Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich wählte und handelte lange. Ich mußte auf
ein Paar neue, die ich gerne gehabt hätte, Ver¬
zicht leisten; mich schreckte die unbillige Forde¬
rung. Ich begnügte mich also mit alten, die
noch gut und stark waren, und die mir der schöne
blondlockige Knabe, der die Bude hielt, gegen
gleich baare Bezahlung, freundlich lächelnd ein¬
händigte, indem er mir Glück auf den Weg
wünschte. Ich zog sie gleich an, und ging zum
nördlich gelegenen Thor aus dem Ort.

Ich war in meinen Gedanken sehr vertieft,
und sah kaum, wo ich den Fuß hinsetzte, denn ich
dachte an das Bergwerk, wo ich auf den Abend
noch anzulangen hoffte, und wo ich nicht recht
wußte, wie ich mich ankündigen sollte. Ich war
noch keine zweihundert Schritte gegangen, als ich
bemerkte, daß ich aus dem Wege gekommen war;
ich sah mich darnach um, ich befand mich in ei¬
nem wüsten uralten Tannenwald, woran die Axt
nie gelegt worden zu seyn schien. Ich drang noch
einige Schritte vor, ich sah mich mitten unter
öden Felsen, die nur mit Moos und Steinbruch¬
arten bewachsen waren, und zwischen welchen

Ich waͤhlte und handelte lange. Ich mußte auf
ein Paar neue, die ich gerne gehabt haͤtte, Ver¬
zicht leiſten; mich ſchreckte die unbillige Forde¬
rung. Ich begnuͤgte mich alſo mit alten, die
noch gut und ſtark waren, und die mir der ſchoͤne
blondlockige Knabe, der die Bude hielt, gegen
gleich baare Bezahlung, freundlich laͤchelnd ein¬
haͤndigte, indem er mir Gluͤck auf den Weg
wuͤnſchte. Ich zog ſie gleich an, und ging zum
noͤrdlich gelegenen Thor aus dem Ort.

Ich war in meinen Gedanken ſehr vertieft,
und ſah kaum, wo ich den Fuß hinſetzte, denn ich
dachte an das Bergwerk, wo ich auf den Abend
noch anzulangen hoffte, und wo ich nicht recht
wußte, wie ich mich ankuͤndigen ſollte. Ich war
noch keine zweihundert Schritte gegangen, als ich
bemerkte, daß ich aus dem Wege gekommen war;
ich ſah mich darnach um, ich befand mich in ei¬
nem wuͤſten uralten Tannenwald, woran die Axt
nie gelegt worden zu ſeyn ſchien. Ich drang noch
einige Schritte vor, ich ſah mich mitten unter
oͤden Felſen, die nur mit Moos und Steinbruch¬
arten bewachſen waren, und zwiſchen welchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0128" n="108"/>
Ich wa&#x0364;hlte und handelte lange. Ich mußte auf<lb/>
ein Paar neue, die ich gerne gehabt ha&#x0364;tte, Ver¬<lb/>
zicht lei&#x017F;ten; mich &#x017F;chreckte die unbillige Forde¬<lb/>
rung. Ich begnu&#x0364;gte mich al&#x017F;o mit alten, die<lb/>
noch gut und &#x017F;tark waren, und die mir der &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
blondlockige Knabe, der die Bude hielt, gegen<lb/>
gleich baare Bezahlung, freundlich la&#x0364;chelnd ein¬<lb/>
ha&#x0364;ndigte, indem er mir Glu&#x0364;ck auf den Weg<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte. Ich zog &#x017F;ie gleich an, und ging zum<lb/>
no&#x0364;rdlich gelegenen Thor aus dem Ort.</p><lb/>
        <p>Ich war in meinen Gedanken &#x017F;ehr vertieft,<lb/>
und &#x017F;ah kaum, wo ich den Fuß hin&#x017F;etzte, denn ich<lb/>
dachte an das Bergwerk, wo ich auf den Abend<lb/>
noch anzulangen hoffte, und wo ich nicht recht<lb/>
wußte, wie ich mich anku&#x0364;ndigen &#x017F;ollte. Ich war<lb/>
noch keine zweihundert Schritte gegangen, als ich<lb/>
bemerkte, daß ich aus dem Wege gekommen war;<lb/>
ich &#x017F;ah mich darnach um, ich befand mich in ei¬<lb/>
nem wu&#x0364;&#x017F;ten uralten Tannenwald, woran die Axt<lb/>
nie gelegt worden zu &#x017F;eyn &#x017F;chien. Ich drang noch<lb/>
einige Schritte vor, ich &#x017F;ah mich mitten unter<lb/>
o&#x0364;den Fel&#x017F;en, die nur mit Moos und Steinbruch¬<lb/>
arten bewach&#x017F;en waren, und zwi&#x017F;chen welchen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0128] Ich waͤhlte und handelte lange. Ich mußte auf ein Paar neue, die ich gerne gehabt haͤtte, Ver¬ zicht leiſten; mich ſchreckte die unbillige Forde¬ rung. Ich begnuͤgte mich alſo mit alten, die noch gut und ſtark waren, und die mir der ſchoͤne blondlockige Knabe, der die Bude hielt, gegen gleich baare Bezahlung, freundlich laͤchelnd ein¬ haͤndigte, indem er mir Gluͤck auf den Weg wuͤnſchte. Ich zog ſie gleich an, und ging zum noͤrdlich gelegenen Thor aus dem Ort. Ich war in meinen Gedanken ſehr vertieft, und ſah kaum, wo ich den Fuß hinſetzte, denn ich dachte an das Bergwerk, wo ich auf den Abend noch anzulangen hoffte, und wo ich nicht recht wußte, wie ich mich ankuͤndigen ſollte. Ich war noch keine zweihundert Schritte gegangen, als ich bemerkte, daß ich aus dem Wege gekommen war; ich ſah mich darnach um, ich befand mich in ei¬ nem wuͤſten uralten Tannenwald, woran die Axt nie gelegt worden zu ſeyn ſchien. Ich drang noch einige Schritte vor, ich ſah mich mitten unter oͤden Felſen, die nur mit Moos und Steinbruch¬ arten bewachſen waren, und zwiſchen welchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/128
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/128>, abgerufen am 18.05.2024.