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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zoologie des Mittelalters.
dem Geiste des letzten Idioms nicht gerecht werden. Oft führt er ein-
fach das griechische Wort ohne weiteres mit lateinischen Buchstaben an
ohne weitere Erklärung, die er wahrscheinlich nicht überall geben
konnte. So hart und unlateinisch daher seine Uebersetzung ist, so ist
sie doch gerade des genannten Umstandes wegen sehr wichtig191).
Handschriften seiner, sämmtliche zoologische Schriften des Aristoteles
umfassenden Uebersetzung sind nicht eben selten.

Frägt man nun nach dem, was denn eigentlich den Eintritt des
Aristoteles zu einem für die Geschichte der Naturwissenschaften, beson-
ders der Zoologie, so wichtigen Ereigniß gemacht hat, so könnte man
vielleicht meinen, es würde schon hinreichen, einfach auf die Form und
den Inhalt der betreffenden Schriften hinzuweisen. So wenig indessen
die bloße Kenntniß derselben genügte, unter den Arabern eine wissen-
schaftliche Zoologie erblühen zu lassen, so unwirksam sein Einfluß für
diese Seite des Wissens bei den Römern gewesen war, so waren sicher-
lich auch jetzt besondere Umstände für seine Wirksamkeit bedingend.
Nach den wiederholten Verboten, welche wie früher erwähnt den Aver-
roes
und durch ihn auch Aristoteles getroffen hatten, muß man wohl
annehmen, daß die platonisirende Richtung der Realisten die Jünger
der Wissenschaft nicht völlig befriedigte. Man hatte die ganze Kunst
der Dialektik auf aristotelische Vorschriften gegründet und sah nun zum
ersten Male, daß eine ganze Summe werthvollsten Wissens von dem-
selben Schriftsteller dargeboten wurde, welcher die formale Seite der
Bildung so lange schon beherrscht hatte. Als äußere Veranlassung zum
lebendigen Ergreifen des sich nun erschließenden Stoffes mag wohl
auch nicht mit Unrecht der Wetteifer einzelner Lehrer oder Lehrgemein-

191) Beispielsweise sei hier angeführt: eti tois topois ta men troglodu-
tika u. s. w. ist bei ihm: adhuc haec quidem cavernosa etc.; eti ta men
amuntika ta de phulaktika heißt: adhuc haec quidem amintica haec autem
silactica.
Oder weiter im 13. Kapitel des ersten Buches, wo die Ausdrücke bifies,
monofies, itron (etron), epision, cholas, diazoma, cotilidon
herübergenommen
werden ohne Uebersetzung. -- Ich besitze von einem Theile der Thiergeschichte in
dieser Uebersetzung Abschrift nach zwei auf der Universitätsbibliothek befindlichen
Handschriften. Proben der Uebersetzung hat auch Jourdain, a. a. O. S. 426
flgde, gegeben.

Die Zoologie des Mittelalters.
dem Geiſte des letzten Idioms nicht gerecht werden. Oft führt er ein-
fach das griechiſche Wort ohne weiteres mit lateiniſchen Buchſtaben an
ohne weitere Erklärung, die er wahrſcheinlich nicht überall geben
konnte. So hart und unlateiniſch daher ſeine Ueberſetzung iſt, ſo iſt
ſie doch gerade des genannten Umſtandes wegen ſehr wichtig191).
Handſchriften ſeiner, ſämmtliche zoologiſche Schriften des Ariſtoteles
umfaſſenden Ueberſetzung ſind nicht eben ſelten.

Frägt man nun nach dem, was denn eigentlich den Eintritt des
Ariſtoteles zu einem für die Geſchichte der Naturwiſſenſchaften, beſon-
ders der Zoologie, ſo wichtigen Ereigniß gemacht hat, ſo könnte man
vielleicht meinen, es würde ſchon hinreichen, einfach auf die Form und
den Inhalt der betreffenden Schriften hinzuweiſen. So wenig indeſſen
die bloße Kenntniß derſelben genügte, unter den Arabern eine wiſſen-
ſchaftliche Zoologie erblühen zu laſſen, ſo unwirkſam ſein Einfluß für
dieſe Seite des Wiſſens bei den Römern geweſen war, ſo waren ſicher-
lich auch jetzt beſondere Umſtände für ſeine Wirkſamkeit bedingend.
Nach den wiederholten Verboten, welche wie früher erwähnt den Aver-
roës
und durch ihn auch Ariſtoteles getroffen hatten, muß man wohl
annehmen, daß die platoniſirende Richtung der Realiſten die Jünger
der Wiſſenſchaft nicht völlig befriedigte. Man hatte die ganze Kunſt
der Dialektik auf ariſtoteliſche Vorſchriften gegründet und ſah nun zum
erſten Male, daß eine ganze Summe werthvollſten Wiſſens von dem-
ſelben Schriftſteller dargeboten wurde, welcher die formale Seite der
Bildung ſo lange ſchon beherrſcht hatte. Als äußere Veranlaſſung zum
lebendigen Ergreifen des ſich nun erſchließenden Stoffes mag wohl
auch nicht mit Unrecht der Wetteifer einzelner Lehrer oder Lehrgemein-

191) Beiſpielsweiſe ſei hier angeführt: ἔτι τοῖς τόποις τὰ μὲν τρωγλοδυ-
τικά u. ſ. w. iſt bei ihm: adhuc haec quidem cavernosa etc.; ἔτι τὰ μὲν
ἀμυντικὰ τὰ δὲ φυλακτικά heißt: adhuc haec quidem amintica haec autem
silactica.
Oder weiter im 13. Kapitel des erſten Buches, wo die Ausdrücke bifies,
monofies, itron (ἦτρον), epision, cholas, diazoma, cotilidon
herübergenommen
werden ohne Ueberſetzung. — Ich beſitze von einem Theile der Thiergeſchichte in
dieſer Ueberſetzung Abſchrift nach zwei auf der Univerſitätsbibliothek befindlichen
Handſchriften. Proben der Ueberſetzung hat auch Jourdain, a. a. O. S. 426
flgde, gegeben.
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[210/0221] Die Zoologie des Mittelalters. dem Geiſte des letzten Idioms nicht gerecht werden. Oft führt er ein- fach das griechiſche Wort ohne weiteres mit lateiniſchen Buchſtaben an ohne weitere Erklärung, die er wahrſcheinlich nicht überall geben konnte. So hart und unlateiniſch daher ſeine Ueberſetzung iſt, ſo iſt ſie doch gerade des genannten Umſtandes wegen ſehr wichtig 191). Handſchriften ſeiner, ſämmtliche zoologiſche Schriften des Ariſtoteles umfaſſenden Ueberſetzung ſind nicht eben ſelten. Frägt man nun nach dem, was denn eigentlich den Eintritt des Ariſtoteles zu einem für die Geſchichte der Naturwiſſenſchaften, beſon- ders der Zoologie, ſo wichtigen Ereigniß gemacht hat, ſo könnte man vielleicht meinen, es würde ſchon hinreichen, einfach auf die Form und den Inhalt der betreffenden Schriften hinzuweiſen. So wenig indeſſen die bloße Kenntniß derſelben genügte, unter den Arabern eine wiſſen- ſchaftliche Zoologie erblühen zu laſſen, ſo unwirkſam ſein Einfluß für dieſe Seite des Wiſſens bei den Römern geweſen war, ſo waren ſicher- lich auch jetzt beſondere Umſtände für ſeine Wirkſamkeit bedingend. Nach den wiederholten Verboten, welche wie früher erwähnt den Aver- roës und durch ihn auch Ariſtoteles getroffen hatten, muß man wohl annehmen, daß die platoniſirende Richtung der Realiſten die Jünger der Wiſſenſchaft nicht völlig befriedigte. Man hatte die ganze Kunſt der Dialektik auf ariſtoteliſche Vorſchriften gegründet und ſah nun zum erſten Male, daß eine ganze Summe werthvollſten Wiſſens von dem- ſelben Schriftſteller dargeboten wurde, welcher die formale Seite der Bildung ſo lange ſchon beherrſcht hatte. Als äußere Veranlaſſung zum lebendigen Ergreifen des ſich nun erſchließenden Stoffes mag wohl auch nicht mit Unrecht der Wetteifer einzelner Lehrer oder Lehrgemein- 191) Beiſpielsweiſe ſei hier angeführt: ἔτι τοῖς τόποις τὰ μὲν τρωγλοδυ- τικά u. ſ. w. iſt bei ihm: adhuc haec quidem cavernosa etc.; ἔτι τὰ μὲν ἀμυντικὰ τὰ δὲ φυλακτικά heißt: adhuc haec quidem amintica haec autem silactica. Oder weiter im 13. Kapitel des erſten Buches, wo die Ausdrücke bifies, monofies, itron (ἦτρον), epision, cholas, diazoma, cotilidon herübergenommen werden ohne Ueberſetzung. — Ich beſitze von einem Theile der Thiergeſchichte in dieſer Ueberſetzung Abſchrift nach zwei auf der Univerſitätsbibliothek befindlichen Handſchriften. Proben der Ueberſetzung hat auch Jourdain, a. a. O. S. 426 flgde, gegeben.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/221>, abgerufen am 24.11.2024.