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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Systematik.
Schalen; und endlich die Seeigel, Echinen, zusammengesetzte bis auf
zwei größere Oeffnungen ringsum geschlossene, mit beweglichen Sta-
cheln versehene Schalen. Es ist jedenfalls dies System ein solches,
wie es ohne Kenntniß und Berücksichtigung des Thieres und seines
Baues, sowie nur mit künstlicher Benutzung der Schalen kaum voll-
ständiger und abgerundeter aufgestellt werden konnte. Es mag hier
noch angeführt werden, daß Giovanni Bianchi (Janus Plancus)
versuchte, Schalen lebender Thiere zu finden, welche den Ammonshör-
nern in ihrer Bildung entsprächen. Er schilderte einige analoge, aber
mikroskopische Schalen in seiner 1739 erschienenen Schrift "über weniger
bekannte Muscheln". Hiermit wurden die Rhizopodenformen entdeckt,
welche man, seitdem Soldani ohne das Thier zu kennen den Breyn-
schen Namen auf sie übertragen hat, bis heute Polythalamien nennt.

Auch für die Geschichte der Insecten war das erste Drittel des
achtzehnten Jahrhunderts reich an bedeutenden Leistungen. Zunächst
muß hier das besonders als ikonographische Darstellung zu rühmende
Werk der bereits genannten Marie Sibylle Merian erwähnt
werden. Tochter eines tüchtigen Zeichners und Kupferstechers wurde
auch sie Künstlerin. Sie war 1647 in Basel geboren, heirathete 1665
den Maler J. Andr. Graff in Nürnberg, trennte sich aber nach zwan-
zigjähriger Ehe von ihm (ihr erstes Werk erschien noch unter dem Na-
men M. S. Gräffin), gieng dann, von dem Anblick der Sammlung
des Bürgermeisters Witsen in Amsterdam29) begeistert auf fünf Jahre
1696-1701 nach Surinam, um dort die Insectenwelt zu studiren
und starb 1717. Die Untersuchungen der Merian (welchen Namen sie
nach ihrer Scheidung wieder führte) über die einheimischen Insecten,
besonders Schmetterlinge und Fliegen (Der Raupen wunderbare Ver-
wandlung und sonderbare Blumennahrung, 1679 und 80) zeichnen
sich durch ungemeine Sauberkeit und Feinheit der Zeichnung aus. Als
Resultat ihres südamerikanischen Aufenthaltes erschien das Prachtwerk

29) Das Muschelkabinet Witsen's kaufte Klein für seine Sammlung; dessen
ganzes Naturalienkabinet kam 1740 an den Markgrafen von Brandenburg-Culm-
bach nach Bayreuth.

Periode der Syſtematik.
Schalen; und endlich die Seeigel, Echinen, zuſammengeſetzte bis auf
zwei größere Oeffnungen ringsum geſchloſſene, mit beweglichen Sta-
cheln verſehene Schalen. Es iſt jedenfalls dies Syſtem ein ſolches,
wie es ohne Kenntniß und Berückſichtigung des Thieres und ſeines
Baues, ſowie nur mit künſtlicher Benutzung der Schalen kaum voll-
ſtändiger und abgerundeter aufgeſtellt werden konnte. Es mag hier
noch angeführt werden, daß Giovanni Bianchi (Janus Plancus)
verſuchte, Schalen lebender Thiere zu finden, welche den Ammonshör-
nern in ihrer Bildung entſprächen. Er ſchilderte einige analoge, aber
mikroſkopiſche Schalen in ſeiner 1739 erſchienenen Schrift „über weniger
bekannte Muſcheln“. Hiermit wurden die Rhizopodenformen entdeckt,
welche man, ſeitdem Soldani ohne das Thier zu kennen den Breyn-
ſchen Namen auf ſie übertragen hat, bis heute Polythalamien nennt.

Auch für die Geſchichte der Inſecten war das erſte Drittel des
achtzehnten Jahrhunderts reich an bedeutenden Leiſtungen. Zunächſt
muß hier das beſonders als ikonographiſche Darſtellung zu rühmende
Werk der bereits genannten Marie Sibylle Merian erwähnt
werden. Tochter eines tüchtigen Zeichners und Kupferſtechers wurde
auch ſie Künſtlerin. Sie war 1647 in Baſel geboren, heirathete 1665
den Maler J. Andr. Graff in Nürnberg, trennte ſich aber nach zwan-
zigjähriger Ehe von ihm (ihr erſtes Werk erſchien noch unter dem Na-
men M. S. Gräffin), gieng dann, von dem Anblick der Sammlung
des Bürgermeiſters Witſen in Amſterdam29) begeiſtert auf fünf Jahre
1696-1701 nach Surinam, um dort die Inſectenwelt zu ſtudiren
und ſtarb 1717. Die Unterſuchungen der Merian (welchen Namen ſie
nach ihrer Scheidung wieder führte) über die einheimiſchen Inſecten,
beſonders Schmetterlinge und Fliegen (Der Raupen wunderbare Ver-
wandlung und ſonderbare Blumennahrung, 1679 und 80) zeichnen
ſich durch ungemeine Sauberkeit und Feinheit der Zeichnung aus. Als
Reſultat ihres ſüdamerikaniſchen Aufenthaltes erſchien das Prachtwerk

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ganzes Naturalienkabinet kam 1740 an den Markgrafen von Brandenburg-Culm-
bach nach Bayreuth.
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[458/0469] Periode der Syſtematik. Schalen; und endlich die Seeigel, Echinen, zuſammengeſetzte bis auf zwei größere Oeffnungen ringsum geſchloſſene, mit beweglichen Sta- cheln verſehene Schalen. Es iſt jedenfalls dies Syſtem ein ſolches, wie es ohne Kenntniß und Berückſichtigung des Thieres und ſeines Baues, ſowie nur mit künſtlicher Benutzung der Schalen kaum voll- ſtändiger und abgerundeter aufgeſtellt werden konnte. Es mag hier noch angeführt werden, daß Giovanni Bianchi (Janus Plancus) verſuchte, Schalen lebender Thiere zu finden, welche den Ammonshör- nern in ihrer Bildung entſprächen. Er ſchilderte einige analoge, aber mikroſkopiſche Schalen in ſeiner 1739 erſchienenen Schrift „über weniger bekannte Muſcheln“. Hiermit wurden die Rhizopodenformen entdeckt, welche man, ſeitdem Soldani ohne das Thier zu kennen den Breyn- ſchen Namen auf ſie übertragen hat, bis heute Polythalamien nennt. Auch für die Geſchichte der Inſecten war das erſte Drittel des achtzehnten Jahrhunderts reich an bedeutenden Leiſtungen. Zunächſt muß hier das beſonders als ikonographiſche Darſtellung zu rühmende Werk der bereits genannten Marie Sibylle Merian erwähnt werden. Tochter eines tüchtigen Zeichners und Kupferſtechers wurde auch ſie Künſtlerin. Sie war 1647 in Baſel geboren, heirathete 1665 den Maler J. Andr. Graff in Nürnberg, trennte ſich aber nach zwan- zigjähriger Ehe von ihm (ihr erſtes Werk erſchien noch unter dem Na- men M. S. Gräffin), gieng dann, von dem Anblick der Sammlung des Bürgermeiſters Witſen in Amſterdam 29) begeiſtert auf fünf Jahre 1696-1701 nach Surinam, um dort die Inſectenwelt zu ſtudiren und ſtarb 1717. Die Unterſuchungen der Merian (welchen Namen ſie nach ihrer Scheidung wieder führte) über die einheimiſchen Inſecten, beſonders Schmetterlinge und Fliegen (Der Raupen wunderbare Ver- wandlung und ſonderbare Blumennahrung, 1679 und 80) zeichnen ſich durch ungemeine Sauberkeit und Feinheit der Zeichnung aus. Als Reſultat ihres ſüdamerikaniſchen Aufenthaltes erſchien das Prachtwerk 29) Das Muſchelkabinet Witſen's kaufte Klein für ſeine Sammlung; deſſen ganzes Naturalienkabinet kam 1740 an den Markgrafen von Brandenburg-Culm- bach nach Bayreuth.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/469>, abgerufen am 22.11.2024.