Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–98. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.pfing den ärmlichen Bündel mit Verachtung, warf einige Goldstücke hin und befahl, vor das vornehmste Hotel vorzufahren. Das Haus war gegen Norden gelegen, ich hatte die Sonne nicht zu fürchten. Ich schickte den Kutscher mit Gold weg, ließ mir die besten Zimmer vorn heraus anweisen und verschloß mich darin, so bald ich konnte. Was denkest du, das ich nun anfing? -- O mein lieber Chamisso, selbst vor dir es zu gestehen, macht mich erröthen. Ich zog den unglücklichen Seckel aus meiner Brust hervor, und mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde Feuersbrunst, sich in mir durch sich selbst mehrte, zog ich Gold daraus, und Gold, und Gold, und immer mehr Gold, und streute es auf den Estrich, und schritt darüber hin, und ließ es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Metalle, bis ich ermüdet selbst auf das reiche Lager sank und schwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend, ich schloß meine Thür' nicht auf, die Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf übermannte mich der Schlaf. Da träumt' es mir von dir, es ward mir, als stünde ich hinter der Glasthüre deines kleinen Zimmers , und sähe dich von da an deinem, Arbeitstische zwischen einem Skelet und einem Bunde getrockneter Pflanzen sitzen, vor dir waren Haller, Humboldt und Linne aufgeschlagen, auf deinem Sopha la- pfing den ärmlichen Bündel mit Verachtung, warf einige Goldstücke hin und befahl, vor das vornehmste Hotel vorzufahren. Das Haus war gegen Norden gelegen, ich hatte die Sonne nicht zu fürchten. Ich schickte den Kutscher mit Gold weg, ließ mir die besten Zimmer vorn heraus anweisen und verschloß mich darin, so bald ich konnte. Was denkest du, das ich nun anfing? — O mein lieber Chamisso, selbst vor dir es zu gestehen, macht mich erröthen. Ich zog den unglücklichen Seckel aus meiner Brust hervor, und mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde Feuersbrunst, sich in mir durch sich selbst mehrte, zog ich Gold daraus, und Gold, und Gold, und immer mehr Gold, und streute es auf den Estrich, und schritt darüber hin, und ließ es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Metalle, bis ich ermüdet selbst auf das reiche Lager sank und schwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend, ich schloß meine Thür' nicht auf, die Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf übermannte mich der Schlaf. Da träumt' es mir von dir, es ward mir, als stünde ich hinter der Glasthüre deines kleinen Zimmers , und sähe dich von da an deinem, Arbeitstische zwischen einem Skelet und einem Bunde getrockneter Pflanzen sitzen, vor dir waren Haller, Humboldt und Linné aufgeschlagen, auf deinem Sopha la- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0023"/> pfing den ärmlichen Bündel mit Verachtung, warf einige Goldstücke hin und befahl, vor das vornehmste Hotel vorzufahren. Das Haus war gegen Norden gelegen, ich hatte die Sonne nicht zu fürchten. Ich schickte den Kutscher mit Gold weg, ließ mir die besten Zimmer vorn heraus anweisen und verschloß mich darin, so bald ich konnte.</p><lb/> <p>Was denkest du, das ich nun anfing? — O mein lieber Chamisso, selbst vor dir es zu gestehen, macht mich erröthen. Ich zog den unglücklichen Seckel aus meiner Brust hervor, und mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde Feuersbrunst, sich in mir durch sich selbst mehrte, zog ich Gold daraus, und Gold, und Gold, und immer mehr Gold, und streute es auf den Estrich, und schritt darüber hin, und ließ es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Metalle, bis ich ermüdet selbst auf das reiche Lager sank und schwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend, ich schloß meine Thür' nicht auf, die Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf übermannte mich der Schlaf.</p><lb/> <p>Da träumt' es mir von dir, es ward mir, als stünde ich hinter der Glasthüre deines kleinen Zimmers , und sähe dich von da an deinem, Arbeitstische zwischen einem Skelet und einem Bunde getrockneter Pflanzen sitzen, vor dir waren Haller, Humboldt und Linné aufgeschlagen, auf deinem Sopha la-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
pfing den ärmlichen Bündel mit Verachtung, warf einige Goldstücke hin und befahl, vor das vornehmste Hotel vorzufahren. Das Haus war gegen Norden gelegen, ich hatte die Sonne nicht zu fürchten. Ich schickte den Kutscher mit Gold weg, ließ mir die besten Zimmer vorn heraus anweisen und verschloß mich darin, so bald ich konnte.
Was denkest du, das ich nun anfing? — O mein lieber Chamisso, selbst vor dir es zu gestehen, macht mich erröthen. Ich zog den unglücklichen Seckel aus meiner Brust hervor, und mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde Feuersbrunst, sich in mir durch sich selbst mehrte, zog ich Gold daraus, und Gold, und Gold, und immer mehr Gold, und streute es auf den Estrich, und schritt darüber hin, und ließ es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Metalle, bis ich ermüdet selbst auf das reiche Lager sank und schwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend, ich schloß meine Thür' nicht auf, die Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf übermannte mich der Schlaf.
Da träumt' es mir von dir, es ward mir, als stünde ich hinter der Glasthüre deines kleinen Zimmers , und sähe dich von da an deinem, Arbeitstische zwischen einem Skelet und einem Bunde getrockneter Pflanzen sitzen, vor dir waren Haller, Humboldt und Linné aufgeschlagen, auf deinem Sopha la-
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Zitationshilfe: | Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–98. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1910/23>, abgerufen am 16.02.2025. |