit der Beute vornimmt, und ei-
nen Theil davon vor sich behält, so ist ein jeder be-
gierig zu wissen, wie ein solcher Mensch in ein solch
Labyrinth gerathen sey. Wenn ein Tyrann, der
durch vieles vergossenes Blut schon deswegen be-
rüchtiget ist, abermahls einen Unschuldigen hin-
richten lässet; so wird, wenn man dergleichen nur
lieset, wie vom Nero, Claudius, Caligula,
sich nicht mehr wundern, und also auch um die Ent-
deckung der Ursachen unbekümmert seyn. Wenn
aber ein Constantin, seinen ältesten und tugend-
hafften Printzen Crispus hinrichten lässet; so forscht
jeder nach, wie eine solche That eigentlich zugegan-
gen. Die Hinrichtung der Schottländischen Kö-
nigin Maria wird noch immer von den Geschichts-
schreibern mit bewundernden Augen angesehen, und
einer will es immer mehr als der andere, sich und
seinen Lesern begreifflich machen; weil diese Här-

tigkeit
R

v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
ſich wuͤrckſam zu erzeigen; und daß alſo da nur ge-
meine Umſtaͤnde zu ſupponiren ſind. (§. 7.)
Wenn aber iemand eine boͤſe That zum erſten
mahle
unternimmt: ſo wird die Gelegenheit, und
beſonders wie er durch ſeine beſondere Gedenckart
dazu verleitet worden, (§. 17.) zu unterſuchen
ſeyn. Wenn ein Dieb ſchon mehrmahl in Ver-
dacht einer ſolchen That, oder gar in Inquiſition
geweſen; ſo verlangt man, wenn er wieder ertappt
wird, nicht die Urſache zu wiſſen; man begreifft ſie
von ſelbſt. Wenn aber ein Achan ſich, des ſtren-
gen Verbots ungeachtet, zu einer Entwendung
verleiten laͤſſet, oder ein Gelippus, der, als ein La-
cedemonier, keinen Gedancken nach Golde haben
ſollte, Betrug mit der Beute vornimmt, und ei-
nen Theil davon vor ſich behaͤlt, ſo iſt ein jeder be-
gierig zu wiſſen, wie ein ſolcher Menſch in ein ſolch
Labyrinth gerathen ſey. Wenn ein Tyrann, der
durch vieles vergoſſenes Blut ſchon deswegen be-
ruͤchtiget iſt, abermahls einen Unſchuldigen hin-
richten laͤſſet; ſo wird, wenn man dergleichen nur
lieſet, wie vom Nero, Claudius, Caligula,
ſich nicht mehr wundern, und alſo auch um die Ent-
deckung der Urſachen unbekuͤmmert ſeyn. Wenn
aber ein Conſtantin, ſeinen aͤlteſten und tugend-
hafften Printzen Criſpus hinrichten laͤſſet; ſo forſcht
jeder nach, wie eine ſolche That eigentlich zugegan-
gen. Die Hinrichtung der Schottlaͤndiſchen Koͤ-
nigin Maria wird noch immer von den Geſchichts-
ſchreibern mit bewundernden Augen angeſehen, und
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ſeinen Leſern begreifflich machen; weil dieſe Haͤr-

tigkeit
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[257/0293] v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc. ſich wuͤrckſam zu erzeigen; und daß alſo da nur ge- meine Umſtaͤnde zu ſupponiren ſind. (§. 7.) Wenn aber iemand eine boͤſe That zum erſten mahle unternimmt: ſo wird die Gelegenheit, und beſonders wie er durch ſeine beſondere Gedenckart dazu verleitet worden, (§. 17.) zu unterſuchen ſeyn. Wenn ein Dieb ſchon mehrmahl in Ver- dacht einer ſolchen That, oder gar in Inquiſition geweſen; ſo verlangt man, wenn er wieder ertappt wird, nicht die Urſache zu wiſſen; man begreifft ſie von ſelbſt. Wenn aber ein Achan ſich, des ſtren- gen Verbots ungeachtet, zu einer Entwendung verleiten laͤſſet, oder ein Gelippus, der, als ein La- cedemonier, keinen Gedancken nach Golde haben ſollte, Betrug mit der Beute vornimmt, und ei- nen Theil davon vor ſich behaͤlt, ſo iſt ein jeder be- gierig zu wiſſen, wie ein ſolcher Menſch in ein ſolch Labyrinth gerathen ſey. Wenn ein Tyrann, der durch vieles vergoſſenes Blut ſchon deswegen be- ruͤchtiget iſt, abermahls einen Unſchuldigen hin- richten laͤſſet; ſo wird, wenn man dergleichen nur lieſet, wie vom Nero, Claudius, Caligula, ſich nicht mehr wundern, und alſo auch um die Ent- deckung der Urſachen unbekuͤmmert ſeyn. Wenn aber ein Conſtantin, ſeinen aͤlteſten und tugend- hafften Printzen Criſpus hinrichten laͤſſet; ſo forſcht jeder nach, wie eine ſolche That eigentlich zugegan- gen. Die Hinrichtung der Schottlaͤndiſchen Koͤ- nigin Maria wird noch immer von den Geſchichts- ſchreibern mit bewundernden Augen angeſehen, und einer will es immer mehr als der andere, ſich und ſeinen Leſern begreifflich machen; weil dieſe Haͤr- tigkeit R

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/293>, abgerufen am 25.11.2024.