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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814.

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"und sieht man es mir nicht an? ein armer
Teufel, gleichsam so eine Art von Gelehrten und
Physikus, der von seinen Freunden für vortreff¬
liche Künste schlechten Dank erntet, und für sich
selber auf Erden keinen andern Spaß hat, als
sein Bißchen Experimentiren -- aber unterschrei¬
ben Sie doch. Rechts, da unten. Peter
Schlemihl
." --

Ich schüttelte mit dem Kopf, und sagte:
"Verzeihen Sie, mein Herr, das unterschreibe
ich nicht." -- "Nicht!" wiederholte er verwun¬
dert, "und warum nicht?" --

"Es scheint mir doch gewissermassen bedenk¬
lich, meine Seele an meinen Schatten zu sez¬
zen. -- --" "So, so!" wiederholte er, "be¬
denklich," und er brach in ein lautes Gelächter
gegen mich aus. "Und, wenn ich fragen darf,
was ist denn das für ein Ding, Ihre Seele? ha¬
ben Sie es je gesehen, und was denken Sie da¬
mit anzufangen, wenn Sie einst todt sind. Seien
Sie doch froh, einen Liebhaber zu finden, der Ih¬
nen bei Lebenszeit noch, den Nachlaß dieses X.,
dieser galvanischen Kraft oder polarisirenden Wirk¬

samkeit,

“und ſieht man es mir nicht an? ein armer
Teufel, gleichſam ſo eine Art von Gelehrten und
Phyſikus, der von ſeinen Freunden fuͤr vortreff¬
liche Kuͤnſte ſchlechten Dank erntet, und fuͤr ſich
ſelber auf Erden keinen andern Spaß hat, als
ſein Bißchen Experimentiren — aber unterſchrei¬
ben Sie doch. Rechts, da unten. Peter
Schlemihl
.„ —

Ich ſchuͤttelte mit dem Kopf, und ſagte:
“Verzeihen Sie, mein Herr, das unterſchreibe
ich nicht.„ — “Nicht!„ wiederholte er verwun¬
dert, “und warum nicht?„ —

“Es ſcheint mir doch gewiſſermaſſen bedenk¬
lich, meine Seele an meinen Schatten zu ſez¬
zen. — —„ “So, ſo!„ wiederholte er, “be¬
denklich,„ und er brach in ein lautes Gelaͤchter
gegen mich aus. “Und, wenn ich fragen darf,
was iſt denn das fuͤr ein Ding, Ihre Seele? ha¬
ben Sie es je geſehen, und was denken Sie da¬
mit anzufangen, wenn Sie einſt todt ſind. Seien
Sie doch froh, einen Liebhaber zu finden, der Ih¬
nen bei Lebenszeit noch, den Nachlaß dieſes X.,
dieſer galvaniſchen Kraft oder polariſirenden Wirk¬

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[64/0084] “und ſieht man es mir nicht an? ein armer Teufel, gleichſam ſo eine Art von Gelehrten und Phyſikus, der von ſeinen Freunden fuͤr vortreff¬ liche Kuͤnſte ſchlechten Dank erntet, und fuͤr ſich ſelber auf Erden keinen andern Spaß hat, als ſein Bißchen Experimentiren — aber unterſchrei¬ ben Sie doch. Rechts, da unten. Peter Schlemihl.„ — Ich ſchuͤttelte mit dem Kopf, und ſagte: “Verzeihen Sie, mein Herr, das unterſchreibe ich nicht.„ — “Nicht!„ wiederholte er verwun¬ dert, “und warum nicht?„ — “Es ſcheint mir doch gewiſſermaſſen bedenk¬ lich, meine Seele an meinen Schatten zu ſez¬ zen. — —„ “So, ſo!„ wiederholte er, “be¬ denklich,„ und er brach in ein lautes Gelaͤchter gegen mich aus. “Und, wenn ich fragen darf, was iſt denn das fuͤr ein Ding, Ihre Seele? ha¬ ben Sie es je geſehen, und was denken Sie da¬ mit anzufangen, wenn Sie einſt todt ſind. Seien Sie doch froh, einen Liebhaber zu finden, der Ih¬ nen bei Lebenszeit noch, den Nachlaß dieſes X., dieſer galvaniſchen Kraft oder polariſirenden Wirk¬ ſamkeit,

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/84>, abgerufen am 24.11.2024.