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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Demetrie Kantemirs

Nachher befand sich derselbe, auf Befehl des obersten Weßirs, bey der1697
Schlacht von Senta. Weil er aber nur ein Freywilliger war; so war er
nicht mit in dem Treffen; nahm aber mit den Türken die Flucht, und kam
mit dem Ueberreste des Heeres nach Constantinopel zurück.

Brankowan, der seine Feindschaft gegen dieses Geschlecht fortsetzte, ver-
folgte die zweene Brüder aus seinen äußersten Kräften. Demetrie hatte seinen
Haß angeflammet, weil derselbe bey allen Bedienten am Hofe in großem Anse-
hen stunde. Er hatte sich nicht allein der türkischen, sondern auch der arabischen
und persischen Sprache bemächtiget; und seine Leutseligkeit und muntere Ge-
müthsart machte, daß er den besten Gesellschaften in der kaiserlichen Hauptstadt
zum Vergnügen dienete. Weil daher Brankowan glaubte, daß Demetrie die
einzige Person sey, die er als seinen Nebenbuhler zu fürchten habe: so sparete er
weder Mühe noch Geld, um zuwege zu bringen, daß er vom Hofe weggeschaf-
fet würde; und erhielte auch endlich durch eine große Summe Geldes, wiewol
vergebens, die Verweisung seines Feindes. Denn Demetrie, der davon Nach-
richt bekam, verbarg sich in dem Hause eines Paschas, der nicht allein ihn
nebst seinem ganzen Hause vierzig Tage lang mit vieler Höflichkeit unterhielte;
sondern auch die Widerrufung des Urtheils auswirkte, und ihm Gelegenheit
verschaffete, mit mehrerem Glanze, als iemals, bey Hofe zu erscheinen. Dieses
war für Brankowan ein empfindlicher Schmerz; und er hatte auch gewisser-
maßen Ursache, also zu handeln: denn Demetrie wünschete so sehnlich, zu dem
Fürstenthume Walachey zu gelangen, daß er das von Moldau zweymal aus-
schluge; iedoch wurde dasselbe beydemale, auf seine Empfehlung, seinem Bruder
Antiochus verliehen.

Als sein Bruder das erstemal dahin reisete, um von seinem Fürstenthume1700
Besitz zu nehmen: so begleitete ihn Demetrie, und vermälete sich damals mit
Kassandra, einer Tochter Serban Kantakuzenus, der Fürst in der Walachey
gewesen war. Aus dieser Ehe wurde Demetrie in Moldau eine Tochter geboren.
Kurz hierauf war er genöthiget, dieses Land zu verlassen, und mit seinem Bru-
der, der abgesetzet wurde, nach Constantinopel zurück zu kehren; da derselbe
ein Vater von noch vier Töchtern und vier Söhnen wurde.

Während der Zeit, da Demetrie zu Constantinopel wohnhaft war, ließ
derselbe, weil er nichts wichtigeres zu thun hatte, sein Geschäffte seyn, sein Haus
zu bauen, und sich eine Erkenntniß von den Gewohnheiten und Gebräuchen
des Landes zuwege zu bringen. Hiezu hatte er auch viele Jahre lang Muße;
denn er reisete nicht eher von Constantinopel ab, als im Jahre 1710, da der Zar1710
von Rußland, Peter der Große, den Unglaubigen den Krieg ankündigte.

Als
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Demetrie Kantemirs

Nachher befand ſich derſelbe, auf Befehl des oberſten Weßirs, bey der1697
Schlacht von Senta. Weil er aber nur ein Freywilliger war; ſo war er
nicht mit in dem Treffen; nahm aber mit den Tuͤrken die Flucht, und kam
mit dem Ueberreſte des Heeres nach Conſtantinopel zuruͤck.

Brankowan, der ſeine Feindſchaft gegen dieſes Geſchlecht fortſetzte, ver-
folgte die zweene Bruͤder aus ſeinen aͤußerſten Kraͤften. Demetrie hatte ſeinen
Haß angeflammet, weil derſelbe bey allen Bedienten am Hofe in großem Anſe-
hen ſtunde. Er hatte ſich nicht allein der tuͤrkiſchen, ſondern auch der arabiſchen
und perſiſchen Sprache bemaͤchtiget; und ſeine Leutſeligkeit und muntere Ge-
muͤthsart machte, daß er den beſten Geſellſchaften in der kaiſerlichen Hauptſtadt
zum Vergnuͤgen dienete. Weil daher Brankowan glaubte, daß Demetrie die
einzige Perſon ſey, die er als ſeinen Nebenbuhler zu fuͤrchten habe: ſo ſparete er
weder Muͤhe noch Geld, um zuwege zu bringen, daß er vom Hofe weggeſchaf-
fet wuͤrde; und erhielte auch endlich durch eine große Summe Geldes, wiewol
vergebens, die Verweiſung ſeines Feindes. Denn Demetrie, der davon Nach-
richt bekam, verbarg ſich in dem Hauſe eines Paſchas, der nicht allein ihn
nebſt ſeinem ganzen Hauſe vierzig Tage lang mit vieler Hoͤflichkeit unterhielte;
ſondern auch die Widerrufung des Urtheils auswirkte, und ihm Gelegenheit
verſchaffete, mit mehrerem Glanze, als iemals, bey Hofe zu erſcheinen. Dieſes
war fuͤr Brankowan ein empfindlicher Schmerz; und er hatte auch gewiſſer-
maßen Urſache, alſo zu handeln: denn Demetrie wuͤnſchete ſo ſehnlich, zu dem
Fuͤrſtenthume Walachey zu gelangen, daß er das von Moldau zweymal aus-
ſchluge; iedoch wurde daſſelbe beydemale, auf ſeine Empfehlung, ſeinem Bruder
Antiochus verliehen.

Als ſein Bruder das erſtemal dahin reiſete, um von ſeinem Fuͤrſtenthume1700
Beſitz zu nehmen: ſo begleitete ihn Demetrie, und vermaͤlete ſich damals mit
Kaſſandra, einer Tochter Serban Kantakuzenus, der Fuͤrſt in der Walachey
geweſen war. Aus dieſer Ehe wurde Demetrie in Moldau eine Tochter geboren.
Kurz hierauf war er genoͤthiget, dieſes Land zu verlaſſen, und mit ſeinem Bru-
der, der abgeſetzet wurde, nach Conſtantinopel zuruͤck zu kehren; da derſelbe
ein Vater von noch vier Toͤchtern und vier Soͤhnen wurde.

Waͤhrend der Zeit, da Demetrie zu Conſtantinopel wohnhaft war, ließ
derſelbe, weil er nichts wichtigeres zu thun hatte, ſein Geſchaͤffte ſeyn, ſein Haus
zu bauen, und ſich eine Erkenntniß von den Gewohnheiten und Gebraͤuchen
des Landes zuwege zu bringen. Hiezu hatte er auch viele Jahre lang Muße;
denn er reiſete nicht eher von Conſtantinopel ab, als im Jahre 1710, da der Zar1710
von Rußland, Peter der Große, den Unglaubigen den Krieg ankuͤndigte.

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[843/0961] Demetrie Kantemirs Nachher befand ſich derſelbe, auf Befehl des oberſten Weßirs, bey der Schlacht von Senta. Weil er aber nur ein Freywilliger war; ſo war er nicht mit in dem Treffen; nahm aber mit den Tuͤrken die Flucht, und kam mit dem Ueberreſte des Heeres nach Conſtantinopel zuruͤck. 1697 Brankowan, der ſeine Feindſchaft gegen dieſes Geſchlecht fortſetzte, ver- folgte die zweene Bruͤder aus ſeinen aͤußerſten Kraͤften. Demetrie hatte ſeinen Haß angeflammet, weil derſelbe bey allen Bedienten am Hofe in großem Anſe- hen ſtunde. Er hatte ſich nicht allein der tuͤrkiſchen, ſondern auch der arabiſchen und perſiſchen Sprache bemaͤchtiget; und ſeine Leutſeligkeit und muntere Ge- muͤthsart machte, daß er den beſten Geſellſchaften in der kaiſerlichen Hauptſtadt zum Vergnuͤgen dienete. Weil daher Brankowan glaubte, daß Demetrie die einzige Perſon ſey, die er als ſeinen Nebenbuhler zu fuͤrchten habe: ſo ſparete er weder Muͤhe noch Geld, um zuwege zu bringen, daß er vom Hofe weggeſchaf- fet wuͤrde; und erhielte auch endlich durch eine große Summe Geldes, wiewol vergebens, die Verweiſung ſeines Feindes. Denn Demetrie, der davon Nach- richt bekam, verbarg ſich in dem Hauſe eines Paſchas, der nicht allein ihn nebſt ſeinem ganzen Hauſe vierzig Tage lang mit vieler Hoͤflichkeit unterhielte; ſondern auch die Widerrufung des Urtheils auswirkte, und ihm Gelegenheit verſchaffete, mit mehrerem Glanze, als iemals, bey Hofe zu erſcheinen. Dieſes war fuͤr Brankowan ein empfindlicher Schmerz; und er hatte auch gewiſſer- maßen Urſache, alſo zu handeln: denn Demetrie wuͤnſchete ſo ſehnlich, zu dem Fuͤrſtenthume Walachey zu gelangen, daß er das von Moldau zweymal aus- ſchluge; iedoch wurde daſſelbe beydemale, auf ſeine Empfehlung, ſeinem Bruder Antiochus verliehen. Als ſein Bruder das erſtemal dahin reiſete, um von ſeinem Fuͤrſtenthume Beſitz zu nehmen: ſo begleitete ihn Demetrie, und vermaͤlete ſich damals mit Kaſſandra, einer Tochter Serban Kantakuzenus, der Fuͤrſt in der Walachey geweſen war. Aus dieſer Ehe wurde Demetrie in Moldau eine Tochter geboren. Kurz hierauf war er genoͤthiget, dieſes Land zu verlaſſen, und mit ſeinem Bru- der, der abgeſetzet wurde, nach Conſtantinopel zuruͤck zu kehren; da derſelbe ein Vater von noch vier Toͤchtern und vier Soͤhnen wurde. 1700 Waͤhrend der Zeit, da Demetrie zu Conſtantinopel wohnhaft war, ließ derſelbe, weil er nichts wichtigeres zu thun hatte, ſein Geſchaͤffte ſeyn, ſein Haus zu bauen, und ſich eine Erkenntniß von den Gewohnheiten und Gebraͤuchen des Landes zuwege zu bringen. Hiezu hatte er auch viele Jahre lang Muße; denn er reiſete nicht eher von Conſtantinopel ab, als im Jahre 1710, da der Zar von Rußland, Peter der Große, den Unglaubigen den Krieg ankuͤndigte. Als 1710 5 O 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 843. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/961>, abgerufen am 23.11.2024.