Richtung desselben passend oder unpassend ist. Am beßten scheint es zu seyn, die Nordpolspitze an den leidenden Theil, die Südpolspitze aber gegen den Nordpol der Erde zu halten. Hell, Unzer*) und einige französische Aerzte (Andry und Thouret) **) haben neuerlich sich des Magnets, und zwar zum Theil auch in den genannten Entwicklungskrankheiten des weiblichen Geschlechts vorzüglich bedient. Besonders wich- tig aber würde es seyn, wenn die von H. Kieser***) ge- machte Beobachtung über die Kraft des Eisens einen Zu- stand von Schlaf, ja von Schlafwachen, und durch diesen Schlaf die Heilung von Krankheiten zu bewirken, durch wei- tere Erfahrungen hinlänglich bestätigt würde, indem davon gewiß für die Behandlung der hier betrachteten Nervenzufälle ausgezeichneter Nutzen erwartet werden dürfte. Ueberhaupt nämlich scheint der tellurische Magnetismus herabstimmend auf den Organismus zu wirken, der individuellen Kraft desselben, als eine vom Erdorganismus ausgehende Thätigkeit, entge- gengesetzt, aus welchem Gesichtspunkte wir denn vorzüglich seine hinreichend bestätigte schmerzlindernde Kraft erklärlich, und namentlich auch die von größern Massen des Eisens (des vorzüglichen Trägers dieser Kraft) bemerkte schlafma- chende Wirkung begreiflich finden.
§. 270.
Noch haben wir auch des Galvanismus und der Elektricität als Heilmittel für die Nervenleiden gedacht, jedoch muß der Gebrauch derselben hier allerdings manche Einschränkungen erleiden, da die meisten jener Zustände auf abnorm gesteigerter Sensibilität beruhen, und Galvanismus wie Elektricität an sich stark erregende Einflüße sind. Vor- züglich verdienen sie daher nur bey Lähmungen, Schwächezu- ständen, Torpor und Blödsinn angewendet zu werden; allein
*) J. C. Unzer's Beschreibung eines mit dem künstlichen Magnete angestellten medicin. Versuches. Hamb. 1775.
**)Andry's n. Thourets Beobachtungen u. Versuche üb. d. Gebrauch d. Magnets in d. Arzueyk. Aus d. Franz. Leipz. 1785.
***) Archiv. f. d. thier. Magnetismus. III. Bd. 2s St.
I. Theil. 14
Richtung deſſelben paſſend oder unpaſſend iſt. Am beßten ſcheint es zu ſeyn, die Nordpolſpitze an den leidenden Theil, die Suͤdpolſpitze aber gegen den Nordpol der Erde zu halten. Hell, Unzer*) und einige franzoͤſiſche Aerzte (Andry und Thouret) **) haben neuerlich ſich des Magnets, und zwar zum Theil auch in den genannten Entwicklungskrankheiten des weiblichen Geſchlechts vorzuͤglich bedient. Beſonders wich- tig aber wuͤrde es ſeyn, wenn die von H. Kieſer***) ge- machte Beobachtung uͤber die Kraft des Eiſens einen Zu- ſtand von Schlaf, ja von Schlafwachen, und durch dieſen Schlaf die Heilung von Krankheiten zu bewirken, durch wei- tere Erfahrungen hinlaͤnglich beſtaͤtigt wuͤrde, indem davon gewiß fuͤr die Behandlung der hier betrachteten Nervenzufaͤlle ausgezeichneter Nutzen erwartet werden duͤrfte. Ueberhaupt naͤmlich ſcheint der telluriſche Magnetismus herabſtimmend auf den Organismus zu wirken, der individuellen Kraft deſſelben, als eine vom Erdorganismus ausgehende Thaͤtigkeit, entge- gengeſetzt, aus welchem Geſichtspunkte wir denn vorzuͤglich ſeine hinreichend beſtaͤtigte ſchmerzlindernde Kraft erklaͤrlich, und namentlich auch die von groͤßern Maſſen des Eiſens (des vorzuͤglichen Traͤgers dieſer Kraft) bemerkte ſchlafma- chende Wirkung begreiflich finden.
§. 270.
Noch haben wir auch des Galvanismus und der Elektricitaͤt als Heilmittel fuͤr die Nervenleiden gedacht, jedoch muß der Gebrauch derſelben hier allerdings manche Einſchraͤnkungen erleiden, da die meiſten jener Zuſtaͤnde auf abnorm geſteigerter Senſibilitaͤt beruhen, und Galvanismus wie Elektricitaͤt an ſich ſtark erregende Einfluͤße ſind. Vor- zuͤglich verdienen ſie daher nur bey Laͤhmungen, Schwaͤchezu- ſtaͤnden, Torpor und Bloͤdſinn angewendet zu werden; allein
*) J. C. Unzer’s Beſchreibung eines mit dem kuͤnſtlichen Magnete angeſtellten medicin. Verſuches. Hamb. 1775.
**)Andry’s n. Thourets Beobachtungen u. Verſuche uͤb. d. Gebrauch d. Magnets in d. Arzueyk. Aus d. Franz. Leipz. 1785.
***) Archiv. f. d. thier. Magnetismus. III. Bd. 2s St.
I. Theil. 14
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Richtung deſſelben paſſend oder unpaſſend iſt. Am beßten
ſcheint es zu ſeyn, die Nordpolſpitze an den leidenden Theil,
die Suͤdpolſpitze aber gegen den Nordpol der Erde zu halten.
Hell, Unzer *) und einige franzoͤſiſche Aerzte (Andry und
Thouret) **) haben neuerlich ſich des Magnets, und zwar
zum Theil auch in den genannten Entwicklungskrankheiten
des weiblichen Geſchlechts vorzuͤglich bedient. Beſonders wich-
tig aber wuͤrde es ſeyn, wenn die von H. Kieſer ***) ge-
machte Beobachtung uͤber die Kraft des Eiſens einen Zu-
ſtand von Schlaf, ja von Schlafwachen, und durch dieſen
Schlaf die Heilung von Krankheiten zu bewirken, durch wei-
tere Erfahrungen hinlaͤnglich beſtaͤtigt wuͤrde, indem davon
gewiß fuͤr die Behandlung der hier betrachteten Nervenzufaͤlle
ausgezeichneter Nutzen erwartet werden duͤrfte. Ueberhaupt
naͤmlich ſcheint der telluriſche Magnetismus herabſtimmend auf
den Organismus zu wirken, der individuellen Kraft deſſelben,
als eine vom Erdorganismus ausgehende Thaͤtigkeit, entge-
gengeſetzt, aus welchem Geſichtspunkte wir denn vorzuͤglich
ſeine hinreichend beſtaͤtigte ſchmerzlindernde Kraft erklaͤrlich,
und namentlich auch die von groͤßern Maſſen des Eiſens
(des vorzuͤglichen Traͤgers dieſer Kraft) bemerkte ſchlafma-
chende Wirkung begreiflich finden.
§. 270.
Noch haben wir auch des Galvanismus und der
Elektricitaͤt als Heilmittel fuͤr die Nervenleiden gedacht,
jedoch muß der Gebrauch derſelben hier allerdings manche
Einſchraͤnkungen erleiden, da die meiſten jener Zuſtaͤnde auf
abnorm geſteigerter Senſibilitaͤt beruhen, und Galvanismus
wie Elektricitaͤt an ſich ſtark erregende Einfluͤße ſind. Vor-
zuͤglich verdienen ſie daher nur bey Laͤhmungen, Schwaͤchezu-
ſtaͤnden, Torpor und Bloͤdſinn angewendet zu werden; allein
*) J. C. Unzer’s Beſchreibung eines mit dem kuͤnſtlichen Magnete
angeſtellten medicin. Verſuches. Hamb. 1775.
**) Andry’s n. Thourets Beobachtungen u. Verſuche uͤb. d. Gebrauch
d. Magnets in d. Arzueyk. Aus d. Franz. Leipz. 1785.
***) Archiv. f. d. thier. Magnetismus. III. Bd. 2s St.
I. Theil. 14
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/229>, abgerufen am 18.07.2024.
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