tungen erfolgt. -- Auch in diesem höchsten Grade ist das Uebel zwar noch manchen andern Krankheiten ähnlich, aber doch leicht genug von ihnen zu unterscheiden. Von der gänz- lich vorgefallenen Gebärmutter unterscheidet es sich nämlich durch den fehlenden Muttermund, von der vollkommen um- gestülpten Gebärmutter durch die Entstehung, durch die Derö- heit des Stiels, da bey letzterer das obere dünnere Ende der vorhängenden Geschwulst weicher ist wegen der Höhlung, und durch die Unempfindiichkeit.
§. 428.
Aetiologie. Daß wir das Wesentliche dieses Ue- bels in einen krankhaften Bildungsprozeß der innern Ge- bärmutterhaut glauben setzen zu müssen, ist oben bemerkt worden, und es ist daher jetzt nur noch von den verschiede- nen innern und äußern Momenten, welche diese Degeneratio- nen begünstigen, einiges zu erwähnen, obwohl das Meiste dem gleich lauten wird, was wir im vorigen Kapitel über die Entstehung der Steatome u. s. w. aufgeführt haben. Auch diese polypösen Auswüchse nämlich kommen häufiger bey Per- sonen vor, welche schon geboren haben, bey schlaffer torpider Constitution, und in solchen Jahren, wo schon die wahre Produktivität des Uterus abnimmt, und eben deshalb die Neigung zu krankhaften Produktionen, vorzüglich bey öfterem Geschlechtsreiz, zunimmt. Bestimmtere Veranlassung zu diesen Auswüchsen wird ferner gegeben durch schwere Geburten, wel- che nicht gehörig behandelt, sondern durch rohes Eingreifen der Kunst beendigt worden sind, besonders üble Behandlung der Nachgeburtsperiode, wo, wenn wir auch nicht annehmen, daß Reste der Placenta zu Polypen sich umbilden, doch na- mentlich die innere Fläche des Uterus so gereizt wird, daß eben dadurch ähnliche Degenerationen der innern Haut nur um so leichter eintreten. Ferner unvollkommen geheilte Syphilis, sehr ausschweifende Lebensart, Mißbrauch geistiger Getränke und anderer erhitzender Dinge u. s. w.
tungen erfolgt. — Auch in dieſem hoͤchſten Grade iſt das Uebel zwar noch manchen andern Krankheiten aͤhnlich, aber doch leicht genug von ihnen zu unterſcheiden. Von der gaͤnz- lich vorgefallenen Gebaͤrmutter unterſcheidet es ſich naͤmlich durch den fehlenden Muttermund, von der vollkommen um- geſtuͤlpten Gebaͤrmutter durch die Entſtehung, durch die Deroͤ- heit des Stiels, da bey letzterer das obere duͤnnere Ende der vorhaͤngenden Geſchwulſt weicher iſt wegen der Hoͤhlung, und durch die Unempfindiichkeit.
§. 428.
Aetiologie. Daß wir das Weſentliche dieſes Ue- bels in einen krankhaften Bildungsprozeß der innern Ge- baͤrmutterhaut glauben ſetzen zu muͤſſen, iſt oben bemerkt worden, und es iſt daher jetzt nur noch von den verſchiede- nen innern und aͤußern Momenten, welche dieſe Degeneratio- nen beguͤnſtigen, einiges zu erwaͤhnen, obwohl das Meiſte dem gleich lauten wird, was wir im vorigen Kapitel uͤber die Entſtehung der Steatome u. ſ. w. aufgefuͤhrt haben. Auch dieſe polypoͤſen Auswuͤchſe naͤmlich kommen haͤufiger bey Per- ſonen vor, welche ſchon geboren haben, bey ſchlaffer torpider Conſtitution, und in ſolchen Jahren, wo ſchon die wahre Produktivitaͤt des Uterus abnimmt, und eben deshalb die Neigung zu krankhaften Produktionen, vorzuͤglich bey oͤfterem Geſchlechtsreiz, zunimmt. Beſtimmtere Veranlaſſung zu dieſen Auswuͤchſen wird ferner gegeben durch ſchwere Geburten, wel- che nicht gehoͤrig behandelt, ſondern durch rohes Eingreifen der Kunſt beendigt worden ſind, beſonders uͤble Behandlung der Nachgeburtsperiode, wo, wenn wir auch nicht annehmen, daß Reſte der Placenta zu Polypen ſich umbilden, doch na- mentlich die innere Flaͤche des Uterus ſo gereizt wird, daß eben dadurch aͤhnliche Degenerationen der innern Haut nur um ſo leichter eintreten. Ferner unvollkommen geheilte Syphilis, ſehr ausſchweifende Lebensart, Mißbrauch geiſtiger Getraͤnke und anderer erhitzender Dinge u. ſ. w.
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tungen erfolgt. — Auch in dieſem hoͤchſten Grade iſt das
Uebel zwar noch manchen andern Krankheiten aͤhnlich, aber
doch leicht genug von ihnen zu unterſcheiden. Von der gaͤnz-
lich vorgefallenen Gebaͤrmutter unterſcheidet es ſich naͤmlich
durch den fehlenden Muttermund, von der vollkommen um-
geſtuͤlpten Gebaͤrmutter durch die Entſtehung, durch die Deroͤ-
heit des Stiels, da bey letzterer das obere duͤnnere Ende
der vorhaͤngenden Geſchwulſt weicher iſt wegen der Hoͤhlung,
und durch die Unempfindiichkeit.
§. 428.
Aetiologie. Daß wir das Weſentliche dieſes Ue-
bels in einen krankhaften Bildungsprozeß der innern Ge-
baͤrmutterhaut glauben ſetzen zu muͤſſen, iſt oben bemerkt
worden, und es iſt daher jetzt nur noch von den verſchiede-
nen innern und aͤußern Momenten, welche dieſe Degeneratio-
nen beguͤnſtigen, einiges zu erwaͤhnen, obwohl das Meiſte
dem gleich lauten wird, was wir im vorigen Kapitel uͤber
die Entſtehung der Steatome u. ſ. w. aufgefuͤhrt haben. Auch
dieſe polypoͤſen Auswuͤchſe naͤmlich kommen haͤufiger bey Per-
ſonen vor, welche ſchon geboren haben, bey ſchlaffer torpider
Conſtitution, und in ſolchen Jahren, wo ſchon die wahre
Produktivitaͤt des Uterus abnimmt, und eben deshalb die
Neigung zu krankhaften Produktionen, vorzuͤglich bey oͤfterem
Geſchlechtsreiz, zunimmt. Beſtimmtere Veranlaſſung zu dieſen
Auswuͤchſen wird ferner gegeben durch ſchwere Geburten, wel-
che nicht gehoͤrig behandelt, ſondern durch rohes Eingreifen
der Kunſt beendigt worden ſind, beſonders uͤble Behandlung
der Nachgeburtsperiode, wo, wenn wir auch nicht annehmen,
daß Reſte der Placenta zu Polypen ſich umbilden, doch na-
mentlich die innere Flaͤche des Uterus ſo gereizt wird, daß eben
dadurch aͤhnliche Degenerationen der innern Haut nur um ſo
leichter eintreten. Ferner unvollkommen geheilte Syphilis,
ſehr ausſchweifende Lebensart, Mißbrauch geiſtiger Getraͤnke
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/351>, abgerufen am 21.11.2024.
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