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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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ses Dinges sich verräth, so daß dieser Klang, dieses Wort,
gerade deßhalb nun als geistiges Symbol des Dinges selbst
genommen werden kann. Eben weil dann dieses Symbol
nicht mehr ein Ding selbst ist, kann es ferner aber auch,
wie es zuerst nur Symbol der Erscheinung war, auch
Symbol der Idee werden, und erst wenn es bis dahin ge¬
steigert ist, wird das möglich, was eben das Wesentliche
aller Erkenntniß ist, nämlich Auffassen des Verhältnisses
von Idee und Erscheinung. Ohne Wort, ohne Sprache
also keine Erkenntniß, kein Wissen! Es versteht sich von
selbst, daß hier das Wort nicht bloß als Klang und als
Symbol der Erscheinung genommen ist -- ein solches Wort
können auch die Thiere sprechen lernen, sondern das Wort
zugleich als Symbol der Idee. Man kann sogar wei¬
ter gehen und das Wort auch von dem Klange abtrennen,
indem man es bloß als ein geschriebenes Zeichen betrachtet,
und immer noch kann es auch so Bedingung der Erkennt¬
niß werden. -- Es würde nämlich allerdings bloß als
solches Zeichen
nicht entstehen, und wenn es keine ge¬
sprochene Sprache gäbe, würde auch keine geschriebene ent¬
standen sein; ist aber einmal das wunderbare Kunstwerk
der Sprache erschaffen und entstanden, so kann es aller¬
dings auch ohne Klang, als Geste oder Zeichen, unter Men¬
schen fortwirken und Erkenntniß bedingen, wie dieses beim
Unterrichte von Taubstummen auf die merkwürdigste Weise
sich darstellt.

Also -- mit einem Wort -- nur daß ein Medium, ein
Tertium comparationis da sei, in welchem Idee und Er¬
scheinung, diese beiden sonst scheinbar ewig unvereinbaren
und doch sich durch und durch bedingenden Factoren, auf¬
gehen und ausgedrückt werden können, nur darauf kommt
es an und davon hängt es ab, daß Erkenntniß zu Stande
komme. -- Das innere absichtlich gewollte Bewegen der
Seele im Bereich nur eben dieses Dritten, dieses Numerus,
dieser Algebra, dieser ganz eigentlichen Buchstabenrechnung

ſes Dinges ſich verräth, ſo daß dieſer Klang, dieſes Wort,
gerade deßhalb nun als geiſtiges Symbol des Dinges ſelbſt
genommen werden kann. Eben weil dann dieſes Symbol
nicht mehr ein Ding ſelbſt iſt, kann es ferner aber auch,
wie es zuerſt nur Symbol der Erſcheinung war, auch
Symbol der Idee werden, und erſt wenn es bis dahin ge¬
ſteigert iſt, wird das möglich, was eben das Weſentliche
aller Erkenntniß iſt, nämlich Auffaſſen des Verhältniſſes
von Idee und Erſcheinung. Ohne Wort, ohne Sprache
alſo keine Erkenntniß, kein Wiſſen! Es verſteht ſich von
ſelbſt, daß hier das Wort nicht bloß als Klang und als
Symbol der Erſcheinung genommen iſt — ein ſolches Wort
können auch die Thiere ſprechen lernen, ſondern das Wort
zugleich als Symbol der Idee. Man kann ſogar wei¬
ter gehen und das Wort auch von dem Klange abtrennen,
indem man es bloß als ein geſchriebenes Zeichen betrachtet,
und immer noch kann es auch ſo Bedingung der Erkennt¬
niß werden. — Es würde nämlich allerdings bloß als
ſolches Zeichen
nicht entſtehen, und wenn es keine ge¬
ſprochene Sprache gäbe, würde auch keine geſchriebene ent¬
ſtanden ſein; iſt aber einmal das wunderbare Kunſtwerk
der Sprache erſchaffen und entſtanden, ſo kann es aller¬
dings auch ohne Klang, als Geſte oder Zeichen, unter Men¬
ſchen fortwirken und Erkenntniß bedingen, wie dieſes beim
Unterrichte von Taubſtummen auf die merkwürdigſte Weiſe
ſich darſtellt.

Alſo — mit einem Wort — nur daß ein Medium, ein
Tertium comparationis da ſei, in welchem Idee und Er¬
ſcheinung, dieſe beiden ſonſt ſcheinbar ewig unvereinbaren
und doch ſich durch und durch bedingenden Factoren, auf¬
gehen und ausgedrückt werden können, nur darauf kommt
es an und davon hängt es ab, daß Erkenntniß zu Stande
komme. — Das innere abſichtlich gewollte Bewegen der
Seele im Bereich nur eben dieſes Dritten, dieſes Numerus,
dieſer Algebra, dieſer ganz eigentlichen Buchſtabenrechnung

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[333/0349] ſes Dinges ſich verräth, ſo daß dieſer Klang, dieſes Wort, gerade deßhalb nun als geiſtiges Symbol des Dinges ſelbſt genommen werden kann. Eben weil dann dieſes Symbol nicht mehr ein Ding ſelbſt iſt, kann es ferner aber auch, wie es zuerſt nur Symbol der Erſcheinung war, auch Symbol der Idee werden, und erſt wenn es bis dahin ge¬ ſteigert iſt, wird das möglich, was eben das Weſentliche aller Erkenntniß iſt, nämlich Auffaſſen des Verhältniſſes von Idee und Erſcheinung. Ohne Wort, ohne Sprache alſo keine Erkenntniß, kein Wiſſen! Es verſteht ſich von ſelbſt, daß hier das Wort nicht bloß als Klang und als Symbol der Erſcheinung genommen iſt — ein ſolches Wort können auch die Thiere ſprechen lernen, ſondern das Wort zugleich als Symbol der Idee. Man kann ſogar wei¬ ter gehen und das Wort auch von dem Klange abtrennen, indem man es bloß als ein geſchriebenes Zeichen betrachtet, und immer noch kann es auch ſo Bedingung der Erkennt¬ niß werden. — Es würde nämlich allerdings bloß als ſolches Zeichen nicht entſtehen, und wenn es keine ge¬ ſprochene Sprache gäbe, würde auch keine geſchriebene ent¬ ſtanden ſein; iſt aber einmal das wunderbare Kunſtwerk der Sprache erſchaffen und entſtanden, ſo kann es aller¬ dings auch ohne Klang, als Geſte oder Zeichen, unter Men¬ ſchen fortwirken und Erkenntniß bedingen, wie dieſes beim Unterrichte von Taubſtummen auf die merkwürdigſte Weiſe ſich darſtellt. Alſo — mit einem Wort — nur daß ein Medium, ein Tertium comparationis da ſei, in welchem Idee und Er¬ ſcheinung, dieſe beiden ſonſt ſcheinbar ewig unvereinbaren und doch ſich durch und durch bedingenden Factoren, auf¬ gehen und ausgedrückt werden können, nur darauf kommt es an und davon hängt es ab, daß Erkenntniß zu Stande komme. — Das innere abſichtlich gewollte Bewegen der Seele im Bereich nur eben dieſes Dritten, dieſes Numerus, dieſer Algebra, dieſer ganz eigentlichen Buchſtabenrechnung

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/349>, abgerufen am 22.11.2024.