alles und jedes Material der Bildung nur dadurch ge¬ geben wird, daß eben dieselbe Urgestalt, dieselbe Monade oder Urzelle, in welcher die Lebensidee des Organismus zu allererst als mikroskopischer Eikeim räumlich gesetzt ist, im Verlauf der Entwicklung unermeßliche Male sich wiederholt, so daß also zunächst der werdende Organismus durch und durch erscheint als ein aus dem flüssigen Element hervor¬ gehender Bau unzählbarer Urzellen oder Monaden, deren jede in sich eigenlebendig, wieder für sich ihren Lebens¬ cyclus vollendet, entsteht, wieder vergeht und von neuen Monaden ersetzt wird; Gebilde welche je näher dem Ur¬ beginn allgemeiner Bildung, um so mehr unter einander vollkommen gleich sind, je weiter davon, um so mehr und mehr individuell besonders modificirt und zu größeren Ge¬ bilden so verschmolzen werden, daß ihre Individualität in diesen gänzlich untergeht. Immer stärkeres entschiedeneres Ausprägen der Individualität ist ja überhaupt das Wesen und das Ziel aller Offenbarung einer Idee. Indem so¬ nach gewisse Reihen dieser Monaden die eine, andere aber eine andere Strahlung der Idee darstellen, treten in dem auch räumlich mehr und mehr sich ausdehnenden, und mehr und mehr hie und da verschmelzenden Bau dieser Urzellen, einzelne Lebenkreise hervor, die wir mit dem Namen orga¬ nischer Systeme bezeichnen und in welchen nun entweder bloß eine Strahlung unbewußten Seelenlebens dargebildet wird, oder die Erscheinung einer künftig als Bewußtsein sich offenbarenden Strahlung des Seelenlebens prometheisch sich vorbereitet.
Ehe wir jedoch alle diese besonderen Entwicklungen näher verfolgen, ist noch auf eine Eigenthümlichkeit dieser Vorgänge aufmerksam zu machen, welche für die Art des Schaffens unseres göttlichen Urbildes äußerst bezeichnend genannt werden muß; diese ist: das Wunderbare, Blitzähnlich Setzende, Schöpferische, Vergrößernde aller ersten Gestaltungen (Krystallisation) unserer und ähnlicher Organismen.
alles und jedes Material der Bildung nur dadurch ge¬ geben wird, daß eben dieſelbe Urgeſtalt, dieſelbe Monade oder Urzelle, in welcher die Lebensidee des Organismus zu allererſt als mikroſkopiſcher Eikeim räumlich geſetzt iſt, im Verlauf der Entwicklung unermeßliche Male ſich wiederholt, ſo daß alſo zunächſt der werdende Organismus durch und durch erſcheint als ein aus dem flüſſigen Element hervor¬ gehender Bau unzählbarer Urzellen oder Monaden, deren jede in ſich eigenlebendig, wieder für ſich ihren Lebens¬ cyclus vollendet, entſteht, wieder vergeht und von neuen Monaden erſetzt wird; Gebilde welche je näher dem Ur¬ beginn allgemeiner Bildung, um ſo mehr unter einander vollkommen gleich ſind, je weiter davon, um ſo mehr und mehr individuell beſonders modificirt und zu größeren Ge¬ bilden ſo verſchmolzen werden, daß ihre Individualität in dieſen gänzlich untergeht. Immer ſtärkeres entſchiedeneres Ausprägen der Individualität iſt ja überhaupt das Weſen und das Ziel aller Offenbarung einer Idee. Indem ſo¬ nach gewiſſe Reihen dieſer Monaden die eine, andere aber eine andere Strahlung der Idee darſtellen, treten in dem auch räumlich mehr und mehr ſich ausdehnenden, und mehr und mehr hie und da verſchmelzenden Bau dieſer Urzellen, einzelne Lebenkreiſe hervor, die wir mit dem Namen orga¬ niſcher Syſteme bezeichnen und in welchen nun entweder bloß eine Strahlung unbewußten Seelenlebens dargebildet wird, oder die Erſcheinung einer künftig als Bewußtſein ſich offenbarenden Strahlung des Seelenlebens prometheiſch ſich vorbereitet.
Ehe wir jedoch alle dieſe beſonderen Entwicklungen näher verfolgen, iſt noch auf eine Eigenthümlichkeit dieſer Vorgänge aufmerkſam zu machen, welche für die Art des Schaffens unſeres göttlichen Urbildes äußerſt bezeichnend genannt werden muß; dieſe iſt: das Wunderbare, Blitzähnlich Setzende, Schöpferiſche, Vergrößernde aller erſten Geſtaltungen (Kryſtalliſation) unſerer und ähnlicher Organismen.
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alles und jedes Material der Bildung nur dadurch ge¬
geben wird, daß eben dieſelbe Urgeſtalt, dieſelbe Monade
oder Urzelle, in welcher die Lebensidee des Organismus zu
allererſt als mikroſkopiſcher Eikeim räumlich geſetzt iſt, im
Verlauf der Entwicklung unermeßliche Male ſich wiederholt,
ſo daß alſo zunächſt der werdende Organismus durch und
durch erſcheint als ein aus dem flüſſigen Element hervor¬
gehender Bau unzählbarer Urzellen oder Monaden, deren
jede in ſich eigenlebendig, wieder für ſich ihren Lebens¬
cyclus vollendet, entſteht, wieder vergeht und von neuen
Monaden erſetzt wird; Gebilde welche je näher dem Ur¬
beginn allgemeiner Bildung, um ſo mehr unter einander
vollkommen gleich ſind, je weiter davon, um ſo mehr und
mehr individuell beſonders modificirt und zu größeren Ge¬
bilden ſo verſchmolzen werden, daß ihre Individualität in
dieſen gänzlich untergeht. Immer ſtärkeres entſchiedeneres
Ausprägen der Individualität iſt ja überhaupt das Weſen
und das Ziel aller Offenbarung einer Idee. Indem ſo¬
nach gewiſſe Reihen dieſer Monaden die eine, andere aber
eine andere Strahlung der Idee darſtellen, treten in dem
auch räumlich mehr und mehr ſich ausdehnenden, und mehr
und mehr hie und da verſchmelzenden Bau dieſer Urzellen,
einzelne Lebenkreiſe hervor, die wir mit dem Namen orga¬
niſcher Syſteme bezeichnen und in welchen nun entweder
bloß eine Strahlung unbewußten Seelenlebens dargebildet
wird, oder die Erſcheinung einer künftig als Bewußtſein
ſich offenbarenden Strahlung des Seelenlebens prometheiſch
ſich vorbereitet.
Ehe wir jedoch alle dieſe beſonderen Entwicklungen
näher verfolgen, iſt noch auf eine Eigenthümlichkeit dieſer
Vorgänge aufmerkſam zu machen, welche für die Art des
Schaffens unſeres göttlichen Urbildes äußerſt bezeichnend
genannt werden muß; dieſe iſt: das Wunderbare,
Blitzähnlich Setzende, Schöpferiſche, Vergrößernde
aller erſten Geſtaltungen (Kryſtalliſation) unſerer
und ähnlicher Organismen.
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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/50>, abgerufen am 21.11.2024.
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