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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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21. Aehmed der II
25.

So bald derselbe die Stelle des Weßirs erhalten hatte: so brachteEs wird wie-
der von dem
Frieden gespro-
chen; den aber
der französische
Abgesandte hin-
tertreibet.

er das Gespräch von einem Frieden wieder zu Constantinopel auf, und ertheilte
den Abgesandten der auswärtigen christlichen Fürsten ein geneigtes Gehör,
sonderlich Paget 11, dem engländischen, und Colliere 12, dem holländischen Ab-
gesandten, die zu diesem Ende an den osmanischen Hof waren abgeschicket wor-
den. Ihre Hoffnung wurde aber durch die Kunstgriffe des französischen Ab-
gesandten gar bald gestöret, als der durch große Geschenke von Golde und Sil-
ber den Weßir und andere Großen überredete, daß der Krieg für das Beste der
Osmanen vorträglicher sey, als der Friede. Diese Vorstellungen erhielten
noch mehr Gewicht von den Briefen Maurocordatus, darinnen derselbe den
Weßir benachrichtigte: Deutschland sey in solcher Noth und an Menschen und
Gelde dergestalt erschöpfet, daß der Kaiser aller Vermuthung nach die Last des Krie-
ges über ein oder zwey Jahre nicht mehr werde ertragen können.

[Spaltenumbruch]
Husejn als ein Wahnwitziger abgewiesen, und
kehrete daher, ohne etwas zu erhalten, nach
Constantinopel zurück. Zuletzt wurde er von
den Juden zu Ortakjöj bey dem Weßire ver-
klaget, daß täglich viele Mordthaten in sei-
nem Hause geschähen. Weil man nun ihn
dessen überzeugen konnte: so wurde er nach
Trebißond verbannet, da er auch starb. Sein
Fähndrich Joseph fiel bald darauf in eine
sehr schwere Krankheit, so daß alle Aerzte ihn
aufgaben: denn sein Leib war von abscheuli-
chen fließenden Geschwüren, die entsetzlich
schmerzeten, gänzlich überzogen; und diese
nahmen täglich zu. Als er in diesem erbärm-
lichen Zustande darnieder lage: so ging der
Abt von dem Kloster Mauromolas zu dem-
selben, und versprach ihm, daß er durch den
wunderthätigen Beystand der Jungfrau Ma-
ria wieder heil werden sollte; wenn er der
papistischen Abtrünnigkeit absagen und sich
für ein Glied der rechtgläubigen Kirche beken-
nen wollte. Der Kranke nahm dieses Aner-
bieten an, ließ sich in seinem Bette in das
mauromolische Kloster tragen, und daselbst
Tag und Nacht Gebeter über sich sprechen:
darauf er innerhalb vier und zwanzig Stun-
[Spaltenumbruch]
den wieder genas. Er schwur daher in der
großen Kirche zu Constantinopel die Irrthü-
mer des Pabstthums öffentlich ab, und wurde
ein Mitglied der griechischen Kirche.
11 Paget] Er war aus einem edlen
Geschlechte in England entsprossen, und Ab-
gesandter dieses Reiches an dem osmanischen
Hofe. Er hinterließ ein sehr gutes Lob un-
ter den Türken: weil er nicht allein sehr ge-
lehrt, und sowol in der griechischen und tür-
kischen Sprache, als auch in andern Wissen-
schaften erfahren; sondern auch ein sehr klu-
ger Mann war, der die Art und Weise, wie
man eine Sache von den Türken erhalten muß,
unvergleichlich wohl verstunde.
12 Colliere] Dieser war zu Smirna
geboren, da sein Vater Consul gewesen ist.
Er lernete daher nicht allein von Jugend auf
die Geschäffte eines Abgesandten; sondern
gelangte auch zu einer Fertigkeit in der grie-
chischen und türkischen Sprache: aus wel-
cher Ursache derselbe von den Türken für den
klügsten und bestgesitteten unter allen Abge-
sandten gehalten wird. Weil er auch die
26. Durch
21. Aehmed der II
25.

So bald derſelbe die Stelle des Weßirs erhalten hatte: ſo brachteEs wird wie-
der von dem
Frieden geſpro-
chen; den aber
der franzoͤſiſche
Abgeſandte hin-
tertreibet.

er das Geſpraͤch von einem Frieden wieder zu Conſtantinopel auf, und ertheilte
den Abgeſandten der auswaͤrtigen chriſtlichen Fuͤrſten ein geneigtes Gehoͤr,
ſonderlich Paget 11, dem englaͤndiſchen, und Colliere 12, dem hollaͤndiſchen Ab-
geſandten, die zu dieſem Ende an den osmaniſchen Hof waren abgeſchicket wor-
den. Ihre Hoffnung wurde aber durch die Kunſtgriffe des franzoͤſiſchen Ab-
geſandten gar bald geſtoͤret, als der durch große Geſchenke von Golde und Sil-
ber den Weßir und andere Großen uͤberredete, daß der Krieg fuͤr das Beſte der
Osmanen vortraͤglicher ſey, als der Friede. Dieſe Vorſtellungen erhielten
noch mehr Gewicht von den Briefen Maurocordatus, darinnen derſelbe den
Weßir benachrichtigte: Deutſchland ſey in ſolcher Noth und an Menſchen und
Gelde dergeſtalt erſchoͤpfet, daß der Kaiſer aller Vermuthung nach die Laſt des Krie-
ges uͤber ein oder zwey Jahre nicht mehr werde ertragen koͤnnen.

[Spaltenumbruch]
Huſejn als ein Wahnwitziger abgewieſen, und
kehrete daher, ohne etwas zu erhalten, nach
Conſtantinopel zuruͤck. Zuletzt wurde er von
den Juden zu Ortakjoͤj bey dem Weßire ver-
klaget, daß taͤglich viele Mordthaten in ſei-
nem Hauſe geſchaͤhen. Weil man nun ihn
deſſen uͤberzeugen konnte: ſo wurde er nach
Trebißond verbannet, da er auch ſtarb. Sein
Faͤhndrich Joſeph fiel bald darauf in eine
ſehr ſchwere Krankheit, ſo daß alle Aerzte ihn
aufgaben: denn ſein Leib war von abſcheuli-
chen fließenden Geſchwuͤren, die entſetzlich
ſchmerzeten, gaͤnzlich uͤberzogen; und dieſe
nahmen taͤglich zu. Als er in dieſem erbaͤrm-
lichen Zuſtande darnieder lage: ſo ging der
Abt von dem Kloſter Mauromolas zu dem-
ſelben, und verſprach ihm, daß er durch den
wunderthaͤtigen Beyſtand der Jungfrau Ma-
ria wieder heil werden ſollte; wenn er der
papiſtiſchen Abtruͤnnigkeit abſagen und ſich
fuͤr ein Glied der rechtglaͤubigen Kirche beken-
nen wollte. Der Kranke nahm dieſes Aner-
bieten an, ließ ſich in ſeinem Bette in das
mauromoliſche Kloſter tragen, und daſelbſt
Tag und Nacht Gebeter uͤber ſich ſprechen:
darauf er innerhalb vier und zwanzig Stun-
[Spaltenumbruch]
den wieder genas. Er ſchwur daher in der
großen Kirche zu Conſtantinopel die Irrthuͤ-
mer des Pabſtthums oͤffentlich ab, und wurde
ein Mitglied der griechiſchen Kirche.
11 Paget] Er war aus einem edlen
Geſchlechte in England entſproſſen, und Ab-
geſandter dieſes Reiches an dem osmaniſchen
Hofe. Er hinterließ ein ſehr gutes Lob un-
ter den Tuͤrken: weil er nicht allein ſehr ge-
lehrt, und ſowol in der griechiſchen und tuͤr-
kiſchen Sprache, als auch in andern Wiſſen-
ſchaften erfahren; ſondern auch ein ſehr klu-
ger Mann war, der die Art und Weiſe, wie
man eine Sache von den Tuͤrken erhalten muß,
unvergleichlich wohl verſtunde.
12 Colliere] Dieſer war zu Smirna
geboren, da ſein Vater Conſul geweſen iſt.
Er lernete daher nicht allein von Jugend auf
die Geſchaͤffte eines Abgeſandten; ſondern
gelangte auch zu einer Fertigkeit in der grie-
chiſchen und tuͤrkiſchen Sprache: aus wel-
cher Urſache derſelbe von den Tuͤrken fuͤr den
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[631/0743] 21. Aehmed der II 25. So bald derſelbe die Stelle des Weßirs erhalten hatte: ſo brachte er das Geſpraͤch von einem Frieden wieder zu Conſtantinopel auf, und ertheilte den Abgeſandten der auswaͤrtigen chriſtlichen Fuͤrſten ein geneigtes Gehoͤr, ſonderlich Paget ¹¹ , dem englaͤndiſchen, und Colliere ¹² , dem hollaͤndiſchen Ab- geſandten, die zu dieſem Ende an den osmaniſchen Hof waren abgeſchicket wor- den. Ihre Hoffnung wurde aber durch die Kunſtgriffe des franzoͤſiſchen Ab- geſandten gar bald geſtoͤret, als der durch große Geſchenke von Golde und Sil- ber den Weßir und andere Großen uͤberredete, daß der Krieg fuͤr das Beſte der Osmanen vortraͤglicher ſey, als der Friede. Dieſe Vorſtellungen erhielten noch mehr Gewicht von den Briefen Maurocordatus, darinnen derſelbe den Weßir benachrichtigte: Deutſchland ſey in ſolcher Noth und an Menſchen und Gelde dergeſtalt erſchoͤpfet, daß der Kaiſer aller Vermuthung nach die Laſt des Krie- ges uͤber ein oder zwey Jahre nicht mehr werde ertragen koͤnnen. Es wird wie- der von dem Frieden geſpro- chen; den aber der franzoͤſiſche Abgeſandte hin- tertreibet. 26. Durch Huſejn als ein Wahnwitziger abgewieſen, und kehrete daher, ohne etwas zu erhalten, nach Conſtantinopel zuruͤck. Zuletzt wurde er von den Juden zu Ortakjoͤj bey dem Weßire ver- klaget, daß taͤglich viele Mordthaten in ſei- nem Hauſe geſchaͤhen. Weil man nun ihn deſſen uͤberzeugen konnte: ſo wurde er nach Trebißond verbannet, da er auch ſtarb. Sein Faͤhndrich Joſeph fiel bald darauf in eine ſehr ſchwere Krankheit, ſo daß alle Aerzte ihn aufgaben: denn ſein Leib war von abſcheuli- chen fließenden Geſchwuͤren, die entſetzlich ſchmerzeten, gaͤnzlich uͤberzogen; und dieſe nahmen taͤglich zu. Als er in dieſem erbaͤrm- lichen Zuſtande darnieder lage: ſo ging der Abt von dem Kloſter Mauromolas zu dem- ſelben, und verſprach ihm, daß er durch den wunderthaͤtigen Beyſtand der Jungfrau Ma- ria wieder heil werden ſollte; wenn er der papiſtiſchen Abtruͤnnigkeit abſagen und ſich fuͤr ein Glied der rechtglaͤubigen Kirche beken- nen wollte. Der Kranke nahm dieſes Aner- bieten an, ließ ſich in ſeinem Bette in das mauromoliſche Kloſter tragen, und daſelbſt Tag und Nacht Gebeter uͤber ſich ſprechen: darauf er innerhalb vier und zwanzig Stun- den wieder genas. Er ſchwur daher in der großen Kirche zu Conſtantinopel die Irrthuͤ- mer des Pabſtthums oͤffentlich ab, und wurde ein Mitglied der griechiſchen Kirche. ¹¹ Paget] Er war aus einem edlen Geſchlechte in England entſproſſen, und Ab- geſandter dieſes Reiches an dem osmaniſchen Hofe. Er hinterließ ein ſehr gutes Lob un- ter den Tuͤrken: weil er nicht allein ſehr ge- lehrt, und ſowol in der griechiſchen und tuͤr- kiſchen Sprache, als auch in andern Wiſſen- ſchaften erfahren; ſondern auch ein ſehr klu- ger Mann war, der die Art und Weiſe, wie man eine Sache von den Tuͤrken erhalten muß, unvergleichlich wohl verſtunde. ¹² Colliere] Dieſer war zu Smirna geboren, da ſein Vater Conſul geweſen iſt. Er lernete daher nicht allein von Jugend auf die Geſchaͤffte eines Abgeſandten; ſondern gelangte auch zu einer Fertigkeit in der grie- chiſchen und tuͤrkiſchen Sprache: aus wel- cher Urſache derſelbe von den Tuͤrken fuͤr den kluͤgſten und beſtgeſitteten unter allen Abge- ſandten gehalten wird. Weil er auch die Bedienten

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/743>, abgerufen am 22.11.2024.