Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte. selber den babylonischen Talmud nennen, waren ihre edleren, religiösenRegungen auf ewig ertrunken.1) Das Alles stellt aber nur den gewissermassen negativen BestandteilDer zugiessen, sonst könne es vorkommen, dass er an der Strangulation schon sterbe, und in diesem Falle wäre seine Seele nicht mit verbrannt! Dahin kommt man mit der "Unterwerfung des Gefühles unter die Vernunft"! Eine vollständige Übersetzung des Talmud giebt es noch immer nicht. Manche haben daraus den Schluss gezogen, er müsse schreckliche, für die Goyim gefährliche Dinge enthalten; man behauptet, es seien die Juden, welche jeden Versuch einer lückenlosen Übertragung bisher hintertrieben, ein Verdacht, durch den die Betreffenden sich sehr geschmeichelt fühlen. Der Historiker Graetz er- eifert sich denn auch richtig gegen diejenigen seiner Landsleute, welche "die Blössen des Judentums vor den Augen christlicher Leser aufdecken", und er munkelt Schreckliches über gewisse Schriften spanischer Juden, in denen "die Blössen der christlichen Glaubensartikel und Sakramente so offen dargestellt werden, dass man da, wo das Christentum herrschende Religion ist, nicht wagen darf, den Inhalt auseinanderzusetzen" (III, 8). Nun, wir sind nicht so keusch und so zartbesaitet, derlei "Entblössungen" genieren uns nicht im mindesten; halten die Juden mit ihren litterarischen Produkten hinter dem Berge, so ist das ihre Sache; tragischer Argwohn ist jedoch nicht am Platz, sondern es handelt sich um ein begreifliches Schamgefühl. (Alle oben citierten Stellen sind den einzig massgebenden, von zwei Rabbinern revidierten Übersetzungen von Dr. Aug. Wünsche entnommen: Der jerusalemische Talmud, Zürich 1880, Der babylonische Talmud, Leipzig 1886--1889; einzig das Citat über Rabbi bar Huna ist nach der von Seligmann Grünwald herausgegebenen Sammlung talmudischer Aussprüche in der jüdischen Universal-Bibliothek. Man vergl. übrigens Strack: Einleitung in den Talmud, Nr. 2 der Schriften des Institutum Judaicum in Berlin, wo man unter Anderem eine lückenlose Aufzählung aller übersetzten Fragmente findet, S. 106 fg. Viel klarer, bei minder gelehrtem Apparat, ist der Anhang über den Talmud in dem vortrefflichen Werkchen von William Rubens: Der alte und der neue Glaube im Judentum, 1878). 1) Noch heute, am Ende des 19. Jahrhunderts, betrachtet jeder gläubige Jude die rabbinischen Anordnungen als göttliche und hält an dem talmudischen Satze fest: "wenn die Rabbiner rechts links und links rechts nennen, musst du es glauben" (siehe das Buch des antirabbinischen Juden Dr. William Rubens: a. a. O., S. 79). Die nahe Verwandtschaft mit dem Jesuitismus (worüber Näheres im folgenden Kapitel) tritt hierin, wie in so manchen anderen Dingen, klar zu Tage. 2) Man weiss, dass die Kabbalistik ein jüdisches Wort und ein jüdisches
Ding ist. Die allen Menschen gemeinsame Regung, die bei uns zur Mystik führt, Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte. selber den babylonischen Talmud nennen, waren ihre edleren, religiösenRegungen auf ewig ertrunken.1) Das Alles stellt aber nur den gewissermassen negativen BestandteilDer zugiessen, sonst könne es vorkommen, dass er an der Strangulation schon sterbe, und in diesem Falle wäre seine Seele nicht mit verbrannt! Dahin kommt man mit der »Unterwerfung des Gefühles unter die Vernunft«! Eine vollständige Übersetzung des Talmud giebt es noch immer nicht. Manche haben daraus den Schluss gezogen, er müsse schreckliche, für die Goyim gefährliche Dinge enthalten; man behauptet, es seien die Juden, welche jeden Versuch einer lückenlosen Übertragung bisher hintertrieben, ein Verdacht, durch den die Betreffenden sich sehr geschmeichelt fühlen. Der Historiker Graetz er- eifert sich denn auch richtig gegen diejenigen seiner Landsleute, welche »die Blössen des Judentums vor den Augen christlicher Leser aufdecken«, und er munkelt Schreckliches über gewisse Schriften spanischer Juden, in denen »die Blössen der christlichen Glaubensartikel und Sakramente so offen dargestellt werden, dass man da, wo das Christentum herrschende Religion ist, nicht wagen darf, den Inhalt auseinanderzusetzen« (III, 8). Nun, wir sind nicht so keusch und so zartbesaitet, derlei »Entblössungen« genieren uns nicht im mindesten; halten die Juden mit ihren litterarischen Produkten hinter dem Berge, so ist das ihre Sache; tragischer Argwohn ist jedoch nicht am Platz, sondern es handelt sich um ein begreifliches Schamgefühl. (Alle oben citierten Stellen sind den einzig massgebenden, von zwei Rabbinern revidierten Übersetzungen von Dr. Aug. Wünsche entnommen: Der jerusalemische Talmud, Zürich 1880, Der babylonische Talmud, Leipzig 1886—1889; einzig das Citat über Rabbi bar Huna ist nach der von Seligmann Grünwald herausgegebenen Sammlung talmudischer Aussprüche in der jüdischen Universal-Bibliothek. Man vergl. übrigens Strack: Einleitung in den Talmud, Nr. 2 der Schriften des Institutum Judaicum in Berlin, wo man unter Anderem eine lückenlose Aufzählung aller übersetzten Fragmente findet, S. 106 fg. Viel klarer, bei minder gelehrtem Apparat, ist der Anhang über den Talmud in dem vortrefflichen Werkchen von William Rubens: Der alte und der neue Glaube im Judentum, 1878). 1) Noch heute, am Ende des 19. Jahrhunderts, betrachtet jeder gläubige Jude die rabbinischen Anordnungen als göttliche und hält an dem talmudischen Satze fest: »wenn die Rabbiner rechts links und links rechts nennen, musst du es glauben« (siehe das Buch des antirabbinischen Juden Dr. William Rubens: a. a. O., S. 79). Die nahe Verwandtschaft mit dem Jesuitismus (worüber Näheres im folgenden Kapitel) tritt hierin, wie in so manchen anderen Dingen, klar zu Tage. 2) Man weiss, dass die Kabbalistik ein jüdisches Wort und ein jüdisches
Ding ist. Die allen Menschen gemeinsame Regung, die bei uns zur Mystik führt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0468" n="445"/><fw place="top" type="header">Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte.</fw><lb/> selber den babylonischen Talmud nennen, waren ihre edleren, religiösen<lb/> Regungen auf ewig ertrunken.<note place="foot" n="1)">Noch heute, am Ende des 19. Jahrhunderts, betrachtet jeder gläubige<lb/> Jude die rabbinischen Anordnungen als <hi rendition="#g">göttliche</hi> und hält an dem talmudischen<lb/> Satze fest: »wenn die Rabbiner rechts links und links rechts nennen, musst du<lb/> es glauben« (siehe das Buch des antirabbinischen Juden Dr. William Rubens:<lb/> a. a. O., S. 79). Die nahe Verwandtschaft mit dem Jesuitismus (worüber Näheres<lb/> im folgenden Kapitel) tritt hierin, wie in so manchen anderen Dingen, klar zu Tage.</note></p><lb/> <p>Das Alles stellt aber nur den gewissermassen negativen Bestandteil<note place="right">Der<lb/> Messianismus.</note><lb/> dieser Begründung des Judentums dar: aus dem schönen Erbe der<lb/> Väter — naive lebensfrische Erinnerungen und Volksmären der Hebräer,<lb/> eindrucksvolle Kultusvorrichtungen der Kanaaniter, sowie viele Sitten,<lb/> die auf sumero-akkadischem Einfluss beruhten und allen Westasiaten<lb/> gemeinsam waren, wie der Sabbat — aus diesem Erbe hatten die Priester<lb/> ein starres Gesetz gemacht, sie hatten durch Zauberkunst<note xml:id="seg2pn_37_1" next="#seg2pn_37_2" place="foot" n="2)">Man weiss, dass die Kabbalistik ein jüdisches Wort und ein jüdisches<lb/> Ding ist. Die allen Menschen gemeinsame Regung, die bei uns zur Mystik führt,</note> das warme<lb/><note xml:id="seg2pn_36_3" prev="#seg2pn_36_2" place="foot" n="1)">zugiessen, sonst könne es vorkommen, dass er an der Strangulation schon sterbe,<lb/> und in diesem Falle wäre seine Seele nicht mit verbrannt!<lb/> Dahin kommt man mit der »Unterwerfung des Gefühles unter die Vernunft«!<lb/> Eine vollständige Übersetzung des Talmud giebt es noch immer nicht.<lb/> Manche haben daraus den Schluss gezogen, er müsse schreckliche, für die Goyim<lb/> gefährliche Dinge enthalten; man behauptet, es seien die Juden, welche jeden<lb/> Versuch einer lückenlosen Übertragung bisher hintertrieben, ein Verdacht, durch<lb/> den die Betreffenden sich sehr geschmeichelt fühlen. Der Historiker Graetz er-<lb/> eifert sich denn auch richtig gegen diejenigen seiner Landsleute, welche »die<lb/> Blössen des Judentums vor den Augen christlicher Leser aufdecken«, und er<lb/> munkelt Schreckliches über gewisse Schriften spanischer Juden, in denen »die<lb/> Blössen der christlichen Glaubensartikel und Sakramente so offen dargestellt<lb/> werden, dass man da, wo das Christentum herrschende Religion ist, <hi rendition="#g">nicht<lb/> wagen darf, den Inhalt auseinanderzusetzen</hi>« (III, 8). Nun, wir sind<lb/> nicht so keusch und so zartbesaitet, derlei »Entblössungen« genieren uns nicht im<lb/> mindesten; halten die Juden mit ihren litterarischen Produkten hinter dem Berge,<lb/> so ist das ihre Sache; tragischer Argwohn ist jedoch nicht am Platz, sondern es<lb/> handelt sich um ein begreifliches Schamgefühl. (Alle oben citierten Stellen sind den<lb/> einzig massgebenden, von zwei Rabbinern revidierten Übersetzungen von Dr. Aug.<lb/> Wünsche entnommen: <hi rendition="#i">Der jerusalemische Talmud,</hi> Zürich 1880, <hi rendition="#i">Der babylonische<lb/> Talmud,</hi> Leipzig 1886—1889; einzig das Citat über Rabbi bar Huna ist nach der von<lb/> Seligmann Grünwald herausgegebenen Sammlung talmudischer Aussprüche in der<lb/> jüdischen Universal-Bibliothek. Man vergl. übrigens Strack: <hi rendition="#i">Einleitung in den Talmud,</hi><lb/> Nr. 2 der Schriften des Institutum Judaicum in Berlin, wo man unter Anderem eine<lb/> lückenlose Aufzählung aller übersetzten Fragmente findet, S. 106 fg. Viel klarer, bei<lb/> minder gelehrtem Apparat, ist der Anhang über den Talmud in dem vortrefflichen<lb/> Werkchen von William Rubens: <hi rendition="#i">Der alte und der neue Glaube im Judentum,</hi> 1878).</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [445/0468]
Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte.
selber den babylonischen Talmud nennen, waren ihre edleren, religiösen
Regungen auf ewig ertrunken. 1)
Das Alles stellt aber nur den gewissermassen negativen Bestandteil
dieser Begründung des Judentums dar: aus dem schönen Erbe der
Väter — naive lebensfrische Erinnerungen und Volksmären der Hebräer,
eindrucksvolle Kultusvorrichtungen der Kanaaniter, sowie viele Sitten,
die auf sumero-akkadischem Einfluss beruhten und allen Westasiaten
gemeinsam waren, wie der Sabbat — aus diesem Erbe hatten die Priester
ein starres Gesetz gemacht, sie hatten durch Zauberkunst 2) das warme
1)
Der
Messianismus.
1) Noch heute, am Ende des 19. Jahrhunderts, betrachtet jeder gläubige
Jude die rabbinischen Anordnungen als göttliche und hält an dem talmudischen
Satze fest: »wenn die Rabbiner rechts links und links rechts nennen, musst du
es glauben« (siehe das Buch des antirabbinischen Juden Dr. William Rubens:
a. a. O., S. 79). Die nahe Verwandtschaft mit dem Jesuitismus (worüber Näheres
im folgenden Kapitel) tritt hierin, wie in so manchen anderen Dingen, klar zu Tage.
2) Man weiss, dass die Kabbalistik ein jüdisches Wort und ein jüdisches
Ding ist. Die allen Menschen gemeinsame Regung, die bei uns zur Mystik führt,
1) zugiessen, sonst könne es vorkommen, dass er an der Strangulation schon sterbe,
und in diesem Falle wäre seine Seele nicht mit verbrannt!
Dahin kommt man mit der »Unterwerfung des Gefühles unter die Vernunft«!
Eine vollständige Übersetzung des Talmud giebt es noch immer nicht.
Manche haben daraus den Schluss gezogen, er müsse schreckliche, für die Goyim
gefährliche Dinge enthalten; man behauptet, es seien die Juden, welche jeden
Versuch einer lückenlosen Übertragung bisher hintertrieben, ein Verdacht, durch
den die Betreffenden sich sehr geschmeichelt fühlen. Der Historiker Graetz er-
eifert sich denn auch richtig gegen diejenigen seiner Landsleute, welche »die
Blössen des Judentums vor den Augen christlicher Leser aufdecken«, und er
munkelt Schreckliches über gewisse Schriften spanischer Juden, in denen »die
Blössen der christlichen Glaubensartikel und Sakramente so offen dargestellt
werden, dass man da, wo das Christentum herrschende Religion ist, nicht
wagen darf, den Inhalt auseinanderzusetzen« (III, 8). Nun, wir sind
nicht so keusch und so zartbesaitet, derlei »Entblössungen« genieren uns nicht im
mindesten; halten die Juden mit ihren litterarischen Produkten hinter dem Berge,
so ist das ihre Sache; tragischer Argwohn ist jedoch nicht am Platz, sondern es
handelt sich um ein begreifliches Schamgefühl. (Alle oben citierten Stellen sind den
einzig massgebenden, von zwei Rabbinern revidierten Übersetzungen von Dr. Aug.
Wünsche entnommen: Der jerusalemische Talmud, Zürich 1880, Der babylonische
Talmud, Leipzig 1886—1889; einzig das Citat über Rabbi bar Huna ist nach der von
Seligmann Grünwald herausgegebenen Sammlung talmudischer Aussprüche in der
jüdischen Universal-Bibliothek. Man vergl. übrigens Strack: Einleitung in den Talmud,
Nr. 2 der Schriften des Institutum Judaicum in Berlin, wo man unter Anderem eine
lückenlose Aufzählung aller übersetzten Fragmente findet, S. 106 fg. Viel klarer, bei
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