Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

einer in Folge plötzlicher Dislocation oder allmähliger Ver-
größerung und Einklemmung entstandenen entzündlichen Rei-
zung des Uterus, wird der antiphlogistische Heilapparat und
selbst Blutentziehung eintreten müssen; Bäder, örtliche Fo-
mentationen aus erweichenden, oder, bey mehr schwammiger
Auftreibung, aus bittern und narkotischen Kräutern, bey großer
Schmerzhaftigkeit aus warmer Milch mit Laudanum, oder aus
warmem Oleum Hyoscyami, bey Excoriationen des Uterus und
der Scheide aus dem nach Befinden mit den erwähnten Auf-
güssen zu verdünnenden Bleywasser, sind außerdem nützlich. Zu-
gleich sucht man alles, was das Herabpressen des Uterus ver-
mehrt und unterhält, zu entfernen, wohin vorzüglich Erbrechen,
Husten und Stuhlzwang zu rechnen sind, welche theils pal-
liativ durch demulcirende beruhigende Mittel gemildert, theils
nach ihrer Entstehung behandelt werden müssen.

§. 480.

Sind nun die Rücksichten, welche die erste Indication
fordert, genommen, oder waren überhaupt keine Zufälle die-
ser Art vorhanden, welche eine besondere Behandlung nöthig
machen, so schreitet man zur Erfüllung der zweyten Indi-
cation, nämlich zur Reposition des Vorfalls. Hierbey wird
nun das Verfahren verschieden seyn, je nachdem der Vorfall
mehr oder minder bedeutend ist. Ein kleiner Vorfall nämlich
weicht oft schon von selbst zurück, so wie die Kranke die
horizontale Lage annimmt, oder durch den wie zur Untersu-
chung eingebrachten Zeigefinger noch etwas mehr zurückge-
drängt wird, um einen größern, namentlich einen completten
Vorfall zurückzubringen, wird hingegen ein etwas zusammen-
gesetzteres Verfahren nothwendig. Man läßt zu diesem Ende
der Kranken, am besten gleich früh, bevor sie das Bett ver-
lassen hat, durch ein Lavement den Stuhl entleeren, so wie
für Entleerung der Blase, entweder auf natürlichem oder
künstlichem Wege, zu sorgen ist. Hierauf bringt man die-
selbe auf ein Lager, wo durch eine in der Kreuzgegend un-
tergeschobene Rolle eine mäßige Erhöhung hervorgebracht wor-
den ist, bestreicht dann, wenn der Uterus noch innerhalb

I. Theil. 24

einer in Folge ploͤtzlicher Dislocation oder allmaͤhliger Ver-
groͤßerung und Einklemmung entſtandenen entzuͤndlichen Rei-
zung des Uterus, wird der antiphlogiſtiſche Heilapparat und
ſelbſt Blutentziehung eintreten muͤſſen; Baͤder, oͤrtliche Fo-
mentationen aus erweichenden, oder, bey mehr ſchwammiger
Auftreibung, aus bittern und narkotiſchen Kraͤutern, bey großer
Schmerzhaftigkeit aus warmer Milch mit Laudanum, oder aus
warmem Oleum Hyoscyami, bey Excoriationen des Uterus und
der Scheide aus dem nach Befinden mit den erwaͤhnten Auf-
guͤſſen zu verduͤnnenden Bleywaſſer, ſind außerdem nuͤtzlich. Zu-
gleich ſucht man alles, was das Herabpreſſen des Uterus ver-
mehrt und unterhaͤlt, zu entfernen, wohin vorzuͤglich Erbrechen,
Huſten und Stuhlzwang zu rechnen ſind, welche theils pal-
liativ durch demulcirende beruhigende Mittel gemildert, theils
nach ihrer Entſtehung behandelt werden muͤſſen.

§. 480.

Sind nun die Ruͤckſichten, welche die erſte Indication
fordert, genommen, oder waren uͤberhaupt keine Zufaͤlle die-
ſer Art vorhanden, welche eine beſondere Behandlung noͤthig
machen, ſo ſchreitet man zur Erfuͤllung der zweyten Indi-
cation, naͤmlich zur Repoſition des Vorfalls. Hierbey wird
nun das Verfahren verſchieden ſeyn, je nachdem der Vorfall
mehr oder minder bedeutend iſt. Ein kleiner Vorfall naͤmlich
weicht oft ſchon von ſelbſt zuruͤck, ſo wie die Kranke die
horizontale Lage annimmt, oder durch den wie zur Unterſu-
chung eingebrachten Zeigefinger noch etwas mehr zuruͤckge-
draͤngt wird, um einen groͤßern, namentlich einen completten
Vorfall zuruͤckzubringen, wird hingegen ein etwas zuſammen-
geſetzteres Verfahren nothwendig. Man laͤßt zu dieſem Ende
der Kranken, am beſten gleich fruͤh, bevor ſie das Bett ver-
laſſen hat, durch ein Lavement den Stuhl entleeren, ſo wie
fuͤr Entleerung der Blaſe, entweder auf natuͤrlichem oder
kuͤnſtlichem Wege, zu ſorgen iſt. Hierauf bringt man die-
ſelbe auf ein Lager, wo durch eine in der Kreuzgegend un-
tergeſchobene Rolle eine maͤßige Erhoͤhung hervorgebracht wor-
den iſt, beſtreicht dann, wenn der Uterus noch innerhalb

I. Theil. 24
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0389" n="369"/>
einer in Folge plo&#x0364;tzlicher Dislocation oder allma&#x0364;hliger Ver-<lb/>
gro&#x0364;ßerung und Einklemmung ent&#x017F;tandenen entzu&#x0364;ndlichen Rei-<lb/>
zung des Uterus, wird der antiphlogi&#x017F;ti&#x017F;che Heilapparat und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t Blutentziehung eintreten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; Ba&#x0364;der, o&#x0364;rtliche Fo-<lb/>
mentationen aus erweichenden, oder, bey mehr &#x017F;chwammiger<lb/>
Auftreibung, aus bittern und narkoti&#x017F;chen Kra&#x0364;utern, bey großer<lb/>
Schmerzhaftigkeit aus warmer Milch mit Laudanum, oder aus<lb/>
warmem <hi rendition="#aq">Oleum Hyoscyami,</hi> bey Excoriationen des Uterus und<lb/>
der Scheide aus dem nach Befinden mit den erwa&#x0364;hnten Auf-<lb/>
gu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zu verdu&#x0364;nnenden Bleywa&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ind außerdem nu&#x0364;tzlich. Zu-<lb/>
gleich &#x017F;ucht man alles, was das Herabpre&#x017F;&#x017F;en des Uterus ver-<lb/>
mehrt und unterha&#x0364;lt, zu entfernen, wohin vorzu&#x0364;glich Erbrechen,<lb/>
Hu&#x017F;ten und Stuhlzwang zu rechnen &#x017F;ind, welche theils pal-<lb/>
liativ durch demulcirende beruhigende Mittel gemildert, theils<lb/>
nach ihrer Ent&#x017F;tehung behandelt werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 480.</head><lb/>
                          <p>Sind nun die Ru&#x0364;ck&#x017F;ichten, welche die er&#x017F;te Indication<lb/>
fordert, genommen, oder waren u&#x0364;berhaupt keine Zufa&#x0364;lle die-<lb/>
&#x017F;er Art vorhanden, welche eine be&#x017F;ondere Behandlung no&#x0364;thig<lb/>
machen, &#x017F;o &#x017F;chreitet man zur Erfu&#x0364;llung der zweyten Indi-<lb/>
cation, na&#x0364;mlich zur Repo&#x017F;ition des Vorfalls. Hierbey wird<lb/>
nun das Verfahren ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn, je nachdem der Vorfall<lb/>
mehr oder minder bedeutend i&#x017F;t. Ein kleiner Vorfall na&#x0364;mlich<lb/>
weicht oft &#x017F;chon von &#x017F;elb&#x017F;t zuru&#x0364;ck, &#x017F;o wie die Kranke die<lb/>
horizontale Lage annimmt, oder durch den wie zur Unter&#x017F;u-<lb/>
chung eingebrachten Zeigefinger noch etwas mehr zuru&#x0364;ckge-<lb/>
dra&#x0364;ngt wird, um einen gro&#x0364;ßern, namentlich einen completten<lb/>
Vorfall zuru&#x0364;ckzubringen, wird hingegen ein etwas zu&#x017F;ammen-<lb/>
ge&#x017F;etzteres Verfahren nothwendig. Man la&#x0364;ßt zu die&#x017F;em Ende<lb/>
der Kranken, am be&#x017F;ten gleich fru&#x0364;h, bevor &#x017F;ie das Bett ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en hat, durch ein Lavement den Stuhl entleeren, &#x017F;o wie<lb/>
fu&#x0364;r Entleerung der Bla&#x017F;e, entweder auf natu&#x0364;rlichem oder<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;tlichem Wege, zu &#x017F;orgen i&#x017F;t. Hierauf bringt man die-<lb/>
&#x017F;elbe auf ein Lager, wo durch eine in der Kreuzgegend un-<lb/>
terge&#x017F;chobene Rolle eine ma&#x0364;ßige Erho&#x0364;hung hervorgebracht wor-<lb/>
den i&#x017F;t, be&#x017F;treicht dann, wenn der Uterus noch innerhalb<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. 24</fw><lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0389] einer in Folge ploͤtzlicher Dislocation oder allmaͤhliger Ver- groͤßerung und Einklemmung entſtandenen entzuͤndlichen Rei- zung des Uterus, wird der antiphlogiſtiſche Heilapparat und ſelbſt Blutentziehung eintreten muͤſſen; Baͤder, oͤrtliche Fo- mentationen aus erweichenden, oder, bey mehr ſchwammiger Auftreibung, aus bittern und narkotiſchen Kraͤutern, bey großer Schmerzhaftigkeit aus warmer Milch mit Laudanum, oder aus warmem Oleum Hyoscyami, bey Excoriationen des Uterus und der Scheide aus dem nach Befinden mit den erwaͤhnten Auf- guͤſſen zu verduͤnnenden Bleywaſſer, ſind außerdem nuͤtzlich. Zu- gleich ſucht man alles, was das Herabpreſſen des Uterus ver- mehrt und unterhaͤlt, zu entfernen, wohin vorzuͤglich Erbrechen, Huſten und Stuhlzwang zu rechnen ſind, welche theils pal- liativ durch demulcirende beruhigende Mittel gemildert, theils nach ihrer Entſtehung behandelt werden muͤſſen. §. 480. Sind nun die Ruͤckſichten, welche die erſte Indication fordert, genommen, oder waren uͤberhaupt keine Zufaͤlle die- ſer Art vorhanden, welche eine beſondere Behandlung noͤthig machen, ſo ſchreitet man zur Erfuͤllung der zweyten Indi- cation, naͤmlich zur Repoſition des Vorfalls. Hierbey wird nun das Verfahren verſchieden ſeyn, je nachdem der Vorfall mehr oder minder bedeutend iſt. Ein kleiner Vorfall naͤmlich weicht oft ſchon von ſelbſt zuruͤck, ſo wie die Kranke die horizontale Lage annimmt, oder durch den wie zur Unterſu- chung eingebrachten Zeigefinger noch etwas mehr zuruͤckge- draͤngt wird, um einen groͤßern, namentlich einen completten Vorfall zuruͤckzubringen, wird hingegen ein etwas zuſammen- geſetzteres Verfahren nothwendig. Man laͤßt zu dieſem Ende der Kranken, am beſten gleich fruͤh, bevor ſie das Bett ver- laſſen hat, durch ein Lavement den Stuhl entleeren, ſo wie fuͤr Entleerung der Blaſe, entweder auf natuͤrlichem oder kuͤnſtlichem Wege, zu ſorgen iſt. Hierauf bringt man die- ſelbe auf ein Lager, wo durch eine in der Kreuzgegend un- tergeſchobene Rolle eine maͤßige Erhoͤhung hervorgebracht wor- den iſt, beſtreicht dann, wenn der Uterus noch innerhalb I. Theil. 24

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/389
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/389>, abgerufen am 21.11.2024.