Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Capitel,
sen Erfolgs vorzuziehen sey. Wie denn Alexan-
der selbst eingestehen muste, daß er eben so wie
Parmenio urtheilen würde, wenn er Parmenio
wäre, das ist, wenn er die Sache mit solchen Au-
gen, wie dieser, und nach der gemeinen Denckart,
ansähe. Alles was nachher Curtius Buch 4, 11.
als Ursachen einer andern Entschlüssung anführet,
ist kein hinreichender Grund, dieselbe zu fassen, ge-
wesen, wo man nicht das Genie des Alexanders, der
einmahl einen Conqueranten abgeben wollte, zu Hül-
fe nimmt. Solche Menschen werden, zu grossen
Glück vor die Menschen, nur selten gebohren.
Hieher gehören aber alle Anschläge, die man neue
nennet; nicht bloß in Ansehung einer und der an-
dern Person, sondern fast aller zu derselben Zeit
lebenden Menschen, denen dergleichen Anschlag
noch nicht vorkommen ist. So war es ein neuer
Anschlag, da die Portugiesen im funfzehenden
Jahrhundert darauf fielen, die Handlung nach
Africa anzurichten. Denn es haben sowohl be-
sondere Umstände darzu gehöret, daß man weni-
ger als sonsten Hindernisse vor sich gesehen, und
die Regenten müssen einen besondern Trieb ge-
habt haben, daß sie sich an die mit solchem An-
schlage unvermeidlich verknüpften Schwierigkei-
ten nicht gekehret haben. Des Columbus An-
schlag eine neue Welt zu entdecken, war noch
wunderbarer. Wiewohl dieser Ruhm mit meh-
reren Rechte, dem grossen Seefahrer Martin
Behaim von Schwartzenbach,
einem Nürn-
bergischen Patritio zuzuschreiben ist, als dessen
Seecharten Columbus gebraucht hat, Schwar-

zius

Achtes Capitel,
ſen Erfolgs vorzuziehen ſey. Wie denn Alexan-
der ſelbſt eingeſtehen muſte, daß er eben ſo wie
Parmenio urtheilen wuͤrde, wenn er Parmenio
waͤre, das iſt, wenn er die Sache mit ſolchen Au-
gen, wie dieſer, und nach der gemeinen Denckart,
anſaͤhe. Alles was nachher Curtius Buch 4, 11.
als Urſachen einer andern Entſchluͤſſung anfuͤhret,
iſt kein hinreichender Grund, dieſelbe zu faſſen, ge-
weſen, wo man nicht das Genie des Alexanders, der
einmahl einen Conqueranten abgeben wollte, zu Huͤl-
fe nimmt. Solche Menſchen werden, zu groſſen
Gluͤck vor die Menſchen, nur ſelten gebohren.
Hieher gehoͤren aber alle Anſchlaͤge, die man neue
nennet; nicht bloß in Anſehung einer und der an-
dern Perſon, ſondern faſt aller zu derſelben Zeit
lebenden Menſchen, denen dergleichen Anſchlag
noch nicht vorkommen iſt. So war es ein neuer
Anſchlag, da die Portugieſen im funfzehenden
Jahrhundert darauf fielen, die Handlung nach
Africa anzurichten. Denn es haben ſowohl be-
ſondere Umſtaͤnde darzu gehoͤret, daß man weni-
ger als ſonſten Hinderniſſe vor ſich geſehen, und
die Regenten muͤſſen einen beſondern Trieb ge-
habt haben, daß ſie ſich an die mit ſolchem An-
ſchlage unvermeidlich verknuͤpften Schwierigkei-
ten nicht gekehret haben. Des Columbus An-
ſchlag eine neue Welt zu entdecken, war noch
wunderbarer. Wiewohl dieſer Ruhm mit meh-
reren Rechte, dem groſſen Seefahrer Martin
Behaim von Schwartzenbach,
einem Nuͤrn-
bergiſchen Patritio zuzuſchreiben iſt, als deſſen
Seecharten Columbus gebraucht hat, Schwar-

zius
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0248" n="212"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Achtes Capitel,</hi></fw><lb/>
&#x017F;en Erfolgs vorzuziehen &#x017F;ey. Wie denn Alexan-<lb/>
der &#x017F;elb&#x017F;t einge&#x017F;tehen mu&#x017F;te, daß er eben &#x017F;o wie<lb/>
Parmenio urtheilen wu&#x0364;rde, wenn er Parmenio<lb/>
wa&#x0364;re, das i&#x017F;t, wenn er die Sache mit &#x017F;olchen Au-<lb/>
gen, wie die&#x017F;er, und nach der gemeinen Denckart,<lb/>
an&#x017F;a&#x0364;he. Alles was nachher <hi rendition="#fr">Curtius</hi> Buch 4, 11.<lb/>
als Ur&#x017F;achen einer andern Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung anfu&#x0364;hret,<lb/>
i&#x017F;t kein hinreichender Grund, die&#x017F;elbe zu fa&#x017F;&#x017F;en, ge-<lb/>
we&#x017F;en, wo man nicht das Genie des Alexanders, der<lb/>
einmahl einen Conqueranten abgeben wollte, zu Hu&#x0364;l-<lb/>
fe nimmt. Solche Men&#x017F;chen werden, zu gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Glu&#x0364;ck vor die Men&#x017F;chen, nur &#x017F;elten gebohren.<lb/>
Hieher geho&#x0364;ren aber alle An&#x017F;chla&#x0364;ge, die man <hi rendition="#fr">neue</hi><lb/>
nennet; nicht bloß in An&#x017F;ehung einer und der an-<lb/>
dern Per&#x017F;on, &#x017F;ondern fa&#x017F;t aller zu der&#x017F;elben Zeit<lb/>
lebenden Men&#x017F;chen, denen dergleichen An&#x017F;chlag<lb/>
noch nicht vorkommen i&#x017F;t. So war es ein neuer<lb/>
An&#x017F;chlag, da die Portugie&#x017F;en im funfzehenden<lb/>
Jahrhundert darauf fielen, die Handlung nach<lb/>
Africa anzurichten. Denn es haben &#x017F;owohl be-<lb/>
&#x017F;ondere Um&#x017F;ta&#x0364;nde darzu geho&#x0364;ret, daß man weni-<lb/>
ger als &#x017F;on&#x017F;ten Hinderni&#x017F;&#x017F;e vor &#x017F;ich ge&#x017F;ehen, und<lb/>
die Regenten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en einen be&#x017F;ondern Trieb ge-<lb/>
habt haben, daß &#x017F;ie &#x017F;ich an die mit &#x017F;olchem An-<lb/>
&#x017F;chlage unvermeidlich verknu&#x0364;pften Schwierigkei-<lb/>
ten nicht gekehret haben. Des Columbus An-<lb/>
&#x017F;chlag eine neue Welt zu entdecken, war noch<lb/>
wunderbarer. Wiewohl die&#x017F;er Ruhm mit meh-<lb/>
reren Rechte, dem gro&#x017F;&#x017F;en Seefahrer <hi rendition="#fr">Martin<lb/>
Behaim von Schwartzenbach,</hi> einem Nu&#x0364;rn-<lb/>
bergi&#x017F;chen Patritio zuzu&#x017F;chreiben i&#x017F;t, als de&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#fr">Seecharten Columbus</hi> gebraucht hat, <hi rendition="#aq">Schwar-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">zius</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0248] Achtes Capitel, ſen Erfolgs vorzuziehen ſey. Wie denn Alexan- der ſelbſt eingeſtehen muſte, daß er eben ſo wie Parmenio urtheilen wuͤrde, wenn er Parmenio waͤre, das iſt, wenn er die Sache mit ſolchen Au- gen, wie dieſer, und nach der gemeinen Denckart, anſaͤhe. Alles was nachher Curtius Buch 4, 11. als Urſachen einer andern Entſchluͤſſung anfuͤhret, iſt kein hinreichender Grund, dieſelbe zu faſſen, ge- weſen, wo man nicht das Genie des Alexanders, der einmahl einen Conqueranten abgeben wollte, zu Huͤl- fe nimmt. Solche Menſchen werden, zu groſſen Gluͤck vor die Menſchen, nur ſelten gebohren. Hieher gehoͤren aber alle Anſchlaͤge, die man neue nennet; nicht bloß in Anſehung einer und der an- dern Perſon, ſondern faſt aller zu derſelben Zeit lebenden Menſchen, denen dergleichen Anſchlag noch nicht vorkommen iſt. So war es ein neuer Anſchlag, da die Portugieſen im funfzehenden Jahrhundert darauf fielen, die Handlung nach Africa anzurichten. Denn es haben ſowohl be- ſondere Umſtaͤnde darzu gehoͤret, daß man weni- ger als ſonſten Hinderniſſe vor ſich geſehen, und die Regenten muͤſſen einen beſondern Trieb ge- habt haben, daß ſie ſich an die mit ſolchem An- ſchlage unvermeidlich verknuͤpften Schwierigkei- ten nicht gekehret haben. Des Columbus An- ſchlag eine neue Welt zu entdecken, war noch wunderbarer. Wiewohl dieſer Ruhm mit meh- reren Rechte, dem groſſen Seefahrer Martin Behaim von Schwartzenbach, einem Nuͤrn- bergiſchen Patritio zuzuſchreiben iſt, als deſſen Seecharten Columbus gebraucht hat, Schwar- zius

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/248
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/248>, abgerufen am 24.11.2024.