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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zoologie des Mittelalters.
Jacobus de Vitry und Glossen. Von antiken Autoren führt er an Ari-
stoteles
, Plinius, Megasthenes, Dioscorides, Macrobius, Lucanus,
Ennius u. s. f. Auch die Historia Alexandri Magni erscheint bei den
Sirenen. Von ärztlichen Schriftstellern werden angeführt Hippokrates,
Galen, Aesculapius, Sextius, Isaac, Constantinus, Avicenna. Der
von ihm oft erwähnte Physiologus ist, wenn er sich überhaupt als
mit dem mittelalterlichen Thierbuch gleichen Namens identisch herausstel-
len sollte, eine ausführlichere Recension desselben, als man bis jetzt
kennt. Auch Jorath erscheint wieder; in der Uebersicht der benutzten
Quellen wird er als Chaldäer bezeichnet. Die hier aus seinem Thier-
buch mitgetheilten Stellen sind länger und zusammenhängender als bei
den früheren Schriftstellern, welche diese Schrift anführen. Beim Alie-
tus
und Larus wird eine Schrift Aurora angeführt. Außer den hier
aufgezählten, den sachlichen Gehalt seiner Schrift darbietenden Quellen
hat Bartholomäus viel Aufmerksamkeit auf die sprachliche Seite seiner
Thiernamen gewendet, natürlich aber nur soweit ihm hierfür zu Rathe
gezogene Autoren Anhaltepunkte gaben. Außer Isidorus sind Papias
und Huguitio benutzt worden.

Die allgemeine Anordnung seines die ganze Welt umfassenden,
aber im Verhältniß zu diesem Plane sehr compendiös gehaltenen Werkes
entspricht ziemlich der Anordnung ähnlicher Werke aus jener Zeit. Es
beginnt mit Gott, den Engeln, der menschlichen Seele, läßt dann den
Menschen körperlich folgen und reiht nun hieran, als an die Krone der
Schöpfung die übrige Welt. Daß es vorzüglich auf die Verherrlichung
des Schöpfers und seiner Schöpfung abgesehen ist, beweist die Einfüh-
rung der Vögel und Fische als Zierden und Schmuck der Luft und des
Wassers. Es interessirt hier nur das zwölfte Buch, welches die Vögel
enthält, das dreizehnte, welches das Wasser und in einem Schlußkapitel
die Fische schildert, und das achtzehnte, welches sämmtliche übrigen
Thiere umfaßt. Mit Ausnahme der Fische, welche mehr nach Art der
aristotelischen Bücher in einen fortlaufenden Text eingereiht besprochen
werden, sind auch die einzelnen Formen alphabetisch aufgezählt. Inner-
halb der einzelnen Artikel erzählt der Verfasser fortlaufender und zu-
sammenhängender als es z. B. Vincenz von Beauvais thut. Auch

Die Zoologie des Mittelalters.
Jacobus de Vitry und Gloſſen. Von antiken Autoren führt er an Ari-
ſtoteles
, Plinius, Megaſthenes, Dioſcorides, Macrobius, Lucanus,
Ennius u. ſ. f. Auch die Historia Alexandri Magni erſcheint bei den
Sirenen. Von ärztlichen Schriftſtellern werden angeführt Hippokrates,
Galen, Aesculapius, Sextius, Iſaac, Conſtantinus, Avicenna. Der
von ihm oft erwähnte Phyſiologus iſt, wenn er ſich überhaupt als
mit dem mittelalterlichen Thierbuch gleichen Namens identiſch herausſtel-
len ſollte, eine ausführlichere Recenſion deſſelben, als man bis jetzt
kennt. Auch Jorath erſcheint wieder; in der Ueberſicht der benutzten
Quellen wird er als Chaldäer bezeichnet. Die hier aus ſeinem Thier-
buch mitgetheilten Stellen ſind länger und zuſammenhängender als bei
den früheren Schriftſtellern, welche dieſe Schrift anführen. Beim Alie-
tus
und Larus wird eine Schrift Aurora angeführt. Außer den hier
aufgezählten, den ſachlichen Gehalt ſeiner Schrift darbietenden Quellen
hat Bartholomäus viel Aufmerkſamkeit auf die ſprachliche Seite ſeiner
Thiernamen gewendet, natürlich aber nur ſoweit ihm hierfür zu Rathe
gezogene Autoren Anhaltepunkte gaben. Außer Iſidorus ſind Papias
und Huguitio benutzt worden.

Die allgemeine Anordnung ſeines die ganze Welt umfaſſenden,
aber im Verhältniß zu dieſem Plane ſehr compendiös gehaltenen Werkes
entſpricht ziemlich der Anordnung ähnlicher Werke aus jener Zeit. Es
beginnt mit Gott, den Engeln, der menſchlichen Seele, läßt dann den
Menſchen körperlich folgen und reiht nun hieran, als an die Krone der
Schöpfung die übrige Welt. Daß es vorzüglich auf die Verherrlichung
des Schöpfers und ſeiner Schöpfung abgeſehen iſt, beweiſt die Einfüh-
rung der Vögel und Fiſche als Zierden und Schmuck der Luft und des
Waſſers. Es intereſſirt hier nur das zwölfte Buch, welches die Vögel
enthält, das dreizehnte, welches das Waſſer und in einem Schlußkapitel
die Fiſche ſchildert, und das achtzehnte, welches ſämmtliche übrigen
Thiere umfaßt. Mit Ausnahme der Fiſche, welche mehr nach Art der
ariſtoteliſchen Bücher in einen fortlaufenden Text eingereiht beſprochen
werden, ſind auch die einzelnen Formen alphabetiſch aufgezählt. Inner-
halb der einzelnen Artikel erzählt der Verfaſſer fortlaufender und zu-
ſammenhängender als es z. B. Vincenz von Beauvais thut. Auch

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[246/0257] Die Zoologie des Mittelalters. Jacobus de Vitry und Gloſſen. Von antiken Autoren führt er an Ari- ſtoteles, Plinius, Megaſthenes, Dioſcorides, Macrobius, Lucanus, Ennius u. ſ. f. Auch die Historia Alexandri Magni erſcheint bei den Sirenen. Von ärztlichen Schriftſtellern werden angeführt Hippokrates, Galen, Aesculapius, Sextius, Iſaac, Conſtantinus, Avicenna. Der von ihm oft erwähnte Phyſiologus iſt, wenn er ſich überhaupt als mit dem mittelalterlichen Thierbuch gleichen Namens identiſch herausſtel- len ſollte, eine ausführlichere Recenſion deſſelben, als man bis jetzt kennt. Auch Jorath erſcheint wieder; in der Ueberſicht der benutzten Quellen wird er als Chaldäer bezeichnet. Die hier aus ſeinem Thier- buch mitgetheilten Stellen ſind länger und zuſammenhängender als bei den früheren Schriftſtellern, welche dieſe Schrift anführen. Beim Alie- tus und Larus wird eine Schrift Aurora angeführt. Außer den hier aufgezählten, den ſachlichen Gehalt ſeiner Schrift darbietenden Quellen hat Bartholomäus viel Aufmerkſamkeit auf die ſprachliche Seite ſeiner Thiernamen gewendet, natürlich aber nur ſoweit ihm hierfür zu Rathe gezogene Autoren Anhaltepunkte gaben. Außer Iſidorus ſind Papias und Huguitio benutzt worden. Die allgemeine Anordnung ſeines die ganze Welt umfaſſenden, aber im Verhältniß zu dieſem Plane ſehr compendiös gehaltenen Werkes entſpricht ziemlich der Anordnung ähnlicher Werke aus jener Zeit. Es beginnt mit Gott, den Engeln, der menſchlichen Seele, läßt dann den Menſchen körperlich folgen und reiht nun hieran, als an die Krone der Schöpfung die übrige Welt. Daß es vorzüglich auf die Verherrlichung des Schöpfers und ſeiner Schöpfung abgeſehen iſt, beweiſt die Einfüh- rung der Vögel und Fiſche als Zierden und Schmuck der Luft und des Waſſers. Es intereſſirt hier nur das zwölfte Buch, welches die Vögel enthält, das dreizehnte, welches das Waſſer und in einem Schlußkapitel die Fiſche ſchildert, und das achtzehnte, welches ſämmtliche übrigen Thiere umfaßt. Mit Ausnahme der Fiſche, welche mehr nach Art der ariſtoteliſchen Bücher in einen fortlaufenden Text eingereiht beſprochen werden, ſind auch die einzelnen Formen alphabetiſch aufgezählt. Inner- halb der einzelnen Artikel erzählt der Verfaſſer fortlaufender und zu- ſammenhängender als es z. B. Vincenz von Beauvais thut. Auch

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/257>, abgerufen am 22.11.2024.