der Muskelfibern des Scheidenkanals (Vaginalkrampf nach Schmidtmüller) machen den Coitus höchst schmerz- haft, zumal wenn sich zugleich in Folge mangelhafter Sekre- tion der Vagina eine Trockenheit derselben hinzugesellt und die Befruchtung findet nicht Statt. Bey diesem Leiden ist sodann vorzüglich auf den Stand der Sensibilität überhaupt Rücksicht zu nehmen, indem es am häufigsten bey hysterischen Individuen, bey Personen, welche an schmerzhafter Men- struation leiden u. s. w. vorkommt. Man muß daher die allgemeine Constitution durch bessere Lebensordnung und Diät zur Norm zurückführen, dabey laue Bäder, Landluft, robo- rirende Mittel zu Hülfe nehmen, und endlich, um die ab- norme Reitzbarkeit der Genitalien zu mindern, erweichende Dampfbäder *), Einreibungen des Olei hyoscyami, öfteres Einbringen eines Schwammes in laue mit Opiattinktur ver- mischte Milch getaucht, Einspritzungen von Abkochungen der Mohnköpfe, von Aufgüßen des Bilsenkrautes, der Ka- millen, der Valeriana u. s. w. anwenden. --
§. 295.
Im Gegentheil aber kann auch torpide Schwäche vor- handen seyn, und dann ist vorzüglich theils im Allgemeinen auf Erregung einer kräftigern Reproduktion durch stärkende Diät, Reisen, Besuchen mineralischer Bäder und die übrigen §. 292. angezeigten Mittel Rücksicht zu nehmen, theils von den das Geschlechtssystem insbesondre in Anspruch nehmenden Mitteln Gebrauch zu machen, welches vorzüglich diejenigen seyn werden, deren bey Betrachtung der aus Torpidität ver- zögerten oder zu schwachen Menstruation öfters gedacht wor- den ist. Wir rechnen dahin namentlich die Verbindung des Extraktiv- und harzigen Stoffes mit ätherisch öhligten Be- standtheilen, also die China mit der Zimmttinktur, der Cas- karille, den Gummiharzen, ja bey sehr hohem Grade der Atonie, der Sabina, und der Cantharidentinktur; gleichzeitig
*) Auch die örtlichen Bäder durch den Weidlich'schen Badestuhl (s. dessen kleine Schrift über den Badestuhl. Wien 1818.) verspre- chen hier besondern Nutzen.
der Muskelfibern des Scheidenkanals (Vaginalkrampf nach Schmidtmuͤller) machen den Coitus hoͤchſt ſchmerz- haft, zumal wenn ſich zugleich in Folge mangelhafter Sekre- tion der Vagina eine Trockenheit derſelben hinzugeſellt und die Befruchtung findet nicht Statt. Bey dieſem Leiden iſt ſodann vorzuͤglich auf den Stand der Senſibilitaͤt uͤberhaupt Ruͤckſicht zu nehmen, indem es am haͤufigſten bey hyſteriſchen Individuen, bey Perſonen, welche an ſchmerzhafter Men- ſtruation leiden u. ſ. w. vorkommt. Man muß daher die allgemeine Conſtitution durch beſſere Lebensordnung und Diaͤt zur Norm zuruͤckfuͤhren, dabey laue Baͤder, Landluft, robo- rirende Mittel zu Huͤlfe nehmen, und endlich, um die ab- norme Reitzbarkeit der Genitalien zu mindern, erweichende Dampfbaͤder *), Einreibungen des Olei hyoscyami, oͤfteres Einbringen eines Schwammes in laue mit Opiattinktur ver- miſchte Milch getaucht, Einſpritzungen von Abkochungen der Mohnkoͤpfe, von Aufguͤßen des Bilſenkrautes, der Ka- millen, der Valeriana u. ſ. w. anwenden. —
§. 295.
Im Gegentheil aber kann auch torpide Schwaͤche vor- handen ſeyn, und dann iſt vorzuͤglich theils im Allgemeinen auf Erregung einer kraͤftigern Reproduktion durch ſtaͤrkende Diaͤt, Reiſen, Beſuchen mineraliſcher Baͤder und die uͤbrigen §. 292. angezeigten Mittel Ruͤckſicht zu nehmen, theils von den das Geſchlechtsſyſtem insbeſondre in Anſpruch nehmenden Mitteln Gebrauch zu machen, welches vorzuͤglich diejenigen ſeyn werden, deren bey Betrachtung der aus Torpiditaͤt ver- zoͤgerten oder zu ſchwachen Menſtruation oͤfters gedacht wor- den iſt. Wir rechnen dahin namentlich die Verbindung des Extraktiv- und harzigen Stoffes mit aͤtheriſch oͤhligten Be- ſtandtheilen, alſo die China mit der Zimmttinktur, der Cas- karille, den Gummiharzen, ja bey ſehr hohem Grade der Atonie, der Sabina, und der Cantharidentinktur; gleichzeitig
*) Auch die oͤrtlichen Baͤder durch den Weidlich’ſchen Badeſtuhl (ſ. deſſen kleine Schrift uͤber den Badeſtuhl. Wien 1818.) verſpre- chen hier beſondern Nutzen.
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der Muskelfibern des Scheidenkanals (Vaginalkrampf
nach Schmidtmuͤller) machen den Coitus hoͤchſt ſchmerz-
haft, zumal wenn ſich zugleich in Folge mangelhafter Sekre-
tion der Vagina eine Trockenheit derſelben hinzugeſellt und
die Befruchtung findet nicht Statt. Bey dieſem Leiden iſt
ſodann vorzuͤglich auf den Stand der Senſibilitaͤt uͤberhaupt
Ruͤckſicht zu nehmen, indem es am haͤufigſten bey hyſteriſchen
Individuen, bey Perſonen, welche an ſchmerzhafter Men-
ſtruation leiden u. ſ. w. vorkommt. Man muß daher die
allgemeine Conſtitution durch beſſere Lebensordnung und Diaͤt
zur Norm zuruͤckfuͤhren, dabey laue Baͤder, Landluft, robo-
rirende Mittel zu Huͤlfe nehmen, und endlich, um die ab-
norme Reitzbarkeit der Genitalien zu mindern, erweichende
Dampfbaͤder *), Einreibungen des Olei hyoscyami, oͤfteres
Einbringen eines Schwammes in laue mit Opiattinktur ver-
miſchte Milch getaucht, Einſpritzungen von Abkochungen
der Mohnkoͤpfe, von Aufguͤßen des Bilſenkrautes, der Ka-
millen, der Valeriana u. ſ. w. anwenden. —
§. 295.
Im Gegentheil aber kann auch torpide Schwaͤche vor-
handen ſeyn, und dann iſt vorzuͤglich theils im Allgemeinen
auf Erregung einer kraͤftigern Reproduktion durch ſtaͤrkende
Diaͤt, Reiſen, Beſuchen mineraliſcher Baͤder und die uͤbrigen
§. 292. angezeigten Mittel Ruͤckſicht zu nehmen, theils von
den das Geſchlechtsſyſtem insbeſondre in Anſpruch nehmenden
Mitteln Gebrauch zu machen, welches vorzuͤglich diejenigen
ſeyn werden, deren bey Betrachtung der aus Torpiditaͤt ver-
zoͤgerten oder zu ſchwachen Menſtruation oͤfters gedacht wor-
den iſt. Wir rechnen dahin namentlich die Verbindung des
Extraktiv- und harzigen Stoffes mit aͤtheriſch oͤhligten Be-
ſtandtheilen, alſo die China mit der Zimmttinktur, der Cas-
karille, den Gummiharzen, ja bey ſehr hohem Grade der
Atonie, der Sabina, und der Cantharidentinktur; gleichzeitig
*) Auch die oͤrtlichen Baͤder durch den Weidlich’ſchen Badeſtuhl
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/250>, abgerufen am 21.11.2024.
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