der Hand. -- "So, so! von meinem Bruder, ich habe lange nichts von ihm gehört. Er ist doch gesund? -- Dort," fuhr er gegen die Gesell¬ schaft fort, ohne die Antwort zu erwarten, und wies mit dem Brief auf einen Hügel, "dort laß ich das neue Gebäude aufführen." Er brach das Siegel auf und das Gespräch nicht ab, das sich auf den Reichthum lenkte. "Wer nicht Herr ist wenigstens einer Million," warf er hinein, "der ist, man verzeihe mir das Wort, ein Schuft!" "O wie wahr!" rief ich aus mit vollem über¬ strömenden Gefühl. Das mußte ihm gefallen, er lächelte mich an und sagte: "Bleiben Sie hier, lieber Freund, nachher hab' ich vielleicht Zeit, Ihnen zu sagen, was ich hiezu denke," er deutete auf den Brief, den er sodann einsteckte, und wandte sich wieder zu der Gesellschaft. -- Er bot einer jungen Dame den Arm, andere Herr'n bemühten sich um andere Schönen, es fand sich, was sich paßte, und man wall'te dem rosenum¬ blüh'ten Hügel zu.
Ich schlich hinterher ohne Jemanden beschwer¬ lich zu fallen, denn keine Seele bekümmerte sich
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der Hand. — “So, ſo! von meinem Bruder, ich habe lange nichts von ihm gehoͤrt. Er iſt doch geſund? — Dort,„ fuhr er gegen die Geſell¬ ſchaft fort, ohne die Antwort zu erwarten, und wies mit dem Brief auf einen Huͤgel, “dort laß ich das neue Gebaͤude auffuͤhren.„ Er brach das Siegel auf und das Geſpraͤch nicht ab, das ſich auf den Reichthum lenkte. “Wer nicht Herr iſt wenigſtens einer Million,„ warf er hinein, “der iſt, man verzeihe mir das Wort, ein Schuft!„ “O wie wahr!„ rief ich aus mit vollem uͤber¬ ſtroͤmenden Gefuͤhl. Das mußte ihm gefallen, er laͤchelte mich an und ſagte: “Bleiben Sie hier, lieber Freund, nachher hab' ich vielleicht Zeit, Ihnen zu ſagen, was ich hiezu denke,„ er deutete auf den Brief, den er ſodann einſteckte, und wandte ſich wieder zu der Geſellſchaft. — Er bot einer jungen Dame den Arm, andere Herr'n bemuͤhten ſich um andere Schoͤnen, es fand ſich, was ſich paßte, und man wall'te dem roſenum¬ bluͤh'ten Huͤgel zu.
Ich ſchlich hinterher ohne Jemanden beſchwer¬ lich zu fallen, denn keine Seele bekuͤmmerte ſich
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der Hand. — “So, ſo! von meinem Bruder,
ich habe lange nichts von ihm gehoͤrt. Er iſt doch
geſund? — Dort,„ fuhr er gegen die Geſell¬
ſchaft fort, ohne die Antwort zu erwarten, und
wies mit dem Brief auf einen Huͤgel, “dort laß
ich das neue Gebaͤude auffuͤhren.„ Er brach das
Siegel auf und das Geſpraͤch nicht ab, das ſich
auf den Reichthum lenkte. “Wer nicht Herr iſt
wenigſtens einer Million,„ warf er hinein, “der
iſt, man verzeihe mir das Wort, ein Schuft!„
“O wie wahr!„ rief ich aus mit vollem uͤber¬
ſtroͤmenden Gefuͤhl. Das mußte ihm gefallen,
er laͤchelte mich an und ſagte: “Bleiben Sie
hier, lieber Freund, nachher hab' ich vielleicht Zeit,
Ihnen zu ſagen, was ich hiezu denke,„ er deutete
auf den Brief, den er ſodann einſteckte, und
wandte ſich wieder zu der Geſellſchaft. — Er
bot einer jungen Dame den Arm, andere Herr'n
bemuͤhten ſich um andere Schoͤnen, es fand ſich,
was ſich paßte, und man wall'te dem roſenum¬
bluͤh'ten Huͤgel zu.
Ich ſchlich hinterher ohne Jemanden beſchwer¬
lich zu fallen, denn keine Seele bekuͤmmerte ſich
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/23>, abgerufen am 16.02.2025.
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