Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Die Zoologie der Araber. Dschahif nach, daß jeder im süßen Wasser lebende Fisch (ob Dschahifhier wirklich Fische oder nur Wasserthiere meint, ist zweifelhaft) eine Zunge und ein Gehirn habe, alle Fische im Meere aber weder das eine noch das andere. Doch begegnet man auch mehreren historisch nicht uninteressanten Angaben. Ob die Schilderung der Affen (oder Men- schenkinder, deren Charaktere denen wilder Thiere ähnlich sind und die auf Bäumen der Inseln Java und Sumatra wohnen) sich auf den Orang-Utang beziehen, ist nicht ganz sicher. Dagegen erwähnt Kaz- wini deutlich die Pteropen von Java als geflügelte Katzen. Ferner ist wohl die Beschreibung eines Fisches (aus dem rothen Meere!) in der Gestalt einer Kuh, welcher Junge zur Welt bringt und säugt, vielleicht auf den Dugong zu beziehen. Auch Kazwini sagt, daß das Krokodil nur die obere Kinnlade bewege und im Rücken keine Wirbel habe. Des- sen Freundschaft mit einem Vogel, der ihm die Zähne reinigt, erwähnt er in einer oft wiederkehrenden Form. Manches im Physiologus Er- zählte findet sich hier wieder, zuweilen mit eigenthümlicher Uebertra- gung der Geschichte auf andere Thiere. Die Erzählung von der Selbst- castration wird von Kazwini nicht beim Biber, sondern beim Wasser- hund vorgebracht, bei demselben auch das im Physiologus vom Hydrus Berichtete. Die Erzählung von der Serra findet sich wie bei Plinius auch hier vom Delphin mitgetheilt. Die täuschende Inselbildung wird hier nicht dem großen Walfisch, sondern der Meerschildkröte zugeschrie- ben, also mehr im Sinne der Etymologie des Wortes Aspidochelone. Für die Geschichte einzelner Ansichten, der Erzählungen über einzelne Thiere ist jedenfalls Kazwini von größtem Interesse. Doch lag eine besondere Darstellung zoologischer Auffassungen nicht in seinem Plane. Noch weniger thatsächliches Material zur Geschichte der Thier- 103) Cosmographie. Texte arabe
publie par Mehren. St. Petersbourg, 1866. 4°. Die Zoologie der Araber. Dſchahif nach, daß jeder im ſüßen Waſſer lebende Fiſch (ob Dſchahifhier wirklich Fiſche oder nur Waſſerthiere meint, iſt zweifelhaft) eine Zunge und ein Gehirn habe, alle Fiſche im Meere aber weder das eine noch das andere. Doch begegnet man auch mehreren hiſtoriſch nicht unintereſſanten Angaben. Ob die Schilderung der Affen (oder Men- ſchenkinder, deren Charaktere denen wilder Thiere ähnlich ſind und die auf Bäumen der Inſeln Java und Sumatra wohnen) ſich auf den Orang-Utang beziehen, iſt nicht ganz ſicher. Dagegen erwähnt Kaz- wini deutlich die Pteropen von Java als geflügelte Katzen. Ferner iſt wohl die Beſchreibung eines Fiſches (aus dem rothen Meere!) in der Geſtalt einer Kuh, welcher Junge zur Welt bringt und ſäugt, vielleicht auf den Dugong zu beziehen. Auch Kazwini ſagt, daß das Krokodil nur die obere Kinnlade bewege und im Rücken keine Wirbel habe. Deſ- ſen Freundſchaft mit einem Vogel, der ihm die Zähne reinigt, erwähnt er in einer oft wiederkehrenden Form. Manches im Phyſiologus Er- zählte findet ſich hier wieder, zuweilen mit eigenthümlicher Uebertra- gung der Geſchichte auf andere Thiere. Die Erzählung von der Selbſt- caſtration wird von Kazwini nicht beim Biber, ſondern beim Waſſer- hund vorgebracht, bei demſelben auch das im Phyſiologus vom Hydrus Berichtete. Die Erzählung von der Serra findet ſich wie bei Plinius auch hier vom Delphin mitgetheilt. Die täuſchende Inſelbildung wird hier nicht dem großen Walfiſch, ſondern der Meerſchildkröte zugeſchrie- ben, alſo mehr im Sinne der Etymologie des Wortes Aspidochelone. Für die Geſchichte einzelner Anſichten, der Erzählungen über einzelne Thiere iſt jedenfalls Kazwini von größtem Intereſſe. Doch lag eine beſondere Darſtellung zoologiſcher Auffaſſungen nicht in ſeinem Plane. Noch weniger thatſächliches Material zur Geſchichte der Thier- 103) Cosmographie. Texte arabe
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Die Zoologie der Araber.
Dſchahif nach, daß jeder im ſüßen Waſſer lebende Fiſch (ob Dſchahif
hier wirklich Fiſche oder nur Waſſerthiere meint, iſt zweifelhaft) eine
Zunge und ein Gehirn habe, alle Fiſche im Meere aber weder das eine
noch das andere. Doch begegnet man auch mehreren hiſtoriſch nicht
unintereſſanten Angaben. Ob die Schilderung der Affen (oder Men-
ſchenkinder, deren Charaktere denen wilder Thiere ähnlich ſind und die
auf Bäumen der Inſeln Java und Sumatra wohnen) ſich auf den
Orang-Utang beziehen, iſt nicht ganz ſicher. Dagegen erwähnt Kaz-
wini deutlich die Pteropen von Java als geflügelte Katzen. Ferner iſt
wohl die Beſchreibung eines Fiſches (aus dem rothen Meere!) in der
Geſtalt einer Kuh, welcher Junge zur Welt bringt und ſäugt, vielleicht
auf den Dugong zu beziehen. Auch Kazwini ſagt, daß das Krokodil
nur die obere Kinnlade bewege und im Rücken keine Wirbel habe. Deſ-
ſen Freundſchaft mit einem Vogel, der ihm die Zähne reinigt, erwähnt
er in einer oft wiederkehrenden Form. Manches im Phyſiologus Er-
zählte findet ſich hier wieder, zuweilen mit eigenthümlicher Uebertra-
gung der Geſchichte auf andere Thiere. Die Erzählung von der Selbſt-
caſtration wird von Kazwini nicht beim Biber, ſondern beim Waſſer-
hund vorgebracht, bei demſelben auch das im Phyſiologus vom Hydrus
Berichtete. Die Erzählung von der Serra findet ſich wie bei Plinius
auch hier vom Delphin mitgetheilt. Die täuſchende Inſelbildung wird
hier nicht dem großen Walfiſch, ſondern der Meerſchildkröte zugeſchrie-
ben, alſo mehr im Sinne der Etymologie des Wortes Aspidochelone.
Für die Geſchichte einzelner Anſichten, der Erzählungen über einzelne
Thiere iſt jedenfalls Kazwini von größtem Intereſſe. Doch lag eine
beſondere Darſtellung zoologiſcher Auffaſſungen nicht in ſeinem Plane.
Noch weniger thatſächliches Material zur Geſchichte der Thier-
kenntniß bietet die dritte noch zu erwähnende Kosmographie dar, welche
Schemseddin Abu Abdallah Muhammed el Dimeſchki
(lebte 1256-1327) unter dem Titel Nukhbet el-dahr (Auswahl des
Zeitlichen) geſchrieben hat 103).
103) Cosmographie. Texte arabe
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