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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Systematik.
er mehr Gewicht auf äußere Charaktere, offenbar in Anschluß an frühere
systematische Versuche; die Vierfüßer werden als behaarte und mit vier
Füßen versehene Thiere bezeichnet, deren Weibchen lebendige Junge gebä-
ren und säugen; die Vögel haben einen befiederten Körper, zwei Flügel,
zwei Füße, einen knöchernen Schnabel, die Weibchen legen Eier; die
Amphibien haben einen nackten oder schuppigen Körper, keine Backzähne,
aber stets die übrigen, keine Flossen; die Fische haben einen fußlosen,
mit echten (d. h. durch Strahlen gestützten, später "an die Stelle der
Füße tretenden") Flossen versehenen, nackten oder beschuppten Körper;
die Insecten sind von einer knöchernen Hülle statt der Haut bedeckt,
ihr Kopf mit Antennen versehen; die Würmer endlich werden dadurch
bezeichnet, daß ihre Muskeln mit dem einen Ende einer soliden Basis
angeheftet sind. An der Stelle dieser, zum Theil Aelteres wiederholen-
den Charakterisirung tritt in der zehnten Ausgabe des Natursystems
eine andere, für deren Begründung der oberste Grundsatz aufgestellt
wird: "die natürliche Eintheilung der Thiere wird von ihrem inneren
Baue angezeigt." Und hiernach erscheinen nun dieselben sechs Classen
nach dem Herzen und dem Blute charakterisirt: Säugethiere (nicht mehr
Vierfüßer) mit zweikammerigem und zweivorkammerigem Herzen, rothem
warmen Blute, lebendig gebärend; Vögel wie Säugethiere, nur Eier
legend; Amphibien und Fische mit einkammerigem und einvorkamme-
rigem Herzen, kaltem, rothem Blute, athmen entweder durch Lungen
(Amphibien), oder durch äußere Kiemen (Fische); Insecten und Würmer
sind durch einfächeriges Herz ohne Vorkammer, kalte, weiße Nährflüssig-
keit (sanies) ausgezeichnet und haben entweder gegliederte Antennen (In-
secten), oder ungegliederte Tentakeln (Würmer). Dieser in einer kurzen
Tabelle zusammengestellten Charakterisirung fügt Linne dann noch wei-
tere Merkmale bei, welche zum Theil auf einen sehr scharfen Formen-
blick hinweisen, wie die Erwähnung der Bewegung und Gliederung der
Kinnladen, zum Theil durch Benutzung äußerer Theile die Bestimmung
zu erleichtern suchen. Daß aber die vier ersten Classen in einer viel nä-
heren gegenseitigen Beziehung stehen, als viele der unter der sechsten
Classe umfaßten Formen, ist Linne entgangen.

Ungleich bedeutender als die Aenderung, welche Linne mit der

Periode der Syſtematik.
er mehr Gewicht auf äußere Charaktere, offenbar in Anſchluß an frühere
ſyſtematiſche Verſuche; die Vierfüßer werden als behaarte und mit vier
Füßen verſehene Thiere bezeichnet, deren Weibchen lebendige Junge gebä-
ren und ſäugen; die Vögel haben einen befiederten Körper, zwei Flügel,
zwei Füße, einen knöchernen Schnabel, die Weibchen legen Eier; die
Amphibien haben einen nackten oder ſchuppigen Körper, keine Backzähne,
aber ſtets die übrigen, keine Floſſen; die Fiſche haben einen fußloſen,
mit echten (d. h. durch Strahlen geſtützten, ſpäter „an die Stelle der
Füße tretenden“) Floſſen verſehenen, nackten oder beſchuppten Körper;
die Inſecten ſind von einer knöchernen Hülle ſtatt der Haut bedeckt,
ihr Kopf mit Antennen verſehen; die Würmer endlich werden dadurch
bezeichnet, daß ihre Muskeln mit dem einen Ende einer ſoliden Baſis
angeheftet ſind. An der Stelle dieſer, zum Theil Aelteres wiederholen-
den Charakteriſirung tritt in der zehnten Ausgabe des Naturſyſtems
eine andere, für deren Begründung der oberſte Grundſatz aufgeſtellt
wird: „die natürliche Eintheilung der Thiere wird von ihrem inneren
Baue angezeigt.“ Und hiernach erſcheinen nun dieſelben ſechs Claſſen
nach dem Herzen und dem Blute charakteriſirt: Säugethiere (nicht mehr
Vierfüßer) mit zweikammerigem und zweivorkammerigem Herzen, rothem
warmen Blute, lebendig gebärend; Vögel wie Säugethiere, nur Eier
legend; Amphibien und Fiſche mit einkammerigem und einvorkamme-
rigem Herzen, kaltem, rothem Blute, athmen entweder durch Lungen
(Amphibien), oder durch äußere Kiemen (Fiſche); Inſecten und Würmer
ſind durch einfächeriges Herz ohne Vorkammer, kalte, weiße Nährflüſſig-
keit (sanies) ausgezeichnet und haben entweder gegliederte Antennen (In-
ſecten), oder ungegliederte Tentakeln (Würmer). Dieſer in einer kurzen
Tabelle zuſammengeſtellten Charakteriſirung fügt Linné dann noch wei-
tere Merkmale bei, welche zum Theil auf einen ſehr ſcharfen Formen-
blick hinweiſen, wie die Erwähnung der Bewegung und Gliederung der
Kinnladen, zum Theil durch Benutzung äußerer Theile die Beſtimmung
zu erleichtern ſuchen. Daß aber die vier erſten Claſſen in einer viel nä-
heren gegenſeitigen Beziehung ſtehen, als viele der unter der ſechſten
Claſſe umfaßten Formen, iſt Linné entgangen.

Ungleich bedeutender als die Aenderung, welche Linné mit der

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[504/0515] Periode der Syſtematik. er mehr Gewicht auf äußere Charaktere, offenbar in Anſchluß an frühere ſyſtematiſche Verſuche; die Vierfüßer werden als behaarte und mit vier Füßen verſehene Thiere bezeichnet, deren Weibchen lebendige Junge gebä- ren und ſäugen; die Vögel haben einen befiederten Körper, zwei Flügel, zwei Füße, einen knöchernen Schnabel, die Weibchen legen Eier; die Amphibien haben einen nackten oder ſchuppigen Körper, keine Backzähne, aber ſtets die übrigen, keine Floſſen; die Fiſche haben einen fußloſen, mit echten (d. h. durch Strahlen geſtützten, ſpäter „an die Stelle der Füße tretenden“) Floſſen verſehenen, nackten oder beſchuppten Körper; die Inſecten ſind von einer knöchernen Hülle ſtatt der Haut bedeckt, ihr Kopf mit Antennen verſehen; die Würmer endlich werden dadurch bezeichnet, daß ihre Muskeln mit dem einen Ende einer ſoliden Baſis angeheftet ſind. An der Stelle dieſer, zum Theil Aelteres wiederholen- den Charakteriſirung tritt in der zehnten Ausgabe des Naturſyſtems eine andere, für deren Begründung der oberſte Grundſatz aufgeſtellt wird: „die natürliche Eintheilung der Thiere wird von ihrem inneren Baue angezeigt.“ Und hiernach erſcheinen nun dieſelben ſechs Claſſen nach dem Herzen und dem Blute charakteriſirt: Säugethiere (nicht mehr Vierfüßer) mit zweikammerigem und zweivorkammerigem Herzen, rothem warmen Blute, lebendig gebärend; Vögel wie Säugethiere, nur Eier legend; Amphibien und Fiſche mit einkammerigem und einvorkamme- rigem Herzen, kaltem, rothem Blute, athmen entweder durch Lungen (Amphibien), oder durch äußere Kiemen (Fiſche); Inſecten und Würmer ſind durch einfächeriges Herz ohne Vorkammer, kalte, weiße Nährflüſſig- keit (sanies) ausgezeichnet und haben entweder gegliederte Antennen (In- ſecten), oder ungegliederte Tentakeln (Würmer). Dieſer in einer kurzen Tabelle zuſammengeſtellten Charakteriſirung fügt Linné dann noch wei- tere Merkmale bei, welche zum Theil auf einen ſehr ſcharfen Formen- blick hinweiſen, wie die Erwähnung der Bewegung und Gliederung der Kinnladen, zum Theil durch Benutzung äußerer Theile die Beſtimmung zu erleichtern ſuchen. Daß aber die vier erſten Claſſen in einer viel nä- heren gegenſeitigen Beziehung ſtehen, als viele der unter der ſechſten Claſſe umfaßten Formen, iſt Linné entgangen. Ungleich bedeutender als die Aenderung, welche Linné mit der

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/515>, abgerufen am 22.11.2024.