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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der encyklopädischen Darstellungen.
(geb. 1537 in genanntem Orte, 1565 Faloppia's Nachfolger als Pro-
fessor der Anatomie in Padua, wo er 1619 starb). Wollte man der
landläufigen Vermengung zootomischen und vergleichend-anatomischen
Studiums nachgeben, so würde Fabrizio ohne Weiteres neben Coiter
zu den Gründern der vergleichenden Anatomie zu rechnen sein. Doch
ist dies nur in einem beschränkten Sinne zu thun. Es tritt bei ihm die
Frage nach der formellen Anlage des Thierkörpers und der Anlage sei-
ner Theile sehr zurück gegen die Untersuchung über das Zustandekom-
men der einzelnen Lebenserscheinungen. Er verwendet also zootomi-
sche Kenntnisse in dem Nutzen einer andern Wissenschaft, der Physio-
logie. Da sich aber eine Wissenschaft der vergleichenden Anatomie
nicht ohne ein gewisses Bekanntsein mit den Verschiedenheiten und
Uebereinstimmungen des thierischen Baues als Bedürfniß fühlbar
machen, da sich also natürlich auch eine anatomische Betrachtung der
Thierkörper nicht ohne ein bestimmtes Maß bereits vorhandener zooto-
mischer Kenntnisse und mindestens Einzelangaben zu einer selbständigen
morphologischen Lehre erheben konnte, so ist die Bedeutung der beiden
hiergenannten Männer auch für die vergleichende Anatomie nicht zu un-
terschätzen. Es ist hier eben hervorzuheben, daß das Herbeischaffen und
Sammeln einzelner zootomischer Thatsachen in einer Zeit, in welcher die
Naturbetrachtung überhaupt sich noch nicht ohne Anlehnen an irgend
einen außer ihr liegenden praktischen Zweck wissenschaftlich selbständig
machen konnte, für die spätere Gründung einer besondern von jenen
Thatsachen ausgehenden Lehre von der größten Bedeutung war. Und
von diesem Gesichtspunkte aus hat man neben Coiter auch Fabrizio als
einen der Männer zu bezeichnen, von welchen das Wiederaufleben der
vergleichenden Anatomie beginnt. Bei Coiter erschienen die zootomischen
Notizen gewissermaßen als beiläufig gesammelt, als mehr oder weniger
unwichtige Resultate der vergleichenden Untersuchungen, durch welche
er die anatomischen Verhältnisse des menschlichen Körpers klarer her-
vortreten zu lassen bemüht war. Fabrizio beginnt einen neuen Weg
einzuschlagen. Er versucht, eine bestimmte Function (z. B. die Orts-
bewegung, Stimme, das Sehen) durch eine Reihe thierischer Formen
zu verfolgen, aber nicht sowohl um in erster Linie die anatomischen

Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
(geb. 1537 in genanntem Orte, 1565 Faloppia's Nachfolger als Pro-
feſſor der Anatomie in Padua, wo er 1619 ſtarb). Wollte man der
landläufigen Vermengung zootomiſchen und vergleichend-anatomiſchen
Studiums nachgeben, ſo würde Fabrizio ohne Weiteres neben Coiter
zu den Gründern der vergleichenden Anatomie zu rechnen ſein. Doch
iſt dies nur in einem beſchränkten Sinne zu thun. Es tritt bei ihm die
Frage nach der formellen Anlage des Thierkörpers und der Anlage ſei-
ner Theile ſehr zurück gegen die Unterſuchung über das Zuſtandekom-
men der einzelnen Lebenserſcheinungen. Er verwendet alſo zootomi-
ſche Kenntniſſe in dem Nutzen einer andern Wiſſenſchaft, der Phyſio-
logie. Da ſich aber eine Wiſſenſchaft der vergleichenden Anatomie
nicht ohne ein gewiſſes Bekanntſein mit den Verſchiedenheiten und
Uebereinſtimmungen des thieriſchen Baues als Bedürfniß fühlbar
machen, da ſich alſo natürlich auch eine anatomiſche Betrachtung der
Thierkörper nicht ohne ein beſtimmtes Maß bereits vorhandener zooto-
miſcher Kenntniſſe und mindeſtens Einzelangaben zu einer ſelbſtändigen
morphologiſchen Lehre erheben konnte, ſo iſt die Bedeutung der beiden
hiergenannten Männer auch für die vergleichende Anatomie nicht zu un-
terſchätzen. Es iſt hier eben hervorzuheben, daß das Herbeiſchaffen und
Sammeln einzelner zootomiſcher Thatſachen in einer Zeit, in welcher die
Naturbetrachtung überhaupt ſich noch nicht ohne Anlehnen an irgend
einen außer ihr liegenden praktiſchen Zweck wiſſenſchaftlich ſelbſtändig
machen konnte, für die ſpätere Gründung einer beſondern von jenen
Thatſachen ausgehenden Lehre von der größten Bedeutung war. Und
von dieſem Geſichtspunkte aus hat man neben Coiter auch Fabrizio als
einen der Männer zu bezeichnen, von welchen das Wiederaufleben der
vergleichenden Anatomie beginnt. Bei Coiter erſchienen die zootomiſchen
Notizen gewiſſermaßen als beiläufig geſammelt, als mehr oder weniger
unwichtige Reſultate der vergleichenden Unterſuchungen, durch welche
er die anatomiſchen Verhältniſſe des menſchlichen Körpers klarer her-
vortreten zu laſſen bemüht war. Fabrizio beginnt einen neuen Weg
einzuſchlagen. Er verſucht, eine beſtimmte Function (z. B. die Orts-
bewegung, Stimme, das Sehen) durch eine Reihe thieriſcher Formen
zu verfolgen, aber nicht ſowohl um in erſter Linie die anatomiſchen

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[380/0391] Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen. (geb. 1537 in genanntem Orte, 1565 Faloppia's Nachfolger als Pro- feſſor der Anatomie in Padua, wo er 1619 ſtarb). Wollte man der landläufigen Vermengung zootomiſchen und vergleichend-anatomiſchen Studiums nachgeben, ſo würde Fabrizio ohne Weiteres neben Coiter zu den Gründern der vergleichenden Anatomie zu rechnen ſein. Doch iſt dies nur in einem beſchränkten Sinne zu thun. Es tritt bei ihm die Frage nach der formellen Anlage des Thierkörpers und der Anlage ſei- ner Theile ſehr zurück gegen die Unterſuchung über das Zuſtandekom- men der einzelnen Lebenserſcheinungen. Er verwendet alſo zootomi- ſche Kenntniſſe in dem Nutzen einer andern Wiſſenſchaft, der Phyſio- logie. Da ſich aber eine Wiſſenſchaft der vergleichenden Anatomie nicht ohne ein gewiſſes Bekanntſein mit den Verſchiedenheiten und Uebereinſtimmungen des thieriſchen Baues als Bedürfniß fühlbar machen, da ſich alſo natürlich auch eine anatomiſche Betrachtung der Thierkörper nicht ohne ein beſtimmtes Maß bereits vorhandener zooto- miſcher Kenntniſſe und mindeſtens Einzelangaben zu einer ſelbſtändigen morphologiſchen Lehre erheben konnte, ſo iſt die Bedeutung der beiden hiergenannten Männer auch für die vergleichende Anatomie nicht zu un- terſchätzen. Es iſt hier eben hervorzuheben, daß das Herbeiſchaffen und Sammeln einzelner zootomiſcher Thatſachen in einer Zeit, in welcher die Naturbetrachtung überhaupt ſich noch nicht ohne Anlehnen an irgend einen außer ihr liegenden praktiſchen Zweck wiſſenſchaftlich ſelbſtändig machen konnte, für die ſpätere Gründung einer beſondern von jenen Thatſachen ausgehenden Lehre von der größten Bedeutung war. Und von dieſem Geſichtspunkte aus hat man neben Coiter auch Fabrizio als einen der Männer zu bezeichnen, von welchen das Wiederaufleben der vergleichenden Anatomie beginnt. Bei Coiter erſchienen die zootomiſchen Notizen gewiſſermaßen als beiläufig geſammelt, als mehr oder weniger unwichtige Reſultate der vergleichenden Unterſuchungen, durch welche er die anatomiſchen Verhältniſſe des menſchlichen Körpers klarer her- vortreten zu laſſen bemüht war. Fabrizio beginnt einen neuen Weg einzuſchlagen. Er verſucht, eine beſtimmte Function (z. B. die Orts- bewegung, Stimme, das Sehen) durch eine Reihe thieriſcher Formen zu verfolgen, aber nicht ſowohl um in erſter Linie die anatomiſchen

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/391>, abgerufen am 24.11.2024.