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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zeit von Ray bis Klein.
Gebiet machte der Graf Luigi Ferdinando de Marsigli (1658-1730),
welcher von der österreichischen Regierung mit Befestigungsarbeiten in
Ungarn beauftragt war, zum Gegenstande seiner Untersuchungen,
nämlich die Donau mit ihren Nebenflüssen bis zur Mündung ins
schwarze Meer. Als er nach der Uebergabe der Festung Breisach aus
dem Militärdienst entlassen worden war, gieng er nach Marseille,
sammelte von dort aus die Materialien zu seinem Werke über die Na-
turgeschichte des Meeres, reformierte dann, nach Bologna gekommen,
die dortige Akademie (1712) und gieng nun an die Bearbeitung seines
Werkes über die Donau. Im vierten und fünften Bande der 1726
erschienenen Schilderung des Stromes sind die Fische und die Vögel ent-
halten, welche in und an der Donau vorkommen. Das bei Aufzählung
der Vögel befolgte System ist völlig das Willughby-Ray'sche; die
Fische theilt er jedoch selbständig nach dem Vorkommen in Flußfische,
in solche, welche aus dem Meere in die Flüsse kommen (hierher nur die
Störarten: Huso mit mehreren Formen, Antaceus, Sturio mit meh-
reren Formen), in Sumpffische, in Fische, welche sowohl in Sümpfen
als in Flüssen leben, und endlich in Felsenfische (Saxatiles), welche
steinige Gebirgsflüsse lieben. Innerhalb dieser Gruppen theilt Mar-
sigli
dann weiter meist nach der Beschaffenheit der Haut, nur bei der
vierten Gruppe, welche die meisten Karpfenartigen (andere kommen in
der dritten vor) und den Hecht enthält, nach dem Vorhandensein oder
Fehlen von Stacheln in den Flossen. Die Störe charakterisirt er rich-
tig als Knorpelfische den andern Gräten- oder Knochenfischen gegen-
über. Die in Kupfer gestochenen Abbildungen sind sehr schön, die ab-
gebildeten Arten sofort wieder erkennbar. Marsigli's Schilderungen
sind mit J. L. Cysat's Beschreibungen der schweizerischen Fische (in
seiner Beschreibung des Lucerner Sees, 1661) die wichtigsten Beiträge
zur Kenntniß der mitteleuropäischen Fischwelt aus jenen Zeiten. Von
wirbellosen Thieren hat Marsigli nur ein paar Krebse und einige we-
nige Schalthiere abgebildet.

Ein Ueberblick über die Arbeiten, welche einzelnen Classen gewid-
met sind, ergibt, daß man jetzt nachzuholen begann, was man bisher
zu thun sich nur in einzelnen Fällen entschlossen hatte, sich mehrseitig

Die Zeit von Ray bis Klein.
Gebiet machte der Graf Luigi Ferdinando de Marſigli (1658-1730),
welcher von der öſterreichiſchen Regierung mit Befeſtigungsarbeiten in
Ungarn beauftragt war, zum Gegenſtande ſeiner Unterſuchungen,
nämlich die Donau mit ihren Nebenflüſſen bis zur Mündung ins
ſchwarze Meer. Als er nach der Uebergabe der Feſtung Breiſach aus
dem Militärdienſt entlaſſen worden war, gieng er nach Marſeille,
ſammelte von dort aus die Materialien zu ſeinem Werke über die Na-
turgeſchichte des Meeres, reformierte dann, nach Bologna gekommen,
die dortige Akademie (1712) und gieng nun an die Bearbeitung ſeines
Werkes über die Donau. Im vierten und fünften Bande der 1726
erſchienenen Schilderung des Stromes ſind die Fiſche und die Vögel ent-
halten, welche in und an der Donau vorkommen. Das bei Aufzählung
der Vögel befolgte Syſtem iſt völlig das Willughby-Ray'ſche; die
Fiſche theilt er jedoch ſelbſtändig nach dem Vorkommen in Flußfiſche,
in ſolche, welche aus dem Meere in die Flüſſe kommen (hierher nur die
Störarten: Huso mit mehreren Formen, Antaceus, Sturio mit meh-
reren Formen), in Sumpffiſche, in Fiſche, welche ſowohl in Sümpfen
als in Flüſſen leben, und endlich in Felſenfiſche (Saxatiles), welche
ſteinige Gebirgsflüſſe lieben. Innerhalb dieſer Gruppen theilt Mar-
ſigli
dann weiter meiſt nach der Beſchaffenheit der Haut, nur bei der
vierten Gruppe, welche die meiſten Karpfenartigen (andere kommen in
der dritten vor) und den Hecht enthält, nach dem Vorhandenſein oder
Fehlen von Stacheln in den Floſſen. Die Störe charakteriſirt er rich-
tig als Knorpelfiſche den andern Gräten- oder Knochenfiſchen gegen-
über. Die in Kupfer geſtochenen Abbildungen ſind ſehr ſchön, die ab-
gebildeten Arten ſofort wieder erkennbar. Marſigli's Schilderungen
ſind mit J. L. Cyſat's Beſchreibungen der ſchweizeriſchen Fiſche (in
ſeiner Beſchreibung des Lucerner Sees, 1661) die wichtigſten Beiträge
zur Kenntniß der mitteleuropäiſchen Fiſchwelt aus jenen Zeiten. Von
wirbelloſen Thieren hat Marſigli nur ein paar Krebſe und einige we-
nige Schalthiere abgebildet.

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met ſind, ergibt, daß man jetzt nachzuholen begann, was man bisher
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[453/0464] Die Zeit von Ray bis Klein. Gebiet machte der Graf Luigi Ferdinando de Marſigli (1658-1730), welcher von der öſterreichiſchen Regierung mit Befeſtigungsarbeiten in Ungarn beauftragt war, zum Gegenſtande ſeiner Unterſuchungen, nämlich die Donau mit ihren Nebenflüſſen bis zur Mündung ins ſchwarze Meer. Als er nach der Uebergabe der Feſtung Breiſach aus dem Militärdienſt entlaſſen worden war, gieng er nach Marſeille, ſammelte von dort aus die Materialien zu ſeinem Werke über die Na- turgeſchichte des Meeres, reformierte dann, nach Bologna gekommen, die dortige Akademie (1712) und gieng nun an die Bearbeitung ſeines Werkes über die Donau. Im vierten und fünften Bande der 1726 erſchienenen Schilderung des Stromes ſind die Fiſche und die Vögel ent- halten, welche in und an der Donau vorkommen. Das bei Aufzählung der Vögel befolgte Syſtem iſt völlig das Willughby-Ray'ſche; die Fiſche theilt er jedoch ſelbſtändig nach dem Vorkommen in Flußfiſche, in ſolche, welche aus dem Meere in die Flüſſe kommen (hierher nur die Störarten: Huso mit mehreren Formen, Antaceus, Sturio mit meh- reren Formen), in Sumpffiſche, in Fiſche, welche ſowohl in Sümpfen als in Flüſſen leben, und endlich in Felſenfiſche (Saxatiles), welche ſteinige Gebirgsflüſſe lieben. Innerhalb dieſer Gruppen theilt Mar- ſigli dann weiter meiſt nach der Beſchaffenheit der Haut, nur bei der vierten Gruppe, welche die meiſten Karpfenartigen (andere kommen in der dritten vor) und den Hecht enthält, nach dem Vorhandenſein oder Fehlen von Stacheln in den Floſſen. Die Störe charakteriſirt er rich- tig als Knorpelfiſche den andern Gräten- oder Knochenfiſchen gegen- über. Die in Kupfer geſtochenen Abbildungen ſind ſehr ſchön, die ab- gebildeten Arten ſofort wieder erkennbar. Marſigli's Schilderungen ſind mit J. L. Cyſat's Beſchreibungen der ſchweizeriſchen Fiſche (in ſeiner Beſchreibung des Lucerner Sees, 1661) die wichtigſten Beiträge zur Kenntniß der mitteleuropäiſchen Fiſchwelt aus jenen Zeiten. Von wirbelloſen Thieren hat Marſigli nur ein paar Krebſe und einige we- nige Schalthiere abgebildet. Ein Ueberblick über die Arbeiten, welche einzelnen Claſſen gewid- met ſind, ergibt, daß man jetzt nachzuholen begann, was man bisher zu thun ſich nur in einzelnen Fällen entſchloſſen hatte, ſich mehrſeitig

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/464>, abgerufen am 22.11.2024.