Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

sprochen worden. Soweit ich aber glaube, darüber urtheilen zu können, hat der Verfasser
die Mittel, um eine vortheilhafte Würkung des Schalles in einem Schauspielhause zu beför-
dern, ganz der [Natur] gemäß angegeben; ob übrigens die von ihm vorgeschlagenen Veränderungen
der innern Einrichtungen eines Theaters in andern Hinsichten mehr oder weniger vortheilhaft oder
ausführbar sind, darüber kann ich aus Mangel der dazu erforderlichen Kenntnisse nicht urtheilen,
und bin also in dem, was ich davon angeführt habe, blos als Referent anzuschen; indessen
scheinen mit die Vorschläge des Verfassers weder unschicklich noch unausführbar zu seyn, und
doch w[enigstens] zu verdienen, daß man deren Werth oder Unwerth ohne Vorliebe für das,
was einmahl herkömmlich ist, durch Versuche bestimmte. Besonders würde aber die Bau-
art des bekannten Theaters in Parma, weil bey diesem die Erfahrung so gut mit der Theorie
übereinstimmt (nur etwa mit Ausnahme der unbequemen Seitensitze) verdienen nachgeahmt
zu werden.

So eben erhielt ich: Vorschläge zu Verbesserung der Schauspielhäu-
ser von Louis Catel, Architekt. Berlin 1802.
4. Der Verfasser sucht die unge-
hinderte directe Verbreitung des Schalles zu befördern, und zu Vermeidung des Wiederhalis
jede Brechung des Schalles zu verhindern. Nun würde ein nachtheiliger Wiederhall oder
Nachhall zwar durch Rückwürkung des Schalles von den der Bühne entgegengesetzten Flächen
entstehen können; hingegen durch seitwärts gehende Brechungen von Flächen oder Seiten-
wänden, die dem Sprechenden nahe sind, gegen die Zuhörer hin, würde zwar der directe
und der gebrochene Schall nicht vollkommen genau in einem Zeitpunkte zu den Zuhörern ge-
langen, jedoch würde (bey einem Fortgange des Schalles durch 1040 Fuß in einer Sekunde)
der Unterschied so unbeträchtlich seyn, daß man ihn nicht oder kaum bemerken, und also mehr
eine Verstärkung, als Verlängerung oder Wiederholung des Schalles wahrnehmen würde.
Die vorgeschlagene amphitheatralische Einrichtung der Sitze ist sehr zu billigen, besenders auch
deswegen, weil sie zu Vermeidung der Rückwürkung des Schalles viel beitragen muß. Die
S. 39, §. 12 vorgeschlagene Einrichtung der Decke, da sie ein Kuppelgewölbe seyn soll,
würde für den Schall gar nicht vortheilhaft seyn, weil dadurch ein sehr [beträchtlicher] Wieder-
hall entstehen müßte. Der Verfasser schlägt zur Verminderung desselben eine Tapezieung der
Decke vor, mit Zeuge, welches mit Wolle hinten gefüttert ist; dieses würde aber von keinem
Nutzen seyn, weil durch solche weiche Materien zwar alle senst etwa möglichen Mitzitterungen
der Decke würden verhindert werden, nicht aber die Stemmungen und Rückwürkungen der von

ſprochen worden. Soweit ich aber glaube, daruͤber urtheilen zu koͤnnen, hat der Verfaſſer
die Mittel, um eine vortheilhafte Wuͤrkung des Schalles in einem Schauſpielhauſe zu befoͤr-
dern, ganz der [Natur] gemaͤß angegeben; ob uͤbrigens die von ihm vorgeſchlagenen Veraͤnderungen
der innern Einrichtungen eines Theaters in andern Hinſichten mehr oder weniger vortheilhaft oder
ausfuͤhrbar ſind, daruͤber kann ich aus Mangel der dazu erforderlichen Kenntniſſe nicht urtheilen,
und bin alſo in dem, was ich davon angefuͤhrt habe, blos als Referent anzuſchen; indeſſen
ſcheinen mit die Vorſchlaͤge des Verfaſſers weder unſchicklich noch unausfuͤhrbar zu ſeyn, und
doch w[enigſtenſ] zu verdienen, daß man deren Werth oder Unwerth ohne Vorliebe fuͤr das,
was einmahl herkoͤmmlich iſt, durch Verſuche beſtimmte. Beſonders wuͤrde aber die Bau-
art des bekannten Theaters in Parma, weil bey dieſem die Erfahrung ſo gut mit der Theorie
uͤbereinſtimmt (nur etwa mit Ausnahme der unbequemen Seitenſitze) verdienen nachgeahmt
zu werden.

So eben erhielt ich: Vorſchlaͤge zu Verbeſſerung der Schauſpielhaͤu-
ſer von Louis Catel, Architekt. Berlin 1802.
4. Der Verfaſſer ſucht die unge-
hinderte directe Verbreitung des Schalles zu befoͤrdern, und zu Vermeidung des Wiederhalis
jede Brechung des Schalles zu verhindern. Nun wuͤrde ein nachtheiliger Wiederhall oder
Nachhall zwar durch Ruͤckwuͤrkung des Schalles von den der Buͤhne entgegengeſetzten Flaͤchen
entſtehen koͤnnen; hingegen durch ſeitwaͤrts gehende Brechungen von Flaͤchen oder Seiten-
waͤnden, die dem Sprechenden nahe ſind, gegen die Zuhoͤrer hin, wuͤrde zwar der directe
und der gebrochene Schall nicht vollkommen genau in einem Zeitpunkte zu den Zuhoͤrern ge-
langen, jedoch wuͤrde (bey einem Fortgange des Schalles durch 1040 Fuß in einer Sekunde)
der Unterſchied ſo unbetraͤchtlich ſeyn, daß man ihn nicht oder kaum bemerken, und alſo mehr
eine Verſtaͤrkung, als Verlaͤngerung oder Wiederholung des Schalles wahrnehmen wuͤrde.
Die vorgeſchlagene amphitheatraliſche Einrichtung der Sitze iſt ſehr zu billigen, beſenders auch
deswegen, weil ſie zu Vermeidung der Ruͤckwuͤrkung des Schalles viel beitragen muß. Die
S. 39, §. 12 vorgeſchlagene Einrichtung der Decke, da ſie ein Kuppelgewoͤlbe ſeyn ſoll,
wuͤrde fuͤr den Schall gar nicht vortheilhaft ſeyn, weil dadurch ein ſehr [betraͤchtlicher] Wieder-
hall entſtehen muͤßte. Der Verfaſſer ſchlaͤgt zur Verminderung deſſelben eine Tapezieung der
Decke vor, mit Zeuge, welches mit Wolle hinten gefuͤttert iſt; dieſes wuͤrde aber von keinem
Nutzen ſeyn, weil durch ſolche weiche Materien zwar alle ſenſt etwa moͤglichen Mitzitterungen
der Decke wuͤrden verhindert werden, nicht aber die Stemmungen und Ruͤckwuͤrkungen der von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0345" n="309"/>
&#x017F;prochen worden. Soweit ich aber glaube, daru&#x0364;ber urtheilen zu ko&#x0364;nnen, hat der Verfa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
die Mittel, um eine vortheilhafte Wu&#x0364;rkung des Schalles in einem Schau&#x017F;pielhau&#x017F;e zu befo&#x0364;r-<lb/>
dern, ganz der <supplied>Natur</supplied> gema&#x0364;ß angegeben; ob u&#x0364;brigens die von ihm vorge&#x017F;chlagenen Vera&#x0364;nderungen<lb/>
der innern Einrichtungen eines Theaters in andern Hin&#x017F;ichten mehr oder weniger vortheilhaft oder<lb/>
ausfu&#x0364;hrbar &#x017F;ind, daru&#x0364;ber kann ich aus Mangel der dazu erforderlichen Kenntni&#x017F;&#x017F;e nicht urtheilen,<lb/>
und bin al&#x017F;o in dem, was ich davon angefu&#x0364;hrt habe, blos als Referent anzu&#x017F;chen; inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;cheinen mit die Vor&#x017F;chla&#x0364;ge des Verfa&#x017F;&#x017F;ers weder un&#x017F;chicklich noch unausfu&#x0364;hrbar zu &#x017F;eyn, und<lb/>
doch w<supplied>enig&#x017F;ten&#x017F;</supplied> zu verdienen, daß man deren Werth oder Unwerth ohne Vorliebe fu&#x0364;r das,<lb/>
was einmahl herko&#x0364;mmlich i&#x017F;t, durch Ver&#x017F;uche be&#x017F;timmte. Be&#x017F;onders wu&#x0364;rde aber die Bau-<lb/>
art des bekannten Theaters in Parma, weil bey die&#x017F;em die Erfahrung &#x017F;o gut mit der Theorie<lb/>
u&#x0364;berein&#x017F;timmt (nur etwa mit Ausnahme der unbequemen Seiten&#x017F;itze) verdienen nachgeahmt<lb/>
zu werden.</p><lb/>
          <p>So eben erhielt ich: <hi rendition="#g">Vor&#x017F;chla&#x0364;ge zu Verbe&#x017F;&#x017F;erung der Schau&#x017F;pielha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;er von Louis Catel, Architekt. Berlin 1802.</hi> 4. Der Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ucht die unge-<lb/>
hinderte directe Verbreitung des Schalles zu befo&#x0364;rdern, und zu Vermeidung des Wiederhalis<lb/>
jede Brechung des Schalles zu verhindern. Nun wu&#x0364;rde ein nachtheiliger Wiederhall oder<lb/>
Nachhall zwar durch Ru&#x0364;ckwu&#x0364;rkung des Schalles von den der Bu&#x0364;hne entgegenge&#x017F;etzten Fla&#x0364;chen<lb/>
ent&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen; hingegen durch &#x017F;eitwa&#x0364;rts gehende Brechungen von Fla&#x0364;chen oder Seiten-<lb/>
wa&#x0364;nden, die dem Sprechenden nahe &#x017F;ind, gegen die Zuho&#x0364;rer hin, wu&#x0364;rde zwar der directe<lb/>
und der gebrochene Schall nicht vollkommen genau in einem Zeitpunkte zu den Zuho&#x0364;rern ge-<lb/>
langen, jedoch wu&#x0364;rde (bey einem Fortgange des Schalles durch 1040 Fuß in einer Sekunde)<lb/>
der Unter&#x017F;chied &#x017F;o unbetra&#x0364;chtlich &#x017F;eyn, daß man ihn nicht oder kaum bemerken, und al&#x017F;o mehr<lb/>
eine Ver&#x017F;ta&#x0364;rkung, als Verla&#x0364;ngerung oder Wiederholung des Schalles wahrnehmen wu&#x0364;rde.<lb/>
Die vorge&#x017F;chlagene amphitheatrali&#x017F;che Einrichtung der Sitze i&#x017F;t &#x017F;ehr zu billigen, be&#x017F;enders auch<lb/>
deswegen, weil &#x017F;ie zu Vermeidung der Ru&#x0364;ckwu&#x0364;rkung des Schalles viel beitragen muß. Die<lb/>
S. 39, §. 12 vorge&#x017F;chlagene Einrichtung der Decke, da &#x017F;ie ein Kuppelgewo&#x0364;lbe &#x017F;eyn &#x017F;oll,<lb/>
wu&#x0364;rde fu&#x0364;r den Schall gar nicht vortheilhaft &#x017F;eyn, weil dadurch ein &#x017F;ehr <supplied>betra&#x0364;chtlicher</supplied> Wieder-<lb/>
hall ent&#x017F;tehen mu&#x0364;ßte. Der Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chla&#x0364;gt zur Verminderung de&#x017F;&#x017F;elben eine Tapezieung der<lb/>
Decke vor, mit Zeuge, welches mit Wolle hinten gefu&#x0364;ttert i&#x017F;t; die&#x017F;es wu&#x0364;rde aber von keinem<lb/>
Nutzen &#x017F;eyn, weil durch &#x017F;olche weiche Materien zwar alle &#x017F;en&#x017F;t etwa mo&#x0364;glichen Mitzitterungen<lb/>
der Decke wu&#x0364;rden verhindert werden, nicht aber die Stemmungen und Ru&#x0364;ckwu&#x0364;rkungen der von<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0345] ſprochen worden. Soweit ich aber glaube, daruͤber urtheilen zu koͤnnen, hat der Verfaſſer die Mittel, um eine vortheilhafte Wuͤrkung des Schalles in einem Schauſpielhauſe zu befoͤr- dern, ganz der Natur gemaͤß angegeben; ob uͤbrigens die von ihm vorgeſchlagenen Veraͤnderungen der innern Einrichtungen eines Theaters in andern Hinſichten mehr oder weniger vortheilhaft oder ausfuͤhrbar ſind, daruͤber kann ich aus Mangel der dazu erforderlichen Kenntniſſe nicht urtheilen, und bin alſo in dem, was ich davon angefuͤhrt habe, blos als Referent anzuſchen; indeſſen ſcheinen mit die Vorſchlaͤge des Verfaſſers weder unſchicklich noch unausfuͤhrbar zu ſeyn, und doch wenigſtenſ zu verdienen, daß man deren Werth oder Unwerth ohne Vorliebe fuͤr das, was einmahl herkoͤmmlich iſt, durch Verſuche beſtimmte. Beſonders wuͤrde aber die Bau- art des bekannten Theaters in Parma, weil bey dieſem die Erfahrung ſo gut mit der Theorie uͤbereinſtimmt (nur etwa mit Ausnahme der unbequemen Seitenſitze) verdienen nachgeahmt zu werden. So eben erhielt ich: Vorſchlaͤge zu Verbeſſerung der Schauſpielhaͤu- ſer von Louis Catel, Architekt. Berlin 1802. 4. Der Verfaſſer ſucht die unge- hinderte directe Verbreitung des Schalles zu befoͤrdern, und zu Vermeidung des Wiederhalis jede Brechung des Schalles zu verhindern. Nun wuͤrde ein nachtheiliger Wiederhall oder Nachhall zwar durch Ruͤckwuͤrkung des Schalles von den der Buͤhne entgegengeſetzten Flaͤchen entſtehen koͤnnen; hingegen durch ſeitwaͤrts gehende Brechungen von Flaͤchen oder Seiten- waͤnden, die dem Sprechenden nahe ſind, gegen die Zuhoͤrer hin, wuͤrde zwar der directe und der gebrochene Schall nicht vollkommen genau in einem Zeitpunkte zu den Zuhoͤrern ge- langen, jedoch wuͤrde (bey einem Fortgange des Schalles durch 1040 Fuß in einer Sekunde) der Unterſchied ſo unbetraͤchtlich ſeyn, daß man ihn nicht oder kaum bemerken, und alſo mehr eine Verſtaͤrkung, als Verlaͤngerung oder Wiederholung des Schalles wahrnehmen wuͤrde. Die vorgeſchlagene amphitheatraliſche Einrichtung der Sitze iſt ſehr zu billigen, beſenders auch deswegen, weil ſie zu Vermeidung der Ruͤckwuͤrkung des Schalles viel beitragen muß. Die S. 39, §. 12 vorgeſchlagene Einrichtung der Decke, da ſie ein Kuppelgewoͤlbe ſeyn ſoll, wuͤrde fuͤr den Schall gar nicht vortheilhaft ſeyn, weil dadurch ein ſehr betraͤchtlicher Wieder- hall entſtehen muͤßte. Der Verfaſſer ſchlaͤgt zur Verminderung deſſelben eine Tapezieung der Decke vor, mit Zeuge, welches mit Wolle hinten gefuͤttert iſt; dieſes wuͤrde aber von keinem Nutzen ſeyn, weil durch ſolche weiche Materien zwar alle ſenſt etwa moͤglichen Mitzitterungen der Decke wuͤrden verhindert werden, nicht aber die Stemmungen und Ruͤckwuͤrkungen der von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/345
Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/345>, abgerufen am 24.11.2024.