fend, langsam aus dem Zimmer. Ich stand mit Bendel da wie versteint, gedanken- und re¬ gungslos ihm nachsehend.
Schwer -- aufseufzend, und den Tod im Herzen, schickt' ich mich endlich an, mein Wort zu lösen, und, wie ein Verbrecher vor seinen Rich¬ tern, in dem Förstergarten zu erscheinen. Ich stieg in der dunklen Laube ab, welche nach mir benannt war, und wo sie mich auch diesmal er¬ warten mußten. Die Mutter kam mir sorgenfrei und freudig entgegen. Mina saß da, bleich und schön, wie der erste Schnee, der manchmal im Herbste die letzten Blumen küßt, und gleich in bitt'res Wasser zerfließen wird. Der Forstmeister, ein geschriebenes Blatt in der Hand, ging heftig auf und ab, und schien Vieles in sich zu unter¬ drücken, was mit fliegender Röthe und Blässe wechselnd, sich auf seinem sonst unbeweglichen Ge¬ sichte malte. Er kam auf mich zu, als ich her¬ eintrat, und verlangte mit oft unterbrochenen Wor¬ ten, mich allein zu sprechen. Der Gang, auf den er mich, ihm zu folgen, einlud, führte nach ei¬ nem freien, besonnten Theile des Gartens -- ich
fend, langſam aus dem Zimmer. Ich ſtand mit Bendel da wie verſteint, gedanken- und re¬ gungslos ihm nachſehend.
Schwer — aufſeufzend, und den Tod im Herzen, ſchickt' ich mich endlich an, mein Wort zu loͤſen, und, wie ein Verbrecher vor ſeinen Rich¬ tern, in dem Foͤrſtergarten zu erſcheinen. Ich ſtieg in der dunklen Laube ab, welche nach mir benannt war, und wo ſie mich auch diesmal er¬ warten mußten. Die Mutter kam mir ſorgenfrei und freudig entgegen. Mina ſaß da, bleich und ſchoͤn, wie der erſte Schnee, der manchmal im Herbſte die letzten Blumen kuͤßt, und gleich in bitt’res Waſſer zerfließen wird. Der Forſtmeiſter, ein geſchriebenes Blatt in der Hand, ging heftig auf und ab, und ſchien Vieles in ſich zu unter¬ druͤcken, was mit fliegender Roͤthe und Blaͤſſe wechſelnd, ſich auf ſeinem ſonſt unbeweglichen Ge¬ ſichte malte. Er kam auf mich zu, als ich her¬ eintrat, und verlangte mit oft unterbrochenen Wor¬ ten, mich allein zu ſprechen. Der Gang, auf den er mich, ihm zu folgen, einlud, fuͤhrte nach ei¬ nem freien, beſonnten Theile des Gartens — ich
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fend, langſam aus dem Zimmer. Ich ſtand mit
Bendel da wie verſteint, gedanken- und re¬
gungslos ihm nachſehend.
Schwer — aufſeufzend, und den Tod im
Herzen, ſchickt' ich mich endlich an, mein Wort
zu loͤſen, und, wie ein Verbrecher vor ſeinen Rich¬
tern, in dem Foͤrſtergarten zu erſcheinen. Ich
ſtieg in der dunklen Laube ab, welche nach mir
benannt war, und wo ſie mich auch diesmal er¬
warten mußten. Die Mutter kam mir ſorgenfrei
und freudig entgegen. Mina ſaß da, bleich und
ſchoͤn, wie der erſte Schnee, der manchmal im
Herbſte die letzten Blumen kuͤßt, und gleich in
bitt’res Waſſer zerfließen wird. Der Forſtmeiſter,
ein geſchriebenes Blatt in der Hand, ging heftig
auf und ab, und ſchien Vieles in ſich zu unter¬
druͤcken, was mit fliegender Roͤthe und Blaͤſſe
wechſelnd, ſich auf ſeinem ſonſt unbeweglichen Ge¬
ſichte malte. Er kam auf mich zu, als ich her¬
eintrat, und verlangte mit oft unterbrochenen Wor¬
ten, mich allein zu ſprechen. Der Gang, auf den
er mich, ihm zu folgen, einlud, fuͤhrte nach ei¬
nem freien, beſonnten Theile des Gartens — ich
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/78>, abgerufen am 16.02.2025.
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