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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Die Erben.
Willens ist so gross, dass sie sich, wie im genannten Falle, Völkern
aufzwingt, die nicht einen Tropfen arabischen Blutes in den Adern
haben. Durch die Berührung dieses Willens wird der Mensch um-
gewandelt; es liegt in ihm eine derartige Suggestionskraft, dass sie
uns fasciniert wie das Auge der Schlange und wir auf ihr Gebot,
wie der Vogel, das Singen und das Fliegen plötzlich verlernen. Und so
wurde denn der Semit eine Macht ersten Ranges in der Weltgeschichte.
Gleich einer blinden Naturkraft -- denn der Wille ist blind -- stürzte
er sich auf andere Völker; er verschwand in ihnen, sie nahmen ihn
auf; man sah wohl, was diese Völker ihm gegeben hatten, doch
nicht was er ihnen; denn was er gegeben, besass keine Physiognomie,
keine Gestalt, es war nur Wille: eine erhöhte Energie (was oft zu
grossen Leistungen anregte), eine schwer zu beherrschende Erregbarkeit
und einen unstillbaren Durst nach Besitz (was oft den Untergang herbei-
führte), kurz, eine bestimmte Willensrichtung; überall wo er sich nieder-
liess, hatte der Semit zunächst nur das Vorhandene angenommen und
sich assimiliert, den Charakter der Völker hatte er aber ge-
ändert.

Homo judaeus.

Wie flüchtig dieser Versuch, einige unterscheidende Merkmale
der Hethiter, der Amoriter und der Semiten scharf zu beleuchten,
auch sein mag, ich glaube doch, dass er zu einer vernünftigen wahr-
heitsgemässen Erkenntnis des israelitischen und jüdischen Charakters
beitragen wird. An ein derartiges Beginnen darf man überhaupt
nur mit Bescheidenheit und voller Entsagung gehen. Jedenfalls
werden deutliche Bilder von lebendigen Menschen und ihren Thaten
uns zu einer farbenreicheren Vorstellung verhelfen als Zahlen, und
Zahlen sind schon besser als Phrasen. Mit jedem Schritt müssen
wir aber behutsamer werden, und blicken wir jetzt auf jene Zahlen
zurück, so werden wir nicht geneigt sein, den Israeliten nach Prozent-
sätzen aus Semiten, Amoritern und Hethitern zu "konstruieren", etwa
wie die Hausfrau eine Mehlspeise nach einem Rezept macht; das
wäre Kinderei. Dennoch rückt durch jene Betrachtung Manches
unserem Verstande menschlich näher. Was z. B. unlösbarer Wider-
spruch in einem Nationalcharakter ist -- und an solchen Widersprüchen
ist das jüdische Volk reicher als irgend ein anderes -- wirkt zunächst
verwirrend, oft geradezu beunruhigend; doch verliert sich dieser Ein-
druck, wenn wir die organische Ursache des Widerspruchs kennen.
So z. B. leuchtet es ohne Weiteres ein, wie so aus der Vermengung
von Hebräern und Hethitern widerspruchsvolle Tendenzen erfolgen

Die Erben.
Willens ist so gross, dass sie sich, wie im genannten Falle, Völkern
aufzwingt, die nicht einen Tropfen arabischen Blutes in den Adern
haben. Durch die Berührung dieses Willens wird der Mensch um-
gewandelt; es liegt in ihm eine derartige Suggestionskraft, dass sie
uns fasciniert wie das Auge der Schlange und wir auf ihr Gebot,
wie der Vogel, das Singen und das Fliegen plötzlich verlernen. Und so
wurde denn der Semit eine Macht ersten Ranges in der Weltgeschichte.
Gleich einer blinden Naturkraft — denn der Wille ist blind — stürzte
er sich auf andere Völker; er verschwand in ihnen, sie nahmen ihn
auf; man sah wohl, was diese Völker ihm gegeben hatten, doch
nicht was er ihnen; denn was er gegeben, besass keine Physiognomie,
keine Gestalt, es war nur Wille: eine erhöhte Energie (was oft zu
grossen Leistungen anregte), eine schwer zu beherrschende Erregbarkeit
und einen unstillbaren Durst nach Besitz (was oft den Untergang herbei-
führte), kurz, eine bestimmte Willensrichtung; überall wo er sich nieder-
liess, hatte der Semit zunächst nur das Vorhandene angenommen und
sich assimiliert, den Charakter der Völker hatte er aber ge-
ändert.

Homo judaeus.

Wie flüchtig dieser Versuch, einige unterscheidende Merkmale
der Hethiter, der Amoriter und der Semiten scharf zu beleuchten,
auch sein mag, ich glaube doch, dass er zu einer vernünftigen wahr-
heitsgemässen Erkenntnis des israelitischen und jüdischen Charakters
beitragen wird. An ein derartiges Beginnen darf man überhaupt
nur mit Bescheidenheit und voller Entsagung gehen. Jedenfalls
werden deutliche Bilder von lebendigen Menschen und ihren Thaten
uns zu einer farbenreicheren Vorstellung verhelfen als Zahlen, und
Zahlen sind schon besser als Phrasen. Mit jedem Schritt müssen
wir aber behutsamer werden, und blicken wir jetzt auf jene Zahlen
zurück, so werden wir nicht geneigt sein, den Israeliten nach Prozent-
sätzen aus Semiten, Amoritern und Hethitern zu »konstruieren«, etwa
wie die Hausfrau eine Mehlspeise nach einem Rezept macht; das
wäre Kinderei. Dennoch rückt durch jene Betrachtung Manches
unserem Verstande menschlich näher. Was z. B. unlösbarer Wider-
spruch in einem Nationalcharakter ist — und an solchen Widersprüchen
ist das jüdische Volk reicher als irgend ein anderes — wirkt zunächst
verwirrend, oft geradezu beunruhigend; doch verliert sich dieser Ein-
druck, wenn wir die organische Ursache des Widerspruchs kennen.
So z. B. leuchtet es ohne Weiteres ein, wie so aus der Vermengung
von Hebräern und Hethitern widerspruchsvolle Tendenzen erfolgen

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[388/0411] Die Erben. Willens ist so gross, dass sie sich, wie im genannten Falle, Völkern aufzwingt, die nicht einen Tropfen arabischen Blutes in den Adern haben. Durch die Berührung dieses Willens wird der Mensch um- gewandelt; es liegt in ihm eine derartige Suggestionskraft, dass sie uns fasciniert wie das Auge der Schlange und wir auf ihr Gebot, wie der Vogel, das Singen und das Fliegen plötzlich verlernen. Und so wurde denn der Semit eine Macht ersten Ranges in der Weltgeschichte. Gleich einer blinden Naturkraft — denn der Wille ist blind — stürzte er sich auf andere Völker; er verschwand in ihnen, sie nahmen ihn auf; man sah wohl, was diese Völker ihm gegeben hatten, doch nicht was er ihnen; denn was er gegeben, besass keine Physiognomie, keine Gestalt, es war nur Wille: eine erhöhte Energie (was oft zu grossen Leistungen anregte), eine schwer zu beherrschende Erregbarkeit und einen unstillbaren Durst nach Besitz (was oft den Untergang herbei- führte), kurz, eine bestimmte Willensrichtung; überall wo er sich nieder- liess, hatte der Semit zunächst nur das Vorhandene angenommen und sich assimiliert, den Charakter der Völker hatte er aber ge- ändert. Wie flüchtig dieser Versuch, einige unterscheidende Merkmale der Hethiter, der Amoriter und der Semiten scharf zu beleuchten, auch sein mag, ich glaube doch, dass er zu einer vernünftigen wahr- heitsgemässen Erkenntnis des israelitischen und jüdischen Charakters beitragen wird. An ein derartiges Beginnen darf man überhaupt nur mit Bescheidenheit und voller Entsagung gehen. Jedenfalls werden deutliche Bilder von lebendigen Menschen und ihren Thaten uns zu einer farbenreicheren Vorstellung verhelfen als Zahlen, und Zahlen sind schon besser als Phrasen. Mit jedem Schritt müssen wir aber behutsamer werden, und blicken wir jetzt auf jene Zahlen zurück, so werden wir nicht geneigt sein, den Israeliten nach Prozent- sätzen aus Semiten, Amoritern und Hethitern zu »konstruieren«, etwa wie die Hausfrau eine Mehlspeise nach einem Rezept macht; das wäre Kinderei. Dennoch rückt durch jene Betrachtung Manches unserem Verstande menschlich näher. Was z. B. unlösbarer Wider- spruch in einem Nationalcharakter ist — und an solchen Widersprüchen ist das jüdische Volk reicher als irgend ein anderes — wirkt zunächst verwirrend, oft geradezu beunruhigend; doch verliert sich dieser Ein- druck, wenn wir die organische Ursache des Widerspruchs kennen. So z. B. leuchtet es ohne Weiteres ein, wie so aus der Vermengung von Hebräern und Hethitern widerspruchsvolle Tendenzen erfolgen

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/411>, abgerufen am 24.11.2024.