Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Arbeiten über einzelne Classen und Formen. rich II messen könnte. Aus den andern Ordnungen der Vögel fandenvorzüglich einige Besonderheiten Beachtung, theis von Alters her überlieferte Eigenthümlichkeiten, theils auf unvollständiger Beobach- tung und irriger Annahme beruhende Merkwürdigkeiten des Vogel- lebens. So wurden die brieftragenden Vögel einer besondern Betrach- tung von Joh. Wolfg. Majer unterworfen89); er führt hier Tauben, Krähen, Kraniche u. a. auf, aber mehr in litterarhistorischer Aus- führlichkeit mit allerhand Citaten, als in naturgeschichtlichem Sinne. Eine andere oft besprochene Frage betraf die Winterquartiere der Zug- vögel, besonders Störche und Schwalben. Von letzteren wurde, wie noch bis in eine ziemlich neue Zeit herein, angenommen, sie überwinter- ten in Höhlen, Spalten, in ihren Nestern, ja selbst im Wasser, wobei mit Aufwand von viel Gelehrsamkeit der Nachweis versucht wurde, daß das Athmen in dem erstarrten Zustande, in den sich die Thiere dabei befänden, gar nicht nöthig sei, ähnlich wie es auch vom Storch als möglich angeführt wurde90). Wie es sich hier um Erörterungen von Erscheinungen handelte, welche mit den gewöhnlichen Erfahrungen über den Ablauf des Lebensprozesses angeblich in Widerspruch standen, so wurden auch unter den übrigen Vögeln solche besonders behandelt, welche entweder durch ihre Geschichte oder durch ihre ganze Erscheinung mehr eine Art populärer Neugierde reizten, als wirklich wissenschaft- liches Interesse hervorriefen, so z. B. der Papagey, dessen Gelehrigkeit und Sprache von jeher bewundert worden war, und die Paradiesvögel, von denen erst eingehende Untersuchungen zeigen mußten, daß sie wirk- lich mit Füßen versehen seien, während bekanntlich der Volksglaube sie als nur auf dem Fluge lebend, höchstens zuweilen mit den gekrümmten Schwanzfedern angehängt ruhend, jedenfalls aber als völlig fußlos an- sah91). Und die Behandlung des Rebhuhns, wie sie beispielsweise 89) Majer, Jo. Wolfg., De avibus literigerulis. Jenae, 1683 u. 1684. 90) Jac. Thomasius, resp. Christ. Schmidichen, De hibernacu- lis hirundinum. Lips. 1658. Praetorius, Joh., Von des Storchs Winter- quartier. Lips. 1656. 91) Schmidichen, Chst., De psittaco. Lips. 1659. Grützmann, Dan., resp. Nic. Bonenberg, Diss. in qua Aves paradisiacas et primarie harum regem sistit. Jenae, 1667. V. Carus, Gesch. d. Zool. 23
Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen. rich II meſſen könnte. Aus den andern Ordnungen der Vögel fandenvorzüglich einige Beſonderheiten Beachtung, theis von Alters her überlieferte Eigenthümlichkeiten, theils auf unvollſtändiger Beobach- tung und irriger Annahme beruhende Merkwürdigkeiten des Vogel- lebens. So wurden die brieftragenden Vögel einer beſondern Betrach- tung von Joh. Wolfg. Majer unterworfen89); er führt hier Tauben, Krähen, Kraniche u. a. auf, aber mehr in litterarhiſtoriſcher Aus- führlichkeit mit allerhand Citaten, als in naturgeſchichtlichem Sinne. Eine andere oft beſprochene Frage betraf die Winterquartiere der Zug- vögel, beſonders Störche und Schwalben. Von letzteren wurde, wie noch bis in eine ziemlich neue Zeit herein, angenommen, ſie überwinter- ten in Höhlen, Spalten, in ihren Neſtern, ja ſelbſt im Waſſer, wobei mit Aufwand von viel Gelehrſamkeit der Nachweis verſucht wurde, daß das Athmen in dem erſtarrten Zuſtande, in den ſich die Thiere dabei befänden, gar nicht nöthig ſei, ähnlich wie es auch vom Storch als möglich angeführt wurde90). Wie es ſich hier um Erörterungen von Erſcheinungen handelte, welche mit den gewöhnlichen Erfahrungen über den Ablauf des Lebensprozeſſes angeblich in Widerſpruch ſtanden, ſo wurden auch unter den übrigen Vögeln ſolche beſonders behandelt, welche entweder durch ihre Geſchichte oder durch ihre ganze Erſcheinung mehr eine Art populärer Neugierde reizten, als wirklich wiſſenſchaft- liches Intereſſe hervorriefen, ſo z. B. der Papagey, deſſen Gelehrigkeit und Sprache von jeher bewundert worden war, und die Paradiesvögel, von denen erſt eingehende Unterſuchungen zeigen mußten, daß ſie wirk- lich mit Füßen verſehen ſeien, während bekanntlich der Volksglaube ſie als nur auf dem Fluge lebend, höchſtens zuweilen mit den gekrümmten Schwanzfedern angehängt ruhend, jedenfalls aber als völlig fußlos an- ſah91). Und die Behandlung des Rebhuhns, wie ſie beiſpielsweiſe 89) Majer, Jo. Wolfg., De avibus literigerulis. Jenae, 1683 u. 1684. 90) Jac. Thomasius, resp. Christ. Schmidichen, De hibernacu- lis hirundinum. Lips. 1658. Praetorius, Joh., Von des Storchs Winter- quartier. Lips. 1656. 91) Schmidichen, Chst., De psittaco. Lips. 1659. Grützmann, Dan., resp. Nic. Bonenberg, Diss. in qua Aves paradisiacas et primarie harum regem sistit. Jenae, 1667. V. Carus, Geſch. d. Zool. 23
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vorzüglich einige Beſonderheiten Beachtung, theis von Alters her
überlieferte Eigenthümlichkeiten, theils auf unvollſtändiger Beobach-
tung und irriger Annahme beruhende Merkwürdigkeiten des Vogel-
lebens. So wurden die brieftragenden Vögel einer beſondern Betrach-
tung von Joh. Wolfg. Majer unterworfen 89); er führt hier
Tauben,
Krähen, Kraniche u. a. auf, aber mehr in litterarhiſtoriſcher Aus-
führlichkeit mit allerhand Citaten, als in naturgeſchichtlichem Sinne.
Eine andere oft beſprochene Frage betraf die Winterquartiere der Zug-
vögel, beſonders Störche und Schwalben. Von letzteren wurde, wie
noch bis in eine ziemlich neue Zeit herein, angenommen, ſie überwinter-
ten in Höhlen, Spalten, in ihren Neſtern, ja ſelbſt im Waſſer, wobei
mit Aufwand von viel Gelehrſamkeit der Nachweis verſucht wurde, daß
das Athmen in dem erſtarrten Zuſtande, in den ſich die Thiere dabei
befänden, gar nicht nöthig ſei, ähnlich wie es auch vom Storch als
möglich angeführt wurde 90). Wie es ſich hier um Erörterungen von
Erſcheinungen handelte, welche mit den gewöhnlichen Erfahrungen über
den Ablauf des Lebensprozeſſes angeblich in Widerſpruch ſtanden, ſo
wurden auch unter den übrigen Vögeln ſolche beſonders behandelt,
welche entweder durch ihre Geſchichte oder durch ihre ganze Erſcheinung
mehr eine Art populärer Neugierde reizten, als wirklich wiſſenſchaft-
liches Intereſſe hervorriefen, ſo z. B. der Papagey, deſſen Gelehrigkeit
und Sprache von jeher bewundert worden war, und die Paradiesvögel,
von denen erſt eingehende Unterſuchungen zeigen mußten, daß ſie wirk-
lich mit Füßen verſehen ſeien, während bekanntlich der Volksglaube ſie
als nur auf dem Fluge lebend, höchſtens zuweilen mit den gekrümmten
Schwanzfedern angehängt ruhend, jedenfalls aber als völlig fußlos an-
ſah 91). Und die Behandlung des
Rebhuhns, wie ſie beiſpielsweiſe
89) Majer, Jo.
Wolfg., De avibus literigerulis. Jenae, 1683 u. 1684.
90) Jac. Thomasius, resp. Christ.
Schmidichen, De hibernacu-
lis hirundinum. Lips. 1658. Praetorius, Joh., Von des Storchs
Winter-
quartier. Lips. 1656.
91) Schmidichen, Chst., De psittaco. Lips. 1659.
Grützmann,
Dan., resp. Nic. Bonenberg, Diss. in qua Aves paradisiacas et primarie
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