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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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1. Osman der I
Orte dieses Namens in einer Vorstadt daselbst, da das Fest vor dem Beylager
sollte gehalten werden. Die vierzig verkleideten Soldaten (die, wie itzo ge-
dacht, in die Stadt, da sich damals keine Besatzung befand, gegangen waren)
zündeten dieselbe an, und während des Brandes bemächtigten sie sich der Thore
und Festungswerke. Als Osman aus dem Feuer merkte, daß der Streich
gelungen war: so gab er seinen Soldaten, die im Hinterhalte lagen, mit einem
lauten Zurufe ein Zeichen, daß sie die Waffen ergreifen und auf die Feinde,
die alle besoffen waren, losgehen sollten. Kaum war das Zeichen gegeben:
so war auch der Befehl schon vollstrecket, und alles, ausgenommen Michael,
Osmans getreuer Freund, ohne Unterschied des Geschlechts entweder gefangen
oder umgebracht. Unter den gefangenen Frauenzimmern war auch die Braut
Holophira, aus einem edlen Geschlechte. Diese vermälte Osman nachher mit
seinem Sohne Orchan, und bekam von derselben die Enkel Sülejman und
Murad, welcher letztere Orchans Nachfolger in dem Reiche wurde 13.

Unmittelbar nach diesem Siege eroberte er die Stadt Ajnegjol, und
brachte auch noch viele andere Schlösser und Städte nebst ihren Bezirken unter
Aeladdins Botmäßigkeit.

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ihrer kostbarsten Güter, in sein Schloß Bi-
ledschiki zu senden. Dieses wird ihm auch
willig zugestanden, und Osman lässet vierzig
junge Mannspersonen sich wie Frauenzimmer
verkleiden, und noch andere auf Wägen als
Güter einpacken, und kommet damit an den
Ort, da das Vermälungsfest den folgenden
Tag sollte gehalten werden. Man hatte,
wegen Bequemlichkeit des Raums, ein offe-
nes Feld dazu erwählet, das etwas von dem
Schlosse abgelegen war. Nach einigen Höf-
lichkeitsbezeigungen gegen den Statthalter,
erhält er von diesem den Befehl, daß die ver-
meinten Frauenzimmer und Güter in das
Schloß Biledschiki sollten aufgenommen wer-
den. So bald diese in das Schloß kamen:
so sprangen die Soldaten gleich aus ihren
Packen heraus, dazu ihnen ihre verkleideten
Gesellen behülflich waren, und bemächtigten
sich nach einigem Widerstande des Schlosses.
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Sobald der Statthalter sich in sein Schlaf-
zimmer begeben hatte: so setzte sich Osman
ungesäumt zu Pferde (weil er vermuthete,
daß während der Zeit seine Leute sich des Schlos-
ses würden bemächtiget haben), nebst seinem
Gefolge und seinem Freunde Kossi, und ritte
sporenstreichs auf Biledschiki zu. Der Statt-
halter erfähret seine schleunige Abreise, setzet
demselben nach und holet ihn ein. Weil
aber seine bey sich habende Mannschaft meh-
rentheils trunken ist: so wird er von Osman
in dem Gefechte erschlagen und der Rest in
die Flucht getrieben. Nachdem Osman sol-
chergestalt Biledschiki eingenommen hatte:
so überrumpelte er auch des andern Morgens
mit der größten Geschwindigkeit das Schloß
Dscharhisar, und nahm daselbst den Befehl-
haber nebst seiner schönen Tochter, der Braut,
gefangen, als sie sich eben anschickten, zur
Hochzeit zu gehen.]
10. Es
C 3

1. Osman der I
Orte dieſes Namens in einer Vorſtadt daſelbſt, da das Feſt vor dem Beylager
ſollte gehalten werden. Die vierzig verkleideten Soldaten (die, wie itzo ge-
dacht, in die Stadt, da ſich damals keine Beſatzung befand, gegangen waren)
zuͤndeten dieſelbe an, und waͤhrend des Brandes bemaͤchtigten ſie ſich der Thore
und Feſtungswerke. Als Osman aus dem Feuer merkte, daß der Streich
gelungen war: ſo gab er ſeinen Soldaten, die im Hinterhalte lagen, mit einem
lauten Zurufe ein Zeichen, daß ſie die Waffen ergreifen und auf die Feinde,
die alle beſoffen waren, losgehen ſollten. Kaum war das Zeichen gegeben:
ſo war auch der Befehl ſchon vollſtrecket, und alles, ausgenommen Michael,
Osmans getreuer Freund, ohne Unterſchied des Geſchlechts entweder gefangen
oder umgebracht. Unter den gefangenen Frauenzimmern war auch die Braut
Holophira, aus einem edlen Geſchlechte. Dieſe vermaͤlte Osman nachher mit
ſeinem Sohne Orchan, und bekam von derſelben die Enkel Suͤlejman und
Murad, welcher letztere Orchans Nachfolger in dem Reiche wurde 13.

Unmittelbar nach dieſem Siege eroberte er die Stadt Ajnegjol, und
brachte auch noch viele andere Schloͤſſer und Staͤdte nebſt ihren Bezirken unter
Aeladdins Botmaͤßigkeit.

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ihrer koſtbarſten Guͤter, in ſein Schloß Bi-
ledſchiki zu ſenden. Dieſes wird ihm auch
willig zugeſtanden, und Osman laͤſſet vierzig
junge Mannsperſonen ſich wie Frauenzimmer
verkleiden, und noch andere auf Waͤgen als
Guͤter einpacken, und kommet damit an den
Ort, da das Vermaͤlungsfeſt den folgenden
Tag ſollte gehalten werden. Man hatte,
wegen Bequemlichkeit des Raums, ein offe-
nes Feld dazu erwaͤhlet, das etwas von dem
Schloſſe abgelegen war. Nach einigen Hoͤf-
lichkeitsbezeigungen gegen den Statthalter,
erhaͤlt er von dieſem den Befehl, daß die ver-
meinten Frauenzimmer und Guͤter in das
Schloß Biledſchiki ſollten aufgenommen wer-
den. So bald dieſe in das Schloß kamen:
ſo ſprangen die Soldaten gleich aus ihren
Packen heraus, dazu ihnen ihre verkleideten
Geſellen behuͤlflich waren, und bemaͤchtigten
ſich nach einigem Widerſtande des Schloſſes.
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Sobald der Statthalter ſich in ſein Schlaf-
zimmer begeben hatte: ſo ſetzte ſich Osman
ungeſaͤumt zu Pferde (weil er vermuthete,
daß waͤhrend der Zeit ſeine Leute ſich des Schloſ-
ſes wuͤrden bemaͤchtiget haben), nebſt ſeinem
Gefolge und ſeinem Freunde Koſſi, und ritte
ſporenſtreichs auf Biledſchiki zu. Der Statt-
halter erfaͤhret ſeine ſchleunige Abreiſe, ſetzet
demſelben nach und holet ihn ein. Weil
aber ſeine bey ſich habende Mannſchaft meh-
rentheils trunken iſt: ſo wird er von Osman
in dem Gefechte erſchlagen und der Reſt in
die Flucht getrieben. Nachdem Osman ſol-
chergeſtalt Biledſchiki eingenommen hatte:
ſo uͤberrumpelte er auch des andern Morgens
mit der groͤßten Geſchwindigkeit das Schloß
Dſcharhiſar, und nahm daſelbſt den Befehl-
haber nebſt ſeiner ſchoͤnen Tochter, der Braut,
gefangen, als ſie ſich eben anſchickten, zur
Hochzeit zu gehen.]
10. Es
C 3
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[21/0093] 1. Osman der I Orte dieſes Namens in einer Vorſtadt daſelbſt, da das Feſt vor dem Beylager ſollte gehalten werden. Die vierzig verkleideten Soldaten (die, wie itzo ge- dacht, in die Stadt, da ſich damals keine Beſatzung befand, gegangen waren) zuͤndeten dieſelbe an, und waͤhrend des Brandes bemaͤchtigten ſie ſich der Thore und Feſtungswerke. Als Osman aus dem Feuer merkte, daß der Streich gelungen war: ſo gab er ſeinen Soldaten, die im Hinterhalte lagen, mit einem lauten Zurufe ein Zeichen, daß ſie die Waffen ergreifen und auf die Feinde, die alle beſoffen waren, losgehen ſollten. Kaum war das Zeichen gegeben: ſo war auch der Befehl ſchon vollſtrecket, und alles, ausgenommen Michael, Osmans getreuer Freund, ohne Unterſchied des Geſchlechts entweder gefangen oder umgebracht. Unter den gefangenen Frauenzimmern war auch die Braut Holophira, aus einem edlen Geſchlechte. Dieſe vermaͤlte Osman nachher mit ſeinem Sohne Orchan, und bekam von derſelben die Enkel Suͤlejman und Murad, welcher letztere Orchans Nachfolger in dem Reiche wurde ¹³ . Unmittelbar nach dieſem Siege eroberte er die Stadt Ajnegjol, und brachte auch noch viele andere Schloͤſſer und Staͤdte nebſt ihren Bezirken unter Aeladdins Botmaͤßigkeit. 10. Es ihrer koſtbarſten Guͤter, in ſein Schloß Bi- ledſchiki zu ſenden. Dieſes wird ihm auch willig zugeſtanden, und Osman laͤſſet vierzig junge Mannsperſonen ſich wie Frauenzimmer verkleiden, und noch andere auf Waͤgen als Guͤter einpacken, und kommet damit an den Ort, da das Vermaͤlungsfeſt den folgenden Tag ſollte gehalten werden. Man hatte, wegen Bequemlichkeit des Raums, ein offe- nes Feld dazu erwaͤhlet, das etwas von dem Schloſſe abgelegen war. Nach einigen Hoͤf- lichkeitsbezeigungen gegen den Statthalter, erhaͤlt er von dieſem den Befehl, daß die ver- meinten Frauenzimmer und Guͤter in das Schloß Biledſchiki ſollten aufgenommen wer- den. So bald dieſe in das Schloß kamen: ſo ſprangen die Soldaten gleich aus ihren Packen heraus, dazu ihnen ihre verkleideten Geſellen behuͤlflich waren, und bemaͤchtigten ſich nach einigem Widerſtande des Schloſſes. Sobald der Statthalter ſich in ſein Schlaf- zimmer begeben hatte: ſo ſetzte ſich Osman ungeſaͤumt zu Pferde (weil er vermuthete, daß waͤhrend der Zeit ſeine Leute ſich des Schloſ- ſes wuͤrden bemaͤchtiget haben), nebſt ſeinem Gefolge und ſeinem Freunde Koſſi, und ritte ſporenſtreichs auf Biledſchiki zu. Der Statt- halter erfaͤhret ſeine ſchleunige Abreiſe, ſetzet demſelben nach und holet ihn ein. Weil aber ſeine bey ſich habende Mannſchaft meh- rentheils trunken iſt: ſo wird er von Osman in dem Gefechte erſchlagen und der Reſt in die Flucht getrieben. Nachdem Osman ſol- chergeſtalt Biledſchiki eingenommen hatte: ſo uͤberrumpelte er auch des andern Morgens mit der groͤßten Geſchwindigkeit das Schloß Dſcharhiſar, und nahm daſelbſt den Befehl- haber nebſt ſeiner ſchoͤnen Tochter, der Braut, gefangen, als ſie ſich eben anſchickten, zur Hochzeit zu gehen.] C 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/93>, abgerufen am 23.11.2024.