zu vertheidigen, wenn dasselbe von dem Feinde im Rücken angefallen werden sollte. Jene setzen daher ihren Uebergang die ganze Nacht hindurch fort, bis den folgenden Tag um Essenszeit.
Opfert durch eine listig einge- richtete Rede die andern Paschen, und auch sich selbst, den Deut-schen auf.
50.
Um Mittage wird dem Weßire die Nachricht gebracht, daß die Deut- schen anrücken und nur noch drey Stunden Weges entfernet seyen. Damit nun derselbe nicht ohne seine Nebenbuhler umkommen möge: so lässet er die Paschen, die mit ihren Truppen bereits übergegangen waren, zurück berufen, unter dem Vorwande, mit ihnen Rath zu pflegen. Weil nun diese verbunden sind, des Weßirs Befehle zu gehorchen: so gehen sie zu Fuße, nur von dreyen Tschokadar begleitet, zurück; indem die auf der Brücke befindlichen Feldwägen ihnen nicht verstatteten, mit ihren Pferden überzukommen. Als der Weßir dieselben insgesammt in seiner Gegenwart versammelt siehet; den Kaimmäkam Bijiklü Mustäfa Pascha allein ausgenommen: so redet er sie auf folgende Weise an. "Ihr Brüder! die Feinde kommen heran und sind uns bereits im Ge- "sichte. Da wir uns geweigert haben mit ihnen zu fechten, als wir den gehö- "rigen Raum und die Gelegenheit dazu hatten: so werden wir itzo gezwungen, "es ohne diese Bequemlichkeiten zu thun. Es ist uns nicht mehr als eine Glück- "seligkeit übrig, nämlich die Bekenntniß des muhämmedischen Glaubens, der "uns für Gaßi erkläret, wenn wir siegen; und für Schehid, wenn wir als "beherzte Krieger sterben. Vortheile von unschätzbarem Werthe! Da nun "eines von diesen mir heute bevorstehet: so habe ich es für unbillig geachtet, "euch, meine Brüder und Mitsoldaten, einer solchen Glückseligkeit zu berauben. "Sehet also, das Paradies stehet euch offen! und ich befehle euch hiemit nach "der göttlichen Verordnung, da hinein zu gehen, und die Ergetzlichkeiten, die "unser Prophet verheißen hat, zu genießen. Wenn ihr euch aber weigert, "dem Gesetze und meinem Befehle zu gehorchen: so soll mein Schwert" (das er ihnen zugleich wiese) "euch um das Leben und um das Paradies zu- "gleich bringen; da ihr jenes begehret, dieses aber verachtet."
Die Paschen und Soldaten murren darüber; sind aber den- noch genöthiget,zu gehorchen.
51.
Die Paschen, als die nicht das Herz hatten, sich mitten in dem La- ger dem Weßire zu widersetzen, und auch kein Mittel zu entrinnen wußten, bezeigen insgesammt äußerlich ihre Einwilligung und ihren Gehorsam, und bege- ben sich zu ihren Posten in die Linien. Weil sie nun hier sehen, daß der Um- fang derselben viel zu weitläuftig ist, als daß sie mit den zurück gebliebenen Trup- pen gehörig vertheidiget werden könnten, so fangen sie an, eine kleinere Linie innerhalb der größern zu verfertigen. Die Soldaten beschweren sich zwar dabey, und verweisen es dem Weßire ins Angesicht, daß er sie in diese bevorstehende Gefahr bringe; sie gehorchen aber dennoch seinem Befehle, weil es ihre eigene Sicherheit betrifft. Indem sie nun mit dieser Arbeit beschäfftiget sind: so zei-
get
Osmaniſche Geſchichte
zu vertheidigen, wenn daſſelbe von dem Feinde im Ruͤcken angefallen werden ſollte. Jene ſetzen daher ihren Uebergang die ganze Nacht hindurch fort, bis den folgenden Tag um Eſſenszeit.
Opfert durch eine liſtig einge- richtete Rede die andern Paſchen, und auch ſich ſelbſt, den Deut-ſchen auf.
50.
Um Mittage wird dem Weßire die Nachricht gebracht, daß die Deut- ſchen anruͤcken und nur noch drey Stunden Weges entfernet ſeyen. Damit nun derſelbe nicht ohne ſeine Nebenbuhler umkommen moͤge: ſo laͤſſet er die Paſchen, die mit ihren Truppen bereits uͤbergegangen waren, zuruͤck berufen, unter dem Vorwande, mit ihnen Rath zu pflegen. Weil nun dieſe verbunden ſind, des Weßirs Befehle zu gehorchen: ſo gehen ſie zu Fuße, nur von dreyen Tſchokadar begleitet, zuruͤck; indem die auf der Bruͤcke befindlichen Feldwaͤgen ihnen nicht verſtatteten, mit ihren Pferden uͤberzukommen. Als der Weßir dieſelben insgeſammt in ſeiner Gegenwart verſammelt ſiehet; den Kaimmaͤkam Bijikluͤ Muſtaͤfa Paſcha allein ausgenommen: ſo redet er ſie auf folgende Weiſe an. “Ihr Bruͤder! die Feinde kommen heran und ſind uns bereits im Ge- “ſichte. Da wir uns geweigert haben mit ihnen zu fechten, als wir den gehoͤ- “rigen Raum und die Gelegenheit dazu hatten: ſo werden wir itzo gezwungen, “es ohne dieſe Bequemlichkeiten zu thun. Es iſt uns nicht mehr als eine Gluͤck- “ſeligkeit uͤbrig, naͤmlich die Bekenntniß des muhaͤmmediſchen Glaubens, der “uns fuͤr Gaßi erklaͤret, wenn wir ſiegen; und fuͤr Schehid, wenn wir als “beherzte Krieger ſterben. Vortheile von unſchaͤtzbarem Werthe! Da nun “eines von dieſen mir heute bevorſtehet: ſo habe ich es fuͤr unbillig geachtet, “euch, meine Bruͤder und Mitſoldaten, einer ſolchen Gluͤckſeligkeit zu berauben. “Sehet alſo, das Paradies ſtehet euch offen! und ich befehle euch hiemit nach “der goͤttlichen Verordnung, da hinein zu gehen, und die Ergetzlichkeiten, die “unſer Prophet verheißen hat, zu genießen. Wenn ihr euch aber weigert, “dem Geſetze und meinem Befehle zu gehorchen: ſo ſoll mein Schwert„ (das er ihnen zugleich wieſe) “euch um das Leben und um das Paradies zu- “gleich bringen; da ihr jenes begehret, dieſes aber verachtet.„
Die Paſchen und Soldaten murren daruͤber; ſind aber den- noch genoͤthiget,zu gehorchen.
51.
Die Paſchen, als die nicht das Herz hatten, ſich mitten in dem La- ger dem Weßire zu widerſetzen, und auch kein Mittel zu entrinnen wußten, bezeigen insgeſammt aͤußerlich ihre Einwilligung und ihren Gehorſam, und bege- ben ſich zu ihren Poſten in die Linien. Weil ſie nun hier ſehen, daß der Um- fang derſelben viel zu weitlaͤuftig iſt, als daß ſie mit den zuruͤck gebliebenen Trup- pen gehoͤrig vertheidiget werden koͤnnten, ſo fangen ſie an, eine kleinere Linie innerhalb der groͤßern zu verfertigen. Die Soldaten beſchweren ſich zwar dabey, und verweiſen es dem Weßire ins Angeſicht, daß er ſie in dieſe bevorſtehende Gefahr bringe; ſie gehorchen aber dennoch ſeinem Befehle, weil es ihre eigene Sicherheit betrifft. Indem ſie nun mit dieſer Arbeit beſchaͤfftiget ſind: ſo zei-
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Osmaniſche Geſchichte
zu vertheidigen, wenn daſſelbe von dem Feinde im Ruͤcken angefallen werden
ſollte. Jene ſetzen daher ihren Uebergang die ganze Nacht hindurch fort, bis
den folgenden Tag um Eſſenszeit.
50. Um Mittage wird dem Weßire die Nachricht gebracht, daß die Deut-
ſchen anruͤcken und nur noch drey Stunden Weges entfernet ſeyen. Damit
nun derſelbe nicht ohne ſeine Nebenbuhler umkommen moͤge: ſo laͤſſet er die
Paſchen, die mit ihren Truppen bereits uͤbergegangen waren, zuruͤck berufen,
unter dem Vorwande, mit ihnen Rath zu pflegen. Weil nun dieſe verbunden
ſind, des Weßirs Befehle zu gehorchen: ſo gehen ſie zu Fuße, nur von dreyen
Tſchokadar begleitet, zuruͤck; indem die auf der Bruͤcke befindlichen Feldwaͤgen
ihnen nicht verſtatteten, mit ihren Pferden uͤberzukommen. Als der Weßir
dieſelben insgeſammt in ſeiner Gegenwart verſammelt ſiehet; den Kaimmaͤkam
Bijikluͤ Muſtaͤfa Paſcha allein ausgenommen: ſo redet er ſie auf folgende Weiſe
an. “Ihr Bruͤder! die Feinde kommen heran und ſind uns bereits im Ge-
“ſichte. Da wir uns geweigert haben mit ihnen zu fechten, als wir den gehoͤ-
“rigen Raum und die Gelegenheit dazu hatten: ſo werden wir itzo gezwungen,
“es ohne dieſe Bequemlichkeiten zu thun. Es iſt uns nicht mehr als eine Gluͤck-
“ſeligkeit uͤbrig, naͤmlich die Bekenntniß des muhaͤmmediſchen Glaubens, der
“uns fuͤr Gaßi erklaͤret, wenn wir ſiegen; und fuͤr Schehid, wenn wir als
“beherzte Krieger ſterben. Vortheile von unſchaͤtzbarem Werthe! Da nun
“eines von dieſen mir heute bevorſtehet: ſo habe ich es fuͤr unbillig geachtet,
“euch, meine Bruͤder und Mitſoldaten, einer ſolchen Gluͤckſeligkeit zu berauben.
“Sehet alſo, das Paradies ſtehet euch offen! und ich befehle euch hiemit nach
“der goͤttlichen Verordnung, da hinein zu gehen, und die Ergetzlichkeiten, die
“unſer Prophet verheißen hat, zu genießen. Wenn ihr euch aber weigert,
“dem Geſetze und meinem Befehle zu gehorchen: ſo ſoll mein Schwert„
(das er ihnen zugleich wieſe) “euch um das Leben und um das Paradies zu-
“gleich bringen; da ihr jenes begehret, dieſes aber verachtet.„
51. Die Paſchen, als die nicht das Herz hatten, ſich mitten in dem La-
ger dem Weßire zu widerſetzen, und auch kein Mittel zu entrinnen wußten,
bezeigen insgeſammt aͤußerlich ihre Einwilligung und ihren Gehorſam, und bege-
ben ſich zu ihren Poſten in die Linien. Weil ſie nun hier ſehen, daß der Um-
fang derſelben viel zu weitlaͤuftig iſt, als daß ſie mit den zuruͤck gebliebenen Trup-
pen gehoͤrig vertheidiget werden koͤnnten, ſo fangen ſie an, eine kleinere Linie
innerhalb der groͤßern zu verfertigen. Die Soldaten beſchweren ſich zwar dabey,
und verweiſen es dem Weßire ins Angeſicht, daß er ſie in dieſe bevorſtehende
Gefahr bringe; ſie gehorchen aber dennoch ſeinem Befehle, weil es ihre eigene
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 682. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/796>, abgerufen am 22.11.2024.
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