ders als auch die Umstände sind, so wundert sich doch niemand, wenn er nur die Umstände weiß, wie der Anschlag sey gefaßt worden, weil eine Beför- derung zu erlangen, und eine anständige Heyrath zuthun, ein so gemeiner Trieb der Menschen ist, daß man ihn bey nahe für allgemein annehmen kan. Jeder sagt bey solchen Anschlägen, wenn sie zumahl von statten gehen: Jch würde es auch so gemacht haben. Jn solchen Fällen ist daher die Ursach bekannt, wenn man nur die besondern Umstände der Sache weiß: Die Er- füllung der Ursach kan jeder aus der gemeinen Gedenckart der Menschen vor sich selbst machen.
§. 6. Sonderbare und neue Anschläge.
Denn aber kommen Fälle vor, wo iemand unter den besondern Umständen, die sich äusern, und worinnen er sich dermahlen befindet, nach seiner auch besondern Gedenckart, etwas vor gut und ihm nützlich befindet, welches ein anderer, ja die meisten und folglich jeder nach der gemeinen Gedenckart sich entweder gar nicht würde einfal- len lassen, oder solches wenigstens nach Ueberle- gung der Schwierigkeiten, wieder verwerffen wür- de. Alexander funde die Friedensvorschläge des Darius nicht vor gut anzunehmen, die dem Par- menio überaus wohlgefielen, und vermuthlich auch mehreren wohlgefallen haben: Weil sie sich auf die gemeine Gedenckart, die die Billigkeit selbst unter- stützt, gründete, daß ein über aus vortheilhaffter Frie- de einem Kriege allemahl, wegen des sogar ungewis-
sen
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v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
ders als auch die Umſtaͤnde ſind, ſo wundert ſich doch niemand, wenn er nur die Umſtaͤnde weiß, wie der Anſchlag ſey gefaßt worden, weil eine Befoͤr- derung zu erlangen, und eine anſtaͤndige Heyrath zuthun, ein ſo gemeiner Trieb der Menſchen iſt, daß man ihn bey nahe fuͤr allgemein annehmen kan. Jeder ſagt bey ſolchen Anſchlaͤgen, wenn ſie zumahl von ſtatten gehen: Jch wuͤrde es auch ſo gemacht haben. Jn ſolchen Faͤllen iſt daher die Urſach bekannt, wenn man nur die beſondern Umſtaͤnde der Sache weiß: Die Er- fuͤllung der Urſach kan jeder aus der gemeinen Gedenckart der Menſchen vor ſich ſelbſt machen.
§. 6. Sonderbare und neue Anſchlaͤge.
Denn aber kommen Faͤlle vor, wo iemand unter den beſondern Umſtaͤnden, die ſich aͤuſern, und worinnen er ſich dermahlen befindet, nach ſeiner auch beſondern Gedenckart, etwas vor gut und ihm nuͤtzlich befindet, welches ein anderer, ja die meiſten und folglich jeder nach der gemeinen Gedenckart ſich entweder gar nicht wuͤrde einfal- len laſſen, oder ſolches wenigſtens nach Ueberle- gung der Schwierigkeiten, wieder verwerffen wuͤr- de. Alexander funde die Friedensvorſchlaͤge des Darius nicht vor gut anzunehmen, die dem Par- menio uͤberaus wohlgefielen, und vermuthlich auch mehreren wohlgefallen haben: Weil ſie ſich auf die gemeine Gedenckart, die die Billigkeit ſelbſt unter- ſtuͤtzt, gruͤndete, daß ein uͤber aus vortheilhaffter Frie- de einem Kriege allemahl, wegen des ſogar ungewiſ-
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v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
ders als auch die Umſtaͤnde ſind, ſo wundert ſich
doch niemand, wenn er nur die Umſtaͤnde weiß, wie
der Anſchlag ſey gefaßt worden, weil eine Befoͤr-
derung zu erlangen, und eine anſtaͤndige Heyrath
zuthun, ein ſo gemeiner Trieb der Menſchen iſt,
daß man ihn bey nahe fuͤr allgemein annehmen
kan. Jeder ſagt bey ſolchen Anſchlaͤgen, wenn
ſie zumahl von ſtatten gehen: Jch wuͤrde es
auch ſo gemacht haben. Jn ſolchen Faͤllen
iſt daher die Urſach bekannt, wenn man nur die
beſondern Umſtaͤnde der Sache weiß: Die Er-
fuͤllung der Urſach kan jeder aus der gemeinen
Gedenckart der Menſchen vor ſich ſelbſt machen.
§. 6.
Sonderbare und neue Anſchlaͤge.
Denn aber kommen Faͤlle vor, wo iemand
unter den beſondern Umſtaͤnden, die ſich aͤuſern,
und worinnen er ſich dermahlen befindet, nach
ſeiner auch beſondern Gedenckart, etwas vor gut
und ihm nuͤtzlich befindet, welches ein anderer, ja
die meiſten und folglich jeder nach der gemeinen
Gedenckart ſich entweder gar nicht wuͤrde einfal-
len laſſen, oder ſolches wenigſtens nach Ueberle-
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de. Alexander funde die Friedensvorſchlaͤge des
Darius nicht vor gut anzunehmen, die dem Par-
menio uͤberaus wohlgefielen, und vermuthlich auch
mehreren wohlgefallen haben: Weil ſie ſich auf die
gemeine Gedenckart, die die Billigkeit ſelbſt unter-
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de einem Kriege allemahl, wegen des ſogar ungewiſ-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/247>, abgerufen am 16.02.2025.
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