Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

weise Hervorbildung aus einem ursprünglichen Homogenen [aus
Eyweißstoff] Statt findet, als der Form nach), weshalb denn
diese Ablagerung vorzüglich als eine zwischen geronnenem kä-
sigtem Eyweißstoff und Fett in der Mitte stehende Masse sich
darstellt, in welcher in der Länge der Zeit oft auch Knochen-
gebilde entstehen, *) ja durch welche nach und nach die voll-
kommne Verknöcherung dieses Organs zu Stande kommen
kann.

§. 416.

Als entfernte Ursachen können zur Entstehung die-
ser krankhaften Metamorphosen Einflüsse sehr verschiedener Art
wirken. Eines Theils giebt vorzüglich das höhere Lebensal-
ter **) und schwammige, atonische, phlegmatische Constitution
Veranlassung hierzu, indem gerade hier, wo der Einfluß des
den Organismus zu gesetzmäßiger Einheit verbindenden Ner-
vensystems schwächer gefunden wird, ein zum Ganzen unver-
hältnißmäßiges und folglich abnormes Fortwachsen einzelner
Theile am leichtesten Statt finden kann. Noch mehr wird der
Körper indeß hierzu disponirt, wenn noch Krankheitsstoffe,
wie Syphilis, Gicht, unterdrückte Ausschlagsstoffe u. s. w.
hinzutreten, und vorzüglich, wenn heftige oder wenigstens an-
haltende Erregungen des Geschlechtssystems hinzukommen. Wir
rechnen hierzu Störungen der Menstruation, wo bey gehemm-
ter Blutergießung die Blutmasse im Parenchyma desselben sich
anhäuft, weshalb denn auch die Zeit, wo die Menstruation
wegen zunehmendem Alter verschwindet, der Entstehung sowohl
als weitern Ausbildung dieser Geschwülste besonders günstig zu
seyn pflegt, ja weßhalb namentlich die Ablagerungen von erdi-
ger Masse (die Verknöcherungen) fast nie eher, als im spä-
tern Lebensalter zu Stande kommen. Ferner sind hierher zu

*) Ueber die Entwickelung dieser Geschwülste s. m. mehrere interessante
Bemerkungen von Bayle (Journ. de Medicine an XI. Vendemaire)
im Auszuge in d. allgem. medicin. Annal. 1805. S. 806.
**) Bayle fand unter vielen Fällen keinen, wo das Uebel unter dem
36sten Jahre sich entwickelt hätte.

weiſe Hervorbildung aus einem urſpruͤnglichen Homogenen [aus
Eyweißſtoff] Statt findet, als der Form nach), weshalb denn
dieſe Ablagerung vorzuͤglich als eine zwiſchen geronnenem kaͤ-
ſigtem Eyweißſtoff und Fett in der Mitte ſtehende Maſſe ſich
darſtellt, in welcher in der Laͤnge der Zeit oft auch Knochen-
gebilde entſtehen, *) ja durch welche nach und nach die voll-
kommne Verknoͤcherung dieſes Organs zu Stande kommen
kann.

§. 416.

Als entfernte Urſachen koͤnnen zur Entſtehung die-
ſer krankhaften Metamorphoſen Einfluͤſſe ſehr verſchiedener Art
wirken. Eines Theils giebt vorzuͤglich das hoͤhere Lebensal-
ter **) und ſchwammige, atoniſche, phlegmatiſche Conſtitution
Veranlaſſung hierzu, indem gerade hier, wo der Einfluß des
den Organismus zu geſetzmaͤßiger Einheit verbindenden Ner-
venſyſtems ſchwaͤcher gefunden wird, ein zum Ganzen unver-
haͤltnißmaͤßiges und folglich abnormes Fortwachſen einzelner
Theile am leichteſten Statt finden kann. Noch mehr wird der
Koͤrper indeß hierzu disponirt, wenn noch Krankheitsſtoffe,
wie Syphilis, Gicht, unterdruͤckte Ausſchlagsſtoffe u. ſ. w.
hinzutreten, und vorzuͤglich, wenn heftige oder wenigſtens an-
haltende Erregungen des Geſchlechtsſyſtems hinzukommen. Wir
rechnen hierzu Stoͤrungen der Menſtruation, wo bey gehemm-
ter Blutergießung die Blutmaſſe im Parenchyma deſſelben ſich
anhaͤuft, weshalb denn auch die Zeit, wo die Menſtruation
wegen zunehmendem Alter verſchwindet, der Entſtehung ſowohl
als weitern Ausbildung dieſer Geſchwuͤlſte beſonders guͤnſtig zu
ſeyn pflegt, ja weßhalb namentlich die Ablagerungen von erdi-
ger Maſſe (die Verknoͤcherungen) faſt nie eher, als im ſpaͤ-
tern Lebensalter zu Stande kommen. Ferner ſind hierher zu

*) Ueber die Entwickelung dieſer Geſchwuͤlſte ſ. m. mehrere intereſſante
Bemerkungen von Bayle (Journ. de Medicine an XI. Vendemaire)
im Auszuge in d. allgem. medicin. Annal. 1805. S. 806.
**) Bayle fand unter vielen Faͤllen keinen, wo das Uebel unter dem
36ſten Jahre ſich entwickelt haͤtte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0342" n="322"/>
wei&#x017F;e Hervorbildung aus einem ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Homogenen [aus<lb/>
Eyweiß&#x017F;toff] Statt findet, als der Form nach), weshalb denn<lb/>
die&#x017F;e Ablagerung vorzu&#x0364;glich als eine zwi&#x017F;chen geronnenem ka&#x0364;-<lb/>
&#x017F;igtem Eyweiß&#x017F;toff und Fett in der Mitte &#x017F;tehende Ma&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich<lb/>
dar&#x017F;tellt, in welcher in der La&#x0364;nge der Zeit oft auch Knochen-<lb/>
gebilde ent&#x017F;tehen, <note place="foot" n="*)">Ueber die Entwickelung die&#x017F;er Ge&#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;te &#x017F;. m. mehrere intere&#x017F;&#x017F;ante<lb/>
Bemerkungen von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Bayle</hi> (Journ. de Medicine an XI. Vendemaire)</hi><lb/>
im Auszuge in d. allgem. medicin. Annal. 1805. S. 806.</note> ja durch welche nach und nach die voll-<lb/>
kommne Verkno&#x0364;cherung die&#x017F;es Organs zu Stande kommen<lb/>
kann.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 416.</head><lb/>
                          <p>Als <hi rendition="#g">entfernte Ur&#x017F;achen</hi> ko&#x0364;nnen zur Ent&#x017F;tehung die-<lb/>
&#x017F;er krankhaften Metamorpho&#x017F;en Einflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedener Art<lb/>
wirken. Eines Theils giebt vorzu&#x0364;glich das ho&#x0364;here Lebensal-<lb/>
ter <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#g">Bayle</hi> fand unter vielen Fa&#x0364;llen keinen, wo das Uebel unter dem<lb/>
36&#x017F;ten Jahre &#x017F;ich entwickelt ha&#x0364;tte.</note> und &#x017F;chwammige, atoni&#x017F;che, phlegmati&#x017F;che Con&#x017F;titution<lb/>
Veranla&#x017F;&#x017F;ung hierzu, indem gerade hier, wo der Einfluß des<lb/>
den Organismus zu ge&#x017F;etzma&#x0364;ßiger Einheit verbindenden Ner-<lb/>
ven&#x017F;y&#x017F;tems &#x017F;chwa&#x0364;cher gefunden wird, ein zum Ganzen unver-<lb/>
ha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßiges und folglich abnormes Fortwach&#x017F;en einzelner<lb/>
Theile am leichte&#x017F;ten Statt finden kann. Noch mehr wird der<lb/>
Ko&#x0364;rper indeß hierzu disponirt, wenn noch Krankheits&#x017F;toffe,<lb/>
wie Syphilis, Gicht, unterdru&#x0364;ckte Aus&#x017F;chlags&#x017F;toffe u. &#x017F;. w.<lb/>
hinzutreten, und vorzu&#x0364;glich, wenn heftige oder wenig&#x017F;tens an-<lb/>
haltende Erregungen des Ge&#x017F;chlechts&#x017F;y&#x017F;tems hinzukommen. Wir<lb/>
rechnen hierzu Sto&#x0364;rungen der Men&#x017F;truation, wo bey gehemm-<lb/>
ter Blutergießung die Blutma&#x017F;&#x017F;e im Parenchyma de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;ich<lb/>
anha&#x0364;uft, weshalb denn auch die Zeit, wo die Men&#x017F;truation<lb/>
wegen zunehmendem Alter ver&#x017F;chwindet, der Ent&#x017F;tehung &#x017F;owohl<lb/>
als weitern Ausbildung die&#x017F;er Ge&#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;te be&#x017F;onders gu&#x0364;n&#x017F;tig zu<lb/>
&#x017F;eyn pflegt, ja weßhalb namentlich die Ablagerungen von erdi-<lb/>
ger Ma&#x017F;&#x017F;e (die Verkno&#x0364;cherungen) fa&#x017F;t nie eher, als im &#x017F;pa&#x0364;-<lb/>
tern Lebensalter zu Stande kommen. Ferner &#x017F;ind hierher zu<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0342] weiſe Hervorbildung aus einem urſpruͤnglichen Homogenen [aus Eyweißſtoff] Statt findet, als der Form nach), weshalb denn dieſe Ablagerung vorzuͤglich als eine zwiſchen geronnenem kaͤ- ſigtem Eyweißſtoff und Fett in der Mitte ſtehende Maſſe ſich darſtellt, in welcher in der Laͤnge der Zeit oft auch Knochen- gebilde entſtehen, *) ja durch welche nach und nach die voll- kommne Verknoͤcherung dieſes Organs zu Stande kommen kann. §. 416. Als entfernte Urſachen koͤnnen zur Entſtehung die- ſer krankhaften Metamorphoſen Einfluͤſſe ſehr verſchiedener Art wirken. Eines Theils giebt vorzuͤglich das hoͤhere Lebensal- ter **) und ſchwammige, atoniſche, phlegmatiſche Conſtitution Veranlaſſung hierzu, indem gerade hier, wo der Einfluß des den Organismus zu geſetzmaͤßiger Einheit verbindenden Ner- venſyſtems ſchwaͤcher gefunden wird, ein zum Ganzen unver- haͤltnißmaͤßiges und folglich abnormes Fortwachſen einzelner Theile am leichteſten Statt finden kann. Noch mehr wird der Koͤrper indeß hierzu disponirt, wenn noch Krankheitsſtoffe, wie Syphilis, Gicht, unterdruͤckte Ausſchlagsſtoffe u. ſ. w. hinzutreten, und vorzuͤglich, wenn heftige oder wenigſtens an- haltende Erregungen des Geſchlechtsſyſtems hinzukommen. Wir rechnen hierzu Stoͤrungen der Menſtruation, wo bey gehemm- ter Blutergießung die Blutmaſſe im Parenchyma deſſelben ſich anhaͤuft, weshalb denn auch die Zeit, wo die Menſtruation wegen zunehmendem Alter verſchwindet, der Entſtehung ſowohl als weitern Ausbildung dieſer Geſchwuͤlſte beſonders guͤnſtig zu ſeyn pflegt, ja weßhalb namentlich die Ablagerungen von erdi- ger Maſſe (die Verknoͤcherungen) faſt nie eher, als im ſpaͤ- tern Lebensalter zu Stande kommen. Ferner ſind hierher zu *) Ueber die Entwickelung dieſer Geſchwuͤlſte ſ. m. mehrere intereſſante Bemerkungen von Bayle (Journ. de Medicine an XI. Vendemaire) im Auszuge in d. allgem. medicin. Annal. 1805. S. 806. **) Bayle fand unter vielen Faͤllen keinen, wo das Uebel unter dem 36ſten Jahre ſich entwickelt haͤtte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/342
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/342>, abgerufen am 01.11.2024.