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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte.
Buchstabenschrift ebensowenig erfunden haben, wie sie die angeblich
"arabischen Ziffern" erfunden hatten; von den Hethitern stammt die
sogenannte "phönicische" oder überhaupt "semitische" Buchstaben-
schrift1) und "die Legende von der Übermittlung des Alphabetes an
die Arier durch die Phönicier ist nunmehr endgültig beseitigt", da
viel ältere Schriftzeichen als die ältesten pseudosemitischen aufgefunden
wurden, Zeichen, die das Vorhandensein "einer urarischen-europäischen
Schrift beweisen, die im Osten erst später von den asiatischen Schriften
etwas beeinflusst wurde."2) -- -- -- Andererseits sehen wir, dass, wo der
semitische Wille auf dem lauteren Gebiete der Religion (nicht des
Besitzes) siegreich durchdrang, er die geistige Sterilität gebot und er-
zwang: wir sehen es an dem Juden nach der babylonischen Gefangen-
schaft (denn der Sieg der frommen Partei ist ohne Frage ein Sieg des
semitischen Elements), wir sehen es am Mohammedanismus. "Das
jüdische Leben war fortan (nach dem Exil) bar aller intellektuellen
und geistigen Interessen mit einziger Ausnahme der religiösen. ...
Der typische Jude interessierte sich weder für Politik, noch für Litteratur,
noch für Philosophie, noch für Kunst. ... Die Bibel bildete

der Einbürgerung des Wissens widmeten, gab es nicht einen
einzigen echten Semiten;
Spanier waren es und (in Bagdad) Perser,
welche der herrschenden arabischen Sprache sich bedienten. Genau ebenso ver-
hält es sich mit der philosophischen Rolle, welche man den Juden im Mittelalter
zuschreibt; sie haben aus fremden Sprachen übersetzt, weiter nichts. Die jüdische
Philosophie ist die arabische Philosophie; nicht ein neuer Gedanke kommt hinzu.
Eine einzige Seite Roger Bacon's besitzt mehr wahrhaft wissenschaftlichen Wert
als diese gesamte erborgte jüdische Weisheit, die zwar Achtung verdient, doch
ledig der Originalität ist." (De la part des peuples semitiques dans l'histoire de la
civilisation, ed.
1875, p. 22 suiv). Dasselbe Thema behandelte Renan ausführlicher
in seinem Vortrag des Jahres 1883 L'islamisme et la science. "Nicht allein sind
diese Denker und Gelehrten nicht aus arabischem Stamme", sagt er da, "sondern
die Richtung ihres Geistes ist durchaus nicht arabisch."
1) Renan: Israel I, 134 suiv.
2) Professor Hueppe: Zur Rassen- und Sozialhygiene der Griechen (1897), S. 26.
Dass die sogenannten "phönicischen" Schriftzeichen nicht eine Erfindung des
semitischen Geistes sind, wird heute von allen Gelehrten zugegeben; Halevy ver-
mutet einen ägyptischen, Hommel (mit grösserer Wahrscheinlichkeit) einen baby-
lonischen d. h. also sumerischen Ursprung, Delitzsch glaubt, die syrischen Halb-
semiten hätten aus zwei verschiedenen Alphabeten, einem ägyptischen und einem
babylonischen, das ihre zusammengeschmolzen; der letzte Bearbeiter dieses Gegen-
standes gelangt dagegen zu dem Schluss, das Alphabet sei überhaupt eine Er-
findung der Europäer, erst durch die hellenischen Mykenier nach Asien gebracht
(siehe H. Kluge: Die Schrift der Mykenier, 1897).

Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte.
Buchstabenschrift ebensowenig erfunden haben, wie sie die angeblich
»arabischen Ziffern« erfunden hatten; von den Hethitern stammt die
sogenannte »phönicische« oder überhaupt »semitische« Buchstaben-
schrift1) und »die Legende von der Übermittlung des Alphabetes an
die Arier durch die Phönicier ist nunmehr endgültig beseitigt«, da
viel ältere Schriftzeichen als die ältesten pseudosemitischen aufgefunden
wurden, Zeichen, die das Vorhandensein »einer urarischen-europäischen
Schrift beweisen, die im Osten erst später von den asiatischen Schriften
etwas beeinflusst wurde.«2) — — — Andererseits sehen wir, dass, wo der
semitische Wille auf dem lauteren Gebiete der Religion (nicht des
Besitzes) siegreich durchdrang, er die geistige Sterilität gebot und er-
zwang: wir sehen es an dem Juden nach der babylonischen Gefangen-
schaft (denn der Sieg der frommen Partei ist ohne Frage ein Sieg des
semitischen Elements), wir sehen es am Mohammedanismus. »Das
jüdische Leben war fortan (nach dem Exil) bar aller intellektuellen
und geistigen Interessen mit einziger Ausnahme der religiösen. …
Der typische Jude interessierte sich weder für Politik, noch für Litteratur,
noch für Philosophie, noch für Kunst. … Die Bibel bildete

der Einbürgerung des Wissens widmeten, gab es nicht einen
einzigen echten Semiten;
Spanier waren es und (in Bagdad) Perser,
welche der herrschenden arabischen Sprache sich bedienten. Genau ebenso ver-
hält es sich mit der philosophischen Rolle, welche man den Juden im Mittelalter
zuschreibt; sie haben aus fremden Sprachen übersetzt, weiter nichts. Die jüdische
Philosophie ist die arabische Philosophie; nicht ein neuer Gedanke kommt hinzu.
Eine einzige Seite Roger Bacon’s besitzt mehr wahrhaft wissenschaftlichen Wert
als diese gesamte erborgte jüdische Weisheit, die zwar Achtung verdient, doch
ledig der Originalität ist.« (De la part des peuples sémitiques dans l’histoire de la
civilisation, éd.
1875, p. 22 suiv). Dasselbe Thema behandelte Renan ausführlicher
in seinem Vortrag des Jahres 1883 L’islamisme et la science. »Nicht allein sind
diese Denker und Gelehrten nicht aus arabischem Stamme«, sagt er da, »sondern
die Richtung ihres Geistes ist durchaus nicht arabisch.«
1) Renan: Israël I, 134 suiv.
2) Professor Hueppe: Zur Rassen- und Sozialhygiene der Griechen (1897), S. 26.
Dass die sogenannten »phönicischen« Schriftzeichen nicht eine Erfindung des
semitischen Geistes sind, wird heute von allen Gelehrten zugegeben; Halévy ver-
mutet einen ägyptischen, Hommel (mit grösserer Wahrscheinlichkeit) einen baby-
lonischen d. h. also sumerischen Ursprung, Delitzsch glaubt, die syrischen Halb-
semiten hätten aus zwei verschiedenen Alphabeten, einem ägyptischen und einem
babylonischen, das ihre zusammengeschmolzen; der letzte Bearbeiter dieses Gegen-
standes gelangt dagegen zu dem Schluss, das Alphabet sei überhaupt eine Er-
findung der Europäer, erst durch die hellenischen Mykenier nach Asien gebracht
(siehe H. Kluge: Die Schrift der Mykenier, 1897).
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[381/0404] Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte. Buchstabenschrift ebensowenig erfunden haben, wie sie die angeblich »arabischen Ziffern« erfunden hatten; von den Hethitern stammt die sogenannte »phönicische« oder überhaupt »semitische« Buchstaben- schrift 1) und »die Legende von der Übermittlung des Alphabetes an die Arier durch die Phönicier ist nunmehr endgültig beseitigt«, da viel ältere Schriftzeichen als die ältesten pseudosemitischen aufgefunden wurden, Zeichen, die das Vorhandensein »einer urarischen-europäischen Schrift beweisen, die im Osten erst später von den asiatischen Schriften etwas beeinflusst wurde.« 2) — — — Andererseits sehen wir, dass, wo der semitische Wille auf dem lauteren Gebiete der Religion (nicht des Besitzes) siegreich durchdrang, er die geistige Sterilität gebot und er- zwang: wir sehen es an dem Juden nach der babylonischen Gefangen- schaft (denn der Sieg der frommen Partei ist ohne Frage ein Sieg des semitischen Elements), wir sehen es am Mohammedanismus. »Das jüdische Leben war fortan (nach dem Exil) bar aller intellektuellen und geistigen Interessen mit einziger Ausnahme der religiösen. … Der typische Jude interessierte sich weder für Politik, noch für Litteratur, noch für Philosophie, noch für Kunst. … Die Bibel bildete 2) 1) Renan: Israël I, 134 suiv. 2) Professor Hueppe: Zur Rassen- und Sozialhygiene der Griechen (1897), S. 26. Dass die sogenannten »phönicischen« Schriftzeichen nicht eine Erfindung des semitischen Geistes sind, wird heute von allen Gelehrten zugegeben; Halévy ver- mutet einen ägyptischen, Hommel (mit grösserer Wahrscheinlichkeit) einen baby- lonischen d. h. also sumerischen Ursprung, Delitzsch glaubt, die syrischen Halb- semiten hätten aus zwei verschiedenen Alphabeten, einem ägyptischen und einem babylonischen, das ihre zusammengeschmolzen; der letzte Bearbeiter dieses Gegen- standes gelangt dagegen zu dem Schluss, das Alphabet sei überhaupt eine Er- findung der Europäer, erst durch die hellenischen Mykenier nach Asien gebracht (siehe H. Kluge: Die Schrift der Mykenier, 1897). 2) der Einbürgerung des Wissens widmeten, gab es nicht einen einzigen echten Semiten; Spanier waren es und (in Bagdad) Perser, welche der herrschenden arabischen Sprache sich bedienten. Genau ebenso ver- hält es sich mit der philosophischen Rolle, welche man den Juden im Mittelalter zuschreibt; sie haben aus fremden Sprachen übersetzt, weiter nichts. Die jüdische Philosophie ist die arabische Philosophie; nicht ein neuer Gedanke kommt hinzu. Eine einzige Seite Roger Bacon’s besitzt mehr wahrhaft wissenschaftlichen Wert als diese gesamte erborgte jüdische Weisheit, die zwar Achtung verdient, doch ledig der Originalität ist.« (De la part des peuples sémitiques dans l’histoire de la civilisation, éd. 1875, p. 22 suiv). Dasselbe Thema behandelte Renan ausführlicher in seinem Vortrag des Jahres 1883 L’islamisme et la science. »Nicht allein sind diese Denker und Gelehrten nicht aus arabischem Stamme«, sagt er da, »sondern die Richtung ihres Geistes ist durchaus nicht arabisch.«

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/404>, abgerufen am 27.07.2024.