Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte [Spaltenumbruch]
die Trauungsgebräuche durch den Imam nach allen Feierlichkeiten vollziehen. Als diese vorbey sind, und das neuverlobte Par nunmehr in die Brautkammer geführet werden soll: so redet er seinen Sohn auf folgende Weise an. "Mein Sohn, wir "befinden uns in großer Gefahr, obgleich "dieselbe iedermann unbekannt ist. Scheh- "ßade Efendi ist in diese Jungfer, die die "Walide Sultane euch zur Frau gegeben "hat, verliebt; und wie groß und heftig "seine Leidenschaft sey: das könnet ihr aus "diesem Briefe abnehmen. Wenn ihr da- "her eures Vaters Segen verlanget, und "die Wohlfahrt eures Hauses wünschet: so "enthaltet euch von dieser verbotenen Frucht, "und kostet nichts von einer Speise, die für "eines Fürsten Tafel aufbehalten ist. Bil- "det euch ein, daß ihr eine Schwester be- "kommen hättet, und nicht eine Frau. "Küsset sie ingeheim als eure Schwester: "und öffentlich nennet dieselbe eure Frau; "aber bedienet euch ihrer niemals in dieser "Eigenschaft. Sollten euch die Begierden "so weit treiben, daß ihr meine Warnung "verachtetet: so wisset, daß ihr euer Haus "in den gänzlichen Untergang stürzen und "meinen Fluch auf euch laden werdet." Der Sohn verspricht, dieser Ermahnung Folge zu leisten: da dann die Braut, die gleichfals ihre Einwilligung dazu giebt, in demselben Zimmer gelassen wird; der Bräu- tigam aber in ein anderes Gemach zu liegen gehet. Alles dieses geschahe dergestalt heim- lich in dem Frauengemache, daß weder die Hausbedienten, noch vielweniger Aehmed, die mindeste Wissenschaft davon bekommen konnten. Einige Tage nach der Hochzeit wird der Bräutigam zum Mewla von Smir- na gemacht; darauf die Gemalinnen des Weßirs und anderer Paschen sich einfinden, seiner Frau Glück zu wünschen. Aehmed erfähret dieses; und weil er glaubet, daß seine Liebste nunmehr in eines andern Armen [Spaltenumbruch] liege: so wird er voll Verzweifelung, fället in eine tiefe Schwermuth, und drohet, sich künftig an den Urhebern dieses Streichs nach- drücklich zu rächen. Es stehet nicht lange an, so bricht die in der Geschichte erzählte Empörung zu Constantinopel aus, darinnen Mustäfa abgesetzet und Aehmed zu seinem Nachfolger bestellet wird. Kaum ist derselbe auf den Thron gelanget: so lässet er ohne Verweilung Nuh Efendi holen, und befiehlet, ihn gleich ums Leben zu bringen, ohne ihm Zeit zu seiner Rechtfertigung zu gönnen. Der erste Leibarzt merket gleich die Ursache von des Sultans heftigem Zorne, und saget: er sey bereit zu sterben, wenn ihm nur erlaubet werde, zuvor dem Sultane ingeheim ein Wort wegen seiner Vertheidigung zu eröffnen. Als ihm dieses verstattet wird, und man ihn in des Sultans inneres Gemach führet: so giebt er demselben von dem ganzen Verlaufe der Sache Nachricht, und setzet hinzu; er wolle sich nicht weigern, nebst seinen Söhnen, zu ster- ben, wenn sie nicht noch eben so gut Jungfer sey, als da sie aus dem Seraj gekommen. Der Sultan Aehmed geräth über dieser un- vermutheten Begebenheit in eine unaussprech- liche Freude, befiehlet, daß die Sache durch gewisse Verschnittenen unverzüglich untersu- chet werden sollte; und da er Versicherung erhält, daß sie noch unberühret ist: so lässet er dem obersten Leibarzte große Ehrenbezei- gungen wiederfahren, und verlanget, daß er dieselbe noch länger und mit eben der Sorg- falt bewahren solle, bis auf weitern Befehl; denn er war willens, sie in das Seraj zu neh- men und zu seiner Gemalinn zu machen. Weil aber seine Mutter sich gar sehr dagegen setzte, und ihm anriethe, nicht gleich im An- fange seiner Regierung (da noch in verschie- denen Gegenden des Reichs sich viele von sei- nes Bruders Anhängern befänden) gegen die Gesetze des Serajs zu handeln, darinnen ausdrücklich festgesetzet ist; daß eine Jungfer, die einmal aus diesem Orte entlassen worden, Osmaniſche Geſchichte [Spaltenumbruch]
die Trauungsgebraͤuche durch den Imam nach allen Feierlichkeiten vollziehen. Als dieſe vorbey ſind, und das neuverlobte Par nunmehr in die Brautkammer gefuͤhret werden ſoll: ſo redet er ſeinen Sohn auf folgende Weiſe an. “Mein Sohn, wir “befinden uns in großer Gefahr, obgleich “dieſelbe iedermann unbekannt iſt. Scheh- “ßade Efendi iſt in dieſe Jungfer, die die “Walide Sultane euch zur Frau gegeben “hat, verliebt; und wie groß und heftig “ſeine Leidenſchaft ſey: das koͤnnet ihr aus “dieſem Briefe abnehmen. Wenn ihr da- “her eures Vaters Segen verlanget, und “die Wohlfahrt eures Hauſes wuͤnſchet: ſo “enthaltet euch von dieſer verbotenen Frucht, “und koſtet nichts von einer Speiſe, die fuͤr “eines Fuͤrſten Tafel aufbehalten iſt. Bil- “det euch ein, daß ihr eine Schweſter be- “kommen haͤttet, und nicht eine Frau. “Kuͤſſet ſie ingeheim als eure Schweſter: “und oͤffentlich nennet dieſelbe eure Frau; “aber bedienet euch ihrer niemals in dieſer “Eigenſchaft. Sollten euch die Begierden “ſo weit treiben, daß ihr meine Warnung “verachtetet: ſo wiſſet, daß ihr euer Haus “in den gaͤnzlichen Untergang ſtuͤrzen und “meinen Fluch auf euch laden werdet.„ Der Sohn verſpricht, dieſer Ermahnung Folge zu leiſten: da dann die Braut, die gleichfals ihre Einwilligung dazu giebt, in demſelben Zimmer gelaſſen wird; der Braͤu- tigam aber in ein anderes Gemach zu liegen gehet. Alles dieſes geſchahe dergeſtalt heim- lich in dem Frauengemache, daß weder die Hausbedienten, noch vielweniger Aehmed, die mindeſte Wiſſenſchaft davon bekommen konnten. Einige Tage nach der Hochzeit wird der Braͤutigam zum Mewla von Smir- na gemacht; darauf die Gemalinnen des Weßirs und anderer Paſchen ſich einfinden, ſeiner Frau Gluͤck zu wuͤnſchen. Aehmed erfaͤhret dieſes; und weil er glaubet, daß ſeine Liebſte nunmehr in eines andern Armen [Spaltenumbruch] liege: ſo wird er voll Verzweifelung, faͤllet in eine tiefe Schwermuth, und drohet, ſich kuͤnftig an den Urhebern dieſes Streichs nach- druͤcklich zu raͤchen. Es ſtehet nicht lange an, ſo bricht die in der Geſchichte erzaͤhlte Empoͤrung zu Conſtantinopel aus, darinnen Muſtaͤfa abgeſetzet und Aehmed zu ſeinem Nachfolger beſtellet wird. Kaum iſt derſelbe auf den Thron gelanget: ſo laͤſſet er ohne Verweilung Nuh Efendi holen, und befiehlet, ihn gleich ums Leben zu bringen, ohne ihm Zeit zu ſeiner Rechtfertigung zu goͤnnen. Der erſte Leibarzt merket gleich die Urſache von des Sultans heftigem Zorne, und ſaget: er ſey bereit zu ſterben, wenn ihm nur erlaubet werde, zuvor dem Sultane ingeheim ein Wort wegen ſeiner Vertheidigung zu eroͤffnen. Als ihm dieſes verſtattet wird, und man ihn in des Sultans inneres Gemach fuͤhret: ſo giebt er demſelben von dem ganzen Verlaufe der Sache Nachricht, und ſetzet hinzu; er wolle ſich nicht weigern, nebſt ſeinen Soͤhnen, zu ſter- ben, wenn ſie nicht noch eben ſo gut Jungfer ſey, als da ſie aus dem Seraj gekommen. Der Sultan Aehmed geraͤth uͤber dieſer un- vermutheten Begebenheit in eine unausſprech- liche Freude, befiehlet, daß die Sache durch gewiſſe Verſchnittenen unverzuͤglich unterſu- chet werden ſollte; und da er Verſicherung erhaͤlt, daß ſie noch unberuͤhret iſt: ſo laͤſſet er dem oberſten Leibarzte große Ehrenbezei- gungen wiederfahren, und verlanget, daß er dieſelbe noch laͤnger und mit eben der Sorg- falt bewahren ſolle, bis auf weitern Befehl; denn er war willens, ſie in das Seraj zu neh- men und zu ſeiner Gemalinn zu machen. Weil aber ſeine Mutter ſich gar ſehr dagegen ſetzte, und ihm anriethe, nicht gleich im An- fange ſeiner Regierung (da noch in verſchie- denen Gegenden des Reichs ſich viele von ſei- nes Bruders Anhaͤngern befaͤnden) gegen die Geſetze des Serajs zu handeln, darinnen ausdruͤcklich feſtgeſetzet iſt; daß eine Jungfer, die einmal aus dieſem Orte entlaſſen worden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0864" n="750"/> <fw place="top" type="header">Osmaniſche Geſchichte</fw><lb/> <cb n="1"/><lb/> <note xml:id="B864" prev="#B863" place="end" next="#B865">die Trauungsgebraͤuche durch den Imam<lb/> nach allen Feierlichkeiten vollziehen. Als<lb/> dieſe vorbey ſind, und das neuverlobte<lb/> Par nunmehr in die Brautkammer gefuͤhret<lb/> werden ſoll: ſo redet er ſeinen Sohn auf<lb/> folgende Weiſe an. “Mein Sohn, wir<lb/> “befinden uns in großer Gefahr, obgleich<lb/> “dieſelbe iedermann unbekannt iſt. 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Osmaniſche Geſchichte
die Trauungsgebraͤuche durch den Imam
nach allen Feierlichkeiten vollziehen. Als
dieſe vorbey ſind, und das neuverlobte
Par nunmehr in die Brautkammer gefuͤhret
werden ſoll: ſo redet er ſeinen Sohn auf
folgende Weiſe an. “Mein Sohn, wir
“befinden uns in großer Gefahr, obgleich
“dieſelbe iedermann unbekannt iſt. Scheh-
“ßade Efendi iſt in dieſe Jungfer, die die
“Walide Sultane euch zur Frau gegeben
“hat, verliebt; und wie groß und heftig
“ſeine Leidenſchaft ſey: das koͤnnet ihr aus
“dieſem Briefe abnehmen. Wenn ihr da-
“her eures Vaters Segen verlanget, und
“die Wohlfahrt eures Hauſes wuͤnſchet: ſo
“enthaltet euch von dieſer verbotenen Frucht,
“und koſtet nichts von einer Speiſe, die fuͤr
“eines Fuͤrſten Tafel aufbehalten iſt. Bil-
“det euch ein, daß ihr eine Schweſter be-
“kommen haͤttet, und nicht eine Frau.
“Kuͤſſet ſie ingeheim als eure Schweſter:
“und oͤffentlich nennet dieſelbe eure Frau;
“aber bedienet euch ihrer niemals in dieſer
“Eigenſchaft. Sollten euch die Begierden
“ſo weit treiben, daß ihr meine Warnung
“verachtetet: ſo wiſſet, daß ihr euer Haus
“in den gaͤnzlichen Untergang ſtuͤrzen und
“meinen Fluch auf euch laden werdet.„
Der Sohn verſpricht, dieſer Ermahnung
Folge zu leiſten: da dann die Braut, die
gleichfals ihre Einwilligung dazu giebt, in
demſelben Zimmer gelaſſen wird; der Braͤu-
tigam aber in ein anderes Gemach zu liegen
gehet. Alles dieſes geſchahe dergeſtalt heim-
lich in dem Frauengemache, daß weder die
Hausbedienten, noch vielweniger Aehmed,
die mindeſte Wiſſenſchaft davon bekommen
konnten. Einige Tage nach der Hochzeit
wird der Braͤutigam zum Mewla von Smir-
na gemacht; darauf die Gemalinnen des
Weßirs und anderer Paſchen ſich einfinden,
ſeiner Frau Gluͤck zu wuͤnſchen. Aehmed
erfaͤhret dieſes; und weil er glaubet, daß
ſeine Liebſte nunmehr in eines andern Armen
liege: ſo wird er voll Verzweifelung, faͤllet
in eine tiefe Schwermuth, und drohet, ſich
kuͤnftig an den Urhebern dieſes Streichs nach-
druͤcklich zu raͤchen. Es ſtehet nicht lange
an, ſo bricht die in der Geſchichte erzaͤhlte
Empoͤrung zu Conſtantinopel aus, darinnen
Muſtaͤfa abgeſetzet und Aehmed zu ſeinem
Nachfolger beſtellet wird. Kaum iſt derſelbe
auf den Thron gelanget: ſo laͤſſet er ohne
Verweilung Nuh Efendi holen, und befiehlet,
ihn gleich ums Leben zu bringen, ohne ihm
Zeit zu ſeiner Rechtfertigung zu goͤnnen.
Der erſte Leibarzt merket gleich die Urſache
von des Sultans heftigem Zorne, und ſaget:
er ſey bereit zu ſterben, wenn ihm nur erlaubet
werde, zuvor dem Sultane ingeheim ein Wort
wegen ſeiner Vertheidigung zu eroͤffnen. Als
ihm dieſes verſtattet wird, und man ihn in
des Sultans inneres Gemach fuͤhret: ſo giebt
er demſelben von dem ganzen Verlaufe der
Sache Nachricht, und ſetzet hinzu; er wolle
ſich nicht weigern, nebſt ſeinen Soͤhnen, zu ſter-
ben, wenn ſie nicht noch eben ſo gut Jungfer
ſey, als da ſie aus dem Seraj gekommen.
Der Sultan Aehmed geraͤth uͤber dieſer un-
vermutheten Begebenheit in eine unausſprech-
liche Freude, befiehlet, daß die Sache durch
gewiſſe Verſchnittenen unverzuͤglich unterſu-
chet werden ſollte; und da er Verſicherung
erhaͤlt, daß ſie noch unberuͤhret iſt: ſo laͤſſet
er dem oberſten Leibarzte große Ehrenbezei-
gungen wiederfahren, und verlanget, daß er
dieſelbe noch laͤnger und mit eben der Sorg-
falt bewahren ſolle, bis auf weitern Befehl;
denn er war willens, ſie in das Seraj zu neh-
men und zu ſeiner Gemalinn zu machen.
Weil aber ſeine Mutter ſich gar ſehr dagegen
ſetzte, und ihm anriethe, nicht gleich im An-
fange ſeiner Regierung (da noch in verſchie-
denen Gegenden des Reichs ſich viele von ſei-
nes Bruders Anhaͤngern befaͤnden) gegen die
Geſetze des Serajs zu handeln, darinnen
ausdruͤcklich feſtgeſetzet iſt; daß eine Jungfer,
die einmal aus dieſem Orte entlaſſen worden,
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