Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Schwanze und solche mit nicht abgesetztem Kopfe und abgestutztem Schwanze. Inconsequenter Weise nimmt er nun aber bei der weiteren Charakterisirung der kleineren Gruppen die Bezahnung zu Hülfe und rechtfertigt dies in einer wahrhaft kindischen Weise damit, daß er sagt, das Hineingreifen in die Mäuler der Vierfüßer sei doch gar zu gefähr- lich, ja meist tollkühn; die Schlangen aber zeigten meist ihre Zähne und ihre Zunge von selbst. Er stellt daher in der ersten Classe drei Gattungen auf: deutlich bezahnte: Vipera, undeutlich bezahnte: Coluber, und zahnlose, Anodon. Zur zweiten Classe gehören seine Gattungen Scytale und Amphisbaena. Trotzdem er im Ganzen 280 Arten aus den verschiedensten Schriftstellern zusammengetragen an- führt, sind doch nur wenig sicher bestimmt und erkennbar. Die Wür- mer zerfallen in die drei "Classen": Lumbricus, Taenia und Hirudo. Gegen Linne hält er an der Verschiedenheit des Regenwurmes vom parasitisch lebenden Spulwurm fest. Den Bandwurm erklärt er mit Bonnet für ein einfaches Thier. Die Natur der Eingeweidewürmer hat Klein vielfach beschäftigt, vorzüglich ihr Herkommen, was damals überhaupt vielfach erörtert wurde. In einem Aufsatze darüber41) ver- theidigt er die Ansicht, daß sie wie andere Parasiten den betreffenden Wohnthieren eigenthümlich sind, also auch die des Menschen diesem. Nach der Erzählung, daß die Spanier unter den Tropen ihre Läufe verlieren und sie erst auf der Rückreise wieder bekommen, fügt Klein seine Folgerung hinzu, daß "auch nach dieser Historie der Urstoff der Läufe im menschlichen Körper stecke und dieser also keines andern Thie- res Läufe zur Lehn trage". Dasselbe gilt ihm nun aber auch für die Würmer. Bonnet vermuthete zwar schon42) den Ursprung der Kür- biswürmer aus dem Trinkwasser und schlägt sogar vor, man solle Hunden Wasser zum Trinken geben, in dem die Eingeweide der Schleihe eine Zeit lang gelegen haben. Ebenso hatte bereits Leeuwenhoek geäußert, daß dergleichen Würmer von außen in den Menschen kom- 41) Von dem Herkommen und der Fortpflanzung der im menschlichen Körper befindlichen Würmer, in: Hamburg. Magazin, Bd. 18. 1747. S. 1. u. S. 29. 42) Mem. pres. a l'Acad. des Sc. T. I. p. 497. In dieser Arbeit vertheidigt er gegen Coulet und Ballisnieri die Einfachheit der Bandwürmer. 31*
Schwanze und ſolche mit nicht abgeſetztem Kopfe und abgeſtutztem Schwanze. Inconſequenter Weiſe nimmt er nun aber bei der weiteren Charakteriſirung der kleineren Gruppen die Bezahnung zu Hülfe und rechtfertigt dies in einer wahrhaft kindiſchen Weiſe damit, daß er ſagt, das Hineingreifen in die Mäuler der Vierfüßer ſei doch gar zu gefähr- lich, ja meiſt tollkühn; die Schlangen aber zeigten meiſt ihre Zähne und ihre Zunge von ſelbſt. Er ſtellt daher in der erſten Claſſe drei Gattungen auf: deutlich bezahnte: Vipera, undeutlich bezahnte: Coluber, und zahnloſe, Anodon. Zur zweiten Claſſe gehören ſeine Gattungen Scytale und Amphisbaena. Trotzdem er im Ganzen 280 Arten aus den verſchiedenſten Schriftſtellern zuſammengetragen an- führt, ſind doch nur wenig ſicher beſtimmt und erkennbar. Die Wür- mer zerfallen in die drei „Claſſen“: Lumbricus, Taenia und Hirudo. Gegen Linné hält er an der Verſchiedenheit des Regenwurmes vom paraſitiſch lebenden Spulwurm feſt. Den Bandwurm erklärt er mit Bonnet für ein einfaches Thier. Die Natur der Eingeweidewürmer hat Klein vielfach beſchäftigt, vorzüglich ihr Herkommen, was damals überhaupt vielfach erörtert wurde. In einem Aufſatze darüber41) ver- theidigt er die Anſicht, daß ſie wie andere Paraſiten den betreffenden Wohnthieren eigenthümlich ſind, alſo auch die des Menſchen dieſem. Nach der Erzählung, daß die Spanier unter den Tropen ihre Läufe verlieren und ſie erſt auf der Rückreiſe wieder bekommen, fügt Klein ſeine Folgerung hinzu, daß „auch nach dieſer Hiſtorie der Urſtoff der Läufe im menſchlichen Körper ſtecke und dieſer alſo keines andern Thie- res Läufe zur Lehn trage“. Daſſelbe gilt ihm nun aber auch für die Würmer. Bonnet vermuthete zwar ſchon42) den Urſprung der Kür- biswürmer aus dem Trinkwaſſer und ſchlägt ſogar vor, man ſolle Hunden Waſſer zum Trinken geben, in dem die Eingeweide der Schleihe eine Zeit lang gelegen haben. Ebenſo hatte bereits Leeuwenhoek geäußert, daß dergleichen Würmer von außen in den Menſchen kom- 41) Von dem Herkommen und der Fortpflanzung der im menſchlichen Körper befindlichen Würmer, in: Hamburg. Magazin, Bd. 18. 1747. S. 1. u. S. 29. 42) Mém. pres. à l'Acad. des Sc. T. I. p. 497. In dieſer Arbeit vertheidigt er gegen Coulet und Ballisnieri die Einfachheit der Bandwürmer. 31*
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Jakob Theodor Klein.
Schwanze und ſolche mit nicht abgeſetztem Kopfe und abgeſtutztem
Schwanze. Inconſequenter Weiſe nimmt er nun aber bei der weiteren
Charakteriſirung der kleineren Gruppen die Bezahnung zu Hülfe und
rechtfertigt dies in einer wahrhaft kindiſchen Weiſe damit, daß er ſagt,
das Hineingreifen in die Mäuler der Vierfüßer ſei doch gar zu gefähr-
lich, ja meiſt tollkühn; die Schlangen aber zeigten meiſt ihre Zähne
und ihre Zunge von ſelbſt. Er ſtellt daher in der erſten Claſſe drei
Gattungen auf: deutlich bezahnte: Vipera, undeutlich bezahnte:
Coluber, und zahnloſe, Anodon. Zur zweiten Claſſe gehören ſeine
Gattungen Scytale und Amphisbaena. Trotzdem er im Ganzen 280
Arten aus den verſchiedenſten Schriftſtellern zuſammengetragen an-
führt, ſind doch nur wenig ſicher beſtimmt und erkennbar. Die Wür-
mer zerfallen in die drei „Claſſen“: Lumbricus, Taenia und Hirudo.
Gegen Linné hält er an der Verſchiedenheit des Regenwurmes vom
paraſitiſch lebenden Spulwurm feſt. Den Bandwurm erklärt er mit
Bonnet für ein einfaches Thier. Die Natur der Eingeweidewürmer
hat Klein vielfach beſchäftigt, vorzüglich ihr Herkommen, was damals
überhaupt vielfach erörtert wurde. In einem Aufſatze darüber 41) ver-
theidigt er die Anſicht, daß ſie wie andere Paraſiten den betreffenden
Wohnthieren eigenthümlich ſind, alſo auch die des Menſchen dieſem.
Nach der Erzählung, daß die Spanier unter den Tropen ihre Läufe
verlieren und ſie erſt auf der Rückreiſe wieder bekommen, fügt Klein
ſeine Folgerung hinzu, daß „auch nach dieſer Hiſtorie der Urſtoff der
Läufe im menſchlichen Körper ſtecke und dieſer alſo keines andern Thie-
res Läufe zur Lehn trage“. Daſſelbe gilt ihm nun aber auch für die
Würmer. Bonnet vermuthete zwar ſchon 42) den Urſprung der Kür-
biswürmer aus dem Trinkwaſſer und ſchlägt ſogar vor, man ſolle
Hunden Waſſer zum Trinken geben, in dem die Eingeweide der Schleihe
eine Zeit lang gelegen haben. Ebenſo hatte bereits Leeuwenhoek
geäußert, daß dergleichen Würmer von außen in den Menſchen kom-
41) Von dem Herkommen und der Fortpflanzung der im menſchlichen Körper
befindlichen Würmer, in: Hamburg. Magazin, Bd. 18. 1747. S. 1. u. S. 29.
42) Mém. pres. à l'Acad. des Sc. T. I. p. 497. In dieſer Arbeit vertheidigt
er gegen Coulet und Ballisnieri die Einfachheit der Bandwürmer.
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