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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
Die Türken
belagern Soroka
in Moldau; abervergebens.
30.

Um eben diese Zeit nahm der Seräskjer von Babadagi, Daltaban
Mustäfa Pascha, in Vereinigung mit Arap Pascha, dem Statthalter von Tre-
bißond, einen Zug in die Moldau vor, ging gegen das Ende des Monats Ssül-
käde über die Donau, und zog gerades Weges nach Orhejus zu. Nachdem
er den Fürsten von Moldau und ungefähr zwanzig tausend Tatarn unter Be-
fehlhabung Schehbaß Gjiraj Sultans zu sich entboten hatte: so rückte derselbe
gegen Soroka an. Er wurde aber unterweges nicht weit von Orhejus, einer
Stadt in Moldau, mit einem Blutflusse befallen, und daher genöthiget, ver-
schiedene Tage stille zu liegen; dadurch er den Polen Zeit ließe, diese Stadt,
die belagert werden sollte, zu befestigen und die Besatzung darinnen zu verstärken.
Der Feind, der bisher nachlässig gewesen war, bediente sich auch dieser Gele-
genheit, Soroka mit einem Walle und neuen Werken zu verstärken, und
schickte vier hundert Kosaken derselben zu Hülfe. Ungeachtet nun der Seräs-
kjer wohl merkte, daß die Belagerung durch diesen Verzug schwerer gemacht
werde: so setzte er dennoch, so bald er wieder genesen war, um eine so lange
Reise nicht vergebens gethan zu haben, sein Vorhaben ins Werk, und er-
schien am vierten Tage im Angesichte der Stadt. Die von der Besatzung er-
schracken anfangs über seiner Annäherung; hernach aber, als sie sahen, daß
ihre Mauren von dem Geschütze des Feindes nicht konnten darnieder geschossen
werden, weil derselbe nicht mehr als sieben kleine Stücke und zweene Mörser
davor gebracht hatte: so fasseten sie frischen Muth, und ließen es nicht damit
genug seyn, daß sie sich innerhalb ihrer Mauren vertheidigten; sondern sie tha-
ten auch öfters Ausfälle, griffen die Feinde bey Nachtzeit in ihren Linien an,
und machten eine große Anzahl von ihnen nieder. Weil nun der Seräskjer
befand, daß mit diesen Anstalten nichts auszurichten war: so versuchte er, die
Mauren zu untergraben; aber auch dieses war vergebens, denn sie waren auf
einen Felsen gebauet. Endlich als der Winter herannahete und er bereits drey
tausend Mann davor verloren hatte: so ist er nach einer Belagerung von dreyßig
Tagen genöthiget, dieselbe aufzuheben und wieder abzuziehen.

Der Chan der
Tatarey versu-
chet, den König
von Polen von
seinen Bundsge-
nossen abzuzie-
hen; kann es
aber nicht dahinbringen.
31.

Am Ende des Feldzuges schickte der Chan der krimischen Tatarey,
Kjör Säfa Gjiraj 14, auf Angeben des Seräskjers, einen von seinen Kriegs-
befehlhabern, Derwisch Schäban Aga, an den König von Polen, um denselben
dahin zu bereden, daß er mit dem osmanischen Hofe Frieden machte; und ließ
[Spaltenumbruch]

14 Kjör Säfa Gjiraj] Dieses war
der einzige von der Linie Tschoban Gjiraj
[Spaltenumbruch]
(deren ich im ersten Theile, z B. erwähnet
habe*), der zu der Würde des Chans in der

ihm
* 165 S. 44 Anm.
Osmaniſche Geſchichte
Die Tuͤrken
belagern Soroka
in Moldau; abervergebens.
30.

Um eben dieſe Zeit nahm der Seraͤskjer von Babadagi, Daltaban
Muſtaͤfa Paſcha, in Vereinigung mit Arap Paſcha, dem Statthalter von Tre-
bißond, einen Zug in die Moldau vor, ging gegen das Ende des Monats Sſuͤl-
kaͤde uͤber die Donau, und zog gerades Weges nach Orhejus zu. Nachdem
er den Fuͤrſten von Moldau und ungefaͤhr zwanzig tauſend Tatarn unter Be-
fehlhabung Schehbaß Gjiraj Sultans zu ſich entboten hatte: ſo ruͤckte derſelbe
gegen Soroka an. Er wurde aber unterweges nicht weit von Orhejus, einer
Stadt in Moldau, mit einem Blutfluſſe befallen, und daher genoͤthiget, ver-
ſchiedene Tage ſtille zu liegen; dadurch er den Polen Zeit ließe, dieſe Stadt,
die belagert werden ſollte, zu befeſtigen und die Beſatzung darinnen zu verſtaͤrken.
Der Feind, der bisher nachlaͤſſig geweſen war, bediente ſich auch dieſer Gele-
genheit, Soroka mit einem Walle und neuen Werken zu verſtaͤrken, und
ſchickte vier hundert Koſaken derſelben zu Huͤlfe. Ungeachtet nun der Seraͤs-
kjer wohl merkte, daß die Belagerung durch dieſen Verzug ſchwerer gemacht
werde: ſo ſetzte er dennoch, ſo bald er wieder geneſen war, um eine ſo lange
Reiſe nicht vergebens gethan zu haben, ſein Vorhaben ins Werk, und er-
ſchien am vierten Tage im Angeſichte der Stadt. Die von der Beſatzung er-
ſchracken anfangs uͤber ſeiner Annaͤherung; hernach aber, als ſie ſahen, daß
ihre Mauren von dem Geſchuͤtze des Feindes nicht konnten darnieder geſchoſſen
werden, weil derſelbe nicht mehr als ſieben kleine Stuͤcke und zweene Moͤrſer
davor gebracht hatte: ſo faſſeten ſie friſchen Muth, und ließen es nicht damit
genug ſeyn, daß ſie ſich innerhalb ihrer Mauren vertheidigten; ſondern ſie tha-
ten auch oͤfters Ausfaͤlle, griffen die Feinde bey Nachtzeit in ihren Linien an,
und machten eine große Anzahl von ihnen nieder. Weil nun der Seraͤskjer
befand, daß mit dieſen Anſtalten nichts auszurichten war: ſo verſuchte er, die
Mauren zu untergraben; aber auch dieſes war vergebens, denn ſie waren auf
einen Felſen gebauet. Endlich als der Winter herannahete und er bereits drey
tauſend Mann davor verloren hatte: ſo iſt er nach einer Belagerung von dreyßig
Tagen genoͤthiget, dieſelbe aufzuheben und wieder abzuziehen.

Der Chan der
Tatarey verſu-
chet, den Koͤnig
von Polen von
ſeinen Bundsge-
noſſen abzuzie-
hen; kann es
aber nicht dahinbringen.
31.

Am Ende des Feldzuges ſchickte der Chan der krimiſchen Tatarey,
Kjoͤr Saͤfa Gjiraj 14, auf Angeben des Seraͤskjers, einen von ſeinen Kriegs-
befehlhabern, Derwiſch Schaͤban Aga, an den Koͤnig von Polen, um denſelben
dahin zu bereden, daß er mit dem osmaniſchen Hofe Frieden machte; und ließ
[Spaltenumbruch]

14 Kjoͤr Saͤfa Gjiraj] Dieſes war
der einzige von der Linie Tſchoban Gjiraj
[Spaltenumbruch]
(deren ich im erſten Theile, z B. erwaͤhnet
habe*), der zu der Wuͤrde des Chans in der

ihm
* 165 S. 44 Anm.
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[634/0746] Osmaniſche Geſchichte 30. Um eben dieſe Zeit nahm der Seraͤskjer von Babadagi, Daltaban Muſtaͤfa Paſcha, in Vereinigung mit Arap Paſcha, dem Statthalter von Tre- bißond, einen Zug in die Moldau vor, ging gegen das Ende des Monats Sſuͤl- kaͤde uͤber die Donau, und zog gerades Weges nach Orhejus zu. Nachdem er den Fuͤrſten von Moldau und ungefaͤhr zwanzig tauſend Tatarn unter Be- fehlhabung Schehbaß Gjiraj Sultans zu ſich entboten hatte: ſo ruͤckte derſelbe gegen Soroka an. Er wurde aber unterweges nicht weit von Orhejus, einer Stadt in Moldau, mit einem Blutfluſſe befallen, und daher genoͤthiget, ver- ſchiedene Tage ſtille zu liegen; dadurch er den Polen Zeit ließe, dieſe Stadt, die belagert werden ſollte, zu befeſtigen und die Beſatzung darinnen zu verſtaͤrken. Der Feind, der bisher nachlaͤſſig geweſen war, bediente ſich auch dieſer Gele- genheit, Soroka mit einem Walle und neuen Werken zu verſtaͤrken, und ſchickte vier hundert Koſaken derſelben zu Huͤlfe. Ungeachtet nun der Seraͤs- kjer wohl merkte, daß die Belagerung durch dieſen Verzug ſchwerer gemacht werde: ſo ſetzte er dennoch, ſo bald er wieder geneſen war, um eine ſo lange Reiſe nicht vergebens gethan zu haben, ſein Vorhaben ins Werk, und er- ſchien am vierten Tage im Angeſichte der Stadt. Die von der Beſatzung er- ſchracken anfangs uͤber ſeiner Annaͤherung; hernach aber, als ſie ſahen, daß ihre Mauren von dem Geſchuͤtze des Feindes nicht konnten darnieder geſchoſſen werden, weil derſelbe nicht mehr als ſieben kleine Stuͤcke und zweene Moͤrſer davor gebracht hatte: ſo faſſeten ſie friſchen Muth, und ließen es nicht damit genug ſeyn, daß ſie ſich innerhalb ihrer Mauren vertheidigten; ſondern ſie tha- ten auch oͤfters Ausfaͤlle, griffen die Feinde bey Nachtzeit in ihren Linien an, und machten eine große Anzahl von ihnen nieder. Weil nun der Seraͤskjer befand, daß mit dieſen Anſtalten nichts auszurichten war: ſo verſuchte er, die Mauren zu untergraben; aber auch dieſes war vergebens, denn ſie waren auf einen Felſen gebauet. Endlich als der Winter herannahete und er bereits drey tauſend Mann davor verloren hatte: ſo iſt er nach einer Belagerung von dreyßig Tagen genoͤthiget, dieſelbe aufzuheben und wieder abzuziehen. 31. Am Ende des Feldzuges ſchickte der Chan der krimiſchen Tatarey, Kjoͤr Saͤfa Gjiraj ¹⁴ , auf Angeben des Seraͤskjers, einen von ſeinen Kriegs- befehlhabern, Derwiſch Schaͤban Aga, an den Koͤnig von Polen, um denſelben dahin zu bereden, daß er mit dem osmaniſchen Hofe Frieden machte; und ließ ihm ¹⁴ Kjoͤr Saͤfa Gjiraj] Dieſes war der einzige von der Linie Tſchoban Gjiraj (deren ich im erſten Theile, z B. erwaͤhnet habe *), der zu der Wuͤrde des Chans in der Tatarey * 165 S. 44 Anm.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/746>, abgerufen am 22.11.2024.