Mitten unter diesem Streite besetzet ein Theil des deutschen HeeresDie Kaiserli- chen stürmen das Lager der Tür- ken, und machen dieselben bis auf einen Mann nie- der. die äußern Linien, die von den Türken verlassen waren, und stellet sich, als wenn er die innern Linien bestürmen wollte; bloß in der Absicht, den Feind von der Seite des Lagers, das gegen den Fluß zu lag, wegzuziehen: gleichwie sie da- durch, daß sie ihre Leute an das Ufer gestellet hatten, sich den Angriff zu erleich- tern suchten. Als diese sich plötzlich bey dem Zugange zu der Brücke sehen las- sen: so gerathen die türkischen Völker in ein großes Schrecken, und wenden ihre ganze Macht gegen diese Seite, um den Deutschen das Eindringen zu ver- wehren. Indessen nun, da hier beyde Theile mit gleicher Standhaftigkeit fechten, bemächtiget sich die Partey Deutschen, die von dem ebenen Lande her- gekommen war, der innern Linien, als die nur nachlässig bewahret wurden, und fället dem Feinde, der an dem Flusse fochte, in den Rücken. Die Türken, die nunmehr von allen Seiten her eingeschlossen und gedränget sind, wehren sich tap- fer, wiewol in Unordnung, und werden zuletzt, nachdem sie einen Weg zu ent- rinnen vergebens gesuchet hatten, bis auf einen Mann niedergemacht.
56.
Inzwischen starben sie doch nicht, ohne sich vorher an ihren FeindenDas Treffen ist auf beyden Sei- ten blutig. zu rächen; denn es sollen bey dieser Unternehmung sechs tausend Deutschen geblieben seyn. Hingegen wurden von den Türken erschlagen, wie aus den Listen zu ersehen war, vierzehen tausend und siebenzig Jeng-itscheri, nebst ihrem Aga, Deli Balta Ogli 22: drey und siebenzig Odschak und Bölükj Agalari: drey tausend und sieben hundert Toptschi und Dschebedschi: sieben tausend Ar- nawden 23: der Weßir Elmas Muhämmed Pascha selbst: funfzehen Paschen von dem Range mit dreyen Roßschweifen, unter denen die vornehmsten waren, [Spaltenumbruch]
22 Deli Balta Ogli] Sein Vater war Aga der Jeng-itscheri gewesen, und er gelang- te endlich zu eben derselben Würde, nachdem er verschiedene Stellen bey dem Heere durch- gegangen war. Endlich wurde derselbe we- gen seiner guten Eigenschaften von dem Sul- tane mit dreyen Tug beehret, ungeachtet der Weßir, als der gemeinschaftliche Feind aller rechtschaffenen und großen Männer, darüber murrete. Nämlich der Aga der Jeng-itscheri führet gewöhnlicher Weise nur zweene Tug. Wann nun einem drey derselben verliehen werden: so wird es angesehen, als wenn es dem Weßire zum Schimpf geschähe. Den [Spaltenumbruch] Beynamen Deli oder der Unsinnige bekam er wegen seiner übermäßigen Kühnheit, und weil er wie ein Unsinniger blindlings in alle Gefahren hinein rennete.
23 Arnawden] Seit dem der Aufruhr Iskjenderbegjs in Albanien ist gedämpfet wor- den, da zu gleicher Zeit Sultan Murad der II fast alle die Einwohner dieser Landschaft zwan- ge, den muhämmedischen Glauben anzuneh- men: hat der Sultan beständig einige Tau- sende derselben unter seinem Heere gehalten. Sie werden für die beherztesten und kühne- sten von allen Kriegesleuten geachtet, und
Kodscha
4 R 3
22. Muſtaͤfa der II
55.
Mitten unter dieſem Streite beſetzet ein Theil des deutſchen HeeresDie Kaiſerli- chen ſtuͤrmen das Lager der Tuͤr- ken, und machen dieſelben bis auf einen Mann nie- der. die aͤußern Linien, die von den Tuͤrken verlaſſen waren, und ſtellet ſich, als wenn er die innern Linien beſtuͤrmen wollte; bloß in der Abſicht, den Feind von der Seite des Lagers, das gegen den Fluß zu lag, wegzuziehen: gleichwie ſie da- durch, daß ſie ihre Leute an das Ufer geſtellet hatten, ſich den Angriff zu erleich- tern ſuchten. Als dieſe ſich ploͤtzlich bey dem Zugange zu der Bruͤcke ſehen laſ- ſen: ſo gerathen die tuͤrkiſchen Voͤlker in ein großes Schrecken, und wenden ihre ganze Macht gegen dieſe Seite, um den Deutſchen das Eindringen zu ver- wehren. Indeſſen nun, da hier beyde Theile mit gleicher Standhaftigkeit fechten, bemaͤchtiget ſich die Partey Deutſchen, die von dem ebenen Lande her- gekommen war, der innern Linien, als die nur nachlaͤſſig bewahret wurden, und faͤllet dem Feinde, der an dem Fluſſe fochte, in den Ruͤcken. Die Tuͤrken, die nunmehr von allen Seiten her eingeſchloſſen und gedraͤnget ſind, wehren ſich tap- fer, wiewol in Unordnung, und werden zuletzt, nachdem ſie einen Weg zu ent- rinnen vergebens geſuchet hatten, bis auf einen Mann niedergemacht.
56.
Inzwiſchen ſtarben ſie doch nicht, ohne ſich vorher an ihren FeindenDas Treffen iſt auf beyden Sei- ten blutig. zu raͤchen; denn es ſollen bey dieſer Unternehmung ſechs tauſend Deutſchen geblieben ſeyn. Hingegen wurden von den Tuͤrken erſchlagen, wie aus den Liſten zu erſehen war, vierzehen tauſend und ſiebenzig Jeng-itſcheri, nebſt ihrem Aga, Deli Balta Ogli 22: drey und ſiebenzig Odſchak und Boͤluͤkj Agalari: drey tauſend und ſieben hundert Toptſchi und Dſchebedſchi: ſieben tauſend Ar- nawden 23: der Weßir Elmas Muhaͤmmed Paſcha ſelbſt: funfzehen Paſchen von dem Range mit dreyen Roßſchweifen, unter denen die vornehmſten waren, [Spaltenumbruch]
22 Deli Balta Ogli] Sein Vater war Aga der Jeng-itſcheri geweſen, und er gelang- te endlich zu eben derſelben Wuͤrde, nachdem er verſchiedene Stellen bey dem Heere durch- gegangen war. Endlich wurde derſelbe we- gen ſeiner guten Eigenſchaften von dem Sul- tane mit dreyen Tug beehret, ungeachtet der Weßir, als der gemeinſchaftliche Feind aller rechtſchaffenen und großen Maͤnner, daruͤber murrete. Naͤmlich der Aga der Jeng-itſcheri fuͤhret gewoͤhnlicher Weiſe nur zweene Tug. Wann nun einem drey derſelben verliehen werden: ſo wird es angeſehen, als wenn es dem Weßire zum Schimpf geſchaͤhe. Den [Spaltenumbruch] Beynamen Deli oder der Unſinnige bekam er wegen ſeiner uͤbermaͤßigen Kuͤhnheit, und weil er wie ein Unſinniger blindlings in alle Gefahren hinein rennete.
23 Arnawden] Seit dem der Aufruhr Iskjenderbegjs in Albanien iſt gedaͤmpfet wor- den, da zu gleicher Zeit Sultan Murad der II faſt alle die Einwohner dieſer Landſchaft zwan- ge, den muhaͤmmediſchen Glauben anzuneh- men: hat der Sultan beſtaͤndig einige Tau- ſende derſelben unter ſeinem Heere gehalten. Sie werden fuͤr die beherzteſten und kuͤhne- ſten von allen Kriegesleuten geachtet, und
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22. Muſtaͤfa der II
55. Mitten unter dieſem Streite beſetzet ein Theil des deutſchen Heeres
die aͤußern Linien, die von den Tuͤrken verlaſſen waren, und ſtellet ſich, als wenn
er die innern Linien beſtuͤrmen wollte; bloß in der Abſicht, den Feind von der
Seite des Lagers, das gegen den Fluß zu lag, wegzuziehen: gleichwie ſie da-
durch, daß ſie ihre Leute an das Ufer geſtellet hatten, ſich den Angriff zu erleich-
tern ſuchten. Als dieſe ſich ploͤtzlich bey dem Zugange zu der Bruͤcke ſehen laſ-
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ihre ganze Macht gegen dieſe Seite, um den Deutſchen das Eindringen zu ver-
wehren. Indeſſen nun, da hier beyde Theile mit gleicher Standhaftigkeit
fechten, bemaͤchtiget ſich die Partey Deutſchen, die von dem ebenen Lande her-
gekommen war, der innern Linien, als die nur nachlaͤſſig bewahret wurden, und
faͤllet dem Feinde, der an dem Fluſſe fochte, in den Ruͤcken. Die Tuͤrken, die
nunmehr von allen Seiten her eingeſchloſſen und gedraͤnget ſind, wehren ſich tap-
fer, wiewol in Unordnung, und werden zuletzt, nachdem ſie einen Weg zu ent-
rinnen vergebens geſuchet hatten, bis auf einen Mann niedergemacht.
Die Kaiſerli-
chen ſtuͤrmen das
Lager der Tuͤr-
ken, und machen
dieſelben bis auf
einen Mann nie-
der.
56. Inzwiſchen ſtarben ſie doch nicht, ohne ſich vorher an ihren Feinden
zu raͤchen; denn es ſollen bey dieſer Unternehmung ſechs tauſend Deutſchen
geblieben ſeyn. Hingegen wurden von den Tuͤrken erſchlagen, wie aus den
Liſten zu erſehen war, vierzehen tauſend und ſiebenzig Jeng-itſcheri, nebſt ihrem
Aga, Deli Balta Ogli
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: drey und ſiebenzig Odſchak und Boͤluͤkj Agalari:
drey tauſend und ſieben hundert Toptſchi und Dſchebedſchi: ſieben tauſend Ar-
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: der Weßir Elmas Muhaͤmmed Paſcha ſelbſt: funfzehen Paſchen
von dem Range mit dreyen Roßſchweifen, unter denen die vornehmſten waren,
Kodſcha
²² Deli Balta Ogli] Sein Vater war
Aga der Jeng-itſcheri geweſen, und er gelang-
te endlich zu eben derſelben Wuͤrde, nachdem
er verſchiedene Stellen bey dem Heere durch-
gegangen war. Endlich wurde derſelbe we-
gen ſeiner guten Eigenſchaften von dem Sul-
tane mit dreyen Tug beehret, ungeachtet der
Weßir, als der gemeinſchaftliche Feind aller
rechtſchaffenen und großen Maͤnner, daruͤber
murrete. Naͤmlich der Aga der Jeng-itſcheri
fuͤhret gewoͤhnlicher Weiſe nur zweene Tug.
Wann nun einem drey derſelben verliehen
werden: ſo wird es angeſehen, als wenn es
dem Weßire zum Schimpf geſchaͤhe. Den
Beynamen Deli oder der Unſinnige bekam er
wegen ſeiner uͤbermaͤßigen Kuͤhnheit, und
weil er wie ein Unſinniger blindlings in alle
Gefahren hinein rennete.
²³ Arnawden] Seit dem der Aufruhr
Iskjenderbegjs in Albanien iſt gedaͤmpfet wor-
den, da zu gleicher Zeit Sultan Murad der II
faſt alle die Einwohner dieſer Landſchaft zwan-
ge, den muhaͤmmediſchen Glauben anzuneh-
men: hat der Sultan beſtaͤndig einige Tau-
ſende derſelben unter ſeinem Heere gehalten.
Sie werden fuͤr die beherzteſten und kuͤhne-
ſten von allen Kriegesleuten geachtet, und
ſind
Das Treffen iſt
auf beyden Sei-
ten blutig.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/799>, abgerufen am 25.11.2024.
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