Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Akademien.
dadurch zu erklären ist, daß die ganzen Verhandlungen, wenn es wirk-
lich zu solchen im Sinne eines Austausches von Meinungen kam,
schriftlich gepflogen wurden. Dabei lag nun die nur selten vermiedene
Gefahr, in Büchergelehrsamkeit das hauptsächlichste Rüstzeug zu er-
blicken, gar zu nahe.

Die nächst alte, vielleicht sogar noch etwas ältere Akademie ist die
Royal Society in London. Die Incorporationsurkunde wurde ihr
allerdings erst am 15. Juli 1662 ausgestellt. Doch waren schon seit
1645 einzelne Männer regelmäßig zu Unterredungen über naturwissen-
schaftliche Gegenstände zusammengekommen, bei deren Aufzählung frei-
lich anfangs die Naturgeschichte vermißt wird, obschon darauf bezüg-
liche Fragen schon in den ersten Verhandlungen vorkamen. Die erste
Anregung zu diesen Zusammenkünften hatte ein Deutscher gegeben,
Theodor Haak aus der Pfalz; von Engländern werden genannt,
Wilkins, Goddard, Ent, Glisson, Foster u. a. Um 1648 und 1649
gieng ein Theil dieser Männer nach Oxford, wo sie ihre Versammlun-
gen fortsetzten und einige später auch der Royal Society zutretende
Männer, wie Willis und Boyle heranzogen. Auch die in London Zu-
rückgebliebenen setzten ihre Unterhaltungen fort und versammelten sich,
wie es scheint, unter dem Namen des unsichtbaren Collegiums in
Gresham College. Von 1653 an wurden nun sowohl im Parlamente
als in Privatbriefen unabhängig auftauchende Pläne zur Errichtung
einer Anstalt für Förderung der Naturwissenschaften vorgeschlagen,
allerdings zum Theil mit in der Absicht, dem Unterrichte der Jugend
aus den höheren Ständen aufzuhelfen; unter den politischen Stürmen
kam aber keiner derselben zur Ausführung. Als König Karl II nach
London zurückgekehrt war und mit ihm unter Anderen Robert Mo-
ray
, faßte dieser mit Lord Broumker und Dr. Ward den Ent-
schluß, aus der philosophischen Gesellschaft (der Unsichtbaren), in wel-
cher besonders Robert Boyle thätig war, eine größere formell gesicher-
tere Vereinigung zu bilden. Die erste Versammlung, in welcher die
Absicht sich zu constituiren ausgesprochen wurde, fand am 28. Novem-
ber 1660 statt, an welchem Tage Christopher Wren in Gresham
College eine astronomische Vorlesung hielt; und ungefähr anderthalb

Akademien.
dadurch zu erklären iſt, daß die ganzen Verhandlungen, wenn es wirk-
lich zu ſolchen im Sinne eines Austauſches von Meinungen kam,
ſchriftlich gepflogen wurden. Dabei lag nun die nur ſelten vermiedene
Gefahr, in Büchergelehrſamkeit das hauptſächlichſte Rüſtzeug zu er-
blicken, gar zu nahe.

Die nächſt alte, vielleicht ſogar noch etwas ältere Akademie iſt die
Royal Society in London. Die Incorporationsurkunde wurde ihr
allerdings erſt am 15. Juli 1662 ausgeſtellt. Doch waren ſchon ſeit
1645 einzelne Männer regelmäßig zu Unterredungen über naturwiſſen-
ſchaftliche Gegenſtände zuſammengekommen, bei deren Aufzählung frei-
lich anfangs die Naturgeſchichte vermißt wird, obſchon darauf bezüg-
liche Fragen ſchon in den erſten Verhandlungen vorkamen. Die erſte
Anregung zu dieſen Zuſammenkünften hatte ein Deutſcher gegeben,
Theodor Haak aus der Pfalz; von Engländern werden genannt,
Wilkins, Goddard, Ent, Gliſſon, Foſter u. a. Um 1648 und 1649
gieng ein Theil dieſer Männer nach Oxford, wo ſie ihre Verſammlun-
gen fortſetzten und einige ſpäter auch der Royal Society zutretende
Männer, wie Willis und Boyle heranzogen. Auch die in London Zu-
rückgebliebenen ſetzten ihre Unterhaltungen fort und verſammelten ſich,
wie es ſcheint, unter dem Namen des unſichtbaren Collegiums in
Greſham College. Von 1653 an wurden nun ſowohl im Parlamente
als in Privatbriefen unabhängig auftauchende Pläne zur Errichtung
einer Anſtalt für Förderung der Naturwiſſenſchaften vorgeſchlagen,
allerdings zum Theil mit in der Abſicht, dem Unterrichte der Jugend
aus den höheren Ständen aufzuhelfen; unter den politiſchen Stürmen
kam aber keiner derſelben zur Ausführung. Als König Karl II nach
London zurückgekehrt war und mit ihm unter Anderen Robert Mo-
ray
, faßte dieſer mit Lord Broumker und Dr. Ward den Ent-
ſchluß, aus der philoſophiſchen Geſellſchaft (der Unſichtbaren), in wel-
cher beſonders Robert Boyle thätig war, eine größere formell geſicher-
tere Vereinigung zu bilden. Die erſte Verſammlung, in welcher die
Abſicht ſich zu conſtituiren ausgeſprochen wurde, fand am 28. Novem-
ber 1660 ſtatt, an welchem Tage Chriſtopher Wren in Greſham
College eine aſtronomiſche Vorleſung hielt; und ungefähr anderthalb

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0424" n="413"/><fw place="top" type="header">Akademien.</fw><lb/>
dadurch zu erklären i&#x017F;t, daß die ganzen Verhandlungen, wenn es wirk-<lb/>
lich zu &#x017F;olchen im Sinne eines Austau&#x017F;ches von Meinungen kam,<lb/>
&#x017F;chriftlich gepflogen wurden. Dabei lag nun die nur &#x017F;elten vermiedene<lb/>
Gefahr, in Büchergelehr&#x017F;amkeit das haupt&#x017F;ächlich&#x017F;te Rü&#x017F;tzeug zu er-<lb/>
blicken, gar zu nahe.</p><lb/>
          <p>Die näch&#x017F;t alte, vielleicht &#x017F;ogar noch etwas ältere Akademie i&#x017F;t die<lb/><hi rendition="#g">Royal Society</hi> in London. Die Incorporationsurkunde wurde ihr<lb/>
allerdings er&#x017F;t am 15. Juli 1662 ausge&#x017F;tellt. Doch waren &#x017F;chon &#x017F;eit<lb/>
1645 einzelne Männer regelmäßig zu Unterredungen über naturwi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaftliche Gegen&#x017F;tände zu&#x017F;ammengekommen, bei deren Aufzählung frei-<lb/>
lich anfangs die Naturge&#x017F;chichte vermißt wird, ob&#x017F;chon darauf bezüg-<lb/>
liche Fragen &#x017F;chon in den er&#x017F;ten Verhandlungen vorkamen. Die er&#x017F;te<lb/>
Anregung zu die&#x017F;en Zu&#x017F;ammenkünften hatte ein Deut&#x017F;cher gegeben,<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117640581">Theodor Haak</persName></hi> aus der Pfalz; von Engländern werden genannt,<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118771922">Wilkins</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/132246368">Goddard</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100123589">Ent</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117545740">Gli&#x017F;&#x017F;on</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/10045657X http://viaf.org/viaf/65372149">Fo&#x017F;ter</persName> u. a. Um 1648 und 1649<lb/>
gieng ein Theil die&#x017F;er Männer nach Oxford, wo &#x017F;ie ihre Ver&#x017F;ammlun-<lb/>
gen fort&#x017F;etzten und einige &#x017F;päter auch der Royal Society zutretende<lb/>
Männer, wie <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118772015">Willis</persName> und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118659642">Boyle</persName> heranzogen. Auch die in London Zu-<lb/>
rückgebliebenen &#x017F;etzten ihre Unterhaltungen fort und ver&#x017F;ammelten &#x017F;ich,<lb/>
wie es &#x017F;cheint, unter dem Namen des un&#x017F;ichtbaren Collegiums in<lb/>
Gre&#x017F;ham College. Von 1653 an wurden nun &#x017F;owohl im Parlamente<lb/>
als in Privatbriefen unabhängig auftauchende Pläne zur Errichtung<lb/>
einer An&#x017F;talt für Förderung der Naturwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften vorge&#x017F;chlagen,<lb/>
allerdings zum Theil mit in der Ab&#x017F;icht, dem Unterrichte der Jugend<lb/>
aus den höheren Ständen aufzuhelfen; unter den politi&#x017F;chen Stürmen<lb/>
kam aber keiner der&#x017F;elben zur Ausführung. Als König <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560042">Karl</persName> <hi rendition="#aq">II</hi> nach<lb/>
London zurückgekehrt war und mit ihm unter Anderen <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/136766315">Robert Mo-<lb/>
ray</persName></hi>, faßte die&#x017F;er mit Lord <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117634794">Broumker</persName></hi> und Dr. <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117141801">Ward</persName></hi> den Ent-<lb/>
&#x017F;chluß, aus der philo&#x017F;ophi&#x017F;chen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft (der Un&#x017F;ichtbaren), in wel-<lb/>
cher be&#x017F;onders <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118659642">Robert Boyle</persName> thätig war, eine größere formell ge&#x017F;icher-<lb/>
tere Vereinigung zu bilden. Die er&#x017F;te Ver&#x017F;ammlung, in welcher die<lb/>
Ab&#x017F;icht &#x017F;ich zu con&#x017F;tituiren ausge&#x017F;prochen wurde, fand am 28. Novem-<lb/>
ber 1660 &#x017F;tatt, an welchem Tage <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/11880796X">Chri&#x017F;topher Wren</persName></hi> in Gre&#x017F;ham<lb/>
College eine a&#x017F;tronomi&#x017F;che Vorle&#x017F;ung hielt; und ungefähr anderthalb<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0424] Akademien. dadurch zu erklären iſt, daß die ganzen Verhandlungen, wenn es wirk- lich zu ſolchen im Sinne eines Austauſches von Meinungen kam, ſchriftlich gepflogen wurden. Dabei lag nun die nur ſelten vermiedene Gefahr, in Büchergelehrſamkeit das hauptſächlichſte Rüſtzeug zu er- blicken, gar zu nahe. Die nächſt alte, vielleicht ſogar noch etwas ältere Akademie iſt die Royal Society in London. Die Incorporationsurkunde wurde ihr allerdings erſt am 15. Juli 1662 ausgeſtellt. Doch waren ſchon ſeit 1645 einzelne Männer regelmäßig zu Unterredungen über naturwiſſen- ſchaftliche Gegenſtände zuſammengekommen, bei deren Aufzählung frei- lich anfangs die Naturgeſchichte vermißt wird, obſchon darauf bezüg- liche Fragen ſchon in den erſten Verhandlungen vorkamen. Die erſte Anregung zu dieſen Zuſammenkünften hatte ein Deutſcher gegeben, Theodor Haak aus der Pfalz; von Engländern werden genannt, Wilkins, Goddard, Ent, Gliſſon, Foſter u. a. Um 1648 und 1649 gieng ein Theil dieſer Männer nach Oxford, wo ſie ihre Verſammlun- gen fortſetzten und einige ſpäter auch der Royal Society zutretende Männer, wie Willis und Boyle heranzogen. Auch die in London Zu- rückgebliebenen ſetzten ihre Unterhaltungen fort und verſammelten ſich, wie es ſcheint, unter dem Namen des unſichtbaren Collegiums in Greſham College. Von 1653 an wurden nun ſowohl im Parlamente als in Privatbriefen unabhängig auftauchende Pläne zur Errichtung einer Anſtalt für Förderung der Naturwiſſenſchaften vorgeſchlagen, allerdings zum Theil mit in der Abſicht, dem Unterrichte der Jugend aus den höheren Ständen aufzuhelfen; unter den politiſchen Stürmen kam aber keiner derſelben zur Ausführung. Als König Karl II nach London zurückgekehrt war und mit ihm unter Anderen Robert Mo- ray, faßte dieſer mit Lord Broumker und Dr. Ward den Ent- ſchluß, aus der philoſophiſchen Geſellſchaft (der Unſichtbaren), in wel- cher beſonders Robert Boyle thätig war, eine größere formell geſicher- tere Vereinigung zu bilden. Die erſte Verſammlung, in welcher die Abſicht ſich zu conſtituiren ausgeſprochen wurde, fand am 28. Novem- ber 1660 ſtatt, an welchem Tage Chriſtopher Wren in Greſham College eine aſtronomiſche Vorleſung hielt; und ungefähr anderthalb

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/424
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/424>, abgerufen am 22.11.2024.