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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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21. Aehmed der II
50.

Indem das Reich von so vielen Feinden umgeben und beynaheDer Sultan
Aehmed stirbt.

gänzlich verwüstet war: so verließ der Sultan Aehmed dasselbe im 1106 Jahre,H. 1106.



J. C. 1695.
und überlieferte seine Seele in Muhämmeds Hände, nachdem er funfzig Jahre
gelebet und vier Jahre regieret hatte.

51.

In seinen Neigungen und seiner Gemüthsbeschaffenheit war er seinemSeine Eigen-
schaften.

Bruder Sülejman völlig ähnlich, nur daß er etwas lebhafter vom Verstande,
obgleich nicht scharfsinnig war. Er gab den Verleumdungen seiner Hofbedien-
ten Gehör, und änderte auf ihr Anstiften, um schlechter Ursachen willen, öfters
die wichtigsten Sachen. Er nahm den Schein eines Liebhabers der Gerech-
tigkeit an sich, ungeachtet er wegen seiner Dummheit nicht geschickt war, dem
Amte eines Richters völlig Genüge zu thun: denn er glaubte alles, was ihm
von seinen Freunden, die von den streitenden Parteyen bestochen waren, vor-
getragen wurde.

52.

Er hatte große schwarze Augen, ein blasses Angesicht, einen run-Seine Gestalt.
den Bart, der in das Röthliche fiele, mit untermischten schwarzen Haren; eine
dünne und lange Nase, eine mittelmäßige Leibeslänge und einen hervor stehen-
den Bauch, der mehr von der Wassersucht, als von einer Fettigkeit, herrührete.
Was dessen Andacht und Eifer für Muhämmeds Gesetz betrifft: so soll er in die-
sem Stücke seinem Bruder Sülejman etwas nachgegeben haben.

[Spaltenumbruch]
gelte, sich ihm zu ergeben. Unter diesen
wurde der sehr berühmte Chan von der Ta-
tarey, Selim Gjiraj, auch mit gefangen.
Diesen verpflichteten sie durch das arabische
Raj*, ihre Beschwerden dem Sultane vorzu-
tragen und ihnen die Fortsetzung der gewöhn-
lichen Gütigkeit von demselben zu verschaffen:
[Spaltenumbruch]
darauf sie ihn auf sein gegebenes Wort ent-
ließen. Er hielte auch seine eingegangene
Zusage, und ließ nicht nach, dem osmani-
schen Hofe so stark anzuliegen, bis die Rück-
stände von der Surre den Arabern zugesen-
det wurden. Nachdem dieses geschehen war:
so hielten sie sich ruhig.
Geschichte
* 246 S. 45 Anm.
4 N 2
21. Aehmed der II
50.

Indem das Reich von ſo vielen Feinden umgeben und beynaheDer Sultan
Aehmed ſtirbt.

gaͤnzlich verwuͤſtet war: ſo verließ der Sultan Aehmed daſſelbe im 1106 Jahre,H. 1106.



J. C. 1695.
und uͤberlieferte ſeine Seele in Muhaͤmmeds Haͤnde, nachdem er funfzig Jahre
gelebet und vier Jahre regieret hatte.

51.

In ſeinen Neigungen und ſeiner Gemuͤthsbeſchaffenheit war er ſeinemSeine Eigen-
ſchaften.

Bruder Suͤlejman voͤllig aͤhnlich, nur daß er etwas lebhafter vom Verſtande,
obgleich nicht ſcharfſinnig war. Er gab den Verleumdungen ſeiner Hofbedien-
ten Gehoͤr, und aͤnderte auf ihr Anſtiften, um ſchlechter Urſachen willen, oͤfters
die wichtigſten Sachen. Er nahm den Schein eines Liebhabers der Gerech-
tigkeit an ſich, ungeachtet er wegen ſeiner Dummheit nicht geſchickt war, dem
Amte eines Richters voͤllig Genuͤge zu thun: denn er glaubte alles, was ihm
von ſeinen Freunden, die von den ſtreitenden Parteyen beſtochen waren, vor-
getragen wurde.

52.

Er hatte große ſchwarze Augen, ein blaſſes Angeſicht, einen run-Seine Geſtalt.
den Bart, der in das Roͤthliche fiele, mit untermiſchten ſchwarzen Haren; eine
duͤnne und lange Naſe, eine mittelmaͤßige Leibeslaͤnge und einen hervor ſtehen-
den Bauch, der mehr von der Waſſerſucht, als von einer Fettigkeit, herruͤhrete.
Was deſſen Andacht und Eifer fuͤr Muhaͤmmeds Geſetz betrifft: ſo ſoll er in die-
ſem Stuͤcke ſeinem Bruder Suͤlejman etwas nachgegeben haben.

[Spaltenumbruch]
gelte, ſich ihm zu ergeben. Unter dieſen
wurde der ſehr beruͤhmte Chan von der Ta-
tarey, Selim Gjiraj, auch mit gefangen.
Dieſen verpflichteten ſie durch das arabiſche
Raj*, ihre Beſchwerden dem Sultane vorzu-
tragen und ihnen die Fortſetzung der gewoͤhn-
lichen Guͤtigkeit von demſelben zu verſchaffen:
[Spaltenumbruch]
darauf ſie ihn auf ſein gegebenes Wort ent-
ließen. Er hielte auch ſeine eingegangene
Zuſage, und ließ nicht nach, dem osmani-
ſchen Hofe ſo ſtark anzuliegen, bis die Ruͤck-
ſtaͤnde von der Surre den Arabern zugeſen-
det wurden. Nachdem dieſes geſchehen war:
ſo hielten ſie ſich ruhig.
Geſchichte
* 246 S. 45 Anm.
4 N 2
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[651/0763] 21. Aehmed der II 50. Indem das Reich von ſo vielen Feinden umgeben und beynahe gaͤnzlich verwuͤſtet war: ſo verließ der Sultan Aehmed daſſelbe im 1106 Jahre, und uͤberlieferte ſeine Seele in Muhaͤmmeds Haͤnde, nachdem er funfzig Jahre gelebet und vier Jahre regieret hatte. Der Sultan Aehmed ſtirbt. H. 1106. J. C. 1695. 51. In ſeinen Neigungen und ſeiner Gemuͤthsbeſchaffenheit war er ſeinem Bruder Suͤlejman voͤllig aͤhnlich, nur daß er etwas lebhafter vom Verſtande, obgleich nicht ſcharfſinnig war. Er gab den Verleumdungen ſeiner Hofbedien- ten Gehoͤr, und aͤnderte auf ihr Anſtiften, um ſchlechter Urſachen willen, oͤfters die wichtigſten Sachen. Er nahm den Schein eines Liebhabers der Gerech- tigkeit an ſich, ungeachtet er wegen ſeiner Dummheit nicht geſchickt war, dem Amte eines Richters voͤllig Genuͤge zu thun: denn er glaubte alles, was ihm von ſeinen Freunden, die von den ſtreitenden Parteyen beſtochen waren, vor- getragen wurde. Seine Eigen- ſchaften. 52. Er hatte große ſchwarze Augen, ein blaſſes Angeſicht, einen run- den Bart, der in das Roͤthliche fiele, mit untermiſchten ſchwarzen Haren; eine duͤnne und lange Naſe, eine mittelmaͤßige Leibeslaͤnge und einen hervor ſtehen- den Bauch, der mehr von der Waſſerſucht, als von einer Fettigkeit, herruͤhrete. Was deſſen Andacht und Eifer fuͤr Muhaͤmmeds Geſetz betrifft: ſo ſoll er in die- ſem Stuͤcke ſeinem Bruder Suͤlejman etwas nachgegeben haben. Seine Geſtalt. Geſchichte gelte, ſich ihm zu ergeben. Unter dieſen wurde der ſehr beruͤhmte Chan von der Ta- tarey, Selim Gjiraj, auch mit gefangen. Dieſen verpflichteten ſie durch das arabiſche Raj *, ihre Beſchwerden dem Sultane vorzu- tragen und ihnen die Fortſetzung der gewoͤhn- lichen Guͤtigkeit von demſelben zu verſchaffen: darauf ſie ihn auf ſein gegebenes Wort ent- ließen. Er hielte auch ſeine eingegangene Zuſage, und ließ nicht nach, dem osmani- ſchen Hofe ſo ſtark anzuliegen, bis die Ruͤck- ſtaͤnde von der Surre den Arabern zugeſen- det wurden. Nachdem dieſes geſchehen war: ſo hielten ſie ſich ruhig. * 246 S. 45 Anm. 4 N 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/763>, abgerufen am 25.11.2024.