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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Zoologische Kenntnisse des Alterthums.
Schriftstellern des Alterthums erwähnten Thiere gerichteter Arbeiten in
Ausführlichkeit mitzutheilen. Die Sache hat große Schwierigkeiten.
Männer wie Johann Gottlob Schneider, Saxo, welcher als
tüchtiger Philolog eingehende naturhistorische Kenntnisse besaß, sind sel-
ten; und doch gehört eine innige, nur zum Theil durch das Zusammen-
arbeiten zweier Individuen zu ersetzende Verbindung jener beiden Eigen-
schaften nothwendig dazu, die Aufgabe wenigstens befriedigend zu lösen.
Der aus einer solchen Untersuchung entspringende Gewinn ist in
mehrfachen Beziehungen nicht zu unterschätzen. Es gewinnt nicht bloß
die physische Geographie dadurch, daß eine Uebersicht des faunistischen
Verhaltens der alten bekannten Erde wenigstens in großen Zügen für
mindestens zwei Jahrtausende festgestellt werden könnte; es wäre auch
für die Geschichte der Thiere und deren etwaige Wandlungen und Wan-
derungen von großem Werthe, alle Notizen mit den Thieren, wie und
wo sie sich jetzt finden, vergleichen zu können. Vor Allem aber würde
selbst die Geschichte der Zoologie bei den Alten einen großen Vortheil
aus dem Umstande zu ziehen haben, daß es möglich wäre, das Bild
des von den sogenannten classischen Völkern gekannten Thierreichs
etwas vollständiger als jetzt übersehen zu können. Freilich würden
immer viele Lücken bleiben, theils weil uns die Texte der alten Schrift-
steller häufig nur unvollständig oder in dritter Hand erhalten, manche
möglicherweise sehr wichtige Schriften, wie die des Appulejus ganz
verloren sind, theils und vornehmlich weil gar zu oft nur die Namen
ohne irgend welche leitende, oder mit gar zu allgemeinen Bemerkungen
gegeben, wie im Ovid, Athenaeus, Ausonius, im Deipnon des Philo-
xenus
u. a., Thiere überhaupt nur beiläufig erwähnt werden, wie im
Cassius Dio, Seneca u. a. Besonders interessant müßte es sein, und
zwar, wie sich bald zeigen wird, nicht bloß für das Alterthum, sondern
ganz vorzüglich für das frühe Mittelalter, die ausführlichen wahren
und fabelhaften Angaben, welche sich von Aristoteles einerseits, andrer-
seits von Ktesias an durch Plinius, Oppian und Aelian47) u. a. bis

47) Betreffs der beiden letzten s. den Aufsatz von J. G. Schneider, Ueber
Oppian's und Aelian's Verdienste um die Naturgeschichte in: Allerneueste Man-
nigfaltigkeiten 2. Jahrg. 1783. S. 392.

Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums.
Schriftſtellern des Alterthums erwähnten Thiere gerichteter Arbeiten in
Ausführlichkeit mitzutheilen. Die Sache hat große Schwierigkeiten.
Männer wie Johann Gottlob Schneider, Saxo, welcher als
tüchtiger Philolog eingehende naturhiſtoriſche Kenntniſſe beſaß, ſind ſel-
ten; und doch gehört eine innige, nur zum Theil durch das Zuſammen-
arbeiten zweier Individuen zu erſetzende Verbindung jener beiden Eigen-
ſchaften nothwendig dazu, die Aufgabe wenigſtens befriedigend zu löſen.
Der aus einer ſolchen Unterſuchung entſpringende Gewinn iſt in
mehrfachen Beziehungen nicht zu unterſchätzen. Es gewinnt nicht bloß
die phyſiſche Geographie dadurch, daß eine Ueberſicht des fauniſtiſchen
Verhaltens der alten bekannten Erde wenigſtens in großen Zügen für
mindeſtens zwei Jahrtauſende feſtgeſtellt werden könnte; es wäre auch
für die Geſchichte der Thiere und deren etwaige Wandlungen und Wan-
derungen von großem Werthe, alle Notizen mit den Thieren, wie und
wo ſie ſich jetzt finden, vergleichen zu können. Vor Allem aber würde
ſelbſt die Geſchichte der Zoologie bei den Alten einen großen Vortheil
aus dem Umſtande zu ziehen haben, daß es möglich wäre, das Bild
des von den ſogenannten claſſiſchen Völkern gekannten Thierreichs
etwas vollſtändiger als jetzt überſehen zu können. Freilich würden
immer viele Lücken bleiben, theils weil uns die Texte der alten Schrift-
ſteller häufig nur unvollſtändig oder in dritter Hand erhalten, manche
möglicherweiſe ſehr wichtige Schriften, wie die des Appulejus ganz
verloren ſind, theils und vornehmlich weil gar zu oft nur die Namen
ohne irgend welche leitende, oder mit gar zu allgemeinen Bemerkungen
gegeben, wie im Ovid, Athenaeus, Auſonius, im Deipnon des Philo-
xenus
u. a., Thiere überhaupt nur beiläufig erwähnt werden, wie im
Caſſius Dio, Seneca u. a. Beſonders intereſſant müßte es ſein, und
zwar, wie ſich bald zeigen wird, nicht bloß für das Alterthum, ſondern
ganz vorzüglich für das frühe Mittelalter, die ausführlichen wahren
und fabelhaften Angaben, welche ſich von Ariſtoteles einerſeits, andrer-
ſeits von Kteſias an durch Plinius, Oppian und Aelian47) u. a. bis

47) Betreffs der beiden letzten ſ. den Aufſatz von J. G. Schneider, Ueber
Oppian's und Aelian's Verdienſte um die Naturgeſchichte in: Allerneueſte Man-
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[40/0051] Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums. Schriftſtellern des Alterthums erwähnten Thiere gerichteter Arbeiten in Ausführlichkeit mitzutheilen. Die Sache hat große Schwierigkeiten. Männer wie Johann Gottlob Schneider, Saxo, welcher als tüchtiger Philolog eingehende naturhiſtoriſche Kenntniſſe beſaß, ſind ſel- ten; und doch gehört eine innige, nur zum Theil durch das Zuſammen- arbeiten zweier Individuen zu erſetzende Verbindung jener beiden Eigen- ſchaften nothwendig dazu, die Aufgabe wenigſtens befriedigend zu löſen. Der aus einer ſolchen Unterſuchung entſpringende Gewinn iſt in mehrfachen Beziehungen nicht zu unterſchätzen. Es gewinnt nicht bloß die phyſiſche Geographie dadurch, daß eine Ueberſicht des fauniſtiſchen Verhaltens der alten bekannten Erde wenigſtens in großen Zügen für mindeſtens zwei Jahrtauſende feſtgeſtellt werden könnte; es wäre auch für die Geſchichte der Thiere und deren etwaige Wandlungen und Wan- derungen von großem Werthe, alle Notizen mit den Thieren, wie und wo ſie ſich jetzt finden, vergleichen zu können. Vor Allem aber würde ſelbſt die Geſchichte der Zoologie bei den Alten einen großen Vortheil aus dem Umſtande zu ziehen haben, daß es möglich wäre, das Bild des von den ſogenannten claſſiſchen Völkern gekannten Thierreichs etwas vollſtändiger als jetzt überſehen zu können. Freilich würden immer viele Lücken bleiben, theils weil uns die Texte der alten Schrift- ſteller häufig nur unvollſtändig oder in dritter Hand erhalten, manche möglicherweiſe ſehr wichtige Schriften, wie die des Appulejus ganz verloren ſind, theils und vornehmlich weil gar zu oft nur die Namen ohne irgend welche leitende, oder mit gar zu allgemeinen Bemerkungen gegeben, wie im Ovid, Athenaeus, Auſonius, im Deipnon des Philo- xenus u. a., Thiere überhaupt nur beiläufig erwähnt werden, wie im Caſſius Dio, Seneca u. a. Beſonders intereſſant müßte es ſein, und zwar, wie ſich bald zeigen wird, nicht bloß für das Alterthum, ſondern ganz vorzüglich für das frühe Mittelalter, die ausführlichen wahren und fabelhaften Angaben, welche ſich von Ariſtoteles einerſeits, andrer- ſeits von Kteſias an durch Plinius, Oppian und Aelian 47) u. a. bis 47) Betreffs der beiden letzten ſ. den Aufſatz von J. G. Schneider, Ueber Oppian's und Aelian's Verdienſte um die Naturgeſchichte in: Allerneueſte Man- nigfaltigkeiten 2. Jahrg. 1783. S. 392.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/51>, abgerufen am 24.11.2024.