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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Morphologie.
Göttingen regte noch immer Blumenbach lebendig an und mehrere
noch jetzt werthvolle Arbeiten verdanken seinem Einflusse ihre Entstehung.
In Würzburg begeisterte Döllinger, in Jena lenkte Oken, in Tü-
bingen Autenrieth und Emmert, in Heidelberg Tiedemann,
in Marburg (früher Würzburg) Heusinger, in Königsberg C. E.
von Baer
die Aufmerksamkeit der jüngeren Kräfte auf den reichen
Schatz, der noch zu heben war. Neben dem Reil-Autenrieth'schen
Archiv gründete Christ. Rud. Wilh. Wiedemann in Braunschweig
in seinem Archiv für Zoologie und Zootomie ein weiteres Organ für
betreffende Arbeiten, denen sich später die Zeitschrift für Physiologie
von Tiedemann und den beiden Treviranus20), sowie die Heu-
singer
'sche Zeitschrift für organische Physik anschlossen. Aus England
sind in dieser Zeit als fördernde Erscheinungen nur das nicht vollendete
Handbuch Harwood's (welches der eben genannte Wiedemann über-
setzte) und die Vorlesungen Everard Home's (1756-1832), der
die hinterlassenen Papiere seines Schwiegervaters John Hunter benutzte,
zu nennen, während die Zahl der einzelnen Arbeiter neben ihnen ver-
hältnißmäßig klein, viel kleiner war, als der systematisch thätigen Zoo-
logen. Durch Handbücher der vergleichenden Anatomie förderten in
Italien das Interesse an derselben Gius. Jacopi (1808, neu heraus-
gegeben 1822) und der später noch zu nennende Stefano delle Chiaje.
In Frankreich waren außer G. Cuvier und seinem Bruder Friedrich
(1773 in Mömpelgardt geboren, 1838 in Paris gestorben) noch
George Louis Duvernoy (1777-1855, wie Cuvier aus Möm-
pelgardt, sein Sohn fieng an, Cuvier's Vorlesungen ins Deutsche zu
übersetzen), der ältere Dumeril, später noch Antoine Duges,
Audouin, Henri Milne-Edwards, Blainville u. A. als
Zootomen thätig. Die Leistungen der erstgenannten werden noch später
zu erwähnen sein. Hier muß noch Blainville's mit einigen Worten

20) Gottfried Reinhold Treviranus war 1776 in Bremen geboren
und starb daselbst 1837. Ein ausgezeichneter Beobachter und geistvoller Forscher,
der sowohl in seiner Biologie, wie in seinen vergleichend anatomischen Arbeiten
nicht bloß ausgebreitete Gelehrsamkeit, sondern eine volle Beherrschung der Auf-
gaben gezeigt hat.

Periode der Morphologie.
Göttingen regte noch immer Blumenbach lebendig an und mehrere
noch jetzt werthvolle Arbeiten verdanken ſeinem Einfluſſe ihre Entſtehung.
In Würzburg begeiſterte Döllinger, in Jena lenkte Oken, in Tü-
bingen Autenrieth und Emmert, in Heidelberg Tiedemann,
in Marburg (früher Würzburg) Heuſinger, in Königsberg C. E.
von Baer
die Aufmerkſamkeit der jüngeren Kräfte auf den reichen
Schatz, der noch zu heben war. Neben dem Reil-Autenrieth'ſchen
Archiv gründete Chriſt. Rud. Wilh. Wiedemann in Braunſchweig
in ſeinem Archiv für Zoologie und Zootomie ein weiteres Organ für
betreffende Arbeiten, denen ſich ſpäter die Zeitſchrift für Phyſiologie
von Tiedemann und den beiden Treviranus20), ſowie die Heu-
ſinger
'ſche Zeitſchrift für organiſche Phyſik anſchloſſen. Aus England
ſind in dieſer Zeit als fördernde Erſcheinungen nur das nicht vollendete
Handbuch Harwood's (welches der eben genannte Wiedemann über-
ſetzte) und die Vorleſungen Everard Home's (1756-1832), der
die hinterlaſſenen Papiere ſeines Schwiegervaters John Hunter benutzte,
zu nennen, während die Zahl der einzelnen Arbeiter neben ihnen ver-
hältnißmäßig klein, viel kleiner war, als der ſyſtematiſch thätigen Zoo-
logen. Durch Handbücher der vergleichenden Anatomie förderten in
Italien das Intereſſe an derſelben Giuſ. Jacopi (1808, neu heraus-
gegeben 1822) und der ſpäter noch zu nennende Stefano delle Chiaje.
In Frankreich waren außer G. Cuvier und ſeinem Bruder Friedrich
(1773 in Mömpelgardt geboren, 1838 in Paris geſtorben) noch
George Louis Duvernoy (1777-1855, wie Cuvier aus Möm-
pelgardt, ſein Sohn fieng an, Cuvier's Vorleſungen ins Deutſche zu
überſetzen), der ältere Duméril, ſpäter noch Antoine Dugès,
Audouin, Henri Milne-Edwards, Blainville u. A. als
Zootomen thätig. Die Leiſtungen der erſtgenannten werden noch ſpäter
zu erwähnen ſein. Hier muß noch Blainville's mit einigen Worten

20) Gottfried Reinhold Treviranus war 1776 in Bremen geboren
und ſtarb daſelbſt 1837. Ein ausgezeichneter Beobachter und geiſtvoller Forſcher,
der ſowohl in ſeiner Biologie, wie in ſeinen vergleichend anatomiſchen Arbeiten
nicht bloß ausgebreitete Gelehrſamkeit, ſondern eine volle Beherrſchung der Auf-
gaben gezeigt hat.
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[610/0621] Periode der Morphologie. Göttingen regte noch immer Blumenbach lebendig an und mehrere noch jetzt werthvolle Arbeiten verdanken ſeinem Einfluſſe ihre Entſtehung. In Würzburg begeiſterte Döllinger, in Jena lenkte Oken, in Tü- bingen Autenrieth und Emmert, in Heidelberg Tiedemann, in Marburg (früher Würzburg) Heuſinger, in Königsberg C. E. von Baer die Aufmerkſamkeit der jüngeren Kräfte auf den reichen Schatz, der noch zu heben war. Neben dem Reil-Autenrieth'ſchen Archiv gründete Chriſt. Rud. Wilh. Wiedemann in Braunſchweig in ſeinem Archiv für Zoologie und Zootomie ein weiteres Organ für betreffende Arbeiten, denen ſich ſpäter die Zeitſchrift für Phyſiologie von Tiedemann und den beiden Treviranus 20), ſowie die Heu- ſinger'ſche Zeitſchrift für organiſche Phyſik anſchloſſen. Aus England ſind in dieſer Zeit als fördernde Erſcheinungen nur das nicht vollendete Handbuch Harwood's (welches der eben genannte Wiedemann über- ſetzte) und die Vorleſungen Everard Home's (1756-1832), der die hinterlaſſenen Papiere ſeines Schwiegervaters John Hunter benutzte, zu nennen, während die Zahl der einzelnen Arbeiter neben ihnen ver- hältnißmäßig klein, viel kleiner war, als der ſyſtematiſch thätigen Zoo- logen. Durch Handbücher der vergleichenden Anatomie förderten in Italien das Intereſſe an derſelben Giuſ. Jacopi (1808, neu heraus- gegeben 1822) und der ſpäter noch zu nennende Stefano delle Chiaje. In Frankreich waren außer G. Cuvier und ſeinem Bruder Friedrich (1773 in Mömpelgardt geboren, 1838 in Paris geſtorben) noch George Louis Duvernoy (1777-1855, wie Cuvier aus Möm- pelgardt, ſein Sohn fieng an, Cuvier's Vorleſungen ins Deutſche zu überſetzen), der ältere Duméril, ſpäter noch Antoine Dugès, Audouin, Henri Milne-Edwards, Blainville u. A. als Zootomen thätig. Die Leiſtungen der erſtgenannten werden noch ſpäter zu erwähnen ſein. Hier muß noch Blainville's mit einigen Worten 20) Gottfried Reinhold Treviranus war 1776 in Bremen geboren und ſtarb daſelbſt 1837. Ein ausgezeichneter Beobachter und geiſtvoller Forſcher, der ſowohl in ſeiner Biologie, wie in ſeinen vergleichend anatomiſchen Arbeiten nicht bloß ausgebreitete Gelehrſamkeit, ſondern eine volle Beherrſchung der Auf- gaben gezeigt hat.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/621>, abgerufen am 22.11.2024.