Parma, welches wie Fig. 267. eingerichtet ist, und in allen Schriften über Schauspielhausbau als eine merkwürdige Erscheinung angeführt wird, indem man in demselben überall auf allen Sitzen jedes Wort der Schauspieler deutlich hören kann, wovon der Grund unstreitig in nichts andern liegt, als in dieser Bauart der leeren Seitenwände, durch welche der Schall gegen die Zuhörer gebrochen wird. Nur würde es bequemer seyn, wenn anstatt der in diesem Thea- ter befindlichen Se[i]ensitze, wo die Zuschauer sich ganz seitwärts wenden müssen, um auf die Bühne zu sehen, nach dem Beyspiele des Serlio zu Vicenza gar keine Seitensitze angebracht, sondern alle Sitze von der Bühne an mit der hintern Rückwand parallel in Kreisbögen und stufenförmig erbaut würden, bey welcher Einrichtung mehr Platz gewonnen würde, und jeder Zuschauer die Bühne gerade vor sich hätte, und auch, wie §. 215. bemerkt worden ist, kein der Deutlichkeit schadender Nachhall entstehen könnte. Für ganz große Theater würde eine Bauart mit divergirenden Seitenwänden wie bey Fig. 264. der mit parallelen Wänden, wie Fig. 267. noch vorzuziehen seyn. Wollte man bey der sinfenweisen Erhöhung der Sitze einige ausgezeichnete Plätze, etwa für den Fürsten und dessen Familie, oder sonst für die vorzüglich- sten obrigkeitlichen Personen, anbringen, so würde eine Unterbrechung dieser Sitze durch einige wenige in der Mitte anzubringende Logen der Einrichtung des Ganzen nicht schaden, wie Herr Rhode in der angeführten Schrift auch bemerkt, und durch eine Figur erläutert hat, welche hier in Fig. 268. zu sehen ist.
Ein großes Hinderniß der Verbreitung des Schalles bey der gewöhnlichen Einrich- tung der Schaubühnen ist die Richtung der Coulissen, welche so beschaffen ist, daß der Schall von ihnen gar nicht gegen die Zuhörer gebrochen werden kann, sondern vielmehr ganz verschluckt wird, so daß, wenn der Schauspieler etwas von der Oeffnung der Scene zurück spricht, nichts weiter davon übrig bleibt, außer was vermöge der natürlichen Verbreitung desselben den Zuhörern entgegen schallt. Herr Rhode äußert, daß man anstatt der Coulissen die bekannten Drehmaschinen der Alten mit Vortheil gebrauchen könne, welche dreyeckig und an den Seiten eben so wie die Coulissen bemahlt, oder mit bemahlter Leinwand bekleidet seyn können, wobey noch mehr Leichtigkeit und Geschwindigkeit der Veränderungen und we- niger Jrrung in den Decorationen, als bey der gewöhnlichen Einrichtung Statt fände. Diese würden so können gedreht werden, daß sie nach Beschaffenheit der Umstände entweder ganz oder wenigstens nahe an der Oeffnung der Bühne so wie in Fig. 269, eine feste Wand bildeten, wodurch die Verbreitung des Schalles von der Bühne weg gegen die Zuhörer sehr würde
Parma, welches wie Fig. 267. eingerichtet iſt, und in allen Schriften uͤber Schauſpielhausbau als eine merkwuͤrdige Erſcheinung angefuͤhrt wird, indem man in demſelben uͤberall auf allen Sitzen jedes Wort der Schauſpieler deutlich hoͤren kann, wovon der Grund unſtreitig in nichts andern liegt, als in dieſer Bauart der leeren Seitenwaͤnde, durch welche der Schall gegen die Zuhoͤrer gebrochen wird. Nur wuͤrde es bequemer ſeyn, wenn anſtatt der in dieſem Thea- ter befindlichen Se[i]enſitze, wo die Zuſchauer ſich ganz ſeitwaͤrts wenden muͤſſen, um auf die Buͤhne zu ſehen, nach dem Beyſpiele des Serlio zu Vicenza gar keine Seitenſitze angebracht, ſondern alle Sitze von der Buͤhne an mit der hintern Ruͤckwand parallel in Kreisboͤgen und ſtufenfoͤrmig erbaut wuͤrden, bey welcher Einrichtung mehr Platz gewonnen wuͤrde, und jeder Zuſchauer die Buͤhne gerade vor ſich haͤtte, und auch, wie §. 215. bemerkt worden iſt, kein der Deutlichkeit ſchadender Nachhall entſtehen koͤnnte. Fuͤr ganz große Theater wuͤrde eine Bauart mit divergirenden Seitenwaͤnden wie bey Fig. 264. der mit parallelen Waͤnden, wie Fig. 267. noch vorzuziehen ſeyn. Wollte man bey der ſinfenweiſen Erhoͤhung der Sitze einige ausgezeichnete Plaͤtze, etwa fuͤr den Fuͤrſten und deſſen Familie, oder ſonſt fuͤr die vorzuͤglich- ſten obrigkeitlichen Perſonen, anbringen, ſo wuͤrde eine Unterbrechung dieſer Sitze durch einige wenige in der Mitte anzubringende Logen der Einrichtung des Ganzen nicht ſchaden, wie Herr Rhode in der angefuͤhrten Schrift auch bemerkt, und durch eine Figur erlaͤutert hat, welche hier in Fig. 268. zu ſehen iſt.
Ein großes Hinderniß der Verbreitung des Schalles bey der gewoͤhnlichen Einrich- tung der Schaubuͤhnen iſt die Richtung der Couliſſen, welche ſo beſchaffen iſt, daß der Schall von ihnen gar nicht gegen die Zuhoͤrer gebrochen werden kann, ſondern vielmehr ganz verſchluckt wird, ſo daß, wenn der Schauſpieler etwas von der Oeffnung der Scene zuruͤck ſpricht, nichts weiter davon uͤbrig bleibt, außer was vermoͤge der natuͤrlichen Verbreitung deſſelben den Zuhoͤrern entgegen ſchallt. Herr Rhode aͤußert, daß man anſtatt der Couliſſen die bekannten Drehmaſchinen der Alten mit Vortheil gebrauchen koͤnne, welche dreyeckig und an den Seiten eben ſo wie die Couliſſen bemahlt, oder mit bemahlter Leinwand bekleidet ſeyn koͤnnen, wobey noch mehr Leichtigkeit und Geſchwindigkeit der Veraͤnderungen und we- niger Jrrung in den Decorationen, als bey der gewoͤhnlichen Einrichtung Statt faͤnde. Dieſe wuͤrden ſo koͤnnen gedreht werden, daß ſie nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde entweder ganz oder wenigſtens nahe an der Oeffnung der Buͤhne ſo wie in Fig. 269, eine feſte Wand bildeten, wodurch die Verbreitung des Schalles von der Buͤhne weg gegen die Zuhoͤrer ſehr wuͤrde
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Parma, welches wie Fig. 267. eingerichtet iſt, und in allen Schriften uͤber Schauſpielhausbau
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Sitzen jedes Wort der Schauſpieler deutlich hoͤren kann, wovon der Grund unſtreitig in nichts
andern liegt, als in dieſer Bauart der leeren Seitenwaͤnde, durch welche der Schall gegen
die Zuhoͤrer gebrochen wird. Nur wuͤrde es bequemer ſeyn, wenn anſtatt der in dieſem Thea-
ter befindlichen Seienſitze, wo die Zuſchauer ſich ganz ſeitwaͤrts wenden muͤſſen, um auf die
Buͤhne zu ſehen, nach dem Beyſpiele des Serlio zu Vicenza gar keine Seitenſitze angebracht,
ſondern alle Sitze von der Buͤhne an mit der hintern Ruͤckwand parallel in Kreisboͤgen und
ſtufenfoͤrmig erbaut wuͤrden, bey welcher Einrichtung mehr Platz gewonnen wuͤrde, und jeder
Zuſchauer die Buͤhne gerade vor ſich haͤtte, und auch, wie §. 215. bemerkt worden iſt, kein
der Deutlichkeit ſchadender Nachhall entſtehen koͤnnte. Fuͤr ganz große Theater wuͤrde eine
Bauart mit divergirenden Seitenwaͤnden wie bey Fig. 264. der mit parallelen Waͤnden, wie
Fig. 267. noch vorzuziehen ſeyn. Wollte man bey der ſinfenweiſen Erhoͤhung der Sitze einige
ausgezeichnete Plaͤtze, etwa fuͤr den Fuͤrſten und deſſen Familie, oder ſonſt fuͤr die vorzuͤglich-
ſten obrigkeitlichen Perſonen, anbringen, ſo wuͤrde eine Unterbrechung dieſer Sitze durch einige
wenige in der Mitte anzubringende Logen der Einrichtung des Ganzen nicht ſchaden, wie Herr
Rhode in der angefuͤhrten Schrift auch bemerkt, und durch eine Figur erlaͤutert hat, welche
hier in Fig. 268. zu ſehen iſt.
Ein großes Hinderniß der Verbreitung des Schalles bey der gewoͤhnlichen Einrich-
tung der Schaubuͤhnen iſt die Richtung der Couliſſen, welche ſo beſchaffen iſt, daß der
Schall von ihnen gar nicht gegen die Zuhoͤrer gebrochen werden kann, ſondern vielmehr ganz
verſchluckt wird, ſo daß, wenn der Schauſpieler etwas von der Oeffnung der Scene zuruͤck
ſpricht, nichts weiter davon uͤbrig bleibt, außer was vermoͤge der natuͤrlichen Verbreitung
deſſelben den Zuhoͤrern entgegen ſchallt. Herr Rhode aͤußert, daß man anſtatt der Couliſſen
die bekannten Drehmaſchinen der Alten mit Vortheil gebrauchen koͤnne, welche dreyeckig
und an den Seiten eben ſo wie die Couliſſen bemahlt, oder mit bemahlter Leinwand bekleidet
ſeyn koͤnnen, wobey noch mehr Leichtigkeit und Geſchwindigkeit der Veraͤnderungen und we-
niger Jrrung in den Decorationen, als bey der gewoͤhnlichen Einrichtung Statt faͤnde. Dieſe
wuͤrden ſo koͤnnen gedreht werden, daß ſie nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde entweder ganz
oder wenigſtens nahe an der Oeffnung der Buͤhne ſo wie in Fig. 269, eine feſte Wand bildeten,
wodurch die Verbreitung des Schalles von der Buͤhne weg gegen die Zuhoͤrer ſehr wuͤrde
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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/289>, abgerufen am 16.07.2024.
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