Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Periode der Systematik.
Ordnung der Knorpelwürmer bilden die Echinodermen, bei denen freilich
gerade die jetzt Knorpel genannte Gewebsform nicht vorkommt. Ziem-
lich in gleicher Weise sich an Linne anschließend, mit den schwimmenden
Amphibien und dergl., obschon mit Müller's Infusorien bereichert, er-
scheint das Thiersystem bei Nathanael Gottfr. Leske (1784).
Besonders hervorzuheben ist, daß Aug. Joh. Georg Carl Batsch61)
zum erstenmale die Vereinigung der vier, den jetzigen Wirbelthieren
entsprechenden Classen Linne's unter dem Namen "Knochenthiere" vor-
nahm. Die Charaktere sind treffend zusammengestellt; auch ist der
Unterschied der Schalthiere, der jetzigen Arthropoden, von den ersteren
richtig anatomisch entwickelt. Beide Gruppen bilden nach Batsch "voll-
kommene" Thiere gegenüber den "unvollkommenen", in deren Anordnung
und Auffassung er weniger glücklich war. Eine recht verständige Zu-
sammenstellung, welche auch den neuen Fortschritten Rechnung trägt, ist
das Handbuch der Thiergeschichte von Joh. Aug. Donndorf (1793),
welcher sich auch durch repertorienartige Zusammenstellung der neuen
Arten um die Verbreitung der speciellen Thierkenntniß Verdienste er-
worben hat. Sein Handbuch führt besonders durch sorgfältige und
zweckmäßige Berücksichtigung der zoologischen Kunstsprache, welcher
auch Mor. Balth. Borkhausen eine eigene Darstellung gewidmet hat,
recht passend in die Thiergeschichte ein, verzichtet aber auf eine selbstän-
dige Förderung derselben.

Es ist unnöthig, die weiteren allgemeinen Darstellungen62) hier
aufzuzählen, da sie nur einen Beweis für die immer beträchtlichere
Ausbreitung des Interesses, aber nicht immer einen solchen für einen
steten Fortschritt geben. Doch muß noch ein Mann genannt werden,
welcher zu den tüchtigsten Zoologen aus dem letzten Viertel des vorigen
Jahrhunderts gehört, Johann Hermann; er wurde 1738 zu Barr
im Elsaß geboren und starb 1800 als Professor der Naturgeschichte in
Straßburg. Wie es vorzüglich schon Pallas gethan hatte, erklärte er

61) Versuch einer Anleitung zur Kenntniß und Geschichte der Thiere und
Mineralien. Jena, 1788. Batsch war 1761 in Jena geboren und starb dort 1802
als Professor der Botanik.
62) z. B. von Borowski, Lenz, Suckow, u. A.

Periode der Syſtematik.
Ordnung der Knorpelwürmer bilden die Echinodermen, bei denen freilich
gerade die jetzt Knorpel genannte Gewebsform nicht vorkommt. Ziem-
lich in gleicher Weiſe ſich an Linné anſchließend, mit den ſchwimmenden
Amphibien und dergl., obſchon mit Müller's Infuſorien bereichert, er-
ſcheint das Thierſyſtem bei Nathanael Gottfr. Leske (1784).
Beſonders hervorzuheben iſt, daß Aug. Joh. Georg Carl Batſch61)
zum erſtenmale die Vereinigung der vier, den jetzigen Wirbelthieren
entſprechenden Claſſen Linné's unter dem Namen „Knochenthiere“ vor-
nahm. Die Charaktere ſind treffend zuſammengeſtellt; auch iſt der
Unterſchied der Schalthiere, der jetzigen Arthropoden, von den erſteren
richtig anatomiſch entwickelt. Beide Gruppen bilden nach Batſch „voll-
kommene“ Thiere gegenüber den „unvollkommenen“, in deren Anordnung
und Auffaſſung er weniger glücklich war. Eine recht verſtändige Zu-
ſammenſtellung, welche auch den neuen Fortſchritten Rechnung trägt, iſt
das Handbuch der Thiergeſchichte von Joh. Aug. Donndorf (1793),
welcher ſich auch durch repertorienartige Zuſammenſtellung der neuen
Arten um die Verbreitung der ſpeciellen Thierkenntniß Verdienſte er-
worben hat. Sein Handbuch führt beſonders durch ſorgfältige und
zweckmäßige Berückſichtigung der zoologiſchen Kunſtſprache, welcher
auch Mor. Balth. Borkhauſen eine eigene Darſtellung gewidmet hat,
recht paſſend in die Thiergeſchichte ein, verzichtet aber auf eine ſelbſtän-
dige Förderung derſelben.

Es iſt unnöthig, die weiteren allgemeinen Darſtellungen62) hier
aufzuzählen, da ſie nur einen Beweis für die immer beträchtlichere
Ausbreitung des Intereſſes, aber nicht immer einen ſolchen für einen
ſteten Fortſchritt geben. Doch muß noch ein Mann genannt werden,
welcher zu den tüchtigſten Zoologen aus dem letzten Viertel des vorigen
Jahrhunderts gehört, Johann Hermann; er wurde 1738 zu Barr
im Elſaß geboren und ſtarb 1800 als Profeſſor der Naturgeſchichte in
Straßburg. Wie es vorzüglich ſchon Pallas gethan hatte, erklärte er

61) Verſuch einer Anleitung zur Kenntniß und Geſchichte der Thiere und
Mineralien. Jena, 1788. Batſch war 1761 in Jena geboren und ſtarb dort 1802
als Profeſſor der Botanik.
62) z. B. von Borowski, Lenz, Suckow, u. A.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0553" n="542"/><fw place="top" type="header">Periode der Sy&#x017F;tematik.</fw><lb/>
Ordnung der Knorpelwürmer bilden die Echinodermen, bei denen freilich<lb/>
gerade die jetzt Knorpel genannte Gewebsform nicht vorkommt. Ziem-<lb/>
lich in gleicher Wei&#x017F;e &#x017F;ich an <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118573349">Linné</persName> an&#x017F;chließend, mit den &#x017F;chwimmenden<lb/>
Amphibien und dergl., ob&#x017F;chon mit <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118585053">Müller</persName>'s Infu&#x017F;orien bereichert, er-<lb/>
&#x017F;cheint das Thier&#x017F;y&#x017F;tem bei <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/104196661">Nathanael Gottfr. Leske</persName></hi> (1784).<lb/>
Be&#x017F;onders hervorzuheben i&#x017F;t, daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/115682171">Aug. Joh. Georg Carl <hi rendition="#g">Bat&#x017F;ch</hi></persName><note place="foot" n="61)">Ver&#x017F;uch einer Anleitung zur Kenntniß und Ge&#x017F;chichte der Thiere und<lb/>
Mineralien. Jena, 1788. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/115682171">Bat&#x017F;ch</persName> war 1761 in Jena geboren und &#x017F;tarb dort 1802<lb/>
als Profe&#x017F;&#x017F;or der Botanik.</note><lb/>
zum er&#x017F;tenmale die Vereinigung der vier, den jetzigen Wirbelthieren<lb/>
ent&#x017F;prechenden Cla&#x017F;&#x017F;en <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118573349">Linné</persName>'s unter dem Namen &#x201E;Knochenthiere&#x201C; vor-<lb/>
nahm. Die Charaktere &#x017F;ind treffend zu&#x017F;ammenge&#x017F;tellt; auch i&#x017F;t der<lb/>
Unter&#x017F;chied der Schalthiere, der jetzigen Arthropoden, von den er&#x017F;teren<lb/>
richtig anatomi&#x017F;ch entwickelt. Beide Gruppen bilden nach <persName ref="http://d-nb.info/gnd/115682171">Bat&#x017F;ch</persName> &#x201E;voll-<lb/>
kommene&#x201C; Thiere gegenüber den &#x201E;unvollkommenen&#x201C;, in deren Anordnung<lb/>
und Auffa&#x017F;&#x017F;ung er weniger glücklich war. Eine recht ver&#x017F;tändige Zu-<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;tellung, welche auch den neuen Fort&#x017F;chritten Rechnung trägt, i&#x017F;t<lb/>
das Handbuch der Thierge&#x017F;chichte von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100111718">Joh. Aug. Donndorf</persName></hi> (1793),<lb/>
welcher &#x017F;ich auch durch repertorienartige Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung der neuen<lb/>
Arten um die Verbreitung der &#x017F;peciellen Thierkenntniß Verdien&#x017F;te er-<lb/>
worben hat. Sein Handbuch führt be&#x017F;onders durch &#x017F;orgfältige und<lb/>
zweckmäßige Berück&#x017F;ichtigung der zoologi&#x017F;chen Kun&#x017F;t&#x017F;prache, welcher<lb/>
auch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117621218">Mor. Balth. <hi rendition="#g">Borkhau&#x017F;en</hi></persName> eine eigene Dar&#x017F;tellung gewidmet hat,<lb/>
recht pa&#x017F;&#x017F;end in die Thierge&#x017F;chichte ein, verzichtet aber auf eine &#x017F;elb&#x017F;tän-<lb/>
dige Förderung der&#x017F;elben.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t unnöthig, die weiteren allgemeinen Dar&#x017F;tellungen<note place="foot" n="62)">z. B. <hi rendition="#g">von <persName ref="nognd">Borowski</persName></hi>, <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116911131">Lenz</persName></hi>, <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/104368667">Suckow</persName></hi>, u. A.</note> hier<lb/>
aufzuzählen, da &#x017F;ie nur einen Beweis für die immer beträchtlichere<lb/>
Ausbreitung des Intere&#x017F;&#x017F;es, aber nicht immer einen &#x017F;olchen für einen<lb/>
&#x017F;teten Fort&#x017F;chritt geben. Doch muß noch ein Mann genannt werden,<lb/>
welcher zu den tüchtig&#x017F;ten Zoologen aus dem letzten Viertel des vorigen<lb/>
Jahrhunderts gehört, <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116738928">Johann Hermann</persName></hi>; er wurde 1738 zu Barr<lb/>
im El&#x017F;aß geboren und &#x017F;tarb 1800 als Profe&#x017F;&#x017F;or der Naturge&#x017F;chichte in<lb/>
Straßburg. Wie es vorzüglich &#x017F;chon <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118591371">Pallas</persName> gethan hatte, erklärte er<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[542/0553] Periode der Syſtematik. Ordnung der Knorpelwürmer bilden die Echinodermen, bei denen freilich gerade die jetzt Knorpel genannte Gewebsform nicht vorkommt. Ziem- lich in gleicher Weiſe ſich an Linné anſchließend, mit den ſchwimmenden Amphibien und dergl., obſchon mit Müller's Infuſorien bereichert, er- ſcheint das Thierſyſtem bei Nathanael Gottfr. Leske (1784). Beſonders hervorzuheben iſt, daß Aug. Joh. Georg Carl Batſch 61) zum erſtenmale die Vereinigung der vier, den jetzigen Wirbelthieren entſprechenden Claſſen Linné's unter dem Namen „Knochenthiere“ vor- nahm. Die Charaktere ſind treffend zuſammengeſtellt; auch iſt der Unterſchied der Schalthiere, der jetzigen Arthropoden, von den erſteren richtig anatomiſch entwickelt. Beide Gruppen bilden nach Batſch „voll- kommene“ Thiere gegenüber den „unvollkommenen“, in deren Anordnung und Auffaſſung er weniger glücklich war. Eine recht verſtändige Zu- ſammenſtellung, welche auch den neuen Fortſchritten Rechnung trägt, iſt das Handbuch der Thiergeſchichte von Joh. Aug. Donndorf (1793), welcher ſich auch durch repertorienartige Zuſammenſtellung der neuen Arten um die Verbreitung der ſpeciellen Thierkenntniß Verdienſte er- worben hat. Sein Handbuch führt beſonders durch ſorgfältige und zweckmäßige Berückſichtigung der zoologiſchen Kunſtſprache, welcher auch Mor. Balth. Borkhauſen eine eigene Darſtellung gewidmet hat, recht paſſend in die Thiergeſchichte ein, verzichtet aber auf eine ſelbſtän- dige Förderung derſelben. Es iſt unnöthig, die weiteren allgemeinen Darſtellungen 62) hier aufzuzählen, da ſie nur einen Beweis für die immer beträchtlichere Ausbreitung des Intereſſes, aber nicht immer einen ſolchen für einen ſteten Fortſchritt geben. Doch muß noch ein Mann genannt werden, welcher zu den tüchtigſten Zoologen aus dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts gehört, Johann Hermann; er wurde 1738 zu Barr im Elſaß geboren und ſtarb 1800 als Profeſſor der Naturgeſchichte in Straßburg. Wie es vorzüglich ſchon Pallas gethan hatte, erklärte er 61) Verſuch einer Anleitung zur Kenntniß und Geſchichte der Thiere und Mineralien. Jena, 1788. Batſch war 1761 in Jena geboren und ſtarb dort 1802 als Profeſſor der Botanik. 62) z. B. von Borowski, Lenz, Suckow, u. A.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/553
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/553>, abgerufen am 22.11.2024.