Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
20. Sülejman der II
[Spaltenumbruch]
hier in diesem elenden Zustande befanden:
so wurde Matthäus zum Fürsten in der Wa-
lachey gemacht. Er war vor diesem Käm-
merling bey dem Fürsten Serban Bassaraba
gewesen, und nachher von demselben zu der
Würde eines Barons erhoben worden. Die-
ser Fürst erinnerte sich der Wohlthaten, die er
von seinem ehemaligen Herrn empfangen hatte;
nahm daher dessen Namen an, und nennete
sich Matthäus Bassaraba. So bald derselbe
von dem armseligen Zustande dessen Töchter
Nachricht erhielte: so ließ er sie aus Deutsch-
land in die Walachey zurück bringen. An-
kusa hatte keine Lust, sich wieder zu vermälen;
daher ließ er derselben einen hinlänglichen Ge-
halt reichen. Ilinka aber, die noch Jungfer
war, gab er alle Ländereyen und Dörfer ihres
Vaters zur Aussteuer, und verheiratete sie
an Constantin Kantakuzenus, der damals
an seinem Hofe Kämmerling war: und von
diesen beyden ist das ganze Geschlecht derer
Kantakuzener, die sich itzo in der Walachey
aufhalten, entsprossen. Außer diesen Töch-
tern hatte Serban noch mit eines Priesters
Frau einen natürlichen Sohn, mit Namen
Constantin, gezeuget, und denselben nach des
Priesters Tode, der sich für seinen Vater mußte
ausgeben lassen, zu sich genommen und an
seinem Hofe aufziehen lassen. Diesen Sohn
hielte Matthäus die Zeit von zwanzig Jahren
hindurch, die er in dem Besitze des Fürsten-
thums bliebe, wie seinen eigenen Sohn, und
verordnete ihn in seinem letzten Willen zu sei-
nem Nachfolger. Als derselbe zu dieser Wür-
de gelanget war: so nennete er sich Con-
stantin Bassaraba, nach dem Beyspiele seines
Vorfahrers. Er wurde aber bald hernach
von den Türken vertrieben, flohe in Polen,
und starb daselbst, ohne Nachkommen zu hin-
terlassen. Solchergestalt endigte sich mit
Serban das wahre, mit Matthäus das an-
genommene, und mit Constantin das unehe-
liche Geschlecht von Bassaraba: das bloße
Andenken davon wurde in der weiblichen Linie
[Spaltenumbruch]
der Kantakuzener aufbehalten, die von Ser-
bans Tochter Ilinka abstammeten. Bran-
kowan erwählete daher dieses Geschlecht vor
allen andern, sich mit dem Raube desselben
zu schmücken; weil niemand mehr übrig war,
der ihn wegen Anmaßung dieses Namens
hätte zur Rechenschaft fordern können: im-
gleichen, weil er einen guten Vorwand hatte,
dieses zu thun, nämlich die Vermälung sei-
nes Großvaters mit des Fürsten Matthäus
Schwester Enkelinn; welcher Fürst bereits
den Namen Bassaraba angenommen hatte,
aus einem guten, wiewol nicht allerdings
wohlbedächtigen Eifer, seines Herrn Andenken
zu erhalten. Was derselbe unter diesem Na-
men gethan, und was er ausgestanden hat:
das ist viel zu weitläufig, als daß es an die-
sem Orte Raum haben könnte; und auch
den Europäern viel zu wohl bekannt, als daß
es nöthig wäre, es hier zu erzählen. Er hatte
vier Söhne, Constantin, Stephan, Radu-
kanül, und Matthäus; die allesammt durch
das Schwert des Tirannen ausgerottet wur-
den: und sieben Töchter, Stanka, die mit
Radül, des Fürsten Elias in Moldau Sohne,
vermälet wurde; Maria, Gemalinn Con-
stantins, Sohnes des Fürsten Dukas in Mol-
dau; Ilinka, Gemalinn Skarlatos, Soh-
nes Alexander Maurocordatus; Safta, Ge-
malinn Kretschülesküls, eines walachischen
Edelmannes; Ankusa, Gemalinn Nikolaus,
Sohnes Georg Rossets, Oberkleiderbewah-
rers bey meinem Vater; Balassa, Gemalinn
Manuels, Sohnes Andronikus, eines griechi-
schen Edelmannes; und Smaragda, die
Balans, eines walachischen Edelmannes
Sohn, zum Gemale bekam. Man hat mir
gesaget, es sey noch einer von der männlichen
Linie desselben im Leben, nämlich ein Enkel
von ihm, mit Namen Matthäus, Constan-
tins Sohn, den dieser Fürst als Erben seiner
großen Reichthümer hinterlassen, die derselbe
in den Bänken von Wien, Venedig, Holland
und England, vertheilet liegen hatte.
4 H
20. Suͤlejman der II
[Spaltenumbruch]
hier in dieſem elenden Zuſtande befanden:
ſo wurde Matthaͤus zum Fuͤrſten in der Wa-
lachey gemacht. Er war vor dieſem Kaͤm-
merling bey dem Fuͤrſten Serban Baſſaraba
geweſen, und nachher von demſelben zu der
Wuͤrde eines Barons erhoben worden. Die-
ſer Fuͤrſt erinnerte ſich der Wohlthaten, die er
von ſeinem ehemaligen Herrn empfangen hatte;
nahm daher deſſen Namen an, und nennete
ſich Matthaͤus Baſſaraba. So bald derſelbe
von dem armſeligen Zuſtande deſſen Toͤchter
Nachricht erhielte: ſo ließ er ſie aus Deutſch-
land in die Walachey zuruͤck bringen. An-
kuſa hatte keine Luſt, ſich wieder zu vermaͤlen;
daher ließ er derſelben einen hinlaͤnglichen Ge-
halt reichen. Ilinka aber, die noch Jungfer
war, gab er alle Laͤndereyen und Doͤrfer ihres
Vaters zur Ausſteuer, und verheiratete ſie
an Conſtantin Kantakuzenus, der damals
an ſeinem Hofe Kaͤmmerling war: und von
dieſen beyden iſt das ganze Geſchlecht derer
Kantakuzener, die ſich itzo in der Walachey
aufhalten, entſproſſen. Außer dieſen Toͤch-
tern hatte Serban noch mit eines Prieſters
Frau einen natuͤrlichen Sohn, mit Namen
Conſtantin, gezeuget, und denſelben nach des
Prieſters Tode, der ſich fuͤr ſeinen Vater mußte
ausgeben laſſen, zu ſich genommen und an
ſeinem Hofe aufziehen laſſen. Dieſen Sohn
hielte Matthaͤus die Zeit von zwanzig Jahren
hindurch, die er in dem Beſitze des Fuͤrſten-
thums bliebe, wie ſeinen eigenen Sohn, und
verordnete ihn in ſeinem letzten Willen zu ſei-
nem Nachfolger. Als derſelbe zu dieſer Wuͤr-
de gelanget war: ſo nennete er ſich Con-
ſtantin Baſſaraba, nach dem Beyſpiele ſeines
Vorfahrers. Er wurde aber bald hernach
von den Tuͤrken vertrieben, flohe in Polen,
und ſtarb daſelbſt, ohne Nachkommen zu hin-
terlaſſen. Solchergeſtalt endigte ſich mit
Serban das wahre, mit Matthaͤus das an-
genommene, und mit Conſtantin das unehe-
liche Geſchlecht von Baſſaraba: das bloße
Andenken davon wurde in der weiblichen Linie
[Spaltenumbruch]
der Kantakuzener aufbehalten, die von Ser-
bans Tochter Ilinka abſtammeten. Bran-
kowan erwaͤhlete daher dieſes Geſchlecht vor
allen andern, ſich mit dem Raube deſſelben
zu ſchmuͤcken; weil niemand mehr uͤbrig war,
der ihn wegen Anmaßung dieſes Namens
haͤtte zur Rechenſchaft fordern koͤnnen: im-
gleichen, weil er einen guten Vorwand hatte,
dieſes zu thun, naͤmlich die Vermaͤlung ſei-
nes Großvaters mit des Fuͤrſten Matthaͤus
Schweſter Enkelinn; welcher Fuͤrſt bereits
den Namen Baſſaraba angenommen hatte,
aus einem guten, wiewol nicht allerdings
wohlbedaͤchtigen Eifer, ſeines Herrn Andenken
zu erhalten. Was derſelbe unter dieſem Na-
men gethan, und was er ausgeſtanden hat:
das iſt viel zu weitlaͤufig, als daß es an die-
ſem Orte Raum haben koͤnnte; und auch
den Europaͤern viel zu wohl bekannt, als daß
es noͤthig waͤre, es hier zu erzaͤhlen. Er hatte
vier Soͤhne, Conſtantin, Stephan, Radu-
kanuͤl, und Matthaͤus; die alleſammt durch
das Schwert des Tirannen ausgerottet wur-
den: und ſieben Toͤchter, Stanka, die mit
Raduͤl, des Fuͤrſten Elias in Moldau Sohne,
vermaͤlet wurde; Maria, Gemalinn Con-
ſtantins, Sohnes des Fuͤrſten Dukas in Mol-
dau; Ilinka, Gemalinn Skarlatos, Soh-
nes Alexander Maurocordatus; Safta, Ge-
malinn Kretſchuͤleſkuͤls, eines walachiſchen
Edelmannes; Ankuſa, Gemalinn Nikolaus,
Sohnes Georg Roſſets, Oberkleiderbewah-
rers bey meinem Vater; Balaſſa, Gemalinn
Manuels, Sohnes Andronikus, eines griechi-
ſchen Edelmannes; und Smaragda, die
Balans, eines walachiſchen Edelmannes
Sohn, zum Gemale bekam. Man hat mir
geſaget, es ſey noch einer von der maͤnnlichen
Linie deſſelben im Leben, naͤmlich ein Enkel
von ihm, mit Namen Matthaͤus, Conſtan-
tins Sohn, den dieſer Fuͤrſt als Erben ſeiner
großen Reichthuͤmer hinterlaſſen, die derſelbe
in den Baͤnken von Wien, Venedig, Holland
und England, vertheilet liegen hatte.
4 H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0719" n="609"/>
            <fw place="top" type="header">20. Su&#x0364;lejman der <hi rendition="#aq">II</hi></fw><lb/>
            <cb n="1"/><lb/>
            <note xml:id="C719" prev="#C718" place="end">hier in die&#x017F;em elenden Zu&#x017F;tande befanden:<lb/>
&#x017F;o wurde Mattha&#x0364;us zum Fu&#x0364;r&#x017F;ten in der Wa-<lb/>
lachey gemacht. Er war vor die&#x017F;em Ka&#x0364;m-<lb/>
merling bey dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten Serban Ba&#x017F;&#x017F;araba<lb/>
gewe&#x017F;en, und nachher von dem&#x017F;elben zu der<lb/>
Wu&#x0364;rde eines Barons erhoben worden. Die-<lb/>
&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;t erinnerte &#x017F;ich der Wohlthaten, die er<lb/>
von &#x017F;einem ehemaligen Herrn empfangen hatte;<lb/>
nahm daher de&#x017F;&#x017F;en Namen an, und nennete<lb/>
&#x017F;ich Mattha&#x0364;us Ba&#x017F;&#x017F;araba. So bald der&#x017F;elbe<lb/>
von dem arm&#x017F;eligen Zu&#x017F;tande de&#x017F;&#x017F;en To&#x0364;chter<lb/>
Nachricht erhielte: &#x017F;o ließ er &#x017F;ie aus Deut&#x017F;ch-<lb/>
land in die Walachey zuru&#x0364;ck bringen. An-<lb/>
ku&#x017F;a hatte keine Lu&#x017F;t, &#x017F;ich wieder zu verma&#x0364;len;<lb/>
daher ließ er der&#x017F;elben einen hinla&#x0364;nglichen Ge-<lb/>
halt reichen. Ilinka aber, die noch Jungfer<lb/>
war, gab er alle La&#x0364;ndereyen und Do&#x0364;rfer ihres<lb/>
Vaters zur Aus&#x017F;teuer, und verheiratete &#x017F;ie<lb/>
an Con&#x017F;tantin Kantakuzenus, der damals<lb/>
an &#x017F;einem Hofe Ka&#x0364;mmerling war: und von<lb/>
die&#x017F;en beyden i&#x017F;t das ganze Ge&#x017F;chlecht derer<lb/>
Kantakuzener, die &#x017F;ich itzo in der Walachey<lb/>
aufhalten, ent&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en. Außer die&#x017F;en To&#x0364;ch-<lb/>
tern hatte Serban noch mit eines Prie&#x017F;ters<lb/>
Frau einen natu&#x0364;rlichen Sohn, mit Namen<lb/>
Con&#x017F;tantin, gezeuget, und den&#x017F;elben nach des<lb/>
Prie&#x017F;ters Tode, der &#x017F;ich fu&#x0364;r &#x017F;einen Vater mußte<lb/>
ausgeben la&#x017F;&#x017F;en, zu &#x017F;ich genommen und an<lb/>
&#x017F;einem Hofe aufziehen la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;en Sohn<lb/>
hielte Mattha&#x0364;us die Zeit von zwanzig Jahren<lb/>
hindurch, die er in dem Be&#x017F;itze des Fu&#x0364;r&#x017F;ten-<lb/>
thums bliebe, wie &#x017F;einen eigenen Sohn, und<lb/>
verordnete ihn in &#x017F;einem letzten Willen zu &#x017F;ei-<lb/>
nem Nachfolger. Als der&#x017F;elbe zu die&#x017F;er Wu&#x0364;r-<lb/>
de gelanget war: &#x017F;o nennete er &#x017F;ich Con-<lb/>
&#x017F;tantin Ba&#x017F;&#x017F;araba, nach dem Bey&#x017F;piele &#x017F;eines<lb/>
Vorfahrers. Er wurde aber bald hernach<lb/>
von den Tu&#x0364;rken vertrieben, flohe in Polen,<lb/>
und &#x017F;tarb da&#x017F;elb&#x017F;t, ohne Nachkommen zu hin-<lb/>
terla&#x017F;&#x017F;en. Solcherge&#x017F;talt endigte &#x017F;ich mit<lb/>
Serban das wahre, mit Mattha&#x0364;us das an-<lb/>
genommene, und mit Con&#x017F;tantin das unehe-<lb/>
liche Ge&#x017F;chlecht von Ba&#x017F;&#x017F;araba: das bloße<lb/>
Andenken davon wurde in der weiblichen Linie<lb/><cb n="2"/><lb/>
der Kantakuzener aufbehalten, die von Ser-<lb/>
bans Tochter Ilinka ab&#x017F;tammeten. Bran-<lb/>
kowan erwa&#x0364;hlete daher die&#x017F;es Ge&#x017F;chlecht vor<lb/>
allen andern, &#x017F;ich mit dem Raube de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
zu &#x017F;chmu&#x0364;cken; weil niemand mehr u&#x0364;brig war,<lb/>
der ihn wegen Anmaßung die&#x017F;es Namens<lb/>
ha&#x0364;tte zur Rechen&#x017F;chaft fordern ko&#x0364;nnen: im-<lb/>
gleichen, weil er einen guten Vorwand hatte,<lb/>
die&#x017F;es zu thun, na&#x0364;mlich die Verma&#x0364;lung &#x017F;ei-<lb/>
nes Großvaters mit des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Mattha&#x0364;us<lb/>
Schwe&#x017F;ter Enkelinn; welcher Fu&#x0364;r&#x017F;t bereits<lb/>
den Namen Ba&#x017F;&#x017F;araba angenommen hatte,<lb/>
aus einem guten, wiewol nicht allerdings<lb/>
wohlbeda&#x0364;chtigen Eifer, &#x017F;eines Herrn Andenken<lb/>
zu erhalten. Was der&#x017F;elbe unter die&#x017F;em Na-<lb/>
men gethan, und was er ausge&#x017F;tanden hat:<lb/>
das i&#x017F;t viel zu weitla&#x0364;ufig, als daß es an die-<lb/>
&#x017F;em Orte Raum haben ko&#x0364;nnte; und auch<lb/>
den Europa&#x0364;ern viel zu wohl bekannt, als daß<lb/>
es no&#x0364;thig wa&#x0364;re, es hier zu erza&#x0364;hlen. Er hatte<lb/>
vier So&#x0364;hne, Con&#x017F;tantin, Stephan, Radu-<lb/>
kanu&#x0364;l, und Mattha&#x0364;us; die alle&#x017F;ammt durch<lb/>
das Schwert des Tirannen ausgerottet wur-<lb/>
den: und &#x017F;ieben To&#x0364;chter, Stanka, die mit<lb/>
Radu&#x0364;l, des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Elias in Moldau Sohne,<lb/>
verma&#x0364;let wurde; Maria, Gemalinn Con-<lb/>
&#x017F;tantins, Sohnes des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Dukas in Mol-<lb/>
dau; Ilinka, Gemalinn Skarlatos, Soh-<lb/>
nes Alexander Maurocordatus; Safta, Ge-<lb/>
malinn Kret&#x017F;chu&#x0364;le&#x017F;ku&#x0364;ls, eines walachi&#x017F;chen<lb/>
Edelmannes; Anku&#x017F;a, Gemalinn Nikolaus,<lb/>
Sohnes Georg Ro&#x017F;&#x017F;ets, Oberkleiderbewah-<lb/>
rers bey meinem Vater; Bala&#x017F;&#x017F;a, Gemalinn<lb/>
Manuels, Sohnes Andronikus, eines griechi-<lb/>
&#x017F;chen Edelmannes; und Smaragda, die<lb/>
Balans, eines walachi&#x017F;chen Edelmannes<lb/>
Sohn, zum Gemale bekam. Man hat mir<lb/>
ge&#x017F;aget, es &#x017F;ey noch einer von der ma&#x0364;nnlichen<lb/>
Linie de&#x017F;&#x017F;elben im Leben, na&#x0364;mlich ein Enkel<lb/>
von ihm, mit Namen Mattha&#x0364;us, Con&#x017F;tan-<lb/>
tins Sohn, den die&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;t als Erben &#x017F;einer<lb/>
großen Reichthu&#x0364;mer hinterla&#x017F;&#x017F;en, die der&#x017F;elbe<lb/>
in den Ba&#x0364;nken von Wien, Venedig, Holland<lb/>
und England, vertheilet liegen hatte.</note><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">4 H</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[609/0719] 20. Suͤlejman der II hier in dieſem elenden Zuſtande befanden: ſo wurde Matthaͤus zum Fuͤrſten in der Wa- lachey gemacht. Er war vor dieſem Kaͤm- merling bey dem Fuͤrſten Serban Baſſaraba geweſen, und nachher von demſelben zu der Wuͤrde eines Barons erhoben worden. Die- ſer Fuͤrſt erinnerte ſich der Wohlthaten, die er von ſeinem ehemaligen Herrn empfangen hatte; nahm daher deſſen Namen an, und nennete ſich Matthaͤus Baſſaraba. So bald derſelbe von dem armſeligen Zuſtande deſſen Toͤchter Nachricht erhielte: ſo ließ er ſie aus Deutſch- land in die Walachey zuruͤck bringen. An- kuſa hatte keine Luſt, ſich wieder zu vermaͤlen; daher ließ er derſelben einen hinlaͤnglichen Ge- halt reichen. Ilinka aber, die noch Jungfer war, gab er alle Laͤndereyen und Doͤrfer ihres Vaters zur Ausſteuer, und verheiratete ſie an Conſtantin Kantakuzenus, der damals an ſeinem Hofe Kaͤmmerling war: und von dieſen beyden iſt das ganze Geſchlecht derer Kantakuzener, die ſich itzo in der Walachey aufhalten, entſproſſen. Außer dieſen Toͤch- tern hatte Serban noch mit eines Prieſters Frau einen natuͤrlichen Sohn, mit Namen Conſtantin, gezeuget, und denſelben nach des Prieſters Tode, der ſich fuͤr ſeinen Vater mußte ausgeben laſſen, zu ſich genommen und an ſeinem Hofe aufziehen laſſen. Dieſen Sohn hielte Matthaͤus die Zeit von zwanzig Jahren hindurch, die er in dem Beſitze des Fuͤrſten- thums bliebe, wie ſeinen eigenen Sohn, und verordnete ihn in ſeinem letzten Willen zu ſei- nem Nachfolger. Als derſelbe zu dieſer Wuͤr- de gelanget war: ſo nennete er ſich Con- ſtantin Baſſaraba, nach dem Beyſpiele ſeines Vorfahrers. Er wurde aber bald hernach von den Tuͤrken vertrieben, flohe in Polen, und ſtarb daſelbſt, ohne Nachkommen zu hin- terlaſſen. Solchergeſtalt endigte ſich mit Serban das wahre, mit Matthaͤus das an- genommene, und mit Conſtantin das unehe- liche Geſchlecht von Baſſaraba: das bloße Andenken davon wurde in der weiblichen Linie der Kantakuzener aufbehalten, die von Ser- bans Tochter Ilinka abſtammeten. Bran- kowan erwaͤhlete daher dieſes Geſchlecht vor allen andern, ſich mit dem Raube deſſelben zu ſchmuͤcken; weil niemand mehr uͤbrig war, der ihn wegen Anmaßung dieſes Namens haͤtte zur Rechenſchaft fordern koͤnnen: im- gleichen, weil er einen guten Vorwand hatte, dieſes zu thun, naͤmlich die Vermaͤlung ſei- nes Großvaters mit des Fuͤrſten Matthaͤus Schweſter Enkelinn; welcher Fuͤrſt bereits den Namen Baſſaraba angenommen hatte, aus einem guten, wiewol nicht allerdings wohlbedaͤchtigen Eifer, ſeines Herrn Andenken zu erhalten. Was derſelbe unter dieſem Na- men gethan, und was er ausgeſtanden hat: das iſt viel zu weitlaͤufig, als daß es an die- ſem Orte Raum haben koͤnnte; und auch den Europaͤern viel zu wohl bekannt, als daß es noͤthig waͤre, es hier zu erzaͤhlen. Er hatte vier Soͤhne, Conſtantin, Stephan, Radu- kanuͤl, und Matthaͤus; die alleſammt durch das Schwert des Tirannen ausgerottet wur- den: und ſieben Toͤchter, Stanka, die mit Raduͤl, des Fuͤrſten Elias in Moldau Sohne, vermaͤlet wurde; Maria, Gemalinn Con- ſtantins, Sohnes des Fuͤrſten Dukas in Mol- dau; Ilinka, Gemalinn Skarlatos, Soh- nes Alexander Maurocordatus; Safta, Ge- malinn Kretſchuͤleſkuͤls, eines walachiſchen Edelmannes; Ankuſa, Gemalinn Nikolaus, Sohnes Georg Roſſets, Oberkleiderbewah- rers bey meinem Vater; Balaſſa, Gemalinn Manuels, Sohnes Andronikus, eines griechi- ſchen Edelmannes; und Smaragda, die Balans, eines walachiſchen Edelmannes Sohn, zum Gemale bekam. Man hat mir geſaget, es ſey noch einer von der maͤnnlichen Linie deſſelben im Leben, naͤmlich ein Enkel von ihm, mit Namen Matthaͤus, Conſtan- tins Sohn, den dieſer Fuͤrſt als Erben ſeiner großen Reichthuͤmer hinterlaſſen, die derſelbe in den Baͤnken von Wien, Venedig, Holland und England, vertheilet liegen hatte. 4 H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/719
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/719>, abgerufen am 22.07.2024.