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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zeit von Ray bis Klein.
über die dortigen Schmetterlinge, in welchem indessen auch andere In-
secten (z. B. der Laternenträger) ebenso wie Thiere aus andern Clas-
sen, Kröten, Eidechsen, Schlangen u. s. f. beschrieben und abgebildet
wurden. Als Sammlungen von Darstellungen aus der Lebensgeschichte
der Insecten sind ferner hervorzuheben die Abbildungen des bereits er-
wähnten Eleazar Albin über englische Insecten, das kleinere Werk
des Holländers Stephan Blankaart über die Verwandlungen
einer Anzahl von Insecten aus verschiedenen Ordnungen und besonders
die "Beschreibung von allerley Insecten in Teutschland" von dem
Rector des Gymnasiums zum grauen Kloster in Berlin, Joh. Leon-hard Frisch (1666-1743). Der in weiteren Kreisen besonders als
deutscher und französischer Lexikograph bekannte Mann war in Sulz-
bach geboren, war eine Zeit lang in Neusohl in Ungarn Lehrer, machte
dann mehrere Jahre hindurch Reisen durch die Schweiz, Italien,
Frankreich und Holland, und wurde am genannten Gymnasium Leh-
rer, endlich dessen Rector, wie er auch Mitglied und zuletzt Director
der historischen Abtheilung der Berliner Akademie wurde. Wie er mehr
als Dilettant seinem Gegenstande gegenübertrat, so kam es ihm we-
niger auf systematische Folgerichtigkeit als auf zuverlässige Beobach-
tungen an; wo er sich geirrt hatte, wie ihm dies Breyn in Bezug auf
die Schildlaus vorwirft, da erkennt er es unumwunden im Interesse
der Wahrheit an; er hat durch eine große Zahl eingehender
Schilderungen nicht wenig zur Kenntniß der Lebens- und Verwand-
lungsgeschichte der Insecten beigetragen. Sein genanntes Werk, wel-
ches in dreizehn Theilen von 1720-1738 in Berlin erschien, hat sogar
zum Theil eine zweite Auflage erfahren, was entschieden für die Ver-
breitung des Interesses an derartigen Arbeiten spricht. Weitaus der
bedeutendste unter den Entomologen jener Zeit war aber Reaumur.
Rene Ant. Ferchauld, Seigneur de Reaumur, des Alpes et de la Ber-
mondiere, war 1683 in La Rochelle geboren, kam 1703 nach Paris,
wo er schon mit fünfundzwanzig Jahren in die Akademie der Wissen-
schaften aufgenommen wurde, und starb 1757. Er gründete ein na-
turgeschichtliches Museum, was insofern von Bedeutung wurde, als
der Pflanzengarten damals kaum mehr als die Anfänge einer zoolo-

Die Zeit von Ray bis Klein.
über die dortigen Schmetterlinge, in welchem indeſſen auch andere In-
ſecten (z. B. der Laternenträger) ebenſo wie Thiere aus andern Claſ-
ſen, Kröten, Eidechſen, Schlangen u. ſ. f. beſchrieben und abgebildet
wurden. Als Sammlungen von Darſtellungen aus der Lebensgeſchichte
der Inſecten ſind ferner hervorzuheben die Abbildungen des bereits er-
wähnten Eleazar Albin über engliſche Inſecten, das kleinere Werk
des Holländers Stephan Blankaart über die Verwandlungen
einer Anzahl von Inſecten aus verſchiedenen Ordnungen und beſonders
die „Beſchreibung von allerley Inſecten in Teutſchland“ von dem
Rector des Gymnaſiums zum grauen Kloſter in Berlin, Joh. Leon-hard Friſch (1666-1743). Der in weiteren Kreiſen beſonders als
deutſcher und franzöſiſcher Lexikograph bekannte Mann war in Sulz-
bach geboren, war eine Zeit lang in Neuſohl in Ungarn Lehrer, machte
dann mehrere Jahre hindurch Reiſen durch die Schweiz, Italien,
Frankreich und Holland, und wurde am genannten Gymnaſium Leh-
rer, endlich deſſen Rector, wie er auch Mitglied und zuletzt Director
der hiſtoriſchen Abtheilung der Berliner Akademie wurde. Wie er mehr
als Dilettant ſeinem Gegenſtande gegenübertrat, ſo kam es ihm we-
niger auf ſyſtematiſche Folgerichtigkeit als auf zuverläſſige Beobach-
tungen an; wo er ſich geirrt hatte, wie ihm dies Breyn in Bezug auf
die Schildlaus vorwirft, da erkennt er es unumwunden im Intereſſe
der Wahrheit an; er hat durch eine große Zahl eingehender
Schilderungen nicht wenig zur Kenntniß der Lebens- und Verwand-
lungsgeſchichte der Inſecten beigetragen. Sein genanntes Werk, wel-
ches in dreizehn Theilen von 1720-1738 in Berlin erſchien, hat ſogar
zum Theil eine zweite Auflage erfahren, was entſchieden für die Ver-
breitung des Intereſſes an derartigen Arbeiten ſpricht. Weitaus der
bedeutendſte unter den Entomologen jener Zeit war aber Reaumur.
Réné Ant. Ferchauld, Seigneur de Reaumur, des Alpes et de la Ber-
mondière, war 1683 in La Rochelle geboren, kam 1703 nach Paris,
wo er ſchon mit fünfundzwanzig Jahren in die Akademie der Wiſſen-
ſchaften aufgenommen wurde, und ſtarb 1757. Er gründete ein na-
turgeſchichtliches Muſeum, was inſofern von Bedeutung wurde, als
der Pflanzengarten damals kaum mehr als die Anfänge einer zoolo-

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[459/0470] Die Zeit von Ray bis Klein. über die dortigen Schmetterlinge, in welchem indeſſen auch andere In- ſecten (z. B. der Laternenträger) ebenſo wie Thiere aus andern Claſ- ſen, Kröten, Eidechſen, Schlangen u. ſ. f. beſchrieben und abgebildet wurden. Als Sammlungen von Darſtellungen aus der Lebensgeſchichte der Inſecten ſind ferner hervorzuheben die Abbildungen des bereits er- wähnten Eleazar Albin über engliſche Inſecten, das kleinere Werk des Holländers Stephan Blankaart über die Verwandlungen einer Anzahl von Inſecten aus verſchiedenen Ordnungen und beſonders die „Beſchreibung von allerley Inſecten in Teutſchland“ von dem Rector des Gymnaſiums zum grauen Kloſter in Berlin, Joh. Leon-hard Friſch (1666-1743). Der in weiteren Kreiſen beſonders als deutſcher und franzöſiſcher Lexikograph bekannte Mann war in Sulz- bach geboren, war eine Zeit lang in Neuſohl in Ungarn Lehrer, machte dann mehrere Jahre hindurch Reiſen durch die Schweiz, Italien, Frankreich und Holland, und wurde am genannten Gymnaſium Leh- rer, endlich deſſen Rector, wie er auch Mitglied und zuletzt Director der hiſtoriſchen Abtheilung der Berliner Akademie wurde. Wie er mehr als Dilettant ſeinem Gegenſtande gegenübertrat, ſo kam es ihm we- niger auf ſyſtematiſche Folgerichtigkeit als auf zuverläſſige Beobach- tungen an; wo er ſich geirrt hatte, wie ihm dies Breyn in Bezug auf die Schildlaus vorwirft, da erkennt er es unumwunden im Intereſſe der Wahrheit an; er hat durch eine große Zahl eingehender Schilderungen nicht wenig zur Kenntniß der Lebens- und Verwand- lungsgeſchichte der Inſecten beigetragen. Sein genanntes Werk, wel- ches in dreizehn Theilen von 1720-1738 in Berlin erſchien, hat ſogar zum Theil eine zweite Auflage erfahren, was entſchieden für die Ver- breitung des Intereſſes an derartigen Arbeiten ſpricht. Weitaus der bedeutendſte unter den Entomologen jener Zeit war aber Reaumur. Réné Ant. Ferchauld, Seigneur de Reaumur, des Alpes et de la Ber- mondière, war 1683 in La Rochelle geboren, kam 1703 nach Paris, wo er ſchon mit fünfundzwanzig Jahren in die Akademie der Wiſſen- ſchaften aufgenommen wurde, und ſtarb 1757. Er gründete ein na- turgeſchichtliches Muſeum, was inſofern von Bedeutung wurde, als der Pflanzengarten damals kaum mehr als die Anfänge einer zoolo-

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/470>, abgerufen am 15.08.2024.