Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte GlücklicherErfolg der vene- tianischen Waf- fen in Dalma-tien. 48. In Dalmatien belagerten die Venetianer unter Delfinis Anfüh- empören sich ge- gen den Sultan, und trachten, sich der Stadt Mek- ka zu bemächti-gen. 49. Während der Zeit, da die osmanischen Waffen in allen Theilen 22 nach Mekka] Weil die wandern- den Araber, die sich in den Wüsten zwischen Da- maskus, Bägdad und Mekka auf halten, durch ihre Raubereyen sonderlich die Straße nach Mekka unsicher zu machen pflegten, und es auch deswegen für die abergläubischen Pil- ger, die Muhämmeds Grab besuchen woll- ten*, gefährlich zu reisen war: so wurden die osmanischen Kaiser nach Selim dem I, dem Eroberer von Aegypten, schlüssig, ihnen aus dem Schatze des Frauenzimmerserajs jährlich vierzig tausend güldene Kronen aus [Spaltenumbruch] gutem Willen, unter dem Titel von Surre2*, bezahlen zu lassen; unter dem Vorwande, daß ihnen dieses gegeben werde, die Straßen und Brunnen sicher zu halten: in der That aber deswegen, weil sie kein anderes Mittel wußten, die Hadschi3* von solchen beschwer- lichen Feinden zu entledigen. Weil aber we- gen des ungarischen Krieges das Geld einige Jahre nicht entrichtet wurde: so schloß Schejch Emir Mehemmed mit seinem Stamme die Pilger in einem engen Platze ein, und zwang dieselben, weil ihnen das Wasser man- 50. Indem * Kjarwan. * Muhämmed lieget zu Medina begraben. Die Besuchung seines Grabes ist das vörderste gute Werk, das eines Müsülmans freyer Willkühre überlassen ist; da hingegen die Besuchung der Kjäbe zu Mekka unter die Gebote der Religion gehöret. Man sehe oben, 136 S. 51 Anm. b. 2* Die- ses Wort heißet einen Beutel. 3* Pilger.
Osmaniſche Geſchichte GluͤcklicherErfolg der vene- tianiſchen Waf- fen in Dalma-tien. 48. In Dalmatien belagerten die Venetianer unter Delfinis Anfuͤh- empoͤren ſich ge- gen den Sultan, und trachten, ſich der Stadt Mek- ka zu bemaͤchti-gen. 49. Waͤhrend der Zeit, da die osmaniſchen Waffen in allen Theilen 22 nach Mekka] Weil die wandern- den Araber, die ſich in den Wuͤſten zwiſchen Da- maskus, Baͤgdad und Mekka auf halten, durch ihre Raubereyen ſonderlich die Straße nach Mekka unſicher zu machen pflegten, und es auch deswegen fuͤr die aberglaͤubiſchen Pil- ger, die Muhaͤmmeds Grab beſuchen woll- ten*, gefaͤhrlich zu reiſen war: ſo wurden die osmaniſchen Kaiſer nach Selim dem I‚ dem Eroberer von Aegypten, ſchluͤſſig, ihnen aus dem Schatze des Frauenzimmerſerajs jaͤhrlich vierzig tauſend guͤldene Kronen aus [Spaltenumbruch] gutem Willen, unter dem Titel von Surre2*, bezahlen zu laſſen; unter dem Vorwande, daß ihnen dieſes gegeben werde, die Straßen und Brunnen ſicher zu halten: in der That aber deswegen, weil ſie kein anderes Mittel wußten, die Hadſchi3* von ſolchen beſchwer- lichen Feinden zu entledigen. Weil aber we- gen des ungariſchen Krieges das Geld einige Jahre nicht entrichtet wurde: ſo ſchloß Schejch Emir Mehemmed mit ſeinem Stamme die Pilger in einem engen Platze ein, und zwang dieſelben, weil ihnen das Waſſer man- 50. Indem * Kjarwan. * Muhaͤmmed lieget zu Medina begraben. Die Beſuchung ſeines Grabes iſt das voͤrderſte gute Werk, das eines Muͤſuͤlmans freyer Willkuͤhre uͤberlaſſen iſt; da hingegen die Beſuchung der Kjaͤbe zu Mekka unter die Gebote der Religion gehoͤret. Man ſehe oben, 136 S. 51 Anm. b. 2* Die- ſes Wort heißet einen Beutel. 3* Pilger.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0762" n="650"/> <fw place="top" type="header">Osmaniſche Geſchichte</fw><lb/> <note place="left">Gluͤcklicher<lb/> Erfolg der vene-<lb/> tianiſchen Waf-<lb/> fen in Dalma-tien.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>48.</head> <p>In Dalmatien belagerten die Venetianer unter Delfinis Anfuͤh-<lb/> rung die Feſtung Ciclut, eroberten dieſelbe, und brachten auch Clobuchi, das<lb/> ſie im verwichenen Jahre vergebens einzunehmen getrachtet hatten, unter ihre<lb/> Gewalt. Der Seraͤskjer Suͤlejman Paſcha, Statthalter in Albanien, ließ<lb/> zweymal auf Ciclut ſtuͤrmen, um dieſe Stadt wieder zu erobern; wurde aber<lb/> eben ſo oft davon abgetrieben. Dieſer Urſache wegen wurde derſelbe bey dem<lb/> Sultane einer Nachlaͤſſigkeit beſchuldiget und ſeiner Wuͤrde entſetzet. Sein<lb/> Nachfolger war der Statthalter in Bosnien, Elmas Mehemmed Paſcha, der<lb/> erſt vor kurzem aus dem Seraj gekommen und hieher befoͤrdert worden war.</p><lb/> <note place="left">Die Araber<lb/> empoͤren ſich ge-<lb/> gen den Sultan,<lb/> und trachten, ſich<lb/> der Stadt Mek-<lb/> ka zu bemaͤchti-gen.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>49.</head> <p>Waͤhrend der Zeit, da die osmaniſchen Waffen in allen Theilen<lb/> von Europa ungluͤcklich ſind, bricht eine neue Empoͤrung in Aſien aus. Emir<lb/> Muhaͤmmed, einer von den arabiſchen Fuͤrſten, greifet die reiſende Geſellſchaft<note place="foot" n="*">Kjarwan.</note><lb/> an, die nach Mekka <note place="end" n="22"/> wallfahrten ging, pluͤndert und beraubet dieſelbe. Hier-<lb/> auf, als ſein Anhang ſich vermehret, belagert er Mekka ſelbſt. Weil er aber<lb/> von der Heiligkeit des Ortes und von Furcht vor den Bedrohungen der Heilig-<lb/> thumsraͤuber geruͤhret wird: ſo ziehet er wieder von der Stadt ab. Es wird<lb/> zwar Scham Beglerbegji, nebſt den andern Paſchen dieſer Gegenden, wider ihn<lb/> ausgeſchicket; der Schejch aber ſchlaͤget ſie alleſammt durch eine Kriegesliſt,<lb/> und treibet ſie in die Flucht.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">50. Indem</fw><lb/> <cb n="1"/><lb/> <note xml:id="B762" next="#B763" place="end" n="22">nach Mekka] Weil die wandern-<lb/> den Araber, die ſich in den Wuͤſten zwiſchen Da-<lb/> maskus, Baͤgdad und Mekka auf halten, durch<lb/> ihre Raubereyen ſonderlich die Straße nach<lb/> Mekka unſicher zu machen pflegten, und es<lb/> auch deswegen fuͤr die aberglaͤubiſchen Pil-<lb/> ger, die Muhaͤmmeds Grab beſuchen woll-<lb/> ten<note place="foot" n="*">Muhaͤmmed lieget zu Medina begraben. Die Beſuchung ſeines Grabes iſt das voͤrderſte gute Werk,<lb/> das eines Muͤſuͤlmans freyer Willkuͤhre uͤberlaſſen iſt; da hingegen die Beſuchung der Kjaͤbe zu<lb/> Mekka unter die Gebote der Religion gehoͤret. Man ſehe oben, 136 S. 51 Anm. b.</note>, gefaͤhrlich zu reiſen war: ſo wurden<lb/> die osmaniſchen Kaiſer nach Selim dem <hi rendition="#aq">I</hi>‚<lb/> dem Eroberer von Aegypten, ſchluͤſſig, ihnen<lb/> aus dem Schatze des Frauenzimmerſerajs<lb/> jaͤhrlich vierzig tauſend guͤldene Kronen aus<lb/><cb n="2"/><lb/> gutem Willen, unter dem Titel von Surre<note place="foot" n="2*">Die-<lb/> ſes Wort heißet einen Beutel.</note>,<lb/> bezahlen zu laſſen; unter dem Vorwande,<lb/> daß ihnen dieſes gegeben werde, die Straßen<lb/> und Brunnen ſicher zu halten: in der That<lb/> aber deswegen, weil ſie kein anderes Mittel<lb/> wußten, die Hadſchi<note place="foot" n="3*">Pilger.</note> von ſolchen beſchwer-<lb/> lichen Feinden zu entledigen. Weil aber we-<lb/> gen des ungariſchen Krieges das Geld einige<lb/> Jahre nicht entrichtet wurde: ſo ſchloß<lb/> Schejch Emir Mehemmed mit ſeinem Stamme<lb/> die Pilger in einem engen Platze ein, und<lb/> zwang dieſelben, weil ihnen das Waſſer man-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gelte,</fw></note> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [650/0762]
Osmaniſche Geſchichte
48. In Dalmatien belagerten die Venetianer unter Delfinis Anfuͤh-
rung die Feſtung Ciclut, eroberten dieſelbe, und brachten auch Clobuchi, das
ſie im verwichenen Jahre vergebens einzunehmen getrachtet hatten, unter ihre
Gewalt. Der Seraͤskjer Suͤlejman Paſcha, Statthalter in Albanien, ließ
zweymal auf Ciclut ſtuͤrmen, um dieſe Stadt wieder zu erobern; wurde aber
eben ſo oft davon abgetrieben. Dieſer Urſache wegen wurde derſelbe bey dem
Sultane einer Nachlaͤſſigkeit beſchuldiget und ſeiner Wuͤrde entſetzet. Sein
Nachfolger war der Statthalter in Bosnien, Elmas Mehemmed Paſcha, der
erſt vor kurzem aus dem Seraj gekommen und hieher befoͤrdert worden war.
49. Waͤhrend der Zeit, da die osmaniſchen Waffen in allen Theilen
von Europa ungluͤcklich ſind, bricht eine neue Empoͤrung in Aſien aus. Emir
Muhaͤmmed, einer von den arabiſchen Fuͤrſten, greifet die reiſende Geſellſchaft *
an, die nach Mekka
²²
wallfahrten ging, pluͤndert und beraubet dieſelbe. Hier-
auf, als ſein Anhang ſich vermehret, belagert er Mekka ſelbſt. Weil er aber
von der Heiligkeit des Ortes und von Furcht vor den Bedrohungen der Heilig-
thumsraͤuber geruͤhret wird: ſo ziehet er wieder von der Stadt ab. Es wird
zwar Scham Beglerbegji, nebſt den andern Paſchen dieſer Gegenden, wider ihn
ausgeſchicket; der Schejch aber ſchlaͤget ſie alleſammt durch eine Kriegesliſt,
und treibet ſie in die Flucht.
50. Indem
²² nach Mekka] Weil die wandern-
den Araber, die ſich in den Wuͤſten zwiſchen Da-
maskus, Baͤgdad und Mekka auf halten, durch
ihre Raubereyen ſonderlich die Straße nach
Mekka unſicher zu machen pflegten, und es
auch deswegen fuͤr die aberglaͤubiſchen Pil-
ger, die Muhaͤmmeds Grab beſuchen woll-
ten *, gefaͤhrlich zu reiſen war: ſo wurden
die osmaniſchen Kaiſer nach Selim dem I‚
dem Eroberer von Aegypten, ſchluͤſſig, ihnen
aus dem Schatze des Frauenzimmerſerajs
jaͤhrlich vierzig tauſend guͤldene Kronen aus
gutem Willen, unter dem Titel von Surre 2*,
bezahlen zu laſſen; unter dem Vorwande,
daß ihnen dieſes gegeben werde, die Straßen
und Brunnen ſicher zu halten: in der That
aber deswegen, weil ſie kein anderes Mittel
wußten, die Hadſchi 3* von ſolchen beſchwer-
lichen Feinden zu entledigen. Weil aber we-
gen des ungariſchen Krieges das Geld einige
Jahre nicht entrichtet wurde: ſo ſchloß
Schejch Emir Mehemmed mit ſeinem Stamme
die Pilger in einem engen Platze ein, und
zwang dieſelben, weil ihnen das Waſſer man-
gelte,
* Kjarwan.
* Muhaͤmmed lieget zu Medina begraben. Die Beſuchung ſeines Grabes iſt das voͤrderſte gute Werk,
das eines Muͤſuͤlmans freyer Willkuͤhre uͤberlaſſen iſt; da hingegen die Beſuchung der Kjaͤbe zu
Mekka unter die Gebote der Religion gehoͤret. Man ſehe oben, 136 S. 51 Anm. b.
2* Die-
ſes Wort heißet einen Beutel.
3* Pilger.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |