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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
Inzwischen
säumet doch der
Sultan nicht,
den Weßir mit
einem Heere insFeld zu schicken.
80.

Ungeachtet aber das Gerücht von dem Frieden den Türken sehr
angenehm war: so unterließen doch dieselben nichts, was nur bey dem gegen-
wärtigen Zustande der Sachen zu ersinnen war, um das weitere Eindringen
des Feindes zu verhindern und ihre Grenzen in Sicherheit zu setzen. Der Sul-
H. 1109.



J. C. 1698.tan begab sich zu Ende des Monats Ssülkäde im Jahre 1109 von Constantino-
pel nach Adrianopel, von da er am ersten des folgenden Monats dem Weßire
Befehl gab, mit dem gesammten Heere nach Belgrad aufzubrechen; er selbst
aber hielte sich den Sommer über in dem Dorfe Akbing-ar nicht weit von Adria-
nopel auf, um daselbst den Ausgang der Friedenshandlungen abzuwarten.

Allein, sowol
das türkische, als
die verbunde-
nen Kriegeshee-
re, verharren in
Hoffnung des
Friedens ohneBewegung.
81.

Mittlerweile halten sich beyderseitige Kriegesheere, das kaiserliche
zu Peterwaradin, und das türkische bey Belgrad, in Hoffnung eines Friedens,
ruhig, ohne sich zu bewegen, und bewahren nur bloß ihre Grenzen. Eben
dasselbe thun die Russen und Polen auch. Die Venetianer haben mit der türki-
schen Flote bey Mitylene ein leichtes Treffen, und die letztere wird in die Flucht
getrieben; wiewol es dabey nicht ohne Verlust abgehet. In Dalmatien ver-
suchen dieselben, Stolas durch Kriegeslist wegzunehmen; sie werden aber ge-
[Spaltenumbruch]

34 Muhärremi Esrar*] das ist, einer,
dem Geheimnisse anvertrauet sind. Mauro-
cordatus erfand diesen neuen Namen zu sei-
nem Amte, das vor ihm niemals üblich gewe-
sen, und auch, seit dem er gestorben, nieman-
dem wieder verliehen worden ist. Er über-
setzte diesen Namen in das Griechische, und
ließ sich in dieser Sprache gerne [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]
[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] nennen: gab sich auch lange Zeit Mü-
he, die Fürsten in der Moldau und Walachey
dahin zu vermögen, daß sie ihm in ihren
Briefen den Titel [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] oder
durchlauchtigst beylegen möchten; anstatt der
Benennung [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] oder vortrefflichst,
den man ihm sonst als Oberhofdolmetscher zu
geben pflegte, und der an dem Hofe des Pa-
triarchen und dieser Fürsten für nicht so an-
sehnlich gehalten wird, als [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]
[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]
35 Venetianer] Es wird nicht undien-
[Spaltenumbruch]
lich seyn, die berufene Rede Rami Rejs
Efendis hier einzuschalten. Nämlich, als
dieser wahrnahme, daß der venetianische Ab-
gesandte etwas großsprechend redete, und sich
härter und schwieriger bezeigte, als die übri-
gen, die Friedensbedingungen einzugehen:
so wendete er sich zu demselben, und sagte;
"Iltschibegj, ihr müsset nicht so unbillig
"seyn, noch so große Pralereyen machen;
"sonderlich vor einer solchen Versammlung
"weiser Abgesandten, als die gegenwärtige
"ist, die alle eine Vergleichung zu machen
"wissen zwischen dem Zustande und der
"Macht des Stats von Venedig, und des
"osmanischen Reichs. Ihr hättet nimmer-
"mehr eure Finger (die ihr von der Natur
"sehr kurz bekommen habt) so weit aus-
"strecken können: wenn es sich nicht eben
"so zugetragen hätte, wie eine von unsern
"gemeinen Geschichten saget, daß es zwee-
"nen sehr tapfern und berühmten Kämpfern

nöthi-
* 578 S.
Osmaniſche Geſchichte
Inzwiſchen
ſaͤumet doch der
Sultan nicht,
den Weßir mit
einem Heere insFeld zu ſchicken.
80.

Ungeachtet aber das Geruͤcht von dem Frieden den Tuͤrken ſehr
angenehm war: ſo unterließen doch dieſelben nichts, was nur bey dem gegen-
waͤrtigen Zuſtande der Sachen zu erſinnen war, um das weitere Eindringen
des Feindes zu verhindern und ihre Grenzen in Sicherheit zu ſetzen. Der Sul-
H. 1109.



J. C. 1698.tan begab ſich zu Ende des Monats Sſuͤlkaͤde im Jahre 1109 von Conſtantino-
pel nach Adrianopel, von da er am erſten des folgenden Monats dem Weßire
Befehl gab, mit dem geſammten Heere nach Belgrad aufzubrechen; er ſelbſt
aber hielte ſich den Sommer uͤber in dem Dorfe Akbing-ar nicht weit von Adria-
nopel auf, um daſelbſt den Ausgang der Friedenshandlungen abzuwarten.

Allein, ſowol
das tuͤrkiſche, als
die verbunde-
nen Kriegeshee-
re, verharren in
Hoffnung des
Friedens ohneBewegung.
81.

Mittlerweile halten ſich beyderſeitige Kriegesheere, das kaiſerliche
zu Peterwaradin, und das tuͤrkiſche bey Belgrad, in Hoffnung eines Friedens,
ruhig, ohne ſich zu bewegen, und bewahren nur bloß ihre Grenzen. Eben
daſſelbe thun die Ruſſen und Polen auch. Die Venetianer haben mit der tuͤrki-
ſchen Flote bey Mitylene ein leichtes Treffen, und die letztere wird in die Flucht
getrieben; wiewol es dabey nicht ohne Verluſt abgehet. In Dalmatien ver-
ſuchen dieſelben, Stolas durch Kriegesliſt wegzunehmen; ſie werden aber ge-
[Spaltenumbruch]

34 Muhaͤrremi Esrar*] das iſt, einer,
dem Geheimniſſe anvertrauet ſind. Mauro-
cordatus erfand dieſen neuen Namen zu ſei-
nem Amte, das vor ihm niemals uͤblich gewe-
ſen, und auch, ſeit dem er geſtorben, nieman-
dem wieder verliehen worden iſt. Er uͤber-
ſetzte dieſen Namen in das Griechiſche, und
ließ ſich in dieſer Sprache gerne [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]
[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] nennen: gab ſich auch lange Zeit Muͤ-
he, die Fuͤrſten in der Moldau und Walachey
dahin zu vermoͤgen, daß ſie ihm in ihren
Briefen den Titel [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] oder
durchlauchtigſt beylegen moͤchten; anſtatt der
Benennung [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] oder vortrefflichſt,
den man ihm ſonſt als Oberhofdolmetſcher zu
geben pflegte, und der an dem Hofe des Pa-
triarchen und dieſer Fuͤrſten fuͤr nicht ſo an-
ſehnlich gehalten wird, als [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]
[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]
35 Venetianer] Es wird nicht undien-
[Spaltenumbruch]
lich ſeyn, die berufene Rede Rami Rejs
Efendis hier einzuſchalten. Naͤmlich, als
dieſer wahrnahme, daß der venetianiſche Ab-
geſandte etwas großſprechend redete, und ſich
haͤrter und ſchwieriger bezeigte, als die uͤbri-
gen, die Friedensbedingungen einzugehen:
ſo wendete er ſich zu demſelben, und ſagte;
“Iltſchibegj, ihr muͤſſet nicht ſo unbillig
“ſeyn, noch ſo große Pralereyen machen;
“ſonderlich vor einer ſolchen Verſammlung
“weiſer Abgeſandten, als die gegenwaͤrtige
“iſt, die alle eine Vergleichung zu machen
“wiſſen zwiſchen dem Zuſtande und der
“Macht des Stats von Venedig, und des
“osmaniſchen Reichs. Ihr haͤttet nimmer-
“mehr eure Finger (die ihr von der Natur
“ſehr kurz bekommen habt) ſo weit aus-
“ſtrecken koͤnnen: wenn es ſich nicht eben
“ſo zugetragen haͤtte, wie eine von unſern
“gemeinen Geſchichten ſaget, daß es zwee-
“nen ſehr tapfern und beruͤhmten Kaͤmpfern

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* 578 S.
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[714/0828] Osmaniſche Geſchichte 80. Ungeachtet aber das Geruͤcht von dem Frieden den Tuͤrken ſehr angenehm war: ſo unterließen doch dieſelben nichts, was nur bey dem gegen- waͤrtigen Zuſtande der Sachen zu erſinnen war, um das weitere Eindringen des Feindes zu verhindern und ihre Grenzen in Sicherheit zu ſetzen. Der Sul- tan begab ſich zu Ende des Monats Sſuͤlkaͤde im Jahre 1109 von Conſtantino- pel nach Adrianopel, von da er am erſten des folgenden Monats dem Weßire Befehl gab, mit dem geſammten Heere nach Belgrad aufzubrechen; er ſelbſt aber hielte ſich den Sommer uͤber in dem Dorfe Akbing-ar nicht weit von Adria- nopel auf, um daſelbſt den Ausgang der Friedenshandlungen abzuwarten. H. 1109. J. C. 1698. 81. Mittlerweile halten ſich beyderſeitige Kriegesheere, das kaiſerliche zu Peterwaradin, und das tuͤrkiſche bey Belgrad, in Hoffnung eines Friedens, ruhig, ohne ſich zu bewegen, und bewahren nur bloß ihre Grenzen. Eben daſſelbe thun die Ruſſen und Polen auch. Die Venetianer haben mit der tuͤrki- ſchen Flote bey Mitylene ein leichtes Treffen, und die letztere wird in die Flucht getrieben; wiewol es dabey nicht ohne Verluſt abgehet. In Dalmatien ver- ſuchen dieſelben, Stolas durch Kriegesliſt wegzunehmen; ſie werden aber ge- noͤthi- ³⁴ Muhaͤrremi Esrar *] das iſt, einer, dem Geheimniſſe anvertrauet ſind. Mauro- cordatus erfand dieſen neuen Namen zu ſei- nem Amte, das vor ihm niemals uͤblich gewe- ſen, und auch, ſeit dem er geſtorben, nieman- dem wieder verliehen worden iſt. Er uͤber- ſetzte dieſen Namen in das Griechiſche, und ließ ſich in dieſer Sprache gerne _ _ nennen: gab ſich auch lange Zeit Muͤ- he, die Fuͤrſten in der Moldau und Walachey dahin zu vermoͤgen, daß ſie ihm in ihren Briefen den Titel _ oder durchlauchtigſt beylegen moͤchten; anſtatt der Benennung _ oder vortrefflichſt, den man ihm ſonſt als Oberhofdolmetſcher zu geben pflegte, und der an dem Hofe des Pa- triarchen und dieſer Fuͤrſten fuͤr nicht ſo an- ſehnlich gehalten wird, als _ _ ³⁵ Venetianer] Es wird nicht undien- lich ſeyn, die berufene Rede Rami Rejs Efendis hier einzuſchalten. Naͤmlich, als dieſer wahrnahme, daß der venetianiſche Ab- geſandte etwas großſprechend redete, und ſich haͤrter und ſchwieriger bezeigte, als die uͤbri- gen, die Friedensbedingungen einzugehen: ſo wendete er ſich zu demſelben, und ſagte; “Iltſchibegj, ihr muͤſſet nicht ſo unbillig “ſeyn, noch ſo große Pralereyen machen; “ſonderlich vor einer ſolchen Verſammlung “weiſer Abgeſandten, als die gegenwaͤrtige “iſt, die alle eine Vergleichung zu machen “wiſſen zwiſchen dem Zuſtande und der “Macht des Stats von Venedig, und des “osmaniſchen Reichs. Ihr haͤttet nimmer- “mehr eure Finger (die ihr von der Natur “ſehr kurz bekommen habt) ſo weit aus- “ſtrecken koͤnnen: wenn es ſich nicht eben “ſo zugetragen haͤtte, wie eine von unſern “gemeinen Geſchichten ſaget, daß es zwee- “nen ſehr tapfern und beruͤhmten Kaͤmpfern “gegan- * 578 S.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/828>, abgerufen am 22.11.2024.