Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Periode der Systematik.
die aalförmigen (hierher, da die eigentlichen Aale nach Klein verborgene
Kiemen haben: Ophidion, Ammodytes, Cobitis, welche er mit beson-
dern Namen, Enchelyopus u. s. f. anführt). Die ganze andere Hälfte
der Fische mit offenen Kiemen wird charakterisirt als: beschuppte
Fische, mit langem oder breitem aber stets dickem Körper, die Seiten
mehr oder weniger gekielt u. s. w. Man sieht, er hat hier kein scharfes
alle Formen gleichmäßig treffendes Kennzeichen finden können. Die
einzelnen Fascikel, wiederum sechs, werden nach der Zahl der Rücken-
flossen gekennzeichnet und benannt: mit einer, zwei und drei solchen;
jeder dieser Abtheilung läßt er aber noch eine andere folgen, bei welcher
die Natur der betreffenden Ausschlag gebenden Flosse zweifelhaft oder
von der gewöhnlichen Art verschieden ist, daher Pseudomonoptern,
Pseudodiptern, Pseudotriptern. -- Obschon nicht geleugnet werden
kann, daß Klein sich gerade bei den Fischen als ein kenntnißreicher und
umsichtiger Mann zeigt, so ist doch kaum ein anderes seiner Systeme,
in deren Aufbau sich seine ganze Thätigkeit gipfelt, so bezeichnend für
die merkwürdige Befangenheit des Urhebers. Trotz aller Vertrautheit
mit einzelnen Formen ist Klein nie mit der ganzen Classe vertraut
worden.

Bei dem Schalthiersystem, welches Klein aufstellt44), kommen
gleichfalls früher benutzte Gesichtspunkte und Merkmale vor; doch geht
er auch hier nicht auf eine Begründung der Zusammengehörigkeit ge-
wisser Formen in anderer Weise ein als durch Schilderung der äußeren
Formverhältnisse. Dafür, daß die Schalen hinreichend sichere Merk-
male darbieten, findet er in der Annahme noch eine weitere Begrün-
dung, daß die junge Schnecke mit eben so viel Schalenwindungen aus
dem Ei komme, als sie später zeigt. Da nun aber die Schalen allein
wenig sicheren Halt geben, so sind gleich seine ersten großen Unter-

44) Bei der ersten Mittheilung desselben in der "Natürlichen Anordnung der
Echinodermen" (1734) und beiläufig schon in der Arbeit über die Meerröhren
(S. 10) sagt Klein, der Autor des Systems sei Fischer aus Königsberg; es ist
dies Christ. Gabr. Fischer, Professor in Königsberg, eine Zeit lang aus dieser
Stadt verwiesen und dann in Danzig lebend, starb 1751. Derselbe war auch bei
der Herausgabe von Linck's Werk über die Seesterne thätig.

Periode der Syſtematik.
die aalförmigen (hierher, da die eigentlichen Aale nach Klein verborgene
Kiemen haben: Ophidion, Ammodytes, Cobitis, welche er mit beſon-
dern Namen, Enchelyopus u. ſ. f. anführt). Die ganze andere Hälfte
der Fiſche mit offenen Kiemen wird charakteriſirt als: beſchuppte
Fiſche, mit langem oder breitem aber ſtets dickem Körper, die Seiten
mehr oder weniger gekielt u. ſ. w. Man ſieht, er hat hier kein ſcharfes
alle Formen gleichmäßig treffendes Kennzeichen finden können. Die
einzelnen Fascikel, wiederum ſechs, werden nach der Zahl der Rücken-
floſſen gekennzeichnet und benannt: mit einer, zwei und drei ſolchen;
jeder dieſer Abtheilung läßt er aber noch eine andere folgen, bei welcher
die Natur der betreffenden Ausſchlag gebenden Floſſe zweifelhaft oder
von der gewöhnlichen Art verſchieden iſt, daher Pſeudomonoptern,
Pſeudodiptern, Pſeudotriptern. — Obſchon nicht geleugnet werden
kann, daß Klein ſich gerade bei den Fiſchen als ein kenntnißreicher und
umſichtiger Mann zeigt, ſo iſt doch kaum ein anderes ſeiner Syſteme,
in deren Aufbau ſich ſeine ganze Thätigkeit gipfelt, ſo bezeichnend für
die merkwürdige Befangenheit des Urhebers. Trotz aller Vertrautheit
mit einzelnen Formen iſt Klein nie mit der ganzen Claſſe vertraut
worden.

Bei dem Schalthierſyſtem, welches Klein aufſtellt44), kommen
gleichfalls früher benutzte Geſichtspunkte und Merkmale vor; doch geht
er auch hier nicht auf eine Begründung der Zuſammengehörigkeit ge-
wiſſer Formen in anderer Weiſe ein als durch Schilderung der äußeren
Formverhältniſſe. Dafür, daß die Schalen hinreichend ſichere Merk-
male darbieten, findet er in der Annahme noch eine weitere Begrün-
dung, daß die junge Schnecke mit eben ſo viel Schalenwindungen aus
dem Ei komme, als ſie ſpäter zeigt. Da nun aber die Schalen allein
wenig ſicheren Halt geben, ſo ſind gleich ſeine erſten großen Unter-

44) Bei der erſten Mittheilung deſſelben in der „Natürlichen Anordnung der
Echinodermen“ (1734) und beiläufig ſchon in der Arbeit über die Meerröhren
(S. 10) ſagt Klein, der Autor des Syſtems ſei Fiſcher aus Königsberg; es iſt
dies Chriſt. Gabr. Fiſcher, Profeſſor in Königsberg, eine Zeit lang aus dieſer
Stadt verwieſen und dann in Danzig lebend, ſtarb 1751. Derſelbe war auch bei
der Herausgabe von Linck's Werk über die Seeſterne thätig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0497" n="486"/><fw place="top" type="header">Periode der Sy&#x017F;tematik.</fw><lb/>
die aalförmigen (hierher, da die eigentlichen Aale nach <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117523216">Klein</persName> verborgene<lb/>
Kiemen haben: <hi rendition="#aq">Ophidion, Ammodytes, Cobitis,</hi> welche er mit be&#x017F;on-<lb/>
dern Namen, <hi rendition="#aq">Enchelyopus</hi> u. &#x017F;. f. anführt). Die ganze andere Hälfte<lb/>
der Fi&#x017F;che mit offenen Kiemen wird charakteri&#x017F;irt als: be&#x017F;chuppte<lb/>
Fi&#x017F;che, mit langem oder breitem aber &#x017F;tets dickem Körper, die Seiten<lb/>
mehr oder weniger gekielt u. &#x017F;. w. Man &#x017F;ieht, er hat hier kein &#x017F;charfes<lb/>
alle Formen gleichmäßig treffendes Kennzeichen finden können. Die<lb/>
einzelnen Fascikel, wiederum &#x017F;echs, werden nach der Zahl der Rücken-<lb/>
flo&#x017F;&#x017F;en gekennzeichnet und benannt: mit einer, zwei und drei &#x017F;olchen;<lb/>
jeder die&#x017F;er Abtheilung läßt er aber noch eine andere folgen, bei welcher<lb/>
die Natur der betreffenden Aus&#x017F;chlag gebenden Flo&#x017F;&#x017F;e zweifelhaft oder<lb/>
von der gewöhnlichen Art ver&#x017F;chieden i&#x017F;t, daher P&#x017F;eudomonoptern,<lb/>
P&#x017F;eudodiptern, P&#x017F;eudotriptern. &#x2014; Ob&#x017F;chon nicht geleugnet werden<lb/>
kann, daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117523216">Klein</persName> &#x017F;ich gerade bei den Fi&#x017F;chen als ein kenntnißreicher und<lb/>
um&#x017F;ichtiger Mann zeigt, &#x017F;o i&#x017F;t doch kaum ein anderes &#x017F;einer Sy&#x017F;teme,<lb/>
in deren Aufbau &#x017F;ich &#x017F;eine ganze Thätigkeit gipfelt, &#x017F;o bezeichnend für<lb/>
die merkwürdige Befangenheit des Urhebers. Trotz aller Vertrautheit<lb/>
mit einzelnen Formen i&#x017F;t <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117523216">Klein</persName> nie mit der ganzen Cla&#x017F;&#x017F;e vertraut<lb/>
worden.</p><lb/>
          <p>Bei dem Schalthier&#x017F;y&#x017F;tem, welches <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117523216">Klein</persName> auf&#x017F;tellt<note place="foot" n="44)">Bei der er&#x017F;ten Mittheilung de&#x017F;&#x017F;elben in der &#x201E;Natürlichen Anordnung der<lb/>
Echinodermen&#x201C; (1734) und beiläufig &#x017F;chon in der Arbeit über die Meerröhren<lb/>
(S. 10) &#x017F;agt <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117523216">Klein</persName></hi>, der Autor des Sy&#x017F;tems &#x017F;ei <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117508632">Fi&#x017F;cher</persName></hi> aus Königsberg; es i&#x017F;t<lb/>
dies <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117508632">Chri&#x017F;t. Gabr. Fi&#x017F;cher</persName></hi>, Profe&#x017F;&#x017F;or in Königsberg, eine Zeit lang aus die&#x017F;er<lb/>
Stadt verwie&#x017F;en und dann in Danzig lebend, &#x017F;tarb 1751. Der&#x017F;elbe war auch bei<lb/>
der Herausgabe von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/120979322">Linck</persName></hi>'s Werk über die See&#x017F;terne thätig.</note>, kommen<lb/>
gleichfalls früher benutzte Ge&#x017F;ichtspunkte und Merkmale vor; doch geht<lb/>
er auch hier nicht auf eine Begründung der Zu&#x017F;ammengehörigkeit ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;er Formen in anderer Wei&#x017F;e ein als durch Schilderung der äußeren<lb/>
Formverhältni&#x017F;&#x017F;e. Dafür, daß die Schalen hinreichend &#x017F;ichere Merk-<lb/>
male darbieten, findet er in der Annahme noch eine weitere Begrün-<lb/>
dung, daß die junge Schnecke mit eben &#x017F;o viel Schalenwindungen aus<lb/>
dem Ei komme, als &#x017F;ie &#x017F;päter zeigt. Da nun aber die Schalen allein<lb/>
wenig &#x017F;icheren Halt geben, &#x017F;o &#x017F;ind gleich &#x017F;eine er&#x017F;ten großen Unter-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[486/0497] Periode der Syſtematik. die aalförmigen (hierher, da die eigentlichen Aale nach Klein verborgene Kiemen haben: Ophidion, Ammodytes, Cobitis, welche er mit beſon- dern Namen, Enchelyopus u. ſ. f. anführt). Die ganze andere Hälfte der Fiſche mit offenen Kiemen wird charakteriſirt als: beſchuppte Fiſche, mit langem oder breitem aber ſtets dickem Körper, die Seiten mehr oder weniger gekielt u. ſ. w. Man ſieht, er hat hier kein ſcharfes alle Formen gleichmäßig treffendes Kennzeichen finden können. Die einzelnen Fascikel, wiederum ſechs, werden nach der Zahl der Rücken- floſſen gekennzeichnet und benannt: mit einer, zwei und drei ſolchen; jeder dieſer Abtheilung läßt er aber noch eine andere folgen, bei welcher die Natur der betreffenden Ausſchlag gebenden Floſſe zweifelhaft oder von der gewöhnlichen Art verſchieden iſt, daher Pſeudomonoptern, Pſeudodiptern, Pſeudotriptern. — Obſchon nicht geleugnet werden kann, daß Klein ſich gerade bei den Fiſchen als ein kenntnißreicher und umſichtiger Mann zeigt, ſo iſt doch kaum ein anderes ſeiner Syſteme, in deren Aufbau ſich ſeine ganze Thätigkeit gipfelt, ſo bezeichnend für die merkwürdige Befangenheit des Urhebers. Trotz aller Vertrautheit mit einzelnen Formen iſt Klein nie mit der ganzen Claſſe vertraut worden. Bei dem Schalthierſyſtem, welches Klein aufſtellt 44), kommen gleichfalls früher benutzte Geſichtspunkte und Merkmale vor; doch geht er auch hier nicht auf eine Begründung der Zuſammengehörigkeit ge- wiſſer Formen in anderer Weiſe ein als durch Schilderung der äußeren Formverhältniſſe. Dafür, daß die Schalen hinreichend ſichere Merk- male darbieten, findet er in der Annahme noch eine weitere Begrün- dung, daß die junge Schnecke mit eben ſo viel Schalenwindungen aus dem Ei komme, als ſie ſpäter zeigt. Da nun aber die Schalen allein wenig ſicheren Halt geben, ſo ſind gleich ſeine erſten großen Unter- 44) Bei der erſten Mittheilung deſſelben in der „Natürlichen Anordnung der Echinodermen“ (1734) und beiläufig ſchon in der Arbeit über die Meerröhren (S. 10) ſagt Klein, der Autor des Syſtems ſei Fiſcher aus Königsberg; es iſt dies Chriſt. Gabr. Fiſcher, Profeſſor in Königsberg, eine Zeit lang aus dieſer Stadt verwieſen und dann in Danzig lebend, ſtarb 1751. Derſelbe war auch bei der Herausgabe von Linck's Werk über die Seeſterne thätig.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/497
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/497>, abgerufen am 22.11.2024.