Bey so vielen neuern Vermehrungen menschlicher Kenntnisse und Verbesserun- gen des Vortrages derselben hat die Akustik das unverdiente Schicksal gehabt, weit mangelhafter, als andere Theile der Naturkunde, behandelt zu werden. Ueber einzelne akustische Gegenstände finden sich vortrefliche Abhandlungen in Schriften gelehrter Gesellschaften zerstreut, von denen man aber meistens ent- weder gar keine Notiz genommen, oder nicht den gehörigen Gebrauch gemacht hat; über das Ganze der Akustik ist aber noch kein einziges nur mittelmäßiges Werk vorhanden. Auch hat eine Menge von sehr eingewurzelten Vorurtheilen, wovon nachher mehreres wird gesagt werden, weitere Fortschritte in diesem Theile der Physik sehr verhindert. Jm gegenwärtigen Werke habe ich mich bemüht, die Akustik so allgemein, als möglich, vorzutragen, mit Benutzung alles dessen, was von Andern und von mir hierin entdeckt ist. Um auch solchen Lesern, die nur wenige physische und mathematische Vorkenntnisse haben ver- ständlich zu seyn, sind von sehr schwierigen Untersuchungen nur die Resultate angegeben worden; für diejenigen aber, welche sich noch genauer unterrichten wollen, sind bey jeder Gelegenheit die Quellen angezeigt, aus welchen sich weitere Belehrung schöpfen läßt. Schriften, die viel Unrichtiges enthalten, erwähne ich meistens nur, um Andere zu warnen, daß sie sich nicht etwa durch den Namen eines sonst um die Wissenschaft verdienten Mannes verleiten lassen, etwas falsches für wahr anzunehmen; wo aber dieses nicht zu besorgen ist, und keine andern Ursachen es etwa nöthig machen, erwähne ich dergleichen Schrif-
a 2
Vorrede.
Bey ſo vielen neuern Vermehrungen menſchlicher Kenntniſſe und Verbeſſerun- gen des Vortrages derſelben hat die Akuſtik das unverdiente Schickſal gehabt, weit mangelhafter, als andere Theile der Naturkunde, behandelt zu werden. Ueber einzelne akuſtiſche Gegenſtaͤnde finden ſich vortrefliche Abhandlungen in Schriften gelehrter Geſellſchaften zerſtreut, von denen man aber meiſtens ent- weder gar keine Notiz genommen, oder nicht den gehoͤrigen Gebrauch gemacht hat; uͤber das Ganze der Akuſtik iſt aber noch kein einziges nur mittelmaͤßiges Werk vorhanden. Auch hat eine Menge von ſehr eingewurzelten Vorurtheilen, wovon nachher mehreres wird geſagt werden, weitere Fortſchritte in dieſem Theile der Phyſik ſehr verhindert. Jm gegenwaͤrtigen Werke habe ich mich bemuͤht, die Akuſtik ſo allgemein, als moͤglich, vorzutragen, mit Benutzung alles deſſen, was von Andern und von mir hierin entdeckt iſt. Um auch ſolchen Leſern, die nur wenige phyſiſche und mathematiſche Vorkenntniſſe haben ver- ſtaͤndlich zu ſeyn, ſind von ſehr ſchwierigen Unterſuchungen nur die Reſultate angegeben worden; fuͤr diejenigen aber, welche ſich noch genauer unterrichten wollen, ſind bey jeder Gelegenheit die Quellen angezeigt, aus welchen ſich weitere Belehrung ſchoͤpfen laͤßt. Schriften, die viel Unrichtiges enthalten, erwaͤhne ich meiſtens nur, um Andere zu warnen, daß ſie ſich nicht etwa durch den Namen eines ſonſt um die Wiſſenſchaft verdienten Mannes verleiten laſſen, etwas falſches fuͤr wahr anzunehmen; wo aber dieſes nicht zu beſorgen iſt, und keine andern Urſachen es etwa noͤthig machen, erwaͤhne ich dergleichen Schrif-
a 2
<TEI><text><front><pbfacs="#f0005"n="[III]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divtype="preface"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Vorrede.</hi></hi></head><lb/><p><hirendition="#in">B</hi>ey ſo vielen neuern Vermehrungen menſchlicher Kenntniſſe und Verbeſſerun-<lb/>
gen des Vortrages derſelben hat die Akuſtik das unverdiente Schickſal gehabt,<lb/>
weit mangelhafter, als andere Theile der Naturkunde, behandelt zu werden.<lb/>
Ueber einzelne akuſtiſche Gegenſtaͤnde finden ſich vortrefliche Abhandlungen in<lb/>
Schriften gelehrter Geſellſchaften zerſtreut, von denen man aber meiſtens ent-<lb/>
weder gar keine Notiz genommen, oder nicht den gehoͤrigen Gebrauch gemacht<lb/>
hat; uͤber das Ganze der Akuſtik iſt aber noch kein einziges nur mittelmaͤßiges<lb/>
Werk vorhanden. Auch hat eine Menge von ſehr eingewurzelten Vorurtheilen,<lb/>
wovon nachher mehreres wird geſagt werden, weitere Fortſchritte in dieſem<lb/>
Theile der Phyſik ſehr verhindert. Jm gegenwaͤrtigen Werke habe ich mich<lb/>
bemuͤht, die Akuſtik ſo allgemein, als moͤglich, vorzutragen, mit Benutzung<lb/>
alles deſſen, was von Andern und von mir hierin entdeckt iſt. Um auch ſolchen<lb/>
Leſern, die nur wenige phyſiſche und mathematiſche Vorkenntniſſe haben ver-<lb/>ſtaͤndlich zu ſeyn, ſind von ſehr ſchwierigen Unterſuchungen nur die Reſultate<lb/>
angegeben worden; fuͤr diejenigen aber, welche ſich noch genauer unterrichten<lb/>
wollen, ſind bey jeder Gelegenheit die Quellen angezeigt, aus welchen ſich<lb/>
weitere Belehrung ſchoͤpfen laͤßt. Schriften, die viel Unrichtiges enthalten,<lb/>
erwaͤhne ich meiſtens nur, um Andere zu warnen, daß ſie ſich nicht etwa durch<lb/>
den Namen eines ſonſt um die Wiſſenſchaft verdienten Mannes verleiten laſſen,<lb/>
etwas falſches fuͤr wahr anzunehmen; wo aber dieſes nicht zu beſorgen iſt, und<lb/>
keine andern Urſachen es etwa noͤthig machen, erwaͤhne ich dergleichen Schrif-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">a 2</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[[III]/0005]
Vorrede.
Bey ſo vielen neuern Vermehrungen menſchlicher Kenntniſſe und Verbeſſerun-
gen des Vortrages derſelben hat die Akuſtik das unverdiente Schickſal gehabt,
weit mangelhafter, als andere Theile der Naturkunde, behandelt zu werden.
Ueber einzelne akuſtiſche Gegenſtaͤnde finden ſich vortrefliche Abhandlungen in
Schriften gelehrter Geſellſchaften zerſtreut, von denen man aber meiſtens ent-
weder gar keine Notiz genommen, oder nicht den gehoͤrigen Gebrauch gemacht
hat; uͤber das Ganze der Akuſtik iſt aber noch kein einziges nur mittelmaͤßiges
Werk vorhanden. Auch hat eine Menge von ſehr eingewurzelten Vorurtheilen,
wovon nachher mehreres wird geſagt werden, weitere Fortſchritte in dieſem
Theile der Phyſik ſehr verhindert. Jm gegenwaͤrtigen Werke habe ich mich
bemuͤht, die Akuſtik ſo allgemein, als moͤglich, vorzutragen, mit Benutzung
alles deſſen, was von Andern und von mir hierin entdeckt iſt. Um auch ſolchen
Leſern, die nur wenige phyſiſche und mathematiſche Vorkenntniſſe haben ver-
ſtaͤndlich zu ſeyn, ſind von ſehr ſchwierigen Unterſuchungen nur die Reſultate
angegeben worden; fuͤr diejenigen aber, welche ſich noch genauer unterrichten
wollen, ſind bey jeder Gelegenheit die Quellen angezeigt, aus welchen ſich
weitere Belehrung ſchoͤpfen laͤßt. Schriften, die viel Unrichtiges enthalten,
erwaͤhne ich meiſtens nur, um Andere zu warnen, daß ſie ſich nicht etwa durch
den Namen eines ſonſt um die Wiſſenſchaft verdienten Mannes verleiten laſſen,
etwas falſches fuͤr wahr anzunehmen; wo aber dieſes nicht zu beſorgen iſt, und
keine andern Urſachen es etwa noͤthig machen, erwaͤhne ich dergleichen Schrif-
a 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. [III]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/5>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.